Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-251523/18/Kü/Ba

Linz, 15.01.2008

 

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Mag. Thomas Kühberger über die Berufung des P W, vertreten durch J M, V, S, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Braunau am Inn vom 28. Dezember 2006, SV96-43-2006-w, wegen einer Übertretung des Ausländerbeschäftigungsgesetzes (AuslBG) nach Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung am 18. September 2007, zu Recht erkannt:

 

I.          Der Berufung wird Folge gegeben, das angefochtene Straferkenntnis aufgehoben und das Verwaltungsstrafverfahren eingestellt.

 

II.        Der Berufungswerber hat keinen Kostenbeitrag zu leisten.

 

Rechtsgrundlagen:

zu I.:    § 66 Abs.4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 (AVG), BGBl. Nr. 51/1991 idgF iVm §§ 24, 45 Abs.1 Z1 und 51 Verwaltungsstrafgesetz 1991 (VStG), BGBl. Nr.52/1991 idgF.

zu II.: § 66 VStG

 

 

Entscheidungsgründe:

 

1. Mit Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Braunau am Inn vom 28. Dezember 2006, SV96-43-2006-w, wurde über den Berufungswerber (im Folgenden: Bw) wegen einer Verwaltungsübertretung nach § 28 Abs.1 Z 1 lit. a i.V.m. § 3 Abs.1 Ausländerbeschäftigungsgesetz (AuslBG) i.V.m. § 9 Abs.1 VStG eine Geldstrafe von 2.000 Euro, im Fall der Uneinbringlichkeit eine Ersatzfreiheitsstrafe von 60 Stunden, verhängt.

 

Dem Straferkenntnis lag folgender Tatvorwurf zu Grunde:

"Am 11.04.2006 wurde durch Beamte des Zollamtes Salzburg anlässlich einer Kontrolle in der V B, N, U, festgestellt, dass die I B, B, M, als Arbeitgeber die ungarische Staatsbürgerin L E, sohin eine Ausländerin im Sinne des Ausländerbeschäftigungsgesetzes, zumindest am 11.4.2006 als Animierdame und Tänzerin für 30,- Euro pro Tanz beschäftigt hat, obwohl der I B, B, M, für diese Ausländerin weder eine Beschäftigungsbewilligung oder eine Zulassung als Schlüsselkraft erteilt, noch eine Anzeigebestätigung ausgestellt wurde und auch die Ausländerin selbst keine für diese Beschäftigung gültige Arbeitserlaubnis oder einen Befreiungsschein oder einen Niederlassungsnachweis besaß.

Für diese Übertretung sind Sie als handelsrechtlicher Geschäftsführer und somit als das zur Vertretung nach Außen berufene Organ der I B, B, M, gemäß § 9 Abs.1 VStG 1991 verwaltungsstrafrechtlich verantwortlich."

 

Begründend wurde ausgeführt, dass die Erhebungsbeamten als Zeugen unter Wahrheitspflicht stehend die Erstangaben von L wiederholt haben und die in der Anzeige festgehaltenen Tatsachen bestätigt hätten. Auch der Mitarbeiter C I habe zeugenschaftlich bestätigt, dass der Bw von der Anwesenheit von L gewusst habe. Seine Rechtfertigungsangaben, dass ihm L nicht bekannt gewesen sei, seien damit eindeutig widerlegt.

Unter Vorhalt der Zeugenaussagen würde der Bw vorbringen, dass es sich beim besagten Lokal um einen Barbetrieb und keine Prostitutionseinrichtung handle. Die Bar sei vor Oktober 2005 ein Bordellbetrieb gewesen. Diese Angaben würden an der Sache vorbeigehen, da dem Bw nicht die Ausübung der Prostitution angelastet würde, sondern die Beschäftigung einer Ausländerin ohne entsprechende Bewilligung nach dem Ausländerbeschäftigungsgesetz. Die Beschäftigung einer weiblichen Person sei auch in einer Bar möglich. Seine Rechtfertigungsangaben wären damit nicht geeignet, ihn zu entlasten. Der Bw habe daher den ihm angelasteten Tatvorwurf zu verantworten.

