Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-530730/5/Re/Sta

Linz, 20.12.2007

 

 

 

E R K E N N T N I S

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Werner Reichenberger über die Berufungen von M H, DI G F, C W, S N, Mag. S S, alle L, W, vom 12. Oktober 2007, gegen den Feststellungsbescheid des Bürgermeisters der Landeshauptstadt Linz vom 26. September 2007, GZ. 0106107/2007,  betreffend die Änderung einer gewerblichen Betriebsanlage durch Hinzunahme eines Gastgartens gemäß § 359b Abs.1 Z2 GewO 1994, zu Recht erkannt:

 

Anlässlich der Berufung wird der bekämpfte Bescheid des Bürgermeisters der Landeshauptstadt Linz vom 26. September 2007, GZ. 0106107/2007, behoben und die Angelegenheit zur (ergänzenden) Verhandlung und Erlassung eines neuen Bescheides an die Gewerbebehörde I. Instanz zurückverwiesen.

 

 

Rechtsgrundlage:

§ 66 Abs.2 iVm §§ 67a Abs.1 und 67h Abs.1 Allgemeines Verwaltungsverfahren (AVG);

§§ 359a und 359b Gewerbeordnung 1994 (GewO 1994).

 

 

Entscheidungsgründe:

 

Mit dem bekämpften Bescheid des Bürgermeisters der Landeshauptstadt Linz vom 26. September 2007, GZ. 0106107/2007, wurde über Antrag des P A, L, im Rahmen eines Feststellungsverfahrens nach § 359b Abs.1 Z2 GewO 1994 die gewerbebehördliche Genehmigung für die Änderung der bestehenden Betriebsanlage im Standort L, W, Gst. Nr.  der KG. L, durch Hinzunahme eines Gastgartens im Hof mit einem Ausmaß von ca. 110 m2 und einer Betriebszeit von Montag bis Freitag von 12.00 Uhr bis 20.00 Uhr erteilt und einen Antrag der Nachbarn und nunmehrigen Berufungswerber auf Durchführung des Verfahrens nach § 356 GewO 1994 mit Ladung der Nachbarn abgewiesen. Dies im Wesentlichen mit der Begründung, das vereinfachte Genehmigungsverfahren sehe eine Parteistellung für Nachbarn grundsätzlich nicht vor. Den Nachbarn stehe ein eingeschränktes Parteienrecht zur Frage, ob das vereinfachte Verfahren zu Recht angewendet wurde oder nicht, zu. Den Projektsunterlagen sei eine Gesamtbetriebsfläche der Anlage von 322,49 m2 und eine elektrische Anschlussleistung der zur Verwendung gelangenden Maschinen und Geräte von max. 35,4 kW zu entnehmen. Das Genehmigungsansuchen und Beilagen hätten ergeben, dass die Gesamtfläche der zur Betriebsanlage gehörenden Räumlichkeiten und sonstigen Betriebsflächen insgesamt nicht mehr als 800 m2 betrage und die gesamte elektrische Anschlussleistung 300 kW nicht übersteige. Gefährdungen, Belästigungen, Beeinträchtigungen oder nachteilige Einwirkungen im Sinne des § 74 Abs.2 oder Belastungen der Umwelt (§ 69a) seien nicht zu erwarten. Zu den Einwendungen der Nachbarn, die Voraussetzungen für die Durchführung eines § 359b - Verfahrens seien im Hinblick auf die Genehmigung des beantragten Gastgartens nicht gegeben, da es durch den Gästelärm im ruhigen Innenhof zu einer unzumutbaren Belästigung der Nachbarschaft komme, wird von der belangten Behörde festgestellt, dass auf Grund einer Rechtsauskunft des Bundesministeriums für Wirtschaft und Arbeit vom 29. Juni 2007 bei Gastgärten, die dem § 112 Abs.3 GewO 1994 unterlägen, bestimmte Immissionsquellen (Geruchsentwicklung durch Speisenzubereitung und Lärmentwicklung durch Gesang, Musik und lautes Sprechen) bereits geprüft seien und durch Bedingungen sichergestellt sei, dass durch diese Emissionsquellen keine Schutzinteressen verletzt würden. Diese Emissionsquellen seien daher im Individualverfahren nicht nochmals zu prüfen. Der gegenständliche Gastgarten solle im Rahmen der Bestimmungen des § 112 GewO betrieben werden, weshalb auf diese Emissionsquelle nicht weiter einzugehen sei, da durch diese Emissionsquellen keine Schutzinteressen verletzt würden.

