Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-521756/19/Br/Ps

Linz, 21.12.2007

 

E R K E N N T N I S

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich erkennt durch sein Mitglied Dr. Bleier über die Berufung der Frau A K, geb., N, S, vertreten durch Dr. O H, Rechtsanwalt u. Mediator, D, K, gegen den Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Kirchdorf a.d. Krems vom 2.10.2005, VerkR21-372-2007, wegen Erlassung eines Fahrverbots für vierrädrige Leichtkraftfahrzeuge (Mopedfahrverbot), nach der am 19.11.2007 durchgeführten öffentlichen mündlichen Verhandlung, zu Recht:

 

Der Berufung wird keine Folge gegeben; die Berufung wird als unbegründet abgewiesen.

 

Rechtsgrundlagen:

§ 67a AVG, §§ 8, 24 Abs.1 u. 4, 25 Abs.2, 29 Abs.3 und 32 Abs.1 FSG, BGBl. I Nr. 120/1997, zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 153/2006 iVm § 13 Führerscheingesetz-Gesundheitsverordnung – FSG-GV, BGBl. II Nr. 322/1997, zuletzt geändert durch BGBl. II Nr. 64/2006.

 

 

Entscheidungsgründe:

 

1. Mit dem o.a. Bescheid wurde der Berufungswerberin das Lenken von Motorfahrrädern, vierrädrigen Leichtkraftfahrzeugen und Invalidenkraftfahrzeugen verboten. Sie wurde ferner aufgefordert, den Mopedausweis mit der Nummer unverzüglich bei der Behörde erster Instanz oder der PI W abzuliefern.

Einer Berufung wurde gemäß § 64 Abs.2 AVG eine aufschiebende Wirkung aberkannt.

 

2. Die Behörde erster Instanz begründete ihre Entscheidung mit nachstehenden Ausführungen:

"Gem. § 32 Abs. 1 Zif. 1 FSG. hat die Behörde Personen, die nicht im Sinne des § 7 verkehrszuverlässig oder nicht gesundheitlich geeignet sind, ein Motorfahrrad, ein vierrädriges Leichtkraftfahrzeug oder ein Invalidenkraftfahrzeug zu lenken, unter Anwendung der §§24 Abs. 3 und 4, 25, 26, 29 sowie 30a und 30b entsprechend den Erfordernissen der Verkehrssicherheit das Lenken eines derartigen Kraftfahrzeuges ausdrücklich zu verbieten.

 

§ 24 Abs. 4 FSG besagt: Bestehen Bedenken, ob die Voraussetzungen der gesundheitlichen Eignung noch gegeben sind, ist ein von einem Amtsarzt erstelltes Gutachten gemäß § 8 einzuholen und gegebenenfalls die Lenkberechtigung einzuschränken oder zu entziehen.

 

Gemäß   §  24  Abs.1   Z.  1   FSG ist Besitzern  einer  Lenkberechtigung,  bei  denen  die Voraussetzungen für die  Erteilung  der Lenkberechtigung nicht mehr  gegeben  sind,  die Lenkberechtigung zu entziehen.

Gemäß § 3 Abs.1 FSG darf eine Lenkberechtigung nur Personen erteilt werden, die unter anderem gesundheitlich geeignet sind, ein Kraftfahrzeug zu lenken.

Gemäß § 25 Abs.2 FSG. ist bei einer Entziehung wegen mangelnder gesundheitlicher Eignung die Dauer der Entziehung aufgrund des gem. § 24 Abs. 4 FSG. eingeholten Gutachtens für die Dauer der Nichteignung festzusetzen.

 

Laut amtsärztlichen Gutachten vom 02.10.2007, welches Ihnen am heutigen Tag vollinhaltlich zur Kenntnis gebracht wurde und auch Kopien davon ausgehändigt wurden, sind Sie derzeit gesundheitlich nicht geeignet, Motorfahrräder, vierrädrige Leichtkraftfahrzeuge oder Invalidenkraftfahrzeuge zu lenken. Es besteht bei Ihnen eine Trisomie 21. Das Reaktionsvermögen erscheint deutlich verlangsamt (Fragen müssen mehrfach gestellt bzw. "nacherklärt" werden). Aufträge werden erst nach mehrfacher Aufforderung befolgt. Aufgrund der heutigen Untersuchung sind Sie den Anforderungen des Straßenverkehrs nicht gewachsen (mangelnde intellektuelle Fähigkeiten, mangelndes Reaktionsvermögen, mangelnde Überblicksgewinnung). Das Sehvermögen erscheint nicht ausreichend. Dazu müsste die Stellungnahme eines Facharztes für Augenheilkunde eingeholt werden. Für eine eventuelle neuerliche Untersuchung zur gesundheitlichen Eignung zum Lenken von Kraftfahrzeugen (Motorfahrräder) wären eine befürwortende Stellungnahme eines Facharztes für Neurologie und Psychiatrie sowie eines Facharztes für Augenheilkunde sowie eine verkehrspsychologische Untersuchung erforderlich.

 

Es ist somit spruchgemäß zu entscheiden und das Lenken von Motorfahrrädern, vierrädrigen Leichtkraftfahrzeugen und Invalidenkraftfahrzeugen bis zur Feststellung Ihrer gesundheitlichen Eignung zu verbieten.

 

zu II.:

Nachdem Personen, die die gesundheitliche Eignung zum Lenken von Kraftfahrzeugen nicht besitzen im Interesse der Sicherheit aller anderen Straßenbenützer unverzüglich von der Teilnahme am Straßenverkehr im Zusammenhang mit der Lenkung von Kraftfahrzeugen ausgeschlossen werden müssen, war wegen Gefahr im Verzug einer allfälligen gegen diesen Bescheid gerichteten Berufung die aufschiebende Wirkung abzuerkennen.“

 

3. Dagegen wendet sich die Berufungswerberin mit ihrer fristgerecht durch ihren ausgewiesenen Rechtsvertreter erhobenen Berufung folgenden Inhalts:

"Mit da. Bescheid vom 2.Oktober 2007 wurde mir das Lenken von Motorfahrrädern, vier­rädrigen Leichtfahrzeugen und Invalidenkraftfahrzeugen ab sofort bis zur behördlichen Feststellung meiner gesundheitlichen Eignung verboten. Außerdem musste ich den Mope­dausweis Nr. abgeben. Gegen diesen Bescheid erhebe ich nachstehende

 

Berufung

 

an den Unabhängigen Verwaltungssenat für Oberösterreich (UVS OÖ) wegen 1. Mangel-haftigkeit des Verfahrens und 2. unrichtiger Rechtsansicht.

 

1. Zur Mangclhaftigkeit des Verfahrens:

 

1.1.  Die BH Kirchdorf hat einzig aufgrund der äußerst kurzen Stellungnahme der Amts­ärztin vom 2. Oktober 2007 das Lenkverbot ausgesprochen. Als Tatbestandsmerkmal bzw. Hindernisgründe wurden die Trisomie 21, das deutlich verlangsamte Reaktionsver­mögen bzw. die Befolgung der Aufträge erst nach mehrfachen Aufforderungen genannt. Allein diese Beurteilung anhand dreier Merkmale erscheint unzureichend, um generell das Lenken von oben erwähnten Fahrzeugen zu verbieten. Es hätte schon eine weit umfang­reichere Untersuchung bedurft, um zu dieser sehr harten Entscheidung zu gelangen.

So geht unter anderem aus dem fachärztlichen Gutachten Dris. G vom 4.10.2007 hervor, dass ich keine Brille tragen muss. Im Übrigen unterzog ich mich auch einer neuro-logisch-psychiatrischen Untersuchung bei Dr. K in K am 12. Oktober 2007, der ebenfalls die Meinung vertrat, dass ich zwar geeignet sei, Kraftfahrzeuge obiger Art zu lenken, dies aber räumlich zu beschränken wäre.