 

2. Dagegen richtet sich die rechtzeitig vom Rechtsvertreter des Berufungswerbers eingebrachte Berufung, in der beantragt wird, der Berufung Folge zu geben und das Straferkenntnis aufzuheben und das Verwaltungsstrafverfahren einzustellen.

 

Als Berufungsgründe wurden die Rechtswidrigkeit infolge von Verfahrensfehlern und inhaltlicher Rechtswidrigkeit angeführt. Es sei unrichtig, dass eine E L am 11.4.2006 an der Adresse N in U einer Beschäftigung nachgegangen wäre und der Beschuldigte sohin als Arbeitsgeber in Verantwortung gezogen werden könnte.

 

Das erstinstanzliche Verfahren sei grob mangelhaft. Einvernahmen seien ohne Beiziehung eines Dolmetschers durchgeführt worden. Der Einvernahme des C I als Zeuge vom 3.10.2006 sei keinerlei Umstand zu entnehmen, welcher auf die Beschäftigung einer E L schließen würde.

 

3. Die Bezirkshauptmannschaft Braunau am Inn hat mit Schreiben vom 23. Jänner 2007 die Berufung samt bezughabendem Verwaltungsstrafakt zur Entscheidung vorgelegt.

Da keine 2.000 Euro übersteigende Geldstrafe verhängt wurde, ist der Unabhängige Verwaltungssenat zur Entscheidung durch sein nach der Geschäftsverteilung zuständiges Mitglied berufen (§ 51c VStG).

 

4. Der Unabhängige Verwaltungssenat hat Beweis erhoben durch Akteneinsichtnahme und Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung am 18. September 2007, an welcher der Berufungswerber und sein Rechtsvertreter teilgenommen haben sowie A E vom Finanzamt S und C I als Zeugen einvernommen wurden.

 

4.1.  Folgender Sachverhalt steht fest:

Am 11.4.2006 wurde das Lokal V B, N, U, von Organen des Zollamtes Salzburg einer Kontrolle nach dem Ausländerbeschäftigungsgesetz unterzogen. Zum Zeitpunkt der Kontrolle war die I B mit Sitz B, M, Betreiberin des Lokales. Handelsrechtlicher Geschäftsführer der I B ist der Bw.

 

Ursprünglich handle es sich bei dem Lokal V B um einen Bordellbetrieb, der von L T betrieben wurde. Von der Gemeinde U wurde für den Bordellbetrieb auch die entsprechende Bewilligung erteilt. Der Bruder des Bw, G W, hat mit der Eigentümerin des Lokales einen Mietvertrag datiert mit 24.9.2004 abgeschlossen. Vom Bruder des Bw wurde das Lokal V B weiter als Bordell betrieben. Nachdem es in der Folge zwischen der Eigentümerin und dem Bruder des Bw als Bestandnehmer zu Auseinandersetzungen gekommen ist, hat die Eigentümerin bei der Gemeinde U die Bewilligung für den Bordellbetrieb widerrufen. In der Folge wurde das Lokal von G W nur als Bar weitergeführt. Der Grund für den Einstieg der I B als Betreiberin des Lokals ist der gewesen, dass diese im Besitz der entsprechenden Konzession für die Fortführung des Lokals als reinen Barbetrieb gewesen ist.

 

Im Zuge der Kontrolle wurden zwei Personen, und zwar C I, welcher als Kellner tätig gewesen ist, und die ungarische Staatsangehörige E L angetroffen. L war zum Zeitpunkt der Kontrolle mit einem schwarzen Pullover und einer schwarzen Hose bekleidet und ist auf einem Hocker an der Bar gesessen und hat ein Getränk zu sich genommen. Der Kellner C I war zum Kontrollzeitpunkt auf Probe beschäftigt, über die allfällige Bezahlung hat er mit dem Bw bis zu diesem Zeitpunkt nicht verhandelt.

 

Gäste waren zum Zeitpunkt der Kontrolle nicht im Lokal. Auch waren keine anderen Damen im Lokal anwesend.

 

Bei der ungarischen Staatsangehörigen E L handelt es sich um die Freundin von C I, welche mit diesem von Salzburg aus in das Lokal nach U gefahren ist. Animationstätigkeiten oder Tanztätigkeiten wurden von E L am 11.4.2006 nicht durchgeführt.

