Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-162538/3/Br/Ps

Linz, 12.10.2007

 

E R K E N N T N I S

 

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich erkennt durch sein Mitglied Dr. Bleier über die Berufung des Herrn K K, geb., S, M, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Kirchdorf a.d. Krems vom 17.9.2007, AZ. VerkR96-12628-2007, wegen Übertretung der StVO 1960, zu Recht:

 

I.          Der Berufung wird Folge gegeben; das angefochtene Straferkenntnis wird in beiden Punkten behoben und das Verwaltungsstrafverfahren nach § 45 Abs.1 Z1 VStG eingestellt.

 

Rechtsgrundlage:

§ 66 Abs.4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz, BGBl. Nr. 51/1991, zuletzt geändert durch BGBl. Nr. 10/2004 – AVG iVm § 24, § 45 Abs.1 Z1, § 51 Abs.1, § 51e Abs.1 Z1 Verwaltungsstrafgesetz, BGBl. Nr. 52/1991, zuletzt geändert durch BGBl. Nr. 117/2002 – VStG.

 

II.       Es entfallen sämtliche Verfahrenskostenbeiträge.

 

Rechtsgrundlage:

§ 66 Abs.1 VStG.

 

 

Entscheidungsgründe:

 

1. Die Bezirkshauptmannschaft Kirchdorf a.d. Krems hat mit dem oben bezeichneten Straferkenntnis über den Berufungswerber wegen der Übertretung des § 7 Abs.1 iVm § 99 Abs.3 lit.a StVO 1960 eine Geldstrafe von 30 Euro und für den Fall der Uneinbringlichkeit eine Ersatzfreiheitsstrafe von 24  Stunden verhängt, wobei wider ihn folgender Tatvorwurf erhoben wurde:

"Sie haben als Lenker eines Fahrzeuges dieses nicht so weit rechts gelenkt, wie Ihnen dies unter Bedachtnahme auf die Leichtigkeit und Flüssigkeit des Verkehrs zumutbar und dies ohne Gefährdung Behinderung oder Belästigung anderer Straßenbenützer, ohne eigene Gefahrdung und ohne Beschädigung von Sachen möglich ist, weil Sie lauf eigenen Angaben Ihren PKW in der Fahrbahnmitte lenkten.

Tatort: Gemeinde Micheldorf in Oberösterreich, Gemeindestraße Ortsgebiet, Austraße,

Austraße: 11,5 Meter von der Ziehbergstraße entfernt.

Tatzeit: 23.05.2007,14:20 Uhr.

Sie haben dadurch folgende Rechtsvorschrift(en) verletzt:

§ 7 Abs. 1 StVO 1960

Fahrzeug: Kennzeichen"

 

1.1. Begründet wurde dies mit folgenden Ausführungen:

"Die im Spruch angeführte Verwaltungsübertretung ist durch die Anzeige der Polizeiinspektion Kirchdorf/Krems vom 6.7.2007 als erwiesen anzusehen.

Im gegenständlichen Verfahren haben Sie die Ihnen zur Last gelegte Verwaltungsübertretung im wesentlichen nicht bestritten.

In Ihrer Niederschrift vom 23.6.2007 bei der Polizeiinspektion Kirchdorf/Krems gaben Sie selbst an, in der Fahrbahnmitte gefahren zu sein, als der Radfahrer auftauchte.

Bei erwiesenem Tatbestand der Ihnen zur Last gelegten Zuwiderhandlung war sohin spruchgemäß zu entscheiden und die zu verhängende Geldstrafe unter Bedachtnahme auf die Bestimmungen des § 19 VStG. 1991 festzusetzen.

 

Bezüglich des Strafausmaßes ist auszuführen:

Gemäß § 99 Abs. 3 lit. a StVO. ist für die gegenständlichen Verwaltungsübertretung eine Geldstrafe von bis zu 726 Euro, im Fall ihrer Uneinbringlichkeit eine Arreststrafe von bis zu zwei Wochen vorgesehen.

