Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-530671/6/Re/Sta VwSen-530672/2/Re/Sta

Linz, 14.12.2007

 

 

E R K E N N T N I S

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Werner Reichenberger über die Berufung der G K, L und der P C B mbH & Co. KG., P, beide vertreten durch Rechtsanwalt Dr. M M, L,  L, gegen den Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Linz-Land vom 16. Mai 2007, Zl. Ge20-10005-66-2007, betreffend die Erteilung einer Betriebsanlagenänderungs­ge­nehmi­gung im Grunde des § 81 GewO 1994, zu Recht erkannt:

 

Der Berufung wird keine Folge gegeben. Der Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Linz-Land vom 16. Mai 1007, Ge20-10005-66-2007, wird bestätigt.

 

 

Rechtsgrundlage:

§§ 66 Abs.4, 67a Abs.1 und 67d des Allgemeinen Verwaltungsverfahrensgesetzes 1991 (AVG);

§§ 359a und 81 Gewerbeordnung 1994 (GewO 1994).

 

 

Entscheidungsgründe:

 

Die Bezirkshauptmannschaft Linz-Land hat mit dem Bescheid vom 16. Mai 2007, Ge20-10005-66-2007, über Antrag der J G- E- und V mbH, L, I B, die gewerbebehördliche Betriebsanlagengenehmigung für die Änderung der bestehenden und genehmigten Betriebsanlage im Standort L, I B, Gst. Nr.  der KG. L, durch Errichtung von 248 Kundenparkplätzen an der Nordostseite des Einkaufszentrums nach Maßgabe der ausdrücklich zitierten Projektsunterlagen und der aufgenommenen Anlagenbeschreibung sowie unter Vorschreibung von Auflagen erteilt. Dies nach Durchführung eines umfangreichen Ermittlungsverfahrens, insbesondere nach Anberaumung und Durchführung einer mündlichen Augenscheinsverhandlung am 25. April 2007 und dies im Wesentlichen mit der Begründung, dieses durchgeführte Ermittlungsverfahren habe ergeben, dass nach dem Stand der Technik und dem Stand der medizinischen und der sonst in Betracht kommenden Wissenschaften zu erwarten sei, dass durch die Errichtung der Anlage bei Einhaltung der vorgeschriebenen Auflagen die nach den Umständen des Einzelfalls voraussehbaren Gefährdungen im Sinne des § 74 Abs.2 Z1 GewO 1994 vermieden und Belästigungen, Beeinträchtigungen oder nachteilige Einwirkungen im Sinne des § 74 Abs.2 Z2 bis 5 GewO 1994 auf ein zumutbares Maß beschränkt würden.