 

4.2.  Dieser Sachverhalt ergibt sich aus den glaubwürdigen und nachvollziehbaren Aussagen des Berufungswerbers sowie den Aussagen von C I. Der Berufungswerber schildert nachvollziehbar, dass grundsätzlich für den Betrieb des Lokals V B sein Bruder verantwortlich gewesen ist und die I B lediglich die entsprechende Konzession zur Verfügung gestellt hat. Auch der Zeuge I bestätigt, dass er ausschließlich mit dem Bruder des Berufungswerbers in Kontakt gewesen ist. Die Angaben des Berufungswerbers, wonach er E L nicht gekannt hat und von deren Anwesenheit im Lokal auch nichts gewusst hat, sind für das erkennende Mitglied des Unabhängigen Verwaltungssenates insofern nachvollziehbar.

 

Durch die im Akt befindlichen Lichtbilder ist eindeutig feststellbar, dass die ungarische Staatsangehörige in normaler Kleidung angetroffen wurde. Aus dem Lichtbild ergibt sich für den Unabhängigen Verwaltungssenat nicht, dass die ungarische Staatsangehörige als Tänzerin zum Einsatz gelangt ist. Vielmehr verdeutlicht diese Situationsaufnahme die Angaben des Zeugen I, wonach es sich bei L um seine Freundin handelt und sie ihn bei seiner Tätigkeit lediglich begleitet hat. Ebenso ist nicht erwiesen, dass L Gäste zum Getränkekonsum animiert hat, zumal zum Zeitpunkt der Kontrolle keine Gäste anwesend gewesen sind. Den Aussagen von L im Zuge der Kontrolle gegenüber den Zollorganen ist insofern keine nachhaltige Beweiskraft beizumessen, zumal L nicht in der Lage gewesen ist, das vorgelegte Personenblatt, obwohl dieses in ungarischer Sprache verfasst ist, selbstständig auszufüllen. Vielmehr wurden die Angaben in das Personenblatt von dem kontrollierenden Zollorgan aufgenommen. Auch ist es für den Unabhängigen Verwaltungssenat auf Grund dieser Tatsache zweifelhaft, dass L ohne Beiziehen eines Dolmetschers die ihr gestellten Fragen zum Zwecke ihres Aufenthaltes in dem Lokal richtig verstanden hat. Insofern sah sich der Unabgängige Verwaltungssenat nicht veranlasst, diese Ermittlungsergebnisse den Sachverhaltsfeststellungen zu Grunde zu legen.

 

Der Zeuge I erklärt seine Angaben in der Niederschrift, welche im Zuge der Kontrolle aufgenommen wurde, damit, dass er zum damaligen Zeitpunkt niemand sagen wollte, dass er mit L befreundet ist, da er kurz zuvor geschieden wurde und dies wegen seines Kindes nicht bekanntgeben wollte. Zur Frage der Getränkeanimation von Kunden ist festzuhalten, dass es entsprechend den Verfahrensergebnissen jedenfalls keine Geldflüsse an die ungarische Staatsangehörige gegeben hat und es mit den allgemeinen Erfahrungen nicht in Einklang steht, dass Animierdamen keine Provisionen für die Getränkeanimation erhalten. Auch das in der mündlichen Verhandlung einvernommene Zollorgan bestätigt, dass der Kellner ihm gegenüber nicht gesagt hat, dass die Dame für die Getränkeanimation etwas bezahlt bekommt. Dass für Getränkeanimation keine Bezahlung erfolgt ist, ist als sehr untypisch zu bewerten und spricht eher für die Angaben des Zeugen I, wonach L auf Grund der Freundschaft zu ihm im Lokal anwesend gewesen ist.

 

Insgesamt ist festzuhalten, dass für eine Animationstätigkeit bzw. Tanztätigkeit der ungarischen Staatsangehörigen im Lokal V B am 11.4.2006 kein Beweis erbracht werden konnte und daher diese Tätigkeiten auch nicht festzustellen waren.