Diese Variante der Beschränkung wurde überhaupt nicht von der Amtsärztin bzw. der 1. Instanz in Erwägung gezogen, obwohl meine Mutter die Behörde darum gebeten hatte. Weiters wurde überhaupt nicht in Erwägung gezogen, inwieweit ich mit einer Begleitper­son fahren dürfte. Die Erteilung von Auflagen/Beschränkungen hätte von der erstinstanzlichen Behörde geprüft werden müssen.

 

1.2.  Im Übrigen hat meine Mutter der Behörde ja auch mitgeteilt, dass ich schon bisher nur in ihrer Begleitung gefahren bin und wäre eine entsprechende Einschränkung auf ein Lenken obiger Fahrzeugen nur in Begleitung geeigneter Personen oder auf bestimmte Örtlichkeiten ohne weiteres rechtlich möglich. Meine Mutter hat mündlich bei der Vorspra­che bei der Amtsärztin ausdrücklich um eine Beobachtungsfahrt ersucht, die aber in der Folge von der Behörde nicht durchgeführt wurde, was als Mangelhaftigkeit des Verfah­rens geltend gemacht wird. In diesem Zusammenhang wird eine Äußerung des Bundes­präsidenten der Republik Österreich, Dr. Heinz Fischer, vom 11.10.2007 im Zusammen­hang mit der derzeitigen Asylproblematik wiedergegeben, wonach Österreich zwar ein Rechtsstaat sei und die Gesetze eingehalten werden müssen aber auch natürlich die Spiel­räume in den einzelnen Gesetzen entsprechend fair angewandt werden müssen. Diesen Spielraum hat nach meinem Dafürhalten die Behörde nicht ausgeübt und auch keine wei­teren Erhebungen gepflogen.

 

Im Übrigen wird auf die Entscheidung VwSen-52099/36/Fra/Bb vom 25.10.2006 verwie­sen, wonach sehr wohl eine Beobachtungsfahrt erforderlich ist und auch die Möglichkeit einer örtlichen und tageszeitmäßigen Beschränkung besteht.

 

1.3. Die 1. Instanz hat auch nicht in Erwägung gezogen, mit mir durch ein geeignetes Amtsorgan eine Beobachtungsfahrt zu unternehmen, um die theoretisch festgestellte Ein­schränkungen auch praktisch bei der Autofahrt zu überprüfen. Die Behörde hat auch nicht das Vorbringen meiner Mutter beachtet, wonach ich noch bis zum 1. Oktober 2007 Kon­trollfahrten mit der Fahrschule G in W im Ausmaß von mindestes 10 Stunden vorgenommen habe und wird auf beiliegende Bestätigung verwiesen. Darüber hinaus hat die belangte Behörde auch nicht die zwischenzeitig sowohl in der Fahrschule L in L als auch bei der Fahrschule G in W insgesamt durchgeführten Stunden beachtet. Die Behörde hätte sich erkundigen müssen, wie die Praxisstunden nicht nur bei der Fa. L sondern auch bei der Fa. G in W abgelaufen sind. Meine Mutter hat bei der Vorsprache bei der Amtsärztin anlässlich meiner Untersuchung ausdrücklich die Telefonnummer des Fahrlehrers der Fa. G ausgefolgt. Offensichtlich hat sich die Amtsärztin bzw. die Behörde nicht mit diesem Fahrlehrer trotz Bitten meiner Mutter in Verbindung gesetzt. Dies muss ebenfalls als Verfahrensmangel bezeichnet werden. Die Behörde hat alle vor Bescheiderlassung eintretenden Umstände bei ihrer Entscheidung zu berücksichtigen! So müssen auch zwi­schen einer mündlichen Verhandlung und der Bescheiderlassung stattfindende Umstände im Bescheid Niederschlag finden. Die Äußerung der Amtsärztin, dass ihr dieser Fahrleh­rer ohnehin nur das gute Fahrvermögen meinerseits mitteilen würde, wäre eine vorgrei­fende Beweiswürdigung, die der Amtsärztin nicht zusteht. Die Amtsärztin hat auch das Argument vorgebracht, dass ich den Text eines Verkehrsschildes nicht durchgehend lesen könne. Dieses Argument ist damit zu entkräften, dass ja hauptsächlich durch die entspre­chenden Symbolzeichen schon ein entsprechender Hinweis auf die zu beachtende Situati­on oder vorzunehmende Maßnahme geschieht. Entscheidend ist, dass ich die Verkehrszei­chen in ihrer Symbolkraft erkenne. Es widerspricht ja auch der Erfahrung des täglichen Lebens, dass jeder Österreicher die zyrillische Schrift in Osteuropa oder die französische Schrift/ franz. Verkehrszeichen lesen kann. Es muss ja auch kein österreichischer Staats­bürger eine Prüfung ablegen, bevor er in ein Land fährt, dessen Verkehrszeichen in zyril-lischer Schrift oder zum Beispiel in englischer oder französischer Schrift bezeichnet sind. Es muss andererseits ja auch kein Ausländer in Österreich eine Prüfung ablegen, dass er die deutsche Schrift unter dem Verkehrszeichen lesen kann.

 

1.4.   Der Amtsärztin wurde auch ein Fahrtenbuch über den Zeitraum 8.9.2007 bis 2.10.2007 vorgelegt. Außerdem habe ich seit Kauf des vierrädrigen Leichtfahrzeugs im Mai 2007 bereits 1700 Kilometer zurückgelegt.

 

1.5. Nach wie vor nehme ich bei der Fahrschule G in W Fahrstunden und steigt durch die Übung im Rahmen der Fahrstunden auch meine Fähigkeit die durch meine Behinderung vorhandenen Schwächen durch umsichtiges und defensives Fahren zu kompensieren.

 

1.6.  Die Amtsärztin hat selbst gesagt, dass ich in der Lage bin täglich anfallende Aufga­ben ziemlich selbständig zu erledigen. Außerdem spricht für mich die Tatsache, dass die Fahrschule ja bereit war mir eine Lenkberechtigung zu erteilen. Auch haben ja eine ge­wisse Verantwortung und schätzen die Fahrlehrer meine Fähigkeiten offensichtlich positiv ein. Die Fahrschule G hat außerdem vor Erteilung der Lenkberechtigung an mich mehrmals bei der BH Liezen und bei der BH Kirchdorf an der Krems nachgefragt, ob ir­gendwelche Einwände gegen die Ausstellung einer Lenkberechtigung für mich bestünden. Dies  ist jedes  Mal verneint worden.   Seit Erteilung  meiner Lenkberechtigung  am 20.08.2007 ist mein Gesundheitszustand stabil und hat keine Verschlechterung stattgefun­den. Warum ich jetzt plötzlich keine Lenkberechtigung mehr haben soll ist nicht nach­vollziehbar und ungerecht.

 

2. Zur unrichtigen rechtlichen Beurteilung:

Das von der Erstbehörde ausgesprochene Lenkverbot für obige Fahrzeuge ist in dieser Form rechtswidrig. Die Behörde hätte zumindest ein eingeschränktes Lenken obiger Fahr­zeuge entweder räumlich oder mit Begleitperson überprüfen und aussprechen müssen. Die Behörde hat sich überhaupt nicht mit einem beschränkten Lenken, allenfalls mit einer Be­gleitperson oder örtlich begrenzt etc. auseinander gesetzt. Es möge auch bei der Beurtei­lung meiner Situation beachtet werden, dass eine totale Einschränkung meiner Mobilität vorliegt, wenn ich zum Beispiel in einem Altersheim in W oder beim B in M einfache Arbeiten verrichten wollte. Auch ein betreutes Wohnen ist mir nicht möglich, da ich ja auch zu dieser Wohnstätte kommen müsste.

 

Sinn und Zweck meines Daseins ist es ja wohl, dass ich immer mehr eigenständig Tätig­keiten verrichten kann. Ich verweise auf den beigelegten Folder über „Down-Syndrom", wonach damit geholfen werden sollte, dass jeder sein eigenes Leben in die Hand nimmt. Wenn mir die Behörde strikt das Lenken obiger Fahrzeuge verbietet, ist mir diese Zu­kunftsperspektive genommen.