 

Gegen diesen Bescheid haben die Anrainer H, F, W, N und S mit gemeinsam eingebrachtem Schriftsatz vom 12. Oktober 2007 innerhalb offener Frist Berufung erhoben. Dies im Wesentlichen mit dem Vorbringen, es sei hinsichtlich der Lärmimmissionen des Gastgartens weder ein lärmtechnisches noch ein ärztliches Gutachten eines Sachverständigen eingeholt worden. Dies obwohl bereits ein immissionstechnischer Amtssachverständiger bei einem Ortsaugenschein festgestellt habe, dass es hinsichtlich des Gastgartens einer individuellen schalltechnischen und lärmmedizinischen Beurteilung bedürfe. Bereits der Erstantrag des Konsenswerbers auf Erteilung der Betriebsanlagengenehmigung habe auch den Betrieb eines Gastgartens umfasst. Dieser Antrag sei jedoch hinsichtlich des Gastgartens zurückgezogen und somit eingeschränkt worden, nachdem der immissionstechnische Amtssachverständige festgestellt habe, dass hinsichtlich des Gastgartens eine individuelle Beurteilung durch Amtssachverständige erforderlich sei. Eine vollständige lärmtechnische Überprüfung des geplanten Gastgartens und eine darauf aufbauende medizinische Beurteilung sei daher zu Unrecht unterblieben. Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes sei auch ein Gastgarten nach § 112 Abs.3 GewO 1994 unter den Voraussetzungen des § 74 GewO 1994 genehmigungspflichtig, es seien daher Belästigungen und Beeinträchtigungen oder sonstige nachteilige Einwirkungen auf die Nachbarn zu vermeiden. Beim durchzuführenden Ermittlungsverfahren sei auf die ruhige Innenhoflage, in diese Richtung seien auch die Schlafzimmer angelegt, zu berücksichtigen. Die nächste Wohnung sei direkt über dem Gastgarten gelegen. Die lärmtechnische und medizinische Beurteilung habe jedenfalls auch auf die Nachtzeit abzustellen. Es sei nicht sichergestellt, dass Lärmimmissionen keine Schutzinteressen verletzen, dies entgegen der Auffassung des Bundesministeriums für Wirtschaft und Arbeit. Die Voraussetzungen des vereinfachten Verfahrens seien daher nicht gegeben. Wegen unzumutbaren Belästigungen der Nachbarn sei der Antrag abzuweisen.

 

Der Bürgermeister der Landeshauptstadt Linz als belangte Behörde hat diese Berufungsschrift gemeinsam mit dem zu Grunde liegenden Verfahrensakt dem Unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich zur Berufungsentscheidung vorgelegt. Die belangte Behörde hat dabei keine inhaltlichen Äußerungen zum Berufungsvorbringen abgegeben und keinen Widerspruch im Sinne des § 67h Abs.1 AVG erhoben.

 

Die Zuständigkeit des Unabhängigen Verwaltungssenates des Landes Oberösterreich durch Einzelmitglied ergibt sich aus § 359a GewO 1994  iVm § 67a  Abs.1 AVG.

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Akt der belangten Behörde zu  GZ 0106107/2007 ABA Nord.

 

Im Grunde des § 67d Abs.1 AVG konnte von der Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung mangels Erfordernis abgesehen werden.