 

 

5. Der Unabhängige Verwaltungssenat hat erwogen:

 

5.1. Gemäß § 3 Abs.1 AuslBG darf ein Arbeitgeber, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, einen Ausländer nur beschäftigen, wenn ihm für diesen eine Beschäftigungsbewilligung, eine Zulassung als Schlüsselkraft oder eine Entsendebewilligung erteilt oder eine Anzeigebestätigung ausgestellt wurde oder wenn der Ausländer eine für diese Beschäftigung gültige Arbeitserlaubnis oder einen Befreiungsschein oder eine "Niederlassungsbewilligung – unbeschränkt"  oder einen Aufenthaltstitel "Daueraufenthalt – EG" oder einen Niederlassungsnachweis besitzt.

 

Nach § 2 Abs.2 AuslBG gilt als Beschäftigung die Verwendung

a)    in einem Arbeitsverhältnis,

b)    in einem arbeitnehmerähnlichen Verhältnis,

c)    in einem Ausbildungsverhältnis, einschließlich der Tätigkeiten nach § 3 Abs.5 leg.cit.

d)    nach den Bestimmungen des § 18 leg.cit. oder

e)    überlassener Arbeitskräfte im Sinne des § 3 Abs.4 des Arbeitskräfte­überlassungsgesetzes, BGBl.Nr. 196/1988.

 

Gemäß § 2 Abs.4 erster Satz AuslBG ist für die Beurteilung, ob eine Beschäftigung im Sinne des Abs.2 vorliegt, der wahre wirtschaftliche Gehalt und nicht die äußere Erscheinungsform des Sachverhaltes maßgebend.

 

5.2. Die ungarische Staatsangehörige wurde am Kontrolltag in normaler Kleidung an der Bar sitzend angetroffen. Das Beweisverfahren hat nicht mit der für einen Strafausspruch notwendigen Sicherheit ergeben, dass die ungarische Staatsangehörige zum Zweck der Getränkeanimation von Gästen bzw. zur Vorführung von Tanzdarbietungen im Lokal anwesend gewesen ist und dafür entsprechende Bezahlung erhält. Animationstätigkeiten oder Tanztätigkeiten konnten von den kontrollierenden Organen insofern auch nicht festgestellt werden, da keine Gäste zum Zeitpunkt der Kontrolle im Lokal anwesend gewesen sind. Vielmehr ist den Angaben des als Zeugen einvernommenen Kellners Glauben zu schenken, dass es sich bei der ungarischen Staatsangehörigen um seine Freundin gehandelt hat.

 

Die gesetzliche Vermutung des § 28 Abs.7 AuslBG ist im gegenständlichen Fall insoferne nicht von Bedeutung, zumal die ungarische Staatsangehörige bei der Bar sitzend angetroffen wurde und daher nicht in einem Bereich, der im allgemeinen Betriebsfremden nicht zugänglich ist, sondern sich im Gästebereich aufgehalten hat. Dies ist jedenfalls durch die im Zuge der Kontrolle aufgenommenen Lichtbilder entsprechend bewiesen.

 

Nach § 25 Abs.2 VStG sind die der Entlastung dienlichen Umstände in gleicher Weise zu berücksichtigen wie die belastenden. Für den Unabhängigen Verwaltungssenat ist es jedenfalls auf Grund des durchgeführten Ermittlungsverfahrens nicht erwiesen, dass am 11.4.2006 von der ungarischen Staatsangehörigen für die I B Animationstätigkeiten und Tanztätigkeiten durchgeführt wurden und somit eine Beschäftigung im Sinne des § 2 Abs.2 AuslBG erfolgt ist. Aus diesem Grunde sah sich daher der Unabhängige Verwaltungssenat unter Beachtung des § 6 Abs.2 EMRK veranlasst, der Berufung Folge zu geben und das Verwaltungsstrafverfahren einzustellen.

 

6. Aufgrund der Einstellung des Strafverfahrens entfällt gemäß § 66 Abs.1 VStG auch die Verpflichtung zur Leistung von Beiträgen zu den Kosten des Strafverfahrens.

 

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

 

 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsge­richts­hof erhoben werden; diese muss von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 180 Euro zu entrichten.

 

 

Mag. Kühberger

 

 

 

 

 

 

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