 

Es ist ja sogar möglich, mit Elektrofahrzeugen am öffentlichen Verkehr teilzunehmen. Die Elektrofahrzeuge haben jedoch nur den Nachteil der beschränkten Reichweite durch den Batteriebetrieb.

 

Im Übrigen wird auf das beiliegende Schreiben des „Forums Gleichstellung" vom 25. Jänner 2006 verwiesen, wonach auch behinderten Person eine Chancengleichheit und ein gleichberechtigter Zugang auch zur Lenkberechtigung im entsprechenden zumutbaren Ausmaß gegeben werden muss. Auch verweise ich auf den vorgelegten Artikel der Inter­netseite www.aerztezeitung.de, wonach Menschen mit Beeinträchtigungen sich besonders bemühen, ihre Schwächen auszugleichen. Umso mehr hätte mir zumindest eine amtliche Fahrprobe oder ein Fahren mit Begleitpersonen ermöglicht werden müssen.

 

Ich beantrag sohin ausdrücklich die Durchführung einer Beobachtungsfahrt mit meinem Leichtkraftfahrzeug, die Einvernahme meiner Mutter E K, S, S, meines Fahrlehrers J S, p.A. Fahrschule G, H W und die anschließende Einholung eines ergän­zenden amtsärztlichen Gutachtens.

Es werden sohin gestellt nachstehende

Anträge

 

1.  Der UVS für Oberösterreich mögen den angefochtenen Bescheid der BH Kirchdorf vom 2. Oktober 2007 zu GZ VerkR21-372-2007 ersatzlos beheben in eventu die Ergän­zung des Ermittlungsverfahrens im Sinne obiger Anträge durchführen bzw. der Behörde die Ergänzung des Beweisverfahrens auftragen;

 

2.  in eventu den angefochtenen Bescheid dahingehend abzuändern, dass mir das Lenken von Motorfahrrädern, vierrädrigen Leichtfahrzeugen und Invalidenkraftfahrzeugen in ei­nem Radius von 20 Kilometer von meinem Wohnsitz aus, gestattet wird (im Sinne des Codes 0501 zu Punkt 2. der Leitlinien für die gesundheitliche Eignung von Kraftfahrlenkern laut Arbeitsgruppe „Amtsärzte in Führerscheinangelegenheiten" erstellt als Hand­buch für Amtsärzte unter der Leitung des KFV im Jahre 2006);

 

3.  in eventu den angefochtenen Bescheid dahingehend abzuändern, solche unter Punkt 2. genannte Fahrten in Begleitung einer dazu ausgebildeten Person auszuüben (im Sinne des Codes 0503 der Leitlinien für die gesundheitliche Eignung von Kraftfahrlenkern),

 

K, am 15. Oktober 2007                                                             A K

 

KA/Bezirk / H/8 / 333

Nachstehende Urkunden werden vorgelegt:

- Flyer Down-Syndrom

- Schreiben „Forum Gleichstellung" vom 25. Jänner 2007

- Bestätigung Dr. W G vom 4. Oktober 2007

- Bestätigung Fahrschule G vom 15.10.2007

- Artikel "Fahrprobe bei alten Menschen sagt am meisten über Verkehrstauglichkeit"

 

4. Der Verfahrensakt wurde dem Unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich vorgelegt. Dieser hat demnach durch das nach der Geschäftsverteilung zuständige Einzelmitglied zu entscheiden (§ 67a Abs.1 Z2 AVG). Die Anberaumung einer öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung schien hier vor dem Hintergrund der amtsärztlich festgestellten Befund- u. Gutachtenslage geboten (§ 67d Abs.1 AVG).

 

4.1. Der Unabhängige Verwaltungssenat hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den erstinstanzlichen Verwaltungsakt anlässlich der öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung am 19.11.2007. Dabei wurde die Amtsärztin Dr. P als Sachverständige in Verbindung mit der Erörterung des von ihr erstatteten (negativen) Gutachtens gehört. Als technischer Sachverständiger wurde Ing. A beigezogen, welcher nach einer ca. 50 Minuten in Anspruch nehmenden Beobachtungsfahrt darüber ein Gutachten erstattete. Die Beobachtungsfahrt wurde durch Nachfahren des Parteienvertreters, der Sachwalterin der Berufungswerberin (Mutter) und des Verhandlungsleiters ebenfalls augenscheinlich nachvollzogen.

Zum Akt genommen wurde einschlägige Fachliteratur und diverse Veröffentlichungen in Zeitungen u. anderen Medien bzw. aus dem Internet.

Abschließend erstattete die Berufungswerberin durch ihren Rechtsvertreter nach Zustellung des Verhandlungsprotokolls mit dem Gutachten über die Beobachtungsfahrt die unten wiedergegebene umfassende Stellungnahme.

 

5. Sachverhaltslage:

 

Die Berufungswerberin absolvierte die erforderlichen Ausbildungseinheiten für die Erlangung eines sogenannten Mopedfahrausweises bei der Fahrschule Ing. L. Diese Fahrschule wies jedoch bereits in einem Schreiben vom 15.6.2007 an die Bezirkshauptmannschaft Liezen auf die bei der Berufungswerberin bestehende starke Verlangsamung hin. Es wurden darin nachhaltige Sicherheitsbedenken für die Teilnahme am Straßenverkehr zum Ausdruck gebracht.

Die Sachwalterin der Berufungswerberin zog daraufhin den Antrag auf Ausstellung eines Mopedausweises per 13.8.2007 zurück.

Am 28.8.2008 wurde von der Fahrschule G, unter Hinweis auf die Absolvierung der Schulung nach § 31 Abs.1 Z2 FSG, die Ausstellung eines Mopedausweises mit der Nummer mit 20.8.2007 der Bezirkshauptmannschaft Liezen per FAX zur Kenntnis gebracht. In einem Aktenvermerk vom 28.8.2007 (Ersteller unbekannt, vermutlich von der Bezirkshauptmannschaft Liezen) wird auf die Absolvierung zusätzlicher sechs Fahrlektionen hingewiesen, welche die Berufungswerberin laut dem ausbildenden Fahrlehrer (Fahrschullehrer S) "brav" absolviert habe.

Über einen Aufforderungsbescheid vom 7.9.2007 wurde die Berufungswerberin im Hinblick auf ihre "gesundheitliche Eignung" zum Lenken solcher Fahrzeuge zur Amtsärztin bei der Bezirkshauptmannschaft Kirchdorf vorgeladen.

Auf Grund des Ergebnisses der amtsärztlichen Untersuchung wurde unter Hinweis auf die bei der Berufungswerberin bestehende Trisomie 21 eine deutliche Verlangsamung festgestellt. Dies im Hinblick auf die Erfassung von Fragen u. die Ausführung von Aufgabenstellungen. Die Amtsärztin gelangt abschließend zur gutachterlichen Schlussfolgerung, dass dieser Mangel die Berufungswerberin für die im Straßenverkehr erforderliche Überblicksgewinnung u. Reaktionsfähigkeit nicht gewachsen erscheinen lässt.

Im Übrigen wird auf weitere Untersuchungsnotwendigkeiten zur Feststellung der erforderlichen kraftfahrspezifischen Leistungsfähigkeit hingewiesen (Gutachten v. 2.10.2007).

Die Behörde erster Instanz erließ noch an diesem Tag den angefochtenen Bescheid.

 

5.1. Die von der Berufungswerberin nachfolgend am 15.10.2007 von DDr. K, FA für Neurologie u. Psychiatrie, beigebrachte fachärztliche Stellungnahme gelangt zum Ergebnis, dass unter der Bedingung der Beibringung einer befürwortenden verkehrspsychologischen Stellungnahme u. der positiven Absolvierung einer Testfahrt (gemeint wohl einer Beobachtungsfahrt) aus nervenfachärztlicher Sicht keine Einwände gegen die Erteilung einer Lenkberechtigung bestehen würden. Auch in dieser Stellungnahme wird auf die bestehende Intelligenzminderung und einer psychomotorischen Verlangsamung hingewiesen. Laut diesem Gutachter sollte die Fahrlizenz auf den regionalen Bereich beschränkt bleiben.