 

 

In der Sache hat der Unabhängige Verwaltungssenat erwogen:

 

Gemäß § 74 Abs. 2 GewO 1994 dürfen gewerbliche Betriebsanlagen nur mit Genehmigung der Behörde errichtet oder betrieben werden, wenn sie wegen der Verwendung von Maschinen und Geräten, wegen ihrer Betriebsweise, wegen ihrer Ausstattung oder sonst geeignet sind,

 

1.      das Leben oder die Gesundheit des Gewerbetreibenden, der nicht den Bestimmungen des ArbeitnehmerInnenschutzgesetzes unterliegenden mittätigen Familienangehörigen, der Nachbarn oder der Kunden, die die Betriebsanlage der Art des Betriebes gemäß aufsuchen, oder das Eigentum oder sonstige dingliche Rechte der Nachbarn zu gefährden,

 

2.      die Nachbarn durch Geruch, Lärm, Rauch, Staub, Erschütterung oder in anderer Weise zu belästigen,

 

3.      die Religionsausübung in Kirchen, den Unterricht in Schulen, den Betrieb von Kranken- und Kuranstalten oder die Verwendung oder den Betrieb anderer öffentlichen Interessen dienender benachbarter Anlagen oder Einrichtungen zu beeinträchtigen,

 

4.      die Sicherheit, Leichtigkeit und Flüssigkeit des Verkehrs an oder auf Straßen mit öffentlichem Verkehr wesentlich zu beeinträchtigen oder

 

5.      eine nachteilige Einwirkung auf die Beschaffenheit der Gewässer herbeizuführen, sofern nicht ohnedies eine Bewilligung auf Grund wasserrechtlicher Vorschriften vorgeschrieben ist.

 

Gemäß § 77 Abs. 1 GewO 1994 ist eine Betriebsanlage zu genehmigen, wenn nach dem Stand der Technik und dem Stand der medizinischen und der sonst in Betracht kommenden Wissenschaften zu erwarten ist, dass überhaupt oder bei Einhaltung der erforderlichenfalls vorzuschreibenden bestimmten geeigneten Auflagen die nach den Umständen des Einzelfalles voraussehbaren Gefährdungen im Sinne des § 74 Abs. 2 Z1 vermieden und Belästigungen, Beeinträchtigungen oder nachteilige Einwirkungen im Sinne des § 74 Abs. 2 Z2 bis 5 auf ein zumutbares Maß beschränkt werden.

 

 

Gemäß § 81 Abs. 1 GewO 1994 bedarf die Änderung einer genehmigten Betriebsanlage einer Genehmigung im Sinne der Bestimmungen der Gewerbeordnung, wenn dies zur Wahrung der im §74 Abs. 2 umschriebenen Interessen erforderlich ist.

 

Gemäß § 112 Abs.3 GewO 1994 idgF dürfen Gastgärten, die sich auf öffentlichem Grund befinden oder an öffentliche Verkehrsflächen angrenzen, jedenfalls von 8.00 Uhr bis 23.00 Uhr betrieben werden, wenn sie ausschließlich der Verabreichung von Speisen und dem Ausschank von Getränken dienen, lautes Sprechen, Singen und Musizieren in ihnen vom Gastgewerbetreibenden untersagt ist und auf dieses Verbot hinweisende Anschläge dauerhaft und von allen Zugängen zum Gastgarten deutlich erkennbar angebracht sind. Gastgärten, die sich weder auf öffentlichem Grund befinden, noch an öffentliche Verkehrsflächen angrenzen, dürfen jedenfalls von 9.00 Uhr bis 22.00 Uhr betrieben werden, wenn sie die Voraussetzungen des ersten Satzes erfüllen. Die Gemeinde kann mit Verordnung abweichende Regelungen betreffend die Gewerbeausübung in Gastgärten für solche Gebiete festlegen, die insbesondere wegen ihrer Flächenwidmung, ihrer Verbauungsdichte, der in ihnen bestehenden Bedürfnisse iSd § 113 Abs.1 und ihrer öffentlichen Einrichtungen, wie Krankenhäuser, Altersheime, Bahnhöfe, Theater, Sportplätze und Parks, diese Sonderregelung rechtfertigen.

