Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-720187/2/BMa/Se

Linz, 02.01.2008

 

 

 

E R K E N N T N I S

 

 

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Mag. Gerda Bergmayr-Mann über die Berufung des J G, geb.     , deutscher Staatsangehöriger, derzeit wohnhaft in der G, gegen den Bescheid des Bezirkshauptmannes von Gmunden vom 24. September 2007, AZ. Sich07/5144, wegen Erlassung eines Aufenthaltsverbotes zu Recht erkannt:

 

 

Der Berufung wird insofern Folge gegeben, als die Dauer des Aufenthaltsverbotes auf 10 Jahre herabgesetzt und die Abweisung der Erteilung eines Durchsetzungsaufschubes aufgehoben wird; im Übrigen wird diese hingegen abgewiesen und der angefochtene Bescheid bestätigt.

 

 

 

Rechtsgrundlagen:

§ 66 Abs.4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 (im Folgenden: AVG), BGBl. Nr. 51/1991 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 10/2004

 

 

Entscheidungsgründe:

 

1.1. Mit dem in der Präambel angeführten Bescheid wurde über den Berufungswerber (im Folgenden: Bw), einen deutschen Staatsangehörigen, nach den Bestimmungen des § 86 Abs.1 iVm § 60 Abs.1 Z1 und 2 und Abs.2 Z1 sowie der §§ 63 und 66 des Bundesgesetzes über die Ausübung der Fremdenpolizei, die Ausstellung von Dokumenten für Fremde und die Erteilung von Einreisetitel, BGBl I Nr. 100/2005 idF BGBl I  Nr. 99/2006, ein unbefristetes Aufenthaltsverbot für das Bundesgebiet der Republik Österreich erlassen. Gleichzeitig wurde gemäß § 86 Abs.3 FPG die Erteilung eines Durchsetzungsaufschubes abgewiesen.

 

1.2. Begründend wurde im Wesentlichen ausgeführt, der Bw habe durch sein Verhalten dokumentiert, dass er nicht gewillt sei, die Rechts- und Werteordnung seines Gastlandes zu respektieren. Er habe insbesondere gegenüber dem Eigentum anderer keine Achtung gezeigt.

Das Landesgericht für Strafsachen Wien habe ihn am 9. Mai 2006 rechtskräftig gemäß §§ 127, 128 Abs.1 Z1, 130 2. Satz 1. Deliktsfall und 15 StGB (Verbrechen des teils vollendeten, teils versuchten gewerbsmäßigen schweren Diebstahls) zu einer Freiheitsstrafe von 5 Jahren unbedingt verurteilt.

Seit dem Jahr 1972 sei er von österreichischen Gerichten wegen weiteren neuen Vergehen rechtskräftig verurteilt worden. Sein enormes kriminelles Potential habe er durch seine Taten eindrucksvoll unter Beweis gestellt. Besonders bedenklich stimme die Tatsache, dass er über einen sehr langen Tatzeitraum gewerbsmäßig und organisiert ans Werk gegangen sei. Er habe bei der Auswahl seiner Opfer absolut keine Skrupel gehabt, eine ohnehin in der Vergangenheit sehr gebeutelte Generation ihres Eigentums zu berauben. Schamlos habe er das hohe Alter und die altersbedingte Seh- und Gehbehinderung der Bestohlenen ausgenutzt. Die Annahme sei gerechtfertigt, dass sein Aufenthalt die öffentliche Ruhe, Ordnung und Sicherheit gefährden und den in Art.8 Abs.2 EMRK genannten öffentlichen Interessen zuwiderlaufen würde. Es sei im Fall des Bw von einer erheblichen Gefahr auszugehen, da er durch seine Respektlosigkeit gegenüber dem Eigentum anderer seinen Geldmangel kompensieren habe wollen. Seine Hemmschwelle zu einem kriminellen Verhalten sei hierbei eine sehr niedrige. Durch seinen Aufenthalt in Österreich sei eine tatsächliche, gegenwärtige und erhebliche Gefahr für andere gegeben.

