Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-280931/28/Kl/Sta

Linz, 15.01.2008

 

 

E R K E N N T N I S

 

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Ilse Klempt über die Berufung des Herrn Mag. F O, vertreten durch Rechtsanwälte Dr. E H, Dr. K H, Mag. M W, Mag. E K, H, L, gegen das Straferkenntnis des Bürgermeisters der Stadt Linz vom 22. Juni 2006, GZ. 0044953/2005, wegen einer Verwaltungsübertretung nach dem ArbeitnehmerInnenschutzgesetz (ASchG) nach öffentlicher mündlicher Verhandlung am 14. September 2006, zu Recht erkannt:

 

 

I.      Der Berufung wird Folge gegeben, das angefochtene Straferkenntnis aufgehoben und das Verwaltungsstrafverfahren eingestellt.

 

II.     Es entfallen jegliche Verfahrenskostenbeiträge.

 

 

Rechtsgrundlagen:

zu  I.: § 66 Abs.4 AVG iVm §§ 24, 45 Abs.1 Z1, 2. Alternative und 51 VStG.

zu II.: § 66 Abs.1 VStG.

 

 

Entscheidungsgründe:

 

1. Mit Straferkenntnis des Bürgermeisters der Stadt Linz vom 22.6.2006, Gz.: 0044953/2005, wurde über den Berufungswerber eine Geldstrafe von 1.500 Euro, Ersatzfreiheitsstrafe von 34 Stunden, wegen einer Verwaltungsübertretung gemäß §§ 130 Abs.1 Z19 und 60 Abs.1 ASchG verhängt, weil er als verwaltungsstrafrechtlich verantwortlicher handelsrechtlicher Geschäftsführer der v G L GmbH mit dem Sitz in L zu vertreten hat: "Am 29.7.2005 hat die v G L GmbH als Arbeitgeber in der Arbeitsstätte in L, V-A, nicht dafür gesorgt, dass folgender Arbeitsvorgang so durchgeführt wurde, dass ein wirksamer Schutz des Lebens und der Gesundheit der Arbeitnehmer erreicht wurde:

Der Arbeitnehmer F F, geb. am , war mit Brennschneidearbeiten an einem gegossenen Turbinengehäuse in Bodennähe beschäftigt, obwohl ein zuvor abgetrennter 1 m mal 2 m großer, ca. 2 t schwerer Teil des Eingusssystems noch lose (in ca. 1,8 m Höhe) auf dem Werkstück gelagert war. Der Arbeitnehmer hatte von einem gegossenen, entformten Turbinengehäuse (Werkstücktemperatur ca. 140°C) die Steiger (erstarrtes Material des Eingusssystems) mittels Brennschneider zu entfernen. Das Werkstück stand dazu auf den Steigern der Befüllkanäle. Als erster Arbeitsschritt wurden die sieben Verbindungen (Durchmesser ca. 15 cm) des ca. 1 m mal 2 m großen, ca. 2 t schweren Eingusssystems an der Oberseite des Werkstückes abgetrennt, sodass dieses lose auf dem Werkstück abgetrennt lag. Anschließend mussten die neun Steiger der Befüllkanäle abgetrennt werden. Aus diesem Grund wurde das Werkstück auf erhöhte Unterlagen (bereits abgetrennte Steiger früherer Werkstücke) in einer Höhe von ca. 50 cm über dem Boden abgesetzt, sodass die zu entfernenden Steiger gelöst werden konnten. Nachdem bereits acht Steiger entfernt wurden und der neunte Steiger großteils eingeschnitten war, sollte der Hallenkran das Werkstück sichern. Bevor diese Sicherung durchgeführt wurde, brach auch der letzte Steiger durch. Dadurch kippte die Unterstützung des Werkstückes, das Werkstück neigte sich zur Seite und das sich noch immer auf dem Werkstück befindliche, bereits abgetrennte, lose Eingusssystem fiel herab und verletzte Herrn F. Der Arbeitsvorgang wäre so durchzuführen gewesen, dass schon während des Abtrennens des Angussstückes dieses gegen Absturz gesichert sein hätte müssen und unmittelbar nach Ablösung vom Werkstück gehoben hätte werden müssen."

2. Dagegen wurde fristgerecht Berufung eingebracht und das Straferkenntnis zur Gänze angefochten. Ausdrücklich wurde in der Berufung bestätigt, dass der Arbeitnehmer F F am 29.7.2005 in der Arbeitsstätte in L, V-A, mit Brennschneidearbeiten an einem gegossenen Turbinengehäuse in Bodennähe beschäftigt war und auf diesem ein zuvor abgetrennter 1 m mal 2 m großer, ca. 2 t schwerer Teil des Eingusssystems auf dem Werkstück gelagert war. Das Werkstück war auf Böcken gelagert und waren Steiger abgeschnitten und der neunte Steiger großteils eingeschnitten, als er plötzlich abbrach, sich das Werkstück neigte und das Eingusssystem auf Herrn F fiel und diesen verletzt hat. Es war durch die in Eigenverantwortung von Herrn F F gelegene Handlungsweise eine Verletzung des § 60 ASchG nicht erfüllt. Eine Verantwortlichkeit des Berufungswerbers sei nicht gegeben, da Herr DI S der belangten