 

5.2. Anlässlich der Berufungsverhandlung wurde eingangs das bereits umfassend vorliegende Beweisergebnis und die beigeschaffte Expertenmeinung, Literatur verlesen. Bei dieser zum Teil mit dem Tenor auch vorliegender Trisomie 21 sei die Fahreignung nicht ausgeschlossen.

Eine sprachliche Interaktion war hier mit der Berufungswerberin aber nur sehr bedingt möglich, wobei ein Rückschluss, ob an sie gerichtete Fragen auch verstanden wurden, nicht gesichert angenommen werden konnte. Von der Mutter (Sachwalterin) der Berufungswerberin wurden auf die zwischenzeitig ca. 1.700 km problemlos zurückgelegten Fahrten mit einem vierrädrigen Leichtkraftfahrzeug verwiesen. Diesbezüglich wurden ebenfalls detaillierte Aufzeichnungen (Fahrtenbuch) vorgelegt.

Der als sachverständige Zeuge einvernommene Fahrlehrer bestätigte einen durchaus positiven Eindruck bei den Ausbildungsfahrten, wo es im Ergebnis nie zu einer Situation gekommen wäre, nämlich wo er hätte eingreifen müssen.

In der Folge wurde das Programm der Beobachtungsfahrt vom techn. Sachverständigen Ing. A erklärt, welche in der Zeit von ca. 14.30 Uhr bis 15.20 Uhr absolviert wurde.

 

5.3. Dessen Ergebnis wird vom Sachverständigen wie folgt zu Protokoll gegeben:

"Die Beobachtungsfahrt wurde mit dem auf Frau A K zugelassenen vierrädrigen Leichtkraftfahrzeug, Fabrikat A, Type, durchgeführt.

 

Die Fahrt führte vom Bereich des Gemeindeamtes Spital am Pyhrn in Richtung Gleinkerau, weiter Richtung Gleinkersee, von dort nach Windischgarsten, wo als Zielort das Altenheim angegeben wurde. Von Windischgarsten über mehrere Straßen des Sekundärstraßennetzes zur Hengst Landesstraße, über diese nach Edlbach, über Mittering, wiederum zur B138 und zurück nach Spital am Pyhrn.

 

Die Fahrt wurde im Vorfeld in der Form organisiert, dass Frau K die Fahrtrichtung Gleinkersee bekanntgegeben wurde. Sie deutete auch an, dass sie die Strecke finden werde.

 

In der Annäherung an den Bereich der Kreuzung in Richtung Autobahnanschlussstelle Gleinkerau bzw. zur Firma Mark wurde Frau K befragt, ob sie im Zuge der Ausbildung auch zur Firma Mark gefahren sei. Sie deutete an, dass sie im Zuge der Ausbildung dorthin gefahren sei und wurde ihr gesagt, sie soll zur Firma M fahren. Sie fuhr jedoch an der Kreuzung in Richtung Gleinkersee vorbei und sagte, dass sie hier nicht fahren dürfe. Daraufhin wurde ihr im Zuge der Fahrt angegeben, sie solle zum Altenheim in Windischgarsten fahren. Sie gab an, dass sie die Strecke finden werde. Im Bereich des Gasthauses Schlagedl fuhr sie jedoch in Richtung Gleinkersee. An der Kreuzung mit der Gleinkersee Landesstraße wurde ihr unmissverständlich die Fahrtroute Richtung Windischgarsten angegeben. Sie setzte daraufhin die Fahrt in Richtung Windischgarsten fort. Auf der Gleinkersee Landesstraße wurde sie glaublich noch zweimal befragt, ob sie auch den Weg zum Altenheim wüsste und sie deutete jeweils an, dass sie dorthin finden werde. Frau K fuhr jedoch im Zentrum von Windischgarsten rechts von der Gleinkersee Straße kommend in Richtung Zentrum und bog beim Gasthaus Kemmetmüller links ab. Die Fahrt endete letztendlich beim Hotel L. Dort wurde sie angewiesen, das Fahrzeug abzustellen. Sie führte dies auch auf dem nahezu freien Parkplatz durch.

 

Nach einem Gespräch mit den im nachfahrenden Fahrzeug befindlichen Personen wurde ihr als Fahrtroute bzw. Ziel wiederum Spital am Pyhrn angegeben. Sie deutete an, dass sie dorthin finden werde.

 

Bei der Rückfahrt bog sie jedoch im Zentrum von Windischgarsten rechts ab, befuhr einige Sekundärstraßen bis sie wiederum auf den Hauptplatz fuhr. Im Bereich Edlbach fragte sie, welche Route sie nehmen solle, worauf ihr gesagt wurde, dass sie die Route nehmen solle, die sie freiwillig selbst wählen würde. Sie bog daraufhin in Richtung Golfplatz ab und setzte die Fahrt über das Sekundärstraßennetz im Bereich Mittering bis zur anschließenden Kreuzung mit der B138 fort. Von dort fuhr sie über die B138 zurück ins Zentrum von Spital am Pyhrn.

 

Beurteilend ist zur Fahrt anzuführen, dass sie im Bereich der Fahrt in Richtung Gleinkerau kaum Problemstellungen zeigte. Sie schaltete beim Beschlagen der Windschutzscheibe die Defrostanlage nicht ein und wurde dies durch den Sachverständigen durchgeführt.

 

Problemstellungen begannen in erster Linie im Bereich Windischgarsten, wo festzustellen war, dass bei komplexeren Situationen die Fahrt nur zögerlich ausgeführt wurde und Blicksprünge mehrere Sekunden lang dauerten, obwohl die Fahrt fortgesetzt wurde. Trotz der Nachfrage, ob Frau K zum Altenheim finden würde, setzte sie die Fahrt bis zum Hotel L fort.

 

Bei der anschließenden Rückfahrt war ein Eingriff durch Anziehen der Handbremse erforderlich, weil sie an einer Kreuzung zwar fragte, ob es geht, jedoch einen von links kommenden Fahrzeuglenker nicht beachtete.

 

Bei der Kreuzung im Zentrum von Windischgarsten hielt sie ihr Fahrzeug so lange an, bis sämtliche Fahrzeuge die Kreuzung passiert hatten und sich keine Fahrzeuge mehr näherten, obwohl sich auf Grund der Abbiegevorgänge mehrere Situationen für ein sicheres Einfahren ergeben hätten.

 

An der Kreuzung in Edlbach Richtung B138 (bzw. Richtung Golfplatz) fragte Frau K in der Annäherung, wo sie hinfahren solle und wurde ihr unmissverständlich erläutert, dass sie jenen Weg nehmen solle, den sie auch bei einer selbstständigen Fahrt nehmen würde. Sie bog daraufhin ohne jeglichen Blick in den Rückblickspiegel bzw. ohne zu blinken nach links ab.

 

Im Bereich der anschließenden Bahnunterführung fuhr Frau K zu weit links und setzte bei einem entgegenkommenden Fahrzeug keinerlei Reaktion, sodass ein Zusammenstoß letztendlich durch Anziehen der Handbremse und nach rechts Verlenken durch den Sachverständigen verhindert wurde. Anzuführen zu dieser Situation ist auch, dass in der Annäherung an dieser Stelle auf der Gefällestelle glatte Fahrbahn herrschte und bereits Frau K hier angewiesen wurde, langsamer zu fahren und durch Eingriff in das Lenkrad die Fahrspur rechts gehalten wurde.

 

Eine eklatante Gefahrensituation zeigte sich beim Ausfahren aus Richtung Mittering in die B138, wo Frau K vor der Ordnungslinie zu früh anhielt und hierdurch nur eingeschränkte Sicht auf die B138 hatte. Sie ließ einen von links kommenden bevorrangten Lkw passieren und beabsichtigte vor einem weiteren herannahenden Pkw, der das Abblendlicht eingeschaltet hatte, in die B138 einzufahren. Dies wurde durch Festanziehen der Handbremse verhindert, obwohl Frau K versuchte, wegzufahren. Sie bedeutete daraufhin fragend, was jetzt sei.