 

Die fremdenpolizeiliche Maßnahme habe Auswirkungen auf sein Privat- und Familienleben, weil familiäre Bindungen in Österreich vorhanden seien. Er habe eine Lebensgefährtin, die ebenfalls in Österreich lebe und habe die meiste Zeit seines Lebens in Österreich verbracht.

Seine soziale Integration sei ihm nicht gelungen, was durch die vielen Verurteilungen, welche zum Teil aus sehr schwerwiegenden Verbrechen resultieren würden, dokumentiert werde. Seine beruflichen Bindungen in Österreich würden keine Auswirkungen auf das Aufenthaltsverbot haben, weil er laut Versicherungsdatenauszug der oberösterreichischen Gebietskrankenkasse seit dem Jahr 1999 nur sehr sporadisch einer Beschäftigung nachgegangen sei. In den letzten Jahren vor seiner Verhaftung habe sein Einkommen vorwiegend aus Arbeitslosengeld, Notstandshilfe und Krankengeld bestanden.

Unter Berücksichtigung seiner persönlichen Lebenssituation würden aufgrund des festgestellten Sachverhalts die nachteiligen Folgen der Abstandnahme von der Erlassung eines Aufenthaltsverbots schwerer wiegen als die Auswirkungen eines Aufenthaltsverbotes auf seine persönliche bzw. familiäre Lebenssituation.

Die Dauer seines Aufenthaltes, das Ausmaß der Integration und die Intensität der familiären und sonstigen Bindungen werde berücksichtigt.

Das Aufenthaltsverbot könne nur auf unbefristete Dauer erlassen werden, weil für die Behörde nicht absehbar sei, wann und ob seine negative charakterliche Eigenschaft sich überhaupt zum Besseren wenden würde. Er habe mehrfach dokumentiert, dass seine Hemmschwelle zu einem kriminellen Verhalten sehr niedrig liege und dadurch gehe durch seine Anwesenheit im Bundesgebiet der Republik Österreich eine erhebliche Gefahr von ihm aus. Er habe anderen Personen in insgesamt 39 Angriffen Geld bzw. Wertgegenstände weggenommen. Bei 16 weiteren Angriffen sei es beim Versuch geblieben. Er habe dabei keine Skrupel gehabt, einen Zustand der Bestohlenen, der diese hilflos mache, nämlich das hohe Alter und altersbedingte Seh- und Gehschwächen, auszunutzen.

 

Seine sofortige Ausreise sei wegen Gefahr im Verzug im Interesse des öffentlichen Wohls bzw. der öffentlichen Ordnung erforderlich, weil die Gefahr bestehe, dass er weitere schwerwiegende Verstöße gegen die Rechts- und Werteordnung seines Gastlandes begehen werde. Die Gewährung eines Durchsetzungsaufschubes würde ein hohes Risiko mit sich bringen, weil er dadurch die Gelegenheit haben würde, sich ein weiteres Mal am Eigentum anderer zu bedienen.

 

1.3. Gegen diesen Bescheid, der dem Bw am 26. September 2007 durch persönliche Übernahme zugestellt wurde, erhob dieser rechtzeitig das Rechtsmittel der Berufung, das er bei der Bezirkshauptmannschaft Gmunden am 8. Oktober 2007 eingebracht hat.

 

1.4. Darin führt der Bw im Wesentlichen aus, die belangte Behörde habe ihrer Entscheidung falsche Feststellungen zugrunde gelegt. Vielmehr sei richtig, dass er sich seit 1960 (also seit seinem 2. Lebensjahr) rechtmäßig und ohne Unterbrechung in Österreich aufhalte. Er habe die Schule in V besucht und mit seiner Frau und seinem Sohn in S und V gewohnt. Nach seiner Scheidung habe er in einem Haus in G mit seiner heutigen Lebensgefährtin und ab 1990 bis zu seiner Verhaftung wieder in V gewohnt. Er sei von 1978 – 2005 durchgängig beschäftigt gewesen, arbeitslos sei er lediglich die letzten drei Jahre vor seiner Verhaftung gewesen, und dies deshalb, weil er erhebliche Probleme mit seiner Wirbelsäule gehabt habe, welche mehrere Operationen nach sich gezogen hätte.