Zu den vorgebrachten Nachbareinwendungen der nunmehrigen Berufungswerber wurde ausgeführt, dass  die schalltechnische Beurteilung auf der Grundlage eines beigebrachten schalltechnischen Projektes, welche vom Amtssachverständigen überprüft und für schlüssig und nachvollziehbar befunden worden ist, erfolgte, wonach durch die gegenständliche Änderung der Betriebsanlage keine Änderung der tatsächlichen örtlichen Verhältnisse im Sinne des § 77 Abs.2 GewO 1994 bewirkt werde. In luftreinhaltetechnischer Hinsicht liegt ein Gutachten des Amtssachverständigen für Luftreinhaltung vor, fußend auf einem vorgelegten und überprüften lufttechnischen Projektsteil betreffend die Erweiterung des Parkplatzes Ost des bestehenden Einkaufszentrums. Demnach werde durch die Zusatzbelastung die Bagatellgrenze selbst bei Kurzzeitmittelwerten nicht überschritten. Auch die zu Grunde gelegten Parameter betreffend Verkehrsfrequenz und zurückgelegte Wegstrecken seien vom Amtssachverständigen überprüft und als realistisch beurteilt worden. In Bezug auf die von Nachbarn vorgebrachte  allfällige UVP-Pflicht des gegenständlichen Vorhabens wurde auf den diesbezüglich ergangenen Bescheid der Umweltrechtsabteilung des Amtes der Oö. Landesregierung vom 8. September 2006, UR-2006-2168/30, verwiesen, wonach für diese Änderung des genehmigten Einkaufszentrums in Standort L durch die  Errichtung von 248 Stellplätzen keine Umweltverträglichkeitsprüfung nach dem Umweltverträglichkeitsprüfungs­gesetz 2000 durchzuführen ist und dieser Bescheid in Rechtskraft erwachsen ist. Zur weiters relevierten Frage der Anwendung des Regelungsregimes des § 77 Abs.5 GewO 1994 wird im Wesentlichen auf eine diesbezüglich bereits ergangene und in Rechtskraft erwachsene Entscheidung vom 7. September 2004 verwiesen, worin begründet dargelegt wurde, dass es sich im gegenständlichen Areal um ein Stadt- bzw. Ortskerngebiet handelt und daher im Sinne des § 77 Abs.9 GewO 1994 die Absätze 5 und 8 leg.cit. nicht anzuwenden sind. Schließlich können von einer juristischen Person zulässigerweise keine Gefährdungen oder Belästigungen im Sinne des § 75 Abs.2 erster Satzteil erhoben werden und wurde eine Gefährdung des Eigentums oder sonstiger dinglicher Rechte nicht geltend gemacht. Die Einwendungen der Anrainerin K wurden unter Hinweis auf Erhebungen abgewiesen, wonach sie an der Adresse L, W, nicht gemeldet sei und sie sich daher lediglich vorübergehend in der Nähe der Betriebsanlage aufhält und so eine Nachbarstellung aus dem Titel einer persönlichen Gefährdung oder Belästigung ihr nicht zusteht. Das Gebäude W in L wurde darüber hinaus in der im Ermittlungsverfahren erfolgten Immissionsbeurteilung berücksichtigt.

 

Gegen diesen Bescheid haben Frau G K, L, und die P C B mbH & Co. KG., P,  P, beide vertreten durch Rechtsanwalt Dr. M M, L, L, mit Schriftsatz vom 15. Juni 2007, der Post zur Beförderung übergeben am selben Tag und somit innerhalb offener Frist eingebracht, Berufung erhoben. Dies im Wesentlichen mit dem Vorbringen, die Genehmigungsbehörde sei unzuständig und sei die Rechtslage der UVP-G Novelle 2004 mit dem Entfall des Einzelschwellwertes von 25 % gemäß § 3a Abs.5 anzuwenden. Es sei zu prüfen, ob das Ansuchen vor dem 1. Jänner 2005 bei der Behörde eingelangt sei. Der Feststellungsbescheid der UVP-Behörde vom 8. September 2006 entfalte gegenüber Nachbarn keine Rechtskraftwirkung. Die Bindung an den Feststellungsbescheid der UVP-Behörde vom 8. September 2006 liege nicht vor. Die inzwischen anzuwendende Öffentlichkeitsbeteiligungsrichtlinie räume den Berufungswerbern eine Parteistellung zur Frage ein, ob eine Umweltverträglichkeitsprüfung durchzuführen sei oder nicht und welche Behörde für das Verfahren zuständig sei. Im Übrigen basiere der Feststellungsbescheid der UVP-Behörde auf unzutreffenden Sachverhalts­grund­lagen, da Verfahrensgegenstand nicht ein Ansuchen vom 29. Dezember 2004, sondern eines 22. Juni 2006 sei, es handle sich nicht um eine Einschränkung, sondern um eine völlige Veränderung des Vorhabens. Der Feststellungsbescheid der UVP-Behörde basiere auf nicht nachvollziehbaren Grundlagen, da die Anzahl der Ist-Parkplätze nicht nachvollziehbar sei. In einem Ausgangsverfahren zu Ge20-10005/59-2002, sei von einem Ist-Bestand mit 1.414 zuzüglich 200 Mitarbeiterparkplätze laut Projekt S ausgegangen worden, die Behörde ging jedoch von 1.620 bewilligten Parkplätzen aus. Beantragt werde eine Befundaufnahme zu Ermittlung der tatsächlich vorhandenen Parkplätze beim Einkaufszentrum, da nur so der Änderungsumfang und die UVP-Pflicht verlässlich beurteilt werden könne. Weiters sei auf dem Gst. Nr.  ein Einfamilienhaus errichtet worden, welches zu Wohnzwecken vermietet werde. Die Erweiterung der Parkmöglichkeiten führe zu Veränderungen der Gesamtauswirkungen der Betriebsanlage und zur Beeinträchtigung der Bewohner durch erhöhte Lärm- und Abgasemissionen. Dass das Haus derzeit noch nicht bewohnt sei, sei rechtlich nicht relevant, weil es auf Benützung des Objektes in unmittelbarer Zukunft ankomme. Aus vorgelegten Fotos ergebe sich, dass sich das Haus bereits im Fertigstellungsstadium befindet und auf die nach Fertigstellung erfolgende Bewohnung Rücksicht zu nehmen sei. Schließlich unterliege das Einkaufszentrum U-S dem Regime des § 77 Abs.5 GewO, dürfe somit keine Gefährdung der Nahversorgung erwarten lassen. Der Ausnahmetatbestand des § 77 Abs.9 GewO liege nicht vor, das Einkaufszentrum liege nicht in einem Stadtkern- oder Ortskerngebiet. Die Bezugnahme auf einen anderen Bescheid vom 7. September 2004 ersetze eine eigenständige Begründung des angefochtenen Bescheides nicht. Diese Frage stelle auch ein subjektiv öffentliches Nachbarrecht dar.