Gemäß § 19 VstG. 1991 ist Grundlage für die Bemessung der Strafe stets das Ausmaß der mit der Tat verbundenen Schädigung oder Gefahrdung derjeniger Interessen, deren Schutz die Strafdrohung dient und der Umstand, inwieweit die Tat sonst nachteilige Folgen nach sich gezogen hat. Nach Abs. 2 dieser Norm sind im ordentlichen Verfahren überdies die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen gegeneinander abzuwägen und auf das Ausmaß des Verschuldens Bedacht zu nehmen.

Im konkreten Fall wurden bei der Strafbemessung das Ausmaß Ihres Verschuldens und das Nichtvorliegen von Vormerkungen bei der hiesigen Behörde gewertet und somit die Erschwerungs- u. Milderungsgründe gegeneinander abgewogen, sowie Ihre Einkommens-Vermögens- und Familienverhältnisse berücksichtigt, (monatl. ca. Euro 1090,— , Einfamilienhaus zur Hälfte mit Gattin, Sorgepflichten für Gattin)

 

Die verhängte Geldstrafe konnte aufgrund Ihrer geständigen Verantwortung sowie Ihrer Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse herabgesetzt werden und erscheint aus den angeführten Gründen dem Erfordernis des § 19 VStG entsprechend.

Die Entscheidung über die Kosten des Verwaltungsstrafverfahrens stützt sich auf die im Spruch angeführten gesetzlichen Bestimmungen."

 

2. Dem tritt der Berufungswerber mit seiner fristgerecht erhobenen Berufung entgegen. Der Berufung fügte er eine Handskizze bei, wobei er zum Ausdruck bringt, dass wegen der dort bestehenden Fahrbahnenge ein Vorbeifahren zweier (gemeint mehrspuriger) Fahrzeuge nicht möglich sei. Ein Fahrzeug müsse im Falle einer Begegnung immer stehen bleiben. Er sei vor dem Unfall im Schritttempo unterwegs gewesen und dabei so weit rechts als möglich gefahren. Ein noch knapperes Heranfahren an den rechten Fahrbahnrand sei wegen eines dort ca. 40 cm abgesenkten Abflussschachtes gefährlich. Der Radfahrer sei bereits 15 m vor ihm, offenbar wegen zu hoher Geschwindigkeit und der regennassen Fahrbahn, zu Sturz gekommen, aber noch gegen sein Fahrzeug geschlittert. Zum Kollisionszeitpunkt habe er sich noch ca. 24 m und nicht nur 11,5 m von der Kreuzung entfernt befunden. Er fühle sich daher weder am Sturz des Radfahrers noch an einer Verletzung des Rechtsfahrgebotes schuldig.

 

3. Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat Beweis aufgenommen durch die Einsichtnahme in den Verwaltungsakt der Bezirkshauptmannschaft Kirchdorf a.d. Krems. Das unter 13 BAZ 669/07 k anhängig gewesene strafgerichtliche Verfahren wurde am 11.9.2007 nach § 90 Abs.1 StPO eingestellt.

Im Wege der PI Kirchdorf wurde eine ergänzende Darstellung zur genauen Unfallörtlichkeit erhoben, welche als  Bilddokumentation  übermittelt wurde.

Eine öffentliche mündliche Verhandlung konnte hier unterbleiben, weil sich bereits aus der Aktenlage klar ergibt, dass der Tatvorwurf hier nicht objektiviert gelten kann (§ 51e Abs.1 Z1 VStG).

 

4. Der Entscheidung liegt folgender Sachverhalt zugrunde:

Wie aus dem Bildmaterial gut nachvollziehbar, ist die Austraße im Bereich der Unfallstelle – die in der Unfallanzeige nicht näher dokumentiert wurde – etwa 3,8 m breit. Sie ist links in Fahrtrichtung des Berufungswerbers mit einer Thujenhecke begrenzt und rechts befindet sich ein Gartenzaun bis zu einem halben Meter zum befestigen Fahrbahnrand. Wie der Zeichnung des Berufungswerbers ebenfalls zu entnehmen ist, dürfte der Radfahrer beim Rechtsabbiegen in die Austraße aus der Ziehbergstraße kommend bereits mehrere Meter vor dem Fahrzeug des Berufungswerbers – wegen der regen-nassen Fahrbahn und der Schräglage – vermutlich beim Ansichtigwerden des Gegenverkehrs gestürzt sein. In der Folge kam es noch zum Fahrzeugkontakt, wobei es laut Aktenlage zu keiner Interaktion im Sinne des § 4 StVO gekommen sein dürfte. Ein diesbezüglicher Hinweis lässt sich der erst am 6.7.2007 (also sechs Wochen nach dem Vorfall) erstatteten Verkehrsunfallsanzeige entnehmen.