Seine gesamte Familie würde sich in Österreich aufhalten, das seien seine beiden Söhne, seine Enkeltochter und seine Schwester. In Deutschland habe er keine Verwandte und er habe keinerlei Bezugspunkte zu Deutschland. Er sei in Österreich aufgewachsen, hier zur Schule gegangen und habe hier gelebt und gearbeitet. Der Eingriff in sein Privat- und Familienleben wiege unverhältnismäßig schwerer als die Erlassung des Aufenthaltsverbots zur Erreichung der in Art.8 Abs.2 EMRK genannten Ziele.

 

Die Ausweisung sei im Hinblick auf § 55 Abs.4 FPG zudem rechtswidrig, weil Fremde, die von klein auf im Inland aufgewachsen seien und hier langjährig rechtmäßig niedergelassen seien, nicht ausgewiesen werden dürften. Dies sei der Fall, wenn sie die Hälfte ihres Lebens im Bundesgebiet verbracht hätten und vor Verwirklichung des maßgeblichen Sachverhalts seit mindestens 3 Jahren hier niedergelassen gewesen seien. Dies würde auf ihn zutreffen.

Hinsichtlich der Zukunftsprognose verweise er auf seine Stellungnahme. In dieser am 1. Dezember 2006 bei der Bezirkshauptmannschaft Gmunden eingelangten, mit 27. November 2006 datierten Stellungnahme führte der Bw unter anderem aus, er arbeite an den Haftzielen mit und dieser letztmalige "Schuss vor den Bug" sei ihm eine Lehre gewesen.

Er werde nicht mehr mit dem Gesetz in Konflikt geraten und könne nur versichern, dass durch ihn keine Gefahr für die Gesellschaft bestehe.

Weil er seit Ende Juli 2007 nicht mehr an der Adresse V gemeldet sei, werde noch die Unzuständigkeit der belangten Behörde eingewendet. Abschließend wurde der Antrag gestellt, den bekämpften Bescheid zur Gänze aufzuheben, in eventu zur Durchführung eines ordnungsgemäßen Ermittlungsverfahrens und zur neuerlichen Entscheidung an die Behörde erster Instanz zurück zu verweisen.

 

1.4. Mit Schreiben vom 9. Oktober 2007 übermittelte die Bezirkshauptmannschaft Gmunden den Verwaltungsakt dem Oö. Verwaltungssenat, hier einlangend am 11. Oktober 2007, zur Berufungsentscheidung.

 

2.1. Die Zuständigkeit des Unabhängigen Verwaltungssenates ergibt sich aus § 9 Abs.1 Z1 Fremdenpolizeigesetz 2005, da der Bw deutscher Staatsangehöriger und daher Angehöriger eines Mitgliedstaates des EWR ist.

Der Unabhängige Verwaltungssenat ist zur Entscheidung durch eines seiner Mitglieder zuständig (vgl. § 67a Abs.1 AVG).

 

2.2. Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in die Berufung des Bw und den vorgelegten Verwaltungsakt der belangten Behörde.

Von der Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung konnte abgesehen werden, weil eine solche nicht erforderlich war, nachdem im Verfahren im Wesentlichen ausschließlich die Beurteilung von Rechtsfragen strittig ist und die Akten erkennen lassen, dass eine mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Sache nicht erwarten lässt. Im übrigen liegt kein darauf gerichteter Parteiantrag vor (§ 67d AVG).