 

Beim Linksabbiegevorgang im Zentrum von Spital am Pyhrn lenkte sie das Fahrzeug auf dem äußerst rechten Fahrbahnrand und bog anschließend mit einem nur kurzen Spiegelblick nach links ab. Sie stellte letztendlich das Fahrzeug im Bereich des Gemeindeamtes ca. einen dreiviertel Meter vom rechten Gehsteigrand entfernt ab.

 

Aus Sicht des Sachverständigen nach § 125 KFG 1967 und Fahrprüfers nach dem FSG ist anzuführen, dass Frau K bei komplexeren Situationen vollständig überfordert war.

 

Auf Grund der beschriebenen Gefahrensituationen bzw. der sehr langen Blicksprünge kann auch in keiner Form von einer Kompensation allfälliger gesundheitlicher Einschränkungen durch die in Form der Fahrausbildung bzw. dem Fahrtenbuch nachgewiesene Routine ausgegangen werden."

 

5.3.1. In ihrer im Anschluss an das Beweisergebnis der Berufungsverhandlung übermittelten ausführlichen Stellungnahme bringt die Berufungswerberin in Unterstützung des Berufungsbegehrens noch Folgendes vor:

"In  Entsprechung  des   Ersuchens  laut  Protokoll  vom   19.  November  2007  wird nachstehende Stellungnahme an die Berufungsbehörde abgegeben:

 

1.   Das Verfahren 1. Instanz leidet deshalb an einem Verfahrensmangel, weil die Erstinstanz die Aberkennung der aufschiebenden Wirkung völlig unzurei­chend begründet hat. Wenn die Behörde die mangelnde gesundheitliche Eig­nung der Berufungswerberin als Gefahr für die anderen Verkehrsteilnehmer be­zeichnen will, übersieht die Behörde, dass die Sachwalterin der Berufungswerberin und Mutter bei allen Fahrten der Berufungs werberin als Beifahrerin mit­fuhr und durch entsprechenden Eingriff in das Lenkrad und Betätigen der Handbremse jederzeit Gefahrensituationen, wie sie allenfalls bei der Testfahrt am 19.11.2007 aufgetreten sind, verhindern hätte können. Auch aus dem vorge­legten Fahrtenbuch geht dieser Umstand der Mitfahrt der Sachwalterin als Bei­fahrerin bei den Ausfahrten der Berufungswerberin hervor. Deshalb bestand keine Gefahr im Verzüge.

 

2.   Psychologische Eignung:

2.1. Vorerst ist davon auszugehen, dass nach den vorliegenden medizinischen Un­terlagen eine psychologische und eine augenärztliche Eignung gegeben ist. Unter Bedachtnahme auf § 13 Abs. 2 Zif. 2 der FSG-GV darf bei Personen, bei de­nen eine erhebliche geistige Behinderung besteht, eine Lenkerberechtigung nur dann erteilt oder belassen werden, wenn das ärztliche Gutachten auf Grund einer psychiatrischen fachärztlichen Stellungnahme, in der die kraftfahrzeugspezifischen Leistungsfunktionen mitbeurteilt werden, die Eignung bestätigen.

Vorerst ist einmal in analoger Anwendung des § 13 FSG-GV die Rechtsfrage zu prüfen, ob bei der Berufungswerberin eine erhebliche geistige Behinderung vor­liegt oder nicht. Erst wenn diese attestiert ist, kann weiter im Sinne des § 13 Abs. 2 Zif. 2 beurteilt werden, ob eine Eignung aus psychiatrisch fachärztlicher Begutach­tung, in der die kraftfahrzeugspezifische Leistungsfunktion mitbeurteilt worden ist, geprüft werden.

 

2.2.  Die psychiatrische Beurteilung geht aus der fachärztlichen Stellungnahme Dris. K vom  15.10.2007 hervor. Dieser spricht nur von einer leichten Intelligenzminderung sowie von einer psychomotorischen Verlangsamung. Somit kann also eine erhebliche geistige Behinderung auf Grund dieses Attestes Dris. K nicht angenommen werden. Richtig ist, dass von Dr. K für eine befristete und bedingte Erteilung der Lenkerberechtigung eine befürwortende verkehrspsychologische  Stellungnahme bzw.  eine positive Absolvierung einer Testfahrt empfohlen wird.

 

Wenn daher die Behörde eine verkehrspsychologische Stellungnahme verlangt, wird beantragt, eine entsprechende Frist von mindestens 8 Wochen zur Vorlage einer verkehrspsychologisch befürwortenden Stellungnahme einzuräumen.

 

2.3.  Was die positive Testfahrt betrifft, so müsste man die von der Berufungswerberin am 19.11.2007 absolvierte Fahrt in ihrer Gesamtheit sehen. Was den Vorfall bei der Bahnunterführung betrifft, ist auszuführen, dass diese Verkehrssituation durch den für die Verkehrsverhältnisse zu schnell fahrenden Gegenverkehr verur­sacht wurde. Aus der Sicht des nachfahrenden Rechtsvertreters erschien es nicht so, dass Frau K zu weit links fuhr. Richtig ist aber, dass sie nicht äußerst rechts fuhr.

 

Es kann schlussendlich nicht mit absoluter Sicherheit dargelegt werden, dass es tat­sächlich zum Zusammenstoß gekommen wäre.

Was die angeblich eklatante Gefahrensituation beim Ausfahren aus Richtung Mitterweng in die B 138 betrifft, so wurde vom Sachverständigen nicht miteinbezogen, dass eine erhebliche Sichtbehinderung durch einen hohen Schnee­haufen nach links bestand. Die großen Schneemengen waren ja durch den Schnee­fall der letzten Tage bedingt. Außerdem ist sie ja nicht direkt an der Ordnungslinie stehen geblieben, sondern hielt zu früh an (siehe Verhandlungsprotokoll). Die Berufungswerberin musste sich deshalb in die Kreuzung vortasten, um letztendlich ausreichende Sicht zu erlangen. Dies wurde offensichtlich vom Sachverständigen als Einfang gewertet und hat er sofort die Handbremse gezogen.

 

3. Es muss auch beachtet werden, dass die Berufungswerberin mit dem als Zeugen einvernommenen J S 18 Stunden gefahren ist und dieser die Be­denken verneint habe, die Berufungswerberin aus jetziger Sicht zum allgemeinen Verkehr nicht zuzulassen. Außerdem wurde bislang die Kindesmutter und Sach­walterin, Frau E K noch nicht dazu einvernommen, dass sie mit der Beru­fungswerberin mindestens 1000 km unfallsfrei gefahren ist.

 

4.   Es   wird   daher   beantragt,   auch   die   Zeugin   E   K  zu   dieser unfallfreien Fahrtstrecke einzuvernehmen. Die ergänzende Einvernahme des Zeugen J S wird zum Beweise dafür beantragt, dass dieser mit der Berufungswerberin an der selben Stelle am Vormittag der Testfahrt mit dem SV in die B 138 eingefahren ist und diesbezüglich eine Beachtung des bevorrangten Verkehrs durch die Berufungswerberin erfolgte.

 

5. Zur rechtlichen Beurteilung:

5.1.  Gemäß der EU-Führerscheinrichtlinie vom 29. Juli 1991 in der Präambel sind besondere Bestimmungen zu erlassen, um Körperbehinderten den Zugang zum Führen von Kraftfahrzeugen zu erleichtern und sind die Mindestanforderungen für die körperliche und geistige Eignung festzulegen. Diese körperliche und geistige Eignung der Berufungswerberin ist noch nicht in allen Punkten im Sinne obiger RL attestiert.