 

Die Bezirkshauptmannschaft Linz-Land als belangte Behörde hat diese Berufungsschrift gemeinsam mit dem zu Grunde liegenden Verfahrensakt dem Unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich zur Berufungsentscheidung vorgelegt. Die belangte Behörde hat dabei keine inhaltlichen Äußerungen zum Berufungsvorbringen abgegeben und keinen Widerspruch im Sinne des § 67h Abs.1 AVG erhoben.

 

Die Zuständigkeit des Unabhängigen Verwaltungssenates des Landes Oberösterreich durch Einzelmitglied ergibt sich aus § 359a GewO 1994  iVm § 67a  Abs.1 AVG.

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Akt der belangten Behörde zu  Ge20-10005-66-2007.

 

Im Grunde des § 67d Abs.1 AVG konnte von der Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung mangels Erfordernis abgesehen werden.

 

 

In der Sache hat der Unabhängige Verwaltungssenat erwogen:

 

Gemäß § 75 Abs.1 GewO 1994 ist unter einer Gefährdung des Eigentums iSd § 74 Abs.2 Z1 die Möglichkeit einer bloßen Minderung des Verkehrswertes des Eigentums nicht zu verstehen.

 

 

Gemäß § 75 Abs.2 GewO 1994 sind Nachbarn im Sinne dieses Bundesgesetzes alle Personen, die durch die Errichtung, den Bestand oder den Betrieb einer Betriebsanlage gefährdet oder belästigt oder deren Eigentum oder sonstige dingliche Rechte gefährdet werden könnten. Als Nachbarn gelten nicht Personen, die sich vorübergehend in der Nähe der Betriebsanlage aufhalten und nicht im Sinne des vorherigen Satzes dinglich berechtigt sind. Als Nachbarn gelten jedoch die Inhaber von Einrichtungen, in denen sich, wie etwa in Beherbergungsbetrieben, Krankenanstalten und Heimen, regelmäßig Personen vorübergehend aufhalten, hinsichtlich des Schutzes dieser Personen, und die Erhalter von Schulen hinsichtlich des Schutzes der Schüler, der Lehrer und der sonst ständig beschäftigten Personen.

 

 

Gemäß § 77 Abs.2 GewO 1994 ist die Frage, ob Belästigungen der Nachbarn im Sinne des § 74 Abs.2 Z2 zumutbar sind, danach zu beurteilen, wie sich die durch die Betriebsanlage verursachten Änderungen der tatsächlichen örtlichen Verhältnisse auf ein gesundes, normal empfindendes Kind und auf einen gesunden, normal empfindenden Erwachsenen auswirken.