 

 

Gemäß § 359b Abs. 1 GewO 1994 hat die Behörde, wenn sich aus dem Genehmigungsansuchen und dessen Beilagen ergibt, dass

 

1.      jene Maschinen, Geräte und Ausstattungen der Anlage, deren Verwendung die Genehmigungspflicht begründen könnte, ausschließlich solche sind, die in Verordnungen gemäß § 76 Abs. 1 oder Bescheiden gemäß § 76 Abs. 2 angeführt sind oder die nach ihrer Beschaffenheit und Wirkungsweise vornehmlich oder auch dazu bestimmt sind, in Privathaushalten verwendet zu werden, oder

 

2.      das Ausmaß der der Betriebsanlage zur Verfügung stehenden Räumlichkeiten und sonstigen Betriebsflächen insgesamt nicht mehr als 800 m2 beträgt, die elektrische Anschlussleistung der  zur  Verwendung  gelangenden  Maschinen  und  Geräte  300 kW nicht übersteigt und auf Grund der geplanten Ausführung der Anlage zu erwarten ist, dass Gefährdungen, Belästigungen, Beeinträchtigungen oder nachteilige Einwirkungen im Sinne des   § 74 Abs. 2 oder Belastungen der Umwelt (§ 69 a) vermieden werden.

 

 

das Projekt durch Anschlag in der Gemeinde und durch Anschlag in den der Anlage unmittelbar benachbarten Häusern mit dem Hinweis bekannt zu geben, dass die Projektsunterlagen innerhalb eines bestimmten, 4 Wochen nicht überschreitenden Zeitraumes bei der Behörde zur Einsichtnahme aufliegen und dass die Nachbarn innerhalb dieses Zeitraumes von ihrem Anhörungsrecht Gebrauch machen können; die Eigentümer der betroffenen Häuser haben derartige Anschläge in ihren Häusern zu dulden; statt durch Hausanschlag kann das Projekt aus Gründen der Zweckmäßigkeit, Raschheit und Einfachheit durch persönliche Verständigung der Nachbarn bekannt gegeben werden; nach Ablauf der im Anschlag oder der persönlichen Verständigung angeführten Frist hat die Behörde unter Bedachtnahme auf die eingelangten Äußerungen der Nachbarn, die die Anwendung des vereinfachten Verfahrens begründende Beschaffenheit der Anlage mit Bescheid festzustellen und erforderlichenfalls Aufträge zum Schutz der gemäß § 74 Abs. 2 sowie der gemäß § 77 Abs. 3 und 4 wahrzunehmenden Interessen zu erteilen; dieser Bescheid gilt als Genehmigungsbescheid für die Anlage .... . Nachbarn (§ 75 Abs. 2) haben keine Parteistellung .... .

 

Wie der zitierten Gesetzesstelle zu entnehmen ist, ist somit im vereinfachten Verfahren bereits durch den Gesetzgeber ausdrücklich festgelegt, dass Nachbarn grundsätzlich keine Parteistellung genießen, sondern ihnen prinzipiell nur Anhörungsrechte zukommen. Der Verfassungsgerichtshof hat jedoch in seinem Erkenntnis vom 3.3.2001, G 87/00, festgestellt, dass zwar einerseits dieser Ausschluss der Parteistellung der Nachbarn zum Vorliegen der materiellen Genehmigungsvoraussetzungen nicht verfassungswidrig ist, davon jedoch andererseits zu unterscheiden ist, dass den Nachbarn eine beschränkte Parteistellung hinsichtlich der Frage, ob die Voraussetzungen des vereinfachten Verfahrens überhaupt vorliegen, zukommt. Diese beschränkte Parteistellung ergibt sich aus einer gebotenen verfassungskonformen Auslegung des § 359b Abs.1 der GewO.

 

Aus dieser beschränkten Parteistellung der Nachbarn hinsichtlich der Frage der Überprüfung der Voraussetzungen des vereinfachten Verfahrens ergibt sich jedenfalls die Verpflichtung der Behörde, die diesbezüglichen Parteienrechte der Nachbarn zu wahren und ihnen Gelegenheit zur Geltendmachung der entsprechenden rechtlichen Interessen zu geben.