 

5.2.  Soweit die Amtsärztin diese Attestierung laut vorliegendem Protokoll vom 19.11.2007 vorgenommen hat, muss deren Befangenheit angenommen werden, da sie auch im erstinstanzlichen Verfahren den entscheidenden Befund für die Erlassung des angefochtenen Bescheides ohne ausreichende Untersuchung abgege­ben hat. Der von der Amtsärztin abgegebene ärztliche Untersuchungsbefund entspricht nicht den Anforderungen, die an Sachverständigengutachten nach dem AVG zu stellen sind. Es liegt kein ausreichender Befund mit einem daraus abzulei­tenden Gutachten vor. Es wird auf die Bestimmung des § 52 Abs 2 AVG verwie­sen, wonach es mit Rücksicht auf die Besonderheit des Falles geboten erscheint, ausnahmsweise andere geeignete Personen als Sachverständige als Amtssach­verständige heranzuziehen. Dies schein im gegebenen Fall notwendig zu sein. Es konnte die Amtssachverständige nicht nachweisen, dass sie entsprechende umfang­reiche Erfahrungen bei der Beurteilung gegenständlicher Personen hat. Es muss davon ausgegangen werden, dass offensichtlich die med. Amtssachverständige erstmalig mit so einem außergewöhnlichen Fall befasst wurde. Um jedoch eine fachgerechte Untersuchung zu gewährleisten, sind daher für solche Fälle geschulte und mit solchen Sachverhalten erfahrene Sachverständige beizuziehen.

 

6. Im Sinne des § 8 FSG hat die Behörde die Gesundheit im weitesten Sinne so­wohl psychisch als auch physisch zu beurteilen. Es ist Aufgabe des ärztlichen Gut­achtens, anzugeben, ob ein Kandidat geeignet, bedingt geeignet, beschränkt geeig­net oder nicht geeignet ist. Diese Differenzierung hat im konkreten Fall die Sach­verständige nicht vorgenommen. Es wird daher Mangelhaftigkeit des erst- und zweitinstanzlichen Gutachtens darin erblickt, dass die Differenzierung zwischen geeignet und nicht geeignet nicht exakt überprüft wurde. Eine bedingte Eignung hat die Sachverständige nicht überprüft.

 

Es wurde auch weder die Frage der Befristung von Auflagen, zeitlicher, örtli­cher oder sachlicher Art geprüft und wäre zum Beispiel eine Auflage der be­schränkten Gültigkeit im Sinne der 3. EU-Führerscheinrichtlinie vom 19. Jänner 2007 dahingehend möglich gewesen, dass die Berufungswerberin nur mit einem Beifahrer fahren dürfe, der im Besitz eines Führerscheins sein muss. Es ist auch nicht die Frage der Beschränkung auf Fahrten in einem be­stimmten Umkreis geprüft worden, in der z.B. auferlegt wird, keine Bundes­straßen zu benutzen.

 

7.  Es wäre auch die Rechtsfrage zu prüfen gewesen, inwieweit nicht in analoger Anwendung des § 19 FSG der Antragsteller ebenso Ausbildungsfahrten mit einem Fahrtenprotokoll absolvieren darf, um über die Absolvierung der begleitenden Schulung  eine  entsprechende  Bestätigung  der Fahrschule  auszustellen wäre. Immerhin ist gemäß § 19 Abs. 8 FSG ein 17jähriger berechtigt, nach 3000 km und einer Perfektionsschulung in der Fahrschule mit dem vollendeten 17. Lebensjahr für die Bewerbung zur Fahrprüfung zuzulassen, wenn die Fahrschule die Absolvie­rung der vorgeschriebenen Ausbildung bestätigt. Selbst wenn nicht direkt diese Be­stimmung auf Antragsteller für einen Mopedausweis umgesetzt werden kann, wäre diese Bestimmung zumindestens analog anzuwenden.  Gemäß Anmerkung zu § 19 FSG (Verlag Neuwissenschaftlicher Verlag Wien-Graz 2006 Zelenka) liegt der Sinn darin, Jugendliche Fahranfänger durch eine intensive Fahrausbildung vor Erlangung   der   Lenkerberechtigung   zu   verantwortungsbewussten   Straßenver­kehrsteilnehmern zu bewegen und das Fahrzeug besser zu beherrschen. Erfahrun­gen in Frankreich hätten gezeigt, dass von solchen Jugendlichen, die derart ausge­bildet wurden, lediglich 7 % in Unfälle verwickelt werden, während es bei den nach dem herkömmlichen Methoden Ausgebildeten bis zu 30 % ausmachen.

 

8. Im übrigen wird auf die Bestimmung des § 31 Abs. 3 FSG verwiesen, wonach die Möglichkeit des Erwerbs eines Mopedausweises bereits ab 15 Jahren, vor allem auf ländliche Gegenden mit unzureichenden öffentlichen Verkehrsverbindungen, Bedacht nimmt. Eine solche Bedachtnahme auf unzureichende öffentliche Ver­kehrsverbindungen liegt auch bei der Berufungswerberin vor. Diese möchte auch auf Grund ihrer verminderten Vermittlungsfähigkeit auf dem Arbeitsmarkt z.B. in ein nahe gelegenes Altersheim fahren können, das mindestens 7 km entfernt liegt und nicht über eine Bundesstraße befahren werden muss. Auch in diesem Sinne könnte eine Auflage erteilt werden.

 

9. Verletzung des Gleichheitsgrundsatzes:

Es ist nochmals anzuführen, dass der Gleichheitsgrundsatz verbietet, Gleiches un­gleich zu behandeln und Ungleiches unsachlicher Weise gleich zu behandeln. Es müssen eben die gegebenen Unterschiede der tatsächlichen Verhältnissen zu einer unterschiedlichen Regelung führen. Es ist immer auf die besonderen Umstände des Einzelfalles Rücksicht zu nehmen. Die Artikel 20, 21 und insbesondere 26 der Grundrechts charta der Charta der Grundrechte der europäischen Union (2000 C 364/01), die unter anderem besagen, der Anspruch von Menschen mit Be­hinderung auf Maßnahmen zur Gewährleistung ihrer Eigenständigkeit, ihrer sozia­len und beruflichen Eingliederung und ihrer Teilnahme am Leben der Gemein­schaft anerkannt und geachtet werden muss und von der Union anerkannt und ge­achtet wird. Es wird eben vorgeschrieben, dass alle Personen vor dem Gesetz gleich sind und ist eine Diskriminierung auf Grund einer Behinderung (Artikel 20, 21 und 26 EU-Menschenrechtscharta)verboten.

 

Es ist ein strenger Maßstab anzulegen, wenn eben fundamentale Interessen der be­troffenen Personen (Wohnraum, Arbeitsplatz, medizinische Versorgung, etc.) zu beurteilen sind. Auch wenn es Personen betrifft, die unserer Gesellschaft systematisch einem hohen Risiko der Diskriminierung ausgesetzt sind, wie bei­spielsweise eben behinderte Personen, Frauen oder Ungebildete, ist ein strenger Maßstab geboten.

 

Wenn im nationalen Recht ein Widerspruch zum EU-Recht bzw. zu den Men­schenrechten besteht, darf dieses nationale Recht nicht angewandt werden. Es ist subsidiär. Jeder Richter und jede Verwaltungsbehörde bzw. jeder einzelne Verwal­tungsbeamte hat dies zu befolgen und hat in der Folge ein österreichisches Gesetz nicht anzuwenden, wenn es eben dem EU-Recht bzw. den Menschenrechten wider­spricht.

 

10. Im Hinblick auf die Tatsache, dass auch die Mutter der Berufungswerberin älter werden wird, ist anzuführen, dass auch im konkreten Fall in die Zukunft vorausge­dacht werden muss. Falls nämlich die Mutter nicht mehr der Berufungswerberin auf Grund eines beispielsweise Schicksalschlages oder einer schweren Krankheit Hilfestellung bieten kann, ist die Frage zu stellen, wer sich dann um die Berufungswerberin kümmert und wie sie ihr tägliches Leben dann meistern kann ohne der Gesellschaft zur Last zu fallen. Wenn sie nämlich die Möglichkeit hat, selbständig von einem Ort an einen anderen zu gelangen, eben durch Zurücklegung größerer Strecken mit ihrem Mopedauto, so kann sie sich ja selbst weiter helfen und wäre ihr ein Leben in Symbiose mit anderen Menschen und Institutionen mög­lich. Die Berufungswerberin hat sehr hohe soziale Kompetenz und kann insbeson­dere eben im Rahmen von Betreutem Wohnen, im Altersheim und für sonstige be­dürftige Menschen Einkäufe und Fahrten zum Arzt, zur Post, zur Apotheke erledigen und Botengänge machen. Sie ist sehr gut in der Lage, Medikamentenliste und eben das Geld, das sie für Botengänge bereits jetzt bekommt, ordnungsgemäß und zur Zufriedenheit der auftraggebenden Personen zu verwalten und die Aufträge zu erledigen. Es ist wichtig, der Berufungswerberin Vertrauen entgegen zu bringen und ihr Mut zuzusprechen.

