Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-162764/2/Kof/Da

Linz, 10.01.2008

 

 

 

E R K E N N T N I S

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Mag. Josef Kofler über die Berufung des Herrn E B, geb. , K, D, vertreten durch Dr. S Rechtsanwälte, M, M, gegen den Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Steyr-Land vom 22.11.2007, VerkR96-4227-2005 betreffend Zurückweisung eines Antrages  auf  Wiedereinsetzung  in  den  vorigen  Stand,  zu  Recht  erkannt:

 

 

Die Berufung wird als unbegründet abgewiesen und der erstinstanzliche Bescheid  mit  der  Maßgabe  bestätigt,  als  der  Spruch  zu  lauten  hat:

 

"Der  Antrag  auf  Wiedereinsetzung  in  den  vorigen  Stand  wird  abgewiesen."

 

Rechtsgrundlage:

§ 71 Abs.1 Z1 AVG  iVm  § 24 VStG.

 

 

 

Entscheidungsgründe:

 

Die belangte Behörde hat über den nunmehrigen Berufungswerber (Bw) mit                 Straferkenntnis vom 22.2.2007, VerkR96-4227-2005 wegen der Verwaltungsübertretung nach § 102 Abs.1 iVm § 101 Abs.1 lit.e KFG eine Geldstrafe von 363 Euro (Ersatzfreiheitsstrafe 3 Tage) verhängt und einen Verfahrenskostenbeitrag von               36,30 Euro  vorgeschrieben.

 

Dieses Straferkenntnis wurde – siehe Rückschein – dem Rechtsvertreter des Bw              am  Dienstag,  dem  6. März 2007  nachweisbar  zugestellt.

 

 

Die gegen den o.a. Bescheid am Donnerstag, dem 22. März 2007                              per FAX eingebrachte Berufung wurde mit Erkenntnis des                               Unabhängigen Verwaltungssenates des Landes Oberösterreich (UVS) vom 7.11.2007,  VwSen-162240/2  als  verspätet  eingebracht  zurückgewiesen.

 

Mit Eingabe vom 24.4.2007 hat der Rechtsvertreter des Bw betreffend die Versäumung der Berufungsfrist einen Antrag auf Wiedereinsetzung in den                  vorigen  Stand  gestellt.

 

Dieser Antrag wurde von der belangten Behörde mit dem in der Präambel zitierten Bescheid  gem.  § 71 Abs.1 AVG  zurückgewiesen.

 

Gegen diesen Bescheid hat der Bw innerhalb offener Frist die begründete Berufung vom 6.12.2007 erhoben und Nachstehendes vorgebracht:

 

Die Kanzlei des Rechtsvertreters des Bw verfügt über 3 Kanzleisitze;                 jeweils  näher  bezeichnete  Adressen  in

-          D- I,

-          D- U  und

-          D- M.

 

Das eingangs erwähnte erstinstanzliche Straferkenntnis vom 22.2.2007 wurde an den Kanzleisitz M gesendet und dort am Dienstag, 6. März 2007 übernommen (siehe Rückschein).

Die Mitarbeiterin in der Kanzlei in M, Frau C. S. hat dieses Straferkenntnis           an  die  Kanzleiadresse  I  weitergeleitet.

Die dortige Mitarbeiterin, Frau N. N. habe jedoch nicht erkannt, dass das Schriftstück vom Kanzleisitz aus M kam, sondern hätte angenommen, dass es eine Direktzustellung sei und habe eine Fristeintragung vorgenommen, welche von einer Zustellung des Straferkenntnisses zum Zeitpunkt des Eingangs im Kanzleisitz I  –  am  Donnerstag, 8. März 2007  –  ausgegangen  ist.

 

Hierüber hat der UVS durch sein nach der Geschäftsverteilung zuständiges Mitglied (§ 51c VStG) erwogen:

 

Gemäß § 71 Abs.1 Z1 AVG – welcher auch im Verwaltungsstrafverfahren anzuwenden ist (§ 24 VStG) – ist gegen die Versäumung einer Frist auf                     Antrag der Partei, die durch die Versäumung einen Rechtsnachteil erleidet,                      die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu bewilligen, wenn die Partei glaubhaft macht, dass sie durch ein unvorhergesehenes oder unabwendbares Ereignis verhindert war, die Frist einzuhalten und sie kein Verschulden oder nur ein minderer Grad  des  Versehens  trifft.

 

 

 

Ist der Empfänger eine zur berufsmäßigen Parteienvertretung befugte Person,              so ist die Sendung in deren Kanzlei zuzustellen und darf an jeden dort anwesenden Angestellten des Parteienvertreters zugestellt werden (§ 13 Abs.4 Zustellgesetz).