 

2.3. Der Unabhängige Verwaltungssenat geht bei seiner Entscheidung von folgendem Sachverhalt aus:

 

Der Bw ist deutscher Staatsangehöriger. Er hält sich seit 1960, also seit 47 Jahren, in Österreich auf. In V absolvierte er die Volksschule, die Hauptschule und den Polytechnischen Lehrgang. Er war verheiratet und hat zwei Söhne, die beide österreichische Staatsbürger sind. Auch seine Enkeltochter und seine Schwester, ebenfalls österreichische Staatsbürger, sind in Oberösterreich aufhältig. Nach seiner Scheidung hat er ein Jahr in G und ab 1990 bis zu seiner Verhaftung in V gewohnt. Der Hauptwohnsitz in der V, war zum Zeitpunkt der Erlassung des bekämpften Aufenthaltsverbotsbescheides aufrecht gemeldet.

Der Rechtsmittelwerber war während seines Aufenthalts in Österreich bei mehreren Firmen beschäftigt und auch als freiberuflicher Subunternehmer tätig. Die letzten 3 Jahre vor seiner Verhaftung war er arbeitslos.

Mit Urteil des Landesgerichts Wien vom 4. Mai 2006, GZ, wurde J G schuldig erkannt, er habe mit dem Vorsatz, sich durch die Zueignung unrechtmäßig zu bereichern und unter Ausnützung eines Zustands der Bestohlenen, der diese hilflos macht, nämlich des hohen Alters und der altersbedingten Seh- und Gehbehinderung, fremde bewegliche Sachen in einem 50.000 Euro nicht übersteigenden Wert, im bewussten und gewollten Zusammenwirken als Mittäter in 37 Fällen anderen weggenommen, wobei er den schweren Diebstahl in der Absicht begangen hat, sich durch die wiederkehrende Begehung der Tat eine fortlaufende Einnahme zu verschaffen, und versucht, Bargeld und Wertgegenstände weg zu nehmen in 16 Fällen, sowie in zwei weiteren Fällen im bewussten und gewollten Zusammenwirken Bargeldbeträge weggenommen. Er habe das Verbrechen des teils vollendeten, teils versuchten gewerbsmäßig schweren Diebstahls nach den §§ 127, 128 Abs.1 Z1, 130 2. Satz, 1. Deliktsfall und § 15 StBG begangen. Hiefür wurde er zu einer Freiheitsstrafe von 5 Jahren rechtskräftig verurteilt.

In den letzten 3 Jahren vor seiner Verhaftung war der Bw arbeitslos.

 

3. In der Sache hat der Oö. Verwaltungssenat erwogen:

 

3.1. Der festgestellte Sachverhalt ergibt sich – im Wesentlichen vom Bw auch unbestritten – aufgrund der vorliegenden Dokumente, insbesondere auch der Entscheidung des Gerichts.

Dass der Bw zum Zeitpunkt der Erlassung des angefochtenen Bescheides mit Hauptwohnsitz in V gemeldet war, ergibt sich aus einem im Akt einliegenden ZMR-Auszug vom 8. Oktober 2007.

 

 

3.2.  Gemäß § 86 Abs.1 FPG ist die Erlassung eines Aufenthaltsverbotes gegen freizügigkeitsberechtigte EWR-Bürger dann zulässig, wenn aufgrund ihres persönlichen Verhaltens die öffentliche Ordnung oder Sicherheit gefährdet ist.

Das persönliche Verhalten muss eine tatsächliche, gegenwärtige und erhebliche Gefahr darstellen, die ein Grundinteresse der Gesellschaft berührt. Im Sinne der bisherigen Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes zu § 48 FrG 1997, die in Folge gleichartiger Regelungen auch für das FPG Geltung beanspruchen kann, darf ein Aufenthaltsverbot nur bei Vorliegen der in § 60 Abs.1 Z 1 FPG genannten Voraussetzungen erlassen werden. Die in § 60 Abs.2 FPG genannten Gründe stellen einen Orientierungsmaßstab dar (hier insbesondere § 60 Abs.2 Z 1 FPG).

 

Gem. § 60 Abs.1 Z 1 FPG kann gegen einen Fremden ein =DATUM) und (Alle):LAND und (Aufenthaltsverbot EWR)#hit9hit9">Aufenthaltsverbot=DATUM) und (Alle):LAND und (Aufenthaltsverbot EWR)#hit11hit11"> erlassen werden, wenn auf Grund bestimmter Tatsachen die Annahme gerechtfertigt ist, dass sein Aufenthalt die öffentliche Ordnung und Sicherheit gefährdet.