 

Es ist von Ärzten anerkannt und schon oftmals ausgesprochen worden, dass das Bild des hilflosen Down-Syndrom-Menschen völlig revidiert werden muss. Die Bandbreite von Leistungs- und Verhaltensmöglichkeiten scheint breiter als bisher von der Medizin angenommen worden ist. Hier ist die Verantwortung der Gesell­schaft gefragt und kann nicht so einfach bestimmt werden. Es ist für Außenstehen­de oft schwierig zu ermessen, was betroffene Familien erleben. Auf Grund dieser besonderen Verhältnisse ist eben auch eine besondere Entscheidung notwendig.

 

Zur Fähigkeit wie Menschen mit Behinderung trotzdem wertvolle Arbeit gut und zur Zufriedenheit aller Beteiligten erledigen, wird auch noch ein Zeitungsartikel aus der Krone vom 7. Dezember 2007 vorgelegt, in dem auch von einer erfolgrei­chen Arbeitstätigkeit von behinderten Menschen in einem 4-Sterne-Hotel in St. Agatha bei Bad Goisern (siehe beiliegender Artikel „Trotz Behinderungen tolle Arbeit leisten" berichtet wird. In diesem Artikel weist sogar der Sozialminister Erwin Buchinger darauf hin, dass junge Menschen mit Behinderung eine Chance verdienen, zu zeigen was sie können.

 

Ergänzend ist auch noch anzuführen, dass es ja einen Sinn hinter der Produktion und gesetzlichen Zulässigkeit von dieser Art von Mopedautos gibt. Gerade für Per­sonen, die nicht einen „normalen" PKW lenken können, wie eben die Berufungswerberin, wurden diese Mopedautos geschaffen und vom Gesetzgeber legalisiert. Es sollen eben Leute, die keinen Führerschein machen können oder wollen, auch mobil sein. Es sollen durch die Konstruktionen dieser Mopedauto und die Tatsache, dass sie nur bis 45 km/h schnell fahren können, die Risiken, die durch einen Teilnahme am Verkehr entstehen, reduziert werden. Die Lenker eines Mopedautos können ja keine hohe Geschwindigkeit erzielen, weshalb auch die durch allfällig hohe Geschwindigkeiten im Straßenverkehr auftretenden Risiken minimiert werden. Allenfalls könnte man ja auch die Leistung des Mopedautos auf beispielsweise 30 km/h drosseln, um die Verkehrssicherheit der Berufungswerberin und der restlichen Verkehrsteilnehmer zu erhöhen. Durch diese Drosselung wäre die Gefahr durch die vom Sachverständigen angeführten Blicksprünge auch redu­ziert.

 

Ergänzend ist noch anzuführen, dass die Wertung der Aussagen des Sachverständi­gen im Vergleich zur Wertung der Aussage des Fahrlehrers differenziert zu beach­ten ist. Immerhin hat der Fahrlehrer der Berufungswerberin 18 Fahrstunden mit der Berufungswerberin absolviert. Der Sachverständige ist nur 45 Minuten mit der Be­rufungswerberin gefahren. Hier ist wohl dem Fahrlehrer, der ja um ein Vielfaches mehr an Zeit im Auto mit der Berufungswerberin verbracht hat und vielmehr Ver­kehrssituationen mit der Berufungswerberin erlebt hat, der Vorzug zu geben. Dies­bezüglich werden auch noch die Bestätigungen über die absolvierten Fahrstunden mit der Fahrschule G, L, vorgelegt. Es ist ersichtlich, dass im Zeitraum Juli bis Oktober 2007 die Berufungswerberin 8 Fahrlektionen zu 50 min. und im Zeitraum 7. November bis 19. November 2007 die Berufungswerberin 10 Fahrlektionen im Ausmaß zu 50 min. absolviert hat. Insgesamt hat die Berufungswerberin somit 18 Fahrlektionen besucht und vorgenommen.

 

Beweis: Bestätigung vom 15.10.2007 und Rechnung vom 30.11.2007

 

Nachstehende Urkunden werden noch vorgelegt:

-       Kopie Krone vom 7. Dezember 2007 „Trotz Behinderungen tolle Arbeit leisten"

-      Bestätigung vom 15.10.2007

-      Bestätigung vom 30.11.2007

 

Es werden sohin gestellt nachstehende

 

A n t r ä g e

 

1.  Der UVS für Oberösterreich mögen den angefochtenen Bescheid der BH Kirchdorf vom 2. Oktober 2007 zu GZ VerkR21-372-2007 ersatzlos beheben in eventu die Ergän­zung des Ermittlungsverfahrens im Sinne obiger Anträge durchführen bzw. der Behörde die Ergänzung des Beweisverfahrens auftragen;

 

2.  in eventu den angefochtenen Bescheid dahingehend abzuändern, dass mir das Lenken von Motorfahrrädern, vierrädrigen Leichtfahrzeugen und Invalidenkraftfahrzeugen in einem Radius von 20 Kilometer von meinem Wohnsitz aus, gestattet wird (im Sinne des Codes 0501 zu Punkt 264 der Leitlinien für die gesundheitliche Eignung von Kraftfahr­lenkern laut Arbeitsgruppe „Amtsärzte in Führerscheinangelegenheiten" erstellt als Hand­buch für Amtsärzte unter der Leitung des KFV im Jahre 2006);

 

3.  in eventu den angefochtenen Bescheid dahingehend abzuändern, solche unter Punkt 2. genannte Fahrten in Begleitung einer dazu ausgebildeten Person auszuüben (im Sinne des Codes 0503 der Leitlinien für die gesundheitliche Eignung von Kraftfahrlenkern),

 

K, am 03. Dezember 2007                                                       A K

KA/Bezirk/H/2/10"

 

6.1. Auch mit diesem ambitionierten Vorbringen vermag die Berufungswerberin der bestehenden Realität nicht mit Erfolg entgegentreten.

Im Rahmen der Erörterung des Gutachtens machte der Sachverständige abermals deutlich, dass er von einer Kompensation dieser langen Blicksprünge nicht ausgehen könne. Dies vor dem Hintergrund, dass die Berufungswerberin  ja bereits viele Kilometer gefahren ist. Die Amtsärztin verwies im Zuge der Erörterung des Ergebnisses der Beobachtungsfahrt abermals auf ihr negatives Gutachten hin, welches dadurch eine Bestätigung erfahren hätte.

Angesichts der unmittelbaren Beobachtung des Fahrgeschehens seitens des Verhandlungsleiters, der im Übrigen ebenfalls auf eine zehn Jahre lange Erfahrung als Fahrprüfer zurückblicken kann, vermag am sachlich begründeten Kalkül der gehörten Sachverständigen kein Zweifel gehegt werden.

Die unstrittig bestehende Verlangsamung würde permanent zu nicht vertretbaren Gefahren, insbesondere bei Vorrangsituationen führen. Damit wäre insbesondere die Berufungswerberin als Lenkerin eines Mopedautos im hohen Ausmaß in ihrer Gesundheit akut, aber auch der übrige Fahrzeugverkehr gefährdet. Gerade das Erkennen von Vorrangsituationen, das Abschätzen von Annäherungsgeschwindigkeiten anderer Fahrzeuge, die – vom Vertrauensgrundsatz geleitet – mit gleichsam einer jederzeit möglichen Fehl- oder Spätreaktion der Berufungswerberin nicht rechnen können. Dies führt aber zu jenen Situationen, wie sie sich nicht nur mehrfach alleine bei der Beobachtungsfahrt darstellten, sondern wie diese auch medizinisch beurteilt wurden. Aber auch der Mitteilung der Fahrschule Ing. L vom 15.6.2007 an die Bezirkshauptmannschaft Liezen kommt in diesem Zusammenhang eine sehr illustrative und das h. Kalkül bestätigende Dimension zu.