 

Bei der Beurteilung der Zumutbarkeit einer Belästigung bzw. des Vorliegens einer Gesundheitsgefährdung für die Nachbarn handelt es sich jeweils um die Lösung einer Rechtsfrage.

 

Gemäß § 77 Abs. 1 GewO 1994 ist eine Betriebsanlage zu genehmigen, wenn nach dem Stand der Technik und dem Stand der medizinischen und der sonst in Betracht kommenden Wissenschaften zu erwarten ist, dass überhaupt oder bei Einhaltung der erforderlichenfalls vorzuschreibenden bestimmten geeigneten Auflagen die nach den Umständen des Einzelfalles voraussehbaren Gefährdungen im Sinne des § 74 Abs. 2 Z1 vermieden und Belästigungen, Beeinträchtigungen oder nachteilige Einwirkungen im Sinne des § 74 Abs. 2 Z2 bis 5 auf ein zumutbares Maß beschränkt werden.

 

 

Gemäß § 77 Abs.9 GewO 1994 idgF gelten die Absätze 5 und 8 nicht für Projekte in einem Stadtkern- oder Ortskerngebiet. Stadtkern- oder Ortskerngebiete sind jene Ortsbereiche oder Flächen mit Ausrichtung auf das örtliche bzw. überörtliche Verkehrsnetz, die eine überwiegend zusammenhängende Verbauung mit öffentlichen Bauten, Gebäuden, die der Hoheitsverwaltung und der Gerichtsbarkeit dienen, Gebäuden für Handels- und Dienstleistungsbetriebe, Bauten des Tourismus, Versammlungs- und Vergnügungsstätten, Wohngebäuden sowie Gebäuden, die der Religionsausübung gewidmet sind, aufweisen.

 

Gemäß § 81 Abs. 1 GewO 1994 bedarf die Änderung einer genehmigten Betriebsanlage einer Genehmigung im Sinne der Bestimmungen der Gewerbeordnung, wenn dies zur Wahrung der im §74 Abs. 2 umschriebenen Interessen erforderlich ist.

 

Die Einsichtnahme in den vorgelegten Verfahrensakt der belangten Behörde ergibt, dass mit Schriftsatz vom 29. Dezember 2004, am selben Tage bei der Behörde eingebracht, von der J G E- und V mbH, L, ein Antrag auf Erteilung einer gewerbebehördlichen Genehmigung für die Änderung der Betriebsanlage durch Errichtung von 548 Stellplätzen an der Südostseite bzw. an der Ostseite des bestehenden Objektes eingereicht und gleichzeitig auf ein weiteres Projekt zur Genehmigung von 225 zusätzlichen Stellplätzen hingewiesen wurde.

 

Mit Schriftsatz vom 22. Juni 2006 hat die Konsenswerberin diesen Antrag ausdrücklich insofern eingeschränkt, als die Stellplatzerweiterung um die oben angeführten 225 Stellplätze zur Gänze zurückgezogen und das dem gegenständlichen Verfahren zu Grunde liegende Projekt betreffend die Erweiterung um insgesamt 548 Stellplätzen insofern eingeschränkt wird, als der Projektsbestandteil betreffend 300 Stellplätze an der Südostseite nicht mehr ausgeführt werden solle, sondern das Projekt "auf die Schaffung zusätzlicher Stellplätze auf dem Gst. Nr. , KG. L, eingeschränkt" wird. Dieses Projekt umfasst nach den vorliegenden Projektsunterlagen 248 zusätzliche Stellplätze auf dem Gst. Nr.  der KG. L.

 

Über dieses Projekt betreffend die Parkplatzerweiterung um 248 Stellplätze beim bestehenden Einkaufszentrum am Standort L, I B, hat die Umweltrechtsabteilung des Amtes der Oö. Landesregierung als UVP-Behörde I. Instanz über Antrag der Bezirkshauptmannschaft Linz-Land sowie der J G- E- und V mbH mit Bescheid vom 8. September 2006, UR-2006-2168/30/St/Hu, festgestellt, dass durch das geplante Vorhaben der J G- E- und V mbH, nämlich der Erweiterung des bestehenden Einkaufszentrums am Standort L, I B, um 248 Stellplätze, nach Maßgabe der als solche gekennzeichneten Projektsunterlagen keine Umweltverträglichkeitsprüfung nach dem Umweltverträglichkeitsprüfungsgesetz 2000 durchzuführen ist.