 

Nach Abs.2 leg.cit hat als bestimmte Tatsache im Sinn des Abs.1 insbesondere zu gelten, wenn ein Fremder unter anderem von einem inländischen Gericht zu einer unbedingten Freiheitsstrafe von mehr als drei Monaten, zu einer teilbedingt nachgesehenen Freiheitsstrafe, zu einer bedingt nachgesehenen Freiheitsstrafe von mehr als sechs Monaten oder mehr als einmal wegen auf der gleichen schädlichen Neigung beruhender strafbarer Handlungen rechtskräftig verurteilt worden ist.

 

Aus den oben aufgelisteten Verurteilungen des Bw ergibt sich, dass bei ihm die Voraussetzungen gemäß § 60 Abs.2 Z1 FPG vorliegen.

 

3.3.  Wie oben angeführt, muss das persönliche Verhalten des Bw die öffentliche Ordnung oder Sicherheit gefährden und eine tatsächliche, gegenwärtige und erhebliche Gefahr darstellen, die ein Grundinteresse der Gesellschaft berührt.

 

Die fortwährende Begehung von Eigentumsdelikten im österreichischen Bundesgebiet ist als Verhalten anzusehen, das die öffentliche Ordnung oder Sicherheit gefährdet und eine tatsächliche, gegenwärtige und erhebliche Gefahr darstellt, der ein Grundinteresse der Gesellschaft berührt. Der Schutz des Eigentumsrechts ist naturgemäß ein Grundinteresse der Gesellschaft. Wie oben dargestellt, hat der Bw über einen langen Tatzeitraum von Jänner 2004 bis Mitte Oktober 2005 Angriffe gegen das Eigentumsrecht anderer vorgenommen, also bis zur Festnahme des Bw ist keine Änderung seines Verhaltens ersichtlich, weshalb im konkreten Fall und in der Person des Bw gelegen auch die tatsächliche, gegenwärtige und erhebliche Gefahr anzunehmen ist. Im Hinblick auf sein in Rede stehendes gravierendes Fehlverhalten ist dabei nicht zu erkennen, dass eine auf den Zeitpunkt der Durchsetzbarkeit des vorliegenden Aufenthaltsverbotes abgestellte Gefährlichkeitsprognose zu einem anderen Ergebnis geführt hätte.

Jede dieser Handlungen setzt einen immer wieder neu zu fassenden Vorsatz voraus und dadurch ist erkennbar, dass der Rechtsmittelwerber sorglos mit den rechtlich geschützten Werten in Österreich umgeht.

Zur Verhinderung allfälliger weiterer strafbarer Handlungen in Form von Eigentumsdelikten durch den Bw ist es erforderlich, ihm den Aufenthalt im Bundesgebiet zu verwehren.

Der Bw bringt zwar vor, im Hinblick auf § 55 Abs.4 FPG sei die im Bescheid ausgesprochene Ausweisung rechtswidrig, er verkennt damit aber, dass es sich gegenständlich um ein Aufenthaltsverbot handelt und dieses gemäß § 61 FPG zu beurteilen ist.

Gemäß § 61 Z 4 darf ein Aufenthaltsverbot nicht erlassen werden, wenn der Fremde von klein auf im Inland aufgewachsen und hier langjährig rechtmäßig niedergelassen ist, es sei denn, der Fremde wäre wegen einer gerichtlich strafbaren Handlung rechtskräftig zu mehr als einer unbedingten zweijährigen Freiheitsstrafe verurteilt worden oder würde einen der in § 60 Abs.2 Z 12-14 bezeichneten Tatbestände verwirklichen.

Im konkreten Fall wurde der Bw zu einer 5-jährigen Freiheitsstrafe verurteilt, sodass ein Aufenthaltsverbot auch gemäß § 61 Abs.4 gegen ihn erlassen werden darf.