Dieser Tatbestand wurde mittels einer gesondert gelegten Gendis-Anzeige der Behörde zur Anzeige gebracht.

Das Fahren des Berufungswerbers in "Fahrbahnmitte" würde bedeuten, dass links und rechts ein Abstand von je einem Meter verblieben wäre. Laut Angabe des Berufungswerbers hatte er sein Fahrzeug bereits zum Zeitpunkt des Sturzes zum Stillstand gebracht.

Das obige Bild zeigt die Fahrtrichtung des Radfahrers, wobei der Berufungswerber sein Fahrzeug noch im Bereich des Gartenzauns zum Stillstand gebracht haben müsste. Der Sturz des Radfahrers wäre im vorderen Bildbereich (nach dem Kurvenausgang) anzunehmen.

Die tatsächliche Fahrlinie des Berufungswerbers wurde jedoch nicht objektiviert und lässt sich letztendlich auch nicht mehr nachvollziehen. Der Sturz ist hier offenkundig mit der Fahrlinie des Autofahrers nicht kausal und daher selbst bei äußerstem Rechtsfahren wohl kaum unterblieben.

 

5. Rechtlich hat der unabhängige Verwaltungssenat erwogen:

 

Der § 7 Abs.1 StVO normiert das generelle Rechtsfahrgebot, wobei den Straßenbenützern die Einhaltung eines Sicherheitsabstandes zum rechten Fahrbahnrand zugebilligt wird.

Diese Bestimmung ist jedenfalls nicht so auszulegen, dass auf diesem schmalen Straßenstück ein Verstoß gegen das Rechtsfahrgebot im Ergebnis mit einem nicht "äußerst Rechtsfahren" gleichzusetzen wäre. Da die Fahrlinie nicht wirklich objektiviert wurde und dem Berufungswerber in seinen Ausführungen durchaus gefolgt werden kann, vermag der zur Last gelegte Verstoß hier jedenfalls nicht erwiesen gelten. Die hier zum Ausdruck gelangende Sicht der Behörde erster Instanz  liefe in der Praxis auf eine dem Strafrecht fremde Erfolgshaftung hinaus, weil der Pkw-Lenker wohl kaum mit einem vor ihm stürzenden Radfahrer rechnen musste und konnte. Es kann daher dahingestellt bleiben, wie weit hier noch deutlich vor einem Kreuzungstrichter, in Verbindung mit der Verpflichtung auf halbe Sicht zu fahren, rechts zu fahren ist, um der Verpflichtung im Sinne des § 7 Abs.1 StVO tatsächlich zu entsprechen. Selbst bei einem halben Meter zum rechten Straßenrand würde im Falle eines Gegenverkehrs ein Anhalten die Folge sein. Dass hier angehalten wurde, ist an sich unstrittig.

Die Tatumschreibung einer Übertretung nach § 7 Abs.1 StVO  erfordert darüber hinaus einerseits die Konkretisierung, wie weit rechts ein Lenker gefahren ist, und andererseits die konkrete Angabe, wie weit es ihm zumutbar und möglich gewesen wäre, eine andere Fahrlinie zu wählen (vgl. VwGH 22.11.1985, ZfVB 1986/3/1350; 14.12.1988, ZfVB 1990/2/766; 19.12.1990, ZfVB 1992/2/518; 15.12.1993, 92/03/0249).

 

5.1. Rechtlich folgt iSd § 45 Abs.1 Z1 VStG, dass hier mangels Verschulden der Erkennbarkeit einer Verletzung und demnach mangels Tatbegehung von der Fortführung eines Verwaltungsstrafverfahrens abzusehen und die Einstellung zu verfügen ist (vgl. VwGH 12.3.1986, 84/03/0251; ZfVB 1991/3/1122).

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab der Zustellung eine Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof und/oder an den Verfassungs­gerichtshof erhoben werden. Sie muss von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 180 Euro zu entrichten.

 

Dr. B l e i e r

 

 

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