Wenn etwa die Berufungswerberin in deren ausführlichen Stellungnahme, welche ihr im Anschluss an die Berufungsverhandlung über deren Antrag noch eröffnet wurde, etwa vermeint, es könne nicht mit absoluter Sicherheit dargelegt werden, dass die bei der Beobachtungsfahrt vom Sachverständigen aufgezeigten Fahrfehler tatsächlich zu einem Unfall geführt hätten, räumt immerhin selbst die Vertreterschaft der Berufungswerberin ein solches Ereignis ein. Wenn zwei solcher Ereignisse bereits bei einer Fahrt auftreten, ist die Wahrscheinlichkeit einer fatalen Folge in absehbarer Zeit geradezu evident und als nicht vertretbares Risiko einzustufen.

 

6.2. Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oö. übersieht natürlich keineswegs das beachtliche Bemühen der hier als Sachwalterin tätigen Mutter, die Tochter möglichst umfassend in das Berufsleben zu integrieren, wozu auch deren autonome Mobilität zählt.

Aber in Abwägung der rechtlich geschützten Interessen (Verkehrssicherheit u. Eigensicherheit) müssen die öffentlichen Interessen und jene der eigenen Sicherheit der Antragstellerin einfach höher gewertet werden, als deren – mit hohen Trainingsaufwendungen erlangte – selbstständige Mobilität.

Das Ermittlungsverfahren wurde hier erschöpfend und umfassend und vor allem die hier relevanten empirischen Parameter feststellend würdigend u. wertend geführt.

Die ergänzend gestellten Anträge sind in diesem Zusammenhang bereits vollumfänglich erschöpft, wobei eine Umkreisbeschränkung bzw. eine Auflage der Fahrerlaubnis nur in Begleitung die Ausgangslage in kein anderes Licht rückt, weil das in der Verlangsamung der Berufungswerberin liegende Handycap nur am objektiven Maßstab der Verkehrsanforderungen zu beurteilen ist.

Wenn etwa die bei der Beobachtungsfahrt mitfahrende Mutter über die fehlerfreie Passierung jener Stelle am Vormittag u. auch der ausbildende Fahrlehrer (abermals) zeugenschaftlich befragt werden sollte(n), an der sich bei der Beobachtungsfahrt eine drohende Vorrangverletzung (Eingriffsnotwendigkeit des Sachverständigen) ergeben hat, könnte damit der von der Behörde zu treffenden Beurteilung des bereits erschöpfenden Beweisergebnisses nichts Neues gewonnen werden.

Es liefe letztlich nur auf die im Ergebnis unbegrenzt bleibende Möglichkeit von Beweiserkundungen hinaus.

 

7. Rechtlich hat der Unabhängige Verwaltungssenat erwogen:

 

Nach § 32 Abs.1 FSG hat die Behörde Personen, die nicht im Sinne des § 7 verkehrszuverlässig oder nicht gesundheitlich geeignet sind, ein Motorfahrrad, ein vierrädriges Leichtkraftfahrzeug oder ein Invalidenkraftfahrzeug zu lenken, unter Anwendung der §§ 24 Abs.3 und 4, 25, 26, 29 sowie 30a und 30b entsprechend den Erfordernissen der Verkehrssicherheit das Lenken eines derartigen Kraftfahrzeuges  1. ausdrücklich zu verbieten, ……..

Nach  § 13 Abs.1 FSG-GV gelten als ausreichend frei von psychischen Krankheiten im Sinne des § 3 Abs.1 Z1 solche Personen, bei denen keine Erscheinungsformen von solchen Krankheiten vorliegen, die eine Beeinträchtigung des Fahrverhaltens erwarten lassen. Wenn sich aus der Vorgeschichte oder bei der Untersuchung der Verdacht einer psychischen Erkrankung ergibt, der die psychische Eignung zum Lenken eines Kraftfahrzeuges einschränken oder ausschließen würde, ist eine psychiatrische fachärztliche Stellungnahme beizubringen, die die kraftfahrspezifische Leistungsfähigkeit mitbeurteilt.

(2) Personen, bei denen

  1. eine angeborene oder infolge von Krankheiten, Verletzungen oder         neurochirurgischen Eingriffen erworbene schwere psychische  Störung,

  2. eine erhebliche geistige Behinderung,

  3. ein schwerwiegender pathologischer Alterungsprozess oder

  4. eine schwere persönlichkeitsbedingte Störung des Urteilsvermögens, des Verhaltens und der Anpassung besteht, darf eine Lenkberechtigung nur dann erteilt oder belassen werden, wenn das ärztliche Gutachten auf Grund einer psychiatrischen fachärztlichen Stellungnahme, in der die kraftfahrspezifische Leistungsfähigkeit mitbeurteilt wird, die Eignung bestätigt.

Das Gegenteil besagt hier die ärztliche Untersuchung, wobei auch die von der Berufungswerberin selbst vorgelegte psychiatrische Stellungnahme nicht als befürwortend gesehen werden kann, sondern verweist diese vielmehr auf eine Fahrprobe (Beobachtungsfahrt), deren Ergebnis hier gerade nicht als positiv verlaufen ist.

Laut Judikatur ist wohl eine psychische Auffälligkeit nicht generell die gesundheitliche Eignung ausschließend, sehr wohl zielt die Rechtsprechung aber darauf ab, ob ein solches Zustandsbild Auswirkungen auf das Lenken von Kraftfahrzeugen haben kann (VwGH 17.12.1998, 98/11/0202, VwGH 24.8.1999, 99/11/0149 u. VwGH 28.5.2002, 2001/11/0067).

Angesichts des hier der Berufungswerberin evidenten Beweisergebnisses scheinen die rechtlichen und sozialpolitischen Betrachtungen der Berufungswerberin an der Realität einfach vorbeizulaufen bzw. diese negierend.

 

7.1. Die von der Berufungswerberin nun abermals gestellten Beweisanträge laufen im Ergebnis alle auf bereits gutachterlich erledigte neuerliche Erkundungsbeweise hinaus, welchen nicht zu folgen ist (vgl. die bei Hauer-Leukauf, Handbuch des österreichischen Verwaltungsverfahrens, 5. Auflage, S 339, E 6a zu § 46 AVG zitierte Rechtsprechung des VwGH).

Auch mit den Hinweisen auf den Gleichheitsgrundsatz in Bezug zu Menschen mit Behinderungen ist für die Berufungswerberin vor dem Hintergrund der hier zu beurteilenden Fahreignung nichts zu gewinnen. Der Gleichheitsgrundsatz besagt doch nur, dass Gleiches nicht ungleich behandelt werden darf. Wenn eben eine Behinderung eine Eignung ausschließt bzw. wie hier das Anforderungsprofil wegen eines zu hohen Risikos nicht erfüllt werden kann, vermag nicht mit dem Gleichheitsgrundsatz ein Recht erlangt werden, welches andere rechtlich geschützte Interessen – nämlich die Verkehrssicherheit und insbesondere hier die Gesundheit der Berufungswerberin selbst – in nicht vertretbarem Ausmaß gefährden würde.

 

Vor dem Hintergrund dieser Rechtslage erweist sich auf Grund des Ergebnisses des Beweisverfahrens das Fahrverbot als zu  Recht ausgesprochen. Eine Auflage, nur in Begleitung eines Erwachsenen lenken zu dürfen, ist dem Gesetz fremd.

 

Der Berufung musste daher ein Erfolg versagt bleiben.

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss – von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen – jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 180  Euro zu entrichten.

 

 

Dr. B l e i e r

 

Beachte:

vorstehende Entscheidung wurde aufgehoben;

VwGH vom 24.04.2012, Zl. 2008/11/0046-7

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