 

 

Gemäß § 66 Abs. 2 AVG kann die Berufungsbehörde den angefochtenen Bescheid beheben und die Angelegenheit zur neuerlichen Verhandlung und Erlassung eines neuen Bescheides an eine im Instanzenzug untergeordnete Behörde zurückverweisen, wenn der vorliegende Sachverhalt mangelhaft ist, dass die Durchführung oder Wiederholung einer mündlichen Verhandlung unvermeidlich erscheint.

 

 

Die Einsichtnahme in den vorgelegten Verfahrensakt des Magistrates der Landeshauptstadt Linz ergibt, dass der Konsenswerber mit Antrag vom 26. Juni 2007 um die gewerbebehördliche Betriebsanlagengenehmigung für die Änderung der bestehenden gastgewerblichen Betriebsanlage durch Hinzunahme eines Gastgartens mit einer Betriebszeit von Montag bis Freitag von 12.00 Uhr bis 20.00 Uhr angesucht hat. Die belangte Behörde hat ein vereinfachtes Betriebsanlagenge­nehmigungsverfahren im Grunde des § 359b Abs.1 Z2 eingeleitet und eine Vorprüfung des Projektes durch einen technischen Amtssachverständigen veranlasst. Mit Bekanntgabe vom 22. August 2007 wurde das Projekt an der Amtstafel des Rathauses und in den benachbarten Häusern mit dem Hinweis bekannt gegeben, dass Nachbarn das Recht zusteht, Akteneinsicht zu nehmen und sich zum Projekt zu äußern.

 

Die Anrainer und nunmehrigen Berufungswerber haben daraufhin mit Eingabe vom 7. September 2007 Einwendungen zum Projekt dahingehend vorgebracht, die Voraussetzungen für die Durchführung eines § 359b Abs.1 Z2 GewO - Verfahrens seien im Hinblick auf die Genehmigung des beantragten Gastgartens nicht gegeben. Es sei nicht zu erwarten, dass Belästigungen, Beeinträchtigungen und nachteilige Einwirkungen auf die Nachbarn durch den Lärm der Besucher des Gastgartens vermieden würden. Es käme zu einer unzumutbaren Belästigung der Nachbarschaft. Beantragt werde die Durchführung einer Verhandlung nach § 356 GewO unter gleichzeitiger Ladung der Nachbarn.

 

Nach Einlangen dieser Einwendungen der nunmehrigen Berufungswerber erging von der belangten Behörde ohne Durchführung eines weiteren Ermittlungsverfahrens der nunmehr bekämpfte Bescheid vom 26. September 2007 und bezieht sich dieser Bescheid insbesondere in Bezug auf die von den Anrainern vorgebrachten befürchteten unzumutbaren Lärmbelästigungen auf die oben bereits angeführte Rechtsauskunft des Bundesministerium für Wirtschaft und Arbeit vom 29. Juni 2007.

In diese Richtung geht auch der im Akt befindliche Aktenvermerk vom 21. August 2007, wonach bezugnehmend auf die angesprochene Rechtsauskunft des BMWA eine Prüfung der Lärmauswirkungen des Gastgarten nicht zu erfolgen habe und daher immissionstechnische Lärmgutachten hinsichtlich Gästelärm sowie darauf basierende amtsärztliche Gutachten nicht einzuholen seien.

 

Diese Rechtsauffassung entspricht nicht der geltenden Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes und auch nicht der des Unabhängigen Verwaltungssenates des Landes Oberösterreich und kann sich die Berufungsbehörde daher derselben auch in diesem Falle nicht anschließen. Die Auffassung, dass ein Gastgarten, der die Kriterien des § 112 Abs.3 GewO erfüllt,  auf Grund dieser vom Gesetzgeber ausdrücklich normierten Betriebszeiten betrieben werden dürfe und aus diesem Grund für diesen Zeitraum keine ergänzende immissionstechnische und allenfalls medizinische Beurteilung durchgeführt werden müsste, widerspricht dieser Judikatur.