 

In der Folge hat die belangte Behörde über den somit verbliebenen Antrag betreffend die auch im UVP-Bescheid vom 8. September 2006 verfahrensgegenständlichen 248 Stellplätzen das ordentliche Ermittlungsverfahren nach den einschlägigen Bestimmungen der Gewerbeordnung 1994 durchgeführt. Die belangte Behörde hat nach Vorprüfung der Projektsunterlagen, darunter auch ein schalltechnisches Projekt der T S für technische Akustik SV-GmbH, L, sowie ein lufttechnisches Projekt der S C GmbH, L, weiters nach Einholung eines verkehrstechnischen Gutachten der Abteilung Verkehrstechnik des Amtes der Oö. Landesregierung vom 8. März 2007 eine mündliche Verhandlung für den 25. April 2007 anberaumt und an diesem Tage durchgeführt. Im Rahmen dieser Verhandlung wurde das Projekt u.a. auch gewerbetechnisch, lärmtechnisch und luftreinhaltetechnisch dargelegt und begutachtet. Die Amtssachverständigen haben die vorliegenden Projektsunterlagen auf Richtigkeit und Schlüssigkeit überprüft und auch diesbezüglich positiv beurteilt. Im Rahmen der mündlichen Verhandlung haben die nunmehrigen Berufungswerber durch ihren rechtlichen Vertreter Einwendungen erhoben. Darin wird von Frau K als begründend für ihre Parteistellung ein auf Gst. Nr.  errichtetes Einfamilienhaus, welches zu Wohnzwecken vermietet werden soll und die in diesem Zusammenhang zu beachtenden Beeinträchtigungen der Bewohner durch Lärm – und Abgasimmissionen – verwiesen und von der P C B mbH & Co.KG. auf ihr in unmittelbarer Nähe betriebenes Einkaufszentrum P C hingewiesen und daraus die Parteistellung im gegenständlichen Verfahren abgeleitet. Darüber hinausgehend verweisen beide Berufungswerber übereinstimmend auf die Unzuständigkeit der erstinstanzlichen Gewerbebehörde, dies, da im gegenständlichen Verfahren die geänderte Rechtslage der UVP-G Novelle 2004 mit dem Entfall des Einzelschwellenwertes von 25 % anzuwenden sei. Der im UVP-Verfahren ergangene Feststellungsbescheid basiere auf unzutreffenden Sachverhaltsgrundlagen und auf nicht nachvollziehbaren Grundlagen betreffend den Ist-Bestand an Parkplätzen. Schließlich unterliege das Einkaufszentrum und jede Änderung dem Regime des § 77 Abs.5 GewO und liege  der Ausnahmetatbestand des § 77 Abs.9 GewO nicht vor.

 

Unabhängig von der Frage der aufrechten Parteistellung der beiden Berufungswerber wird zunächst bereits an dieser Stelle zum Berufungsvorbringen betreffend die bestehende UVP-Pflicht des Vorhabens sowie auf die Anwendbarkeit des § 77 Abs.9 GewO 1994 unter Bezugnahme auf die zur gegenständlichen Betriebsanlage bereits ergangenen Judikatur des Unabhängigen Verwaltungssenates und des Verwaltungsgerichtshofes verwiesen. So wurde mit Erkenntnis des Unabhängigen Verwaltungssenates des Landes Oberösterreich vom 14. März 2006 zur Anwendung des § 77 Abs.9 bzw. damit in Verbindung die Nichtanwendung des § 77 Abs.5 GewO 1994 unter Hinweis auf die ständige Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes festgestellt, dass es sich bei derartigen Vorbringen nicht um Parteienrechte im Betriebsanlagengenehmigungsverfahren nach §§ 77 bzw. 81 GewO 1994 handelt. Zur Pflicht der Genehmigungsbehörde zur amtswegigen Ermittlung des Vorliegens der entsprechenden Voraussetzungen wird an dieser Stelle auf die diesbezüglich umfangreichen Ausführungen im bekämpften Bescheid verwiesen.