 

Verfügt eine Rechtsanwaltskanzlei über mehrere Kanzleisitze und/oder beschäftigt diese mehrere Angestellte so kann ein behördliches Schriftstück an jeden dieser Kanzleisitze zugestellt und von jedem dort anwesenden Angestellten entgegen genommen werden;

siehe dazu die in Walter-Thienel, Verwaltungsverfahren, Band I, 2. Auflage,                       E 37  zu  § 13 Zustellgesetz  (Seite 1958)  zitierten  Entscheidungen  des  VwGH.

 

Eine Rechtsanwaltskanzlei, welche über mehrere Kanzleisitze verfügt und/oder mehrere Angestellte beschäftigt, hat jedenfalls derart organisiert und überwacht zu sein, dass Rechtsmittelfristen eingehalten werden, gleichgültig an welche Kanzleiadresse ein behördliches Schriftstück zugestellt wird und/oder von welchem Angestellten dieses übernommen wird.

 

Bei beruflich rechtskundigen Parteienvertretern ist ein strenger Maßstab anzulegen;  siehe dazu die in Walter-Thienel, aaO, E 182 zu § 71 AVG, (Seite 1577) zitierten  Erkenntnisse  des  VwGH.

 

Der Rechtsvertreter des Bw hat in keinem Stadium des Verfahrens – insbesondere auch nicht in jenen Schriftsätzen, welche vor Erlassung des o.a. erstinstanzlichen Straferkenntnisses ergangen sind – ausgeführt, dass eine Zustellung behördlicher Schriftstücke  nur  an  einen  bestimmten  seiner  drei  Kanzleisitze  erfolgen  sollte!

 

Die belangte Behörde hat daher völlig zu Recht das erstinstanzliche Straferkenntnis an den Kanzleisitz in M zugestellt – in gleicher Weise wäre auch eine Zustellung an den Kanzleisitz in I oder an den Kanzleisitz in U rechtmäßig  gewesen!

 

Die Rechtsmittelfristen beginnen mit der zeitlich ersten Zustellung an einen dieser Kanzleisitze.

 

Werden behördliche Schriftstücke von einem Kanzleisitz zu einem anderen Kanzleisitz ein- und derselben Rechtsanwaltskanzlei gesendet, so erfolgt dies innerhalb der Berufungsfrist und vom Rechtsanwaltsbüro ist dafür Sorge zu  tragen,  dass  die  Rechtsmittelfristen  eingehalten  werden.

 

 

 

 

Die an der Kanzleiadresse I beschäftigte Mitarbeiterin, Frau N. N. habe nicht erkannt, dass das Schriftstück von der Kanzleiadresse in M gesendet wurde, sondern habe angenommen, dass es sich um eine "Direktzustellung" handle.

 

Dies ist – worauf der Rechtsvertreter des Bw in der Berufung (Seite 2, letzter Absatz) selbst zutreffend hinweist – als "Unzulänglichkeit des Verhaltens der Mitarbeiter             der Kanzlei" und somit als (Organisations-)Verschulden des Rechtsvertreters              des  Bw  anzusehen.

 

Nach ständiger Rechtsprechung des VwGH ist – entgegen dem Berufungsvorbringen – "ein Verschulden des Vertreters einem Verschulden des Vertretenen gleichzusetzen!"

VwGH  vom 8.9.1999, 99/01/0350  und  vom  22.3.2002, 99/01/0268.

 

Anders ausgedrückt:   Dem Bw ist daher das (Organisations-)Verschulden seines  Rechtsvertreters  vollinhaltlich  zuzurechnen!

 

Die belangte Behörde hat sich im erstinstanzlichen Bescheid des Ausdruckes "zurückgewiesen"  anstelle  richtigerweise  des  Ausdruckes  "abgewiesen"  bedient.

 

Aus der Begründung des erstinstanzlichen Bescheides ergibt sich jedoch, dass               die  belangte  Behörde  eine  inhaltliche  Entscheidung  getroffen  hat.

Durch die unrichtige Formulierung im Spruch des erstinstanzlichen Bescheides – "zurückgewiesen" anstelle richtig:  "abgewiesen" (= sog. "Vergreifen im Ausdruck")  – wurde  der  Bw  nicht  in  seinen  Rechten  verletzt.

Walter-Thienel,  aaO,  E 340  zu  § 66 AVG  (Seite 1305)  mit  Judikaturhinweisen.

 

Es war daher die Berufung als unbegründet abzuweisen, der erstinstanzliche Bescheid – mit der im Spruch angeführten Maßgabe – zu bestätigten und spruchgemäß  zu  entscheiden.

 

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein.

Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 180 Euro zu entrichten.

 

 

Mag. Kofler

 

Beschlagwortung:

§ 71 Abs.1 Z1 AVG – Rechtsanwalt – Organisationsverschulden;

 

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