 Der von der belangten Behörde zitierte Erlass des Bundesministeriums für Wirtschaft und Arbeit trägt das Datum 29. Juni 2007 und ist offensichtlich davon auszugehen, dass zu diesem Zeitpunkt das damals jüngste Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 27. Juni 2007, GZ. 2007/04/0111, noch nicht veröffentlicht war. In diesem Erkenntnis stellt der Verwaltungsgerichtshof unmissverständlich fest, dass unter Berücksichtigung der Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes davon ausgegangen werden müsse, dass § 112 Abs. 3 GewO 1994 (ebenso wie die Vorgängerbestimmung des § 148 Abs.3 GewO 1994) an der Genehmigungspflicht von Gastgärten nach § 74 GewO 1994 nichts ändert und dass für diese daher auch weiterhin die Genehmigungsvoraussetzungen des § 77 GewO 1994 gelten, hat doch der Verfassungsgerichtshof im oben zitierten Erkenntnis G 211/94 die verfassungsrechtlichen Bedenken des Verwaltungsgerichtshofes gegen die Betriebszeitenregelung gerade (bzw. nur) deshalb nicht geteilt, weil diese Regelung eine Gesundheitsgefährdung der Nachbarn keineswegs zulasse. Auf dieses Erkenntnis verweist auch das in Bezug auf Gastgärten ergangene jüngste Erkenntnis vom 12. September 2007, GZ. 2007/04/0100, worin der Verwaltungsgerichtshof diese Judikatur weiterführt und darüber hinaus feststellt, dass die Frage, ob Nachbarn durch den Betrieb des Gastgartens vor 22.00 Uhr belästigt werden und gegebenenfalls welches Ausmaß diese Belästigungen erreichen bzw. welcher Art die belästigenden Geräusche sind auf Gutachtensebene zu Unrecht unbeantwortet geblieben ist. Ausdrücklich wurde der Rechtsstandpunkt der belangten Behörde, die von einem gemäß § 112 Abs.3 betriebenen Gastgarten ausgehenden Belästigungen seien von Nachbarn hinzunehmen, als unzutreffend festgestellt. Ob daher die Genehmigung für einen unter § 112 Abs.3 GewO fallenden Gastgarten zu versagen ist, weil er zu unzumutbaren Belästigungen bzw. zu Gesundheitsgefährdungen von Nachbarn führen würde, werde die belangte Behörde im fortgesetzten Verfahren zu prüfen haben.

 

Nichts anderes kann für den gegenständlichen Berufungsfall gelten. Die belangte Behörde hat in Bezug auf die von Nachbarn vorgebrachten Einwendungen betreffend Lärmschutz keinerlei Ermittlungsverfahren über die von der, den Verfahrensgegenstand bildenden Gastgartenfläche ausgehenden und auf die Nachbarn einwirkenden Emissionen, wie zB. Lärm, durchgeführt. Dabei wäre -aufbauend auf der Feststellung des Ist-Zustandes  -  die Ermittlung der allenfalls zu erwartenden zusätzlichen Immissionen auf die Nachbarn nach Art und Ausmaß erforderlich. In der Folge – aufbauend auf der lärmtechnischen Begutachtung – wäre es Aufgabe des medizinischen Amtssachverständigen festzustellen, wie sich allenfalls zusätzlich zu erwartende Immissionen auf die Nachbarn auswirken, um der Behörde eine Grundlage für die im Rechtsbereich zu beantwortende Frage zu bieten, ob hiedurch Nachbarn in ihrer Gesundheit gefährdet oder unzumutbar belästigt werden. Die Durchführung einer mündlichen Verhandlung erscheint hiefür jedenfalls erforderlich, einerseits um allfällige Sachverhaltsfragen zu klären und andererseits um Sachverständigengutachten beizuschaffen und das Parteiengehör zu wahren.

 

 

Aus den oben angeführten Sach- und Rechtsgründen war somit insgesamt wie im Spruch zu entscheiden.

 

 

Rechtsmittelbelehrung:

 

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

Hinweis:

 

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsge­richts­hof erhoben werden; diese muss von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 180 Euro zu entrichten.

 

 

Dr. Reichenberger

 

 

Beschlagwortung:

Gastgarten; § 112 Abs.3 GewO;

 

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