 

3.4. Nach § 60 Abs.6 FPG iVm § 66 Abs.2 leg.cit. darf ein Aufenthaltsverbot nicht erlassen werden, wenn die Auswirkungen auf die Lebenssituation des Fremden und seiner Familie schwerer wiegen als die nachteiligen Folgen der Abstandnahme von seiner Erlassung. Bei dieser Abwägung ist insbesondere auf folgende Umstände Bedacht zu nehmen:

 

1. Die Dauer des Aufenthaltes und das Ausmaß der Integration des Fremden oder seiner Familienangehörigen,

2. die Intensität der familiären und sonstigen Bindungen.

 

Durch dieses Aufenthaltsverbot wird insofern in die familiäre Situation des Bw eingegriffen, als der Rechtsmittelwerber, der seit 47 Jahren in Österreich aufhältig war, seine Angehörigen in Österreich hat. So leben seine beiden Söhne und seine Enkeltochter ebenso wie seine Schwester in Oberösterreich. Auch seine Lebensgefährtin, mit der er seit 19 Jahren zusammen ist, lebt in Österreich. Diese Lebensgefährtin ist aber auch zu einer Freiheitsstrafe in der Dauer von 3,5 Jahren verurteilt worden. Von einer beruflichen Integration kann im Zeitpunkt der Inhaftierung des davor ca. drei Jahre lang arbeitslosen Bw nicht ausgegangen werden.

 

Bei Abwägung der oben angeführten Tatsachen – im Hinblick auf die für den weiteren Verbleib des Bw im Bundesgebiet zu stellende negative Zukunftsprognose – sind die nachteiligen Folgen der gänzlichen Abstandnahme von der Erlassung des Aufenthaltsverbotes wesentlich schwerer zu beurteilen, als die Auswirkungen dieser Maßnahme auf die Lebenssituation des Bw, nämlich seinen Wunsch, den Kontakt zu seinen Söhnen, seiner Enkeltochter und seiner Schwester in Österreich aufrecht erhalten zu können.

 

3.5.  Gemäß § 63 FPG kann ein Aufenthaltsverbot oder Rückkehrverbot in den Fällen des § 60 Abs.2 Z1 unbefristet erlassen werden.

Bei der Festsetzung der Gültigkeitsdauer des Aufenthaltsverbotes oder des Rückkehrverbotes ist auf die für seine Erlassung maßgeblichen Umstände Bedacht zu nehmen. Die Frist beginnt mit Eintritt der Durchsetzbarkeit zu laufen.

 

Es bedarf eines geraumen, nicht zu gering anzusetzenden Zeitraums der Beobachtung des Wohlverhaltens des Bw, um sicher zu stellen, dass er nicht neuerlich das von ihm gezeigte Verhalten im Bundesgebiet setzen wird, und zu gewährleisten, dass er keine Gefährdung der öffentlichen Ordnung in Österreich mehr hervorrufen wird. Das von der erstinstanzlichen Behörde festgesetzte unbefristete Aufenthaltsverbot erscheint bei dieser Ermessensabwägung insbesondere im Hinblick darauf, dass der nunmehr 49-jährige Bw die letzten 47 Jahre in Österreich verbracht hat und hier den Mittelpunkt seiner sozialen Kontakte hat, als unverhältnismäßig lange bemessen. Vielmehr ist davon auszugehen, dass ein Zeitraum von 10 Jahren ausreichen wird, um dem Bw zu ermöglichen, sein Leben neu zu ordnen und eine Existenz aufzubauen, um zu gewährleisten, dass er, falls er nach Ablauf dieser Frist nach Österreich zurückkehren wird, ausreichend Mittel zur Bestreitung seiner Bedürfnisse zur Verfügung hat und nicht mehr veranlasst wird, weitere Vergehen, die auf der selben oder einer ähnlichen schädlichen Neigung beruhen, zu begehen.