Auch das Berufungsvorbringen der Unzuständigkeit der belangten Behörde mit der Begründung, das Vorhaben unterliege den Bestimmungen des UVP-Gesetzes hat im oben angesprochenen Verfahren nicht zum Erfolg geführt und wurde im Berufungserkenntnis festgestellt, dass auf Grund des Vorliegens eines Feststellungsbescheides der Oö. Landesregierung nach den Bestimmungen des UVP-Gesetzes, worin festgestellt wurde, dass für das gegenständliche Vorhaben eine UVP-Pflicht nicht bestehe, das Projekt zu Recht von der belangten Behörde nach den Bestimmungen der Gewerbeordnung beurteilt und die gewerberechtliche Genehmigung erteilt wurde.

 

Dieses oben zitierte Erkenntnis des Unabhängigen Verwaltungssenates des Landes Oberösterreich ist in Rechtskraft erwachsen und blieb auch einer dagegen erhobenen Beschwerde beim Verwaltungsgerichtshof der Erfolg versagt (VwGH 18.10.2006, 2006/04/0071-6).  

 

Wenn die Berufungswerber in Ihrer Berufung darüber hinaus erstmals im gegenständlichen Verfahren auf die Öffentlichkeitsbeteiligungsrichtlinie und eine ihrer Meinung nach unmittelbare Anwendbarkeit derselben verweisen, so gelten auch hiezu die obigen Ausführungen zur  Zulässigkeit von Vorbringen betreffend das Erfordernis der Durchführung eines UVP – Verfahrens. Die Frage , ob ein Projekt einer UVP zu unterziehen gewesen wäre, berührt auch nach der Judikatur des Verfassungsgerichtshofes die subjektiv – öffentlichen Nachbarrechte im gewerberechtlichen Betriebsanlagengenehmigungsverfahren nicht (VfGH 29.11.2004, B 818/03).

 

Unabhängig davon ist in Bezug auf die behauptete Parteistellung der Zweitberufungswerberin festzuhalten, dass Nachbarn im Sinne des § 75 Abs.2 GewO nach der geltenden Rechtslage grundsätzlich ex lege Parteistellung in gewerblichen Betriebsanlagengenehmigungsverfahren zukommt, und zwar auf Grund des § 8 AVG iVm den ihnen zustehenden subjektiv-öffentlichen Rechten gemäß § 74 Abs.2 Z1, 2, 3 oder 5. Es ist daher nach den geltenden Bestimmungen die Erhebung von Einwänden zur Erlangung der Parteistellung durch Nachbarn nicht erforderlich. Die Stellung als Nachbar im Sinne des § 75 Abs.2 wird bestimmt durch die nachbarlichen Schutzzwecke. Diese Schutzzwecke sind der Schutz des Lebens und der Gesundheit der Nachbarn vor Gefährdungen durch die Betriebsanlage, der Schutz des Eigentums oder sonstiger dinglicher Rechte der Nachbarn vor Gefährdungen durch die Betriebsanlage, der Schutz der Nachbarn vor unzumutbaren Belästigungen, der Schutz bestimmter nachbarlicher Einrichtungen vor Beeinträchtigungen und der Schutz bestimmter nachbarlicher Rechte vor nachteiligen Einwirkungen. Da eine persönliche Gefährdung oder Belästigung, etwa durch Lärm, Geruch etc. nur für natürliche Personen, somit in Ansehung einer juristischen Person letzterer gegenüber schon begrifflich nicht in Betracht kommt, schließt diese Eigenschaft als juristische Person eine Nachbarstellung im Sinne des § 75 Abs.2 erster Satz, erster Satzteil, aus. Von der Zweitberufungswerberin wurde aber auch ein Eingriff in das Eigentum oder sonstige dingliche Rechte nicht eingewendet. Vielmehr hat sie im Rahmen ihrer bei der mündlichen Verhandlung abgegebenen Stellungnahme ihre Parteistellung ausschließlich auf das von ihr "in unmittelbarer Nachbarschaft" betriebene Einkaufszentrum P C gestützt. Hiezu hat die belangte Behörde im bekämpften Bescheid zutreffend und offenkundig festgestellt, dass es sich bei der Zweitberufungswerberin um die Inhaberin des in etwa 700 m entfernten Einkaufszentrum P C handelt, welche im Übrigen weder in den Einwendungen noch in der Berufung in irgend einer Weise begründend dargelegt hat, wie ihre Parteistellung begründbar sein soll.