 

4. Gemäß § 65 FPG und weiters abstellend auf Art. 32 der Richtlinie 2004/38/EG kann der Bw nach einem entsprechend den Umständen angemessenen Zeitraum, in jedem Fall aber 3 Jahre nach Vollstreckung des nach dem Gemeinschaftsrecht ordnungsgemäß erlassenen endgültigen Aufenthaltsverbotes einen Antrag auf Aufhebung des Aufenthaltsverbotes unter Hinweis darauf einreichen, dass eine materielle Änderung der Umstände eingetreten ist, die das Aufenthaltsverbot gerechtfertigt hat.

 

Ergänzend wird der Bw darauf hingewiesen, dass er gemäß § 72 FPG einen Antrag auf Wiedereinreise während der Gültigkeitsdauer eines Aufenthaltsverbotes einbringen kann. Gemäß Abs.2 dieser Bestimmung kann dem Fremden die Bewilligung zur Wiedereinreise auf Antrag erteilt werden, wenn dies aus wichtigen privaten Gründen notwendig ist und die für das Aufenthaltsverbot maßgeblichen Gründe dem nicht entgegen stehen und auch sonst kein Visumversagungsgrund vorliegt.

 

5. Gemäß § 86 Abs.3 FPG ist in den dort genannten Fällen grundsätzlich ein Durchsetzungsaufschub von einem Monat zu gewähren, es sei denn, die sofortige Ausreise des Fremden wäre im Interesse der öffentlichen Ordnung oder Sicherheit erforderlich. Aus dem Gesetzeswortlaut ergibt sich also, dass die Gewährung eines Durchsetzungsaufschubes nicht nur ausnahmsweise zu erfolgen hat, ein solcher ist vielmehr – außer in den genannten Fällen – regelmäßig zu erteilen. Überlegungen, die schon bei der Entscheidung über die Verhängung eines Aufenthaltsverbotes anzustellen sind, vermögen die Begründung für die Versagung eines Durchsetzungsaufschubes nicht zu ersetzen (VwGH vom 9. Juni 2005, 2005/21/0057mwN). Die Behörde hat vielmehr zu begründen, dass es konkrete, über die schon für die Erlassung des Aufenthaltsverbotes notwenigen, Gründe hinaus gibt, warum es unerlässlich ist, das erlassene Aufenthaltsverbot auch sofort zu vollziehen und warum dem Fremden nicht ein – ihm grundsätzlich zustehender – Durchsetzungsaufschub von einem Monat gewährt werden kann.

Bei der Aberkennung des Durchsetzungsaufschubes hat die belangte Behörde nicht beachtet, dass der Bw über mehrere Jahrzehnte in Österreich verwurzelt ist, sodass die mit seiner Ausreise einhergehende Regelung der persönlichen Verhältnisse notwendig sein wird. Eine Abwägung des Spannungsverhältnisses, der persönlichen Interesse zu dem öffentlichen Interesse der sofortigen Ausreise muss aufgrund seiner Verwurzelung in Österreich und seiner familiären Bindungen zu seinen Gunsten ausfallen. Es ist ihm daher ein Durchsetzungsaufschub von einem Monat zu gewähren.

 

6. Weil der Bw mit Hauptwohnsitz in V zum Zeitpunkt der Erlassung des bekämpften Bescheides aufrecht gemeldet war, kommt der Einwand der Unzuständigkeit der belangten Behörde nicht zum Tragen.

 

7. Es war daher die Dauer des Aufenthaltsverbotes auf 10 Jahre herabzusetzen und die Abweisung eines Durchsetzungsaufschubes aufzuheben.

 

 

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen  diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

Hinweis:

1. Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss  - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 180 Euro zu entrichten.

2. Im gegenständlichen Verfahren sind Gebühren in der Höhe von 13,20 Euro angefallen. Ein entsprechender Zahlschein liegt bei.

 

 

 

Mag. Bergmayr-Mann

Beachte:

Beschwerde gegen vorstehende Entscheidung wurde abgelehnt.

VwGH vom 28.05.2008, Zl.: 2008/21/0130-8

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