 

Zu den Berufungsvorbringen der Erstberufungswerberin in Bezug auf UVP-Pflicht bzw. Nichtanwendung des § 77 Abs.5 und 8 gemäß § 77 Abs.9 GewO 1994 ist – um Wiederholungen zu vermeiden – auf die obigen Ausführungen zu verweisen, welche gleichermaßen auch ihr entgegenzuhalten sind

 

Auch das Berufungsvorbringen betreffend die Änderung der Immissionssituation in Bezug auf das auf ihrem Grundstück errichtete Wohnhaus kann eine Rechtswidrigkeit des bekämpften Bescheides nicht begründen. Unbestritten blieb, dass die Berufungswerberin selbst nicht an dieser Adresse in L, W, wohnhaft bzw. gemeldet ist.  Die Berufungswerberin kann jedoch als Eigentümerin der Liegenschaft den ihre Person betreffenden Nachbarschutz nur bei Zutreffen der in § 75 Abs.2 erster Satz, erster Satzteil, enthaltenen Merkmale und daher jedenfalls nur unter Berufung auf Sachverhaltsumstände geltend machen, die den Eintritt einer – persönlichen – Gefährdung oder Belästigung in Hinsicht auf einen, wenn auch nur vorübergehenden Aufenthalt im Nahbereich der Betriebsanlage überhaupt möglich erscheinen lassen (VwGH 27.6.1995, 95/04/0116). So kann zB auch der Eigentümer einer dauernd vermieteten Wohnung, die er selbst nie benützt, Nachbarschutz im angeführten Sinne nicht mit Erfolg geltend machen, auch wenn er die Absicht hat, allenfalls in absehbarer Zeit wieder in der in Rede stehenden Immobilie zu wohnen. Im Hinblick auf eine beabsichtigte künftige Verwendung eines Grundstückes kann daher der Eigentümer mit Hinweisen betreffend Belästigung in seiner Person keine Nachbarstellung erlangen. Anderes hat die Berufungswerberin in Bezug auf Bewohnung des Nachbarhauses auch nicht vorgebracht, insbesondere auch nicht betreffend allfällige Eingriffe ins Eigentumsrecht wie z.B. in die Substanz der Liegenschaft. Eine solche liegt nach Auffassung der Berufungsbehörde im Übrigen auch nicht vor.

 

Zusammenfassend konnte daher die Berufung den Bescheid der Bezirkshauptmann­schaft Linz-Land  vom  16. Mai 2007, Zl. Ge20-10005-66-2007, nicht mit Erfolg bekämpfen. Die Berufungsvorbringen waren zum Teil unbegründet und zum Teil, da nicht Inhalt subjektiv-öffentlicher Nachbarrechte, im gewerberechtlichen Betriebsanlagenverfahren unzulässig. Der Genehmigungsbescheid der belangten Behörde war daher auf Grund der dargestellten Sach- und Rechtslage zu bestätigen und daher insgesamt wie im Spruch zu entscheiden.

 

 

Rechtsmittelbelehrung:

 

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

Hinweis:

 

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsge­richts­hof erhoben werden; diese muss von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 180 Euro zu entrichten.

 

 

Dr. Reichenberger

Beachte:

Beschwerde gegen vorstehende Entscheidung wurde eingestellt.

VfGH vom 16. Juni 2009, Zl.: B 211/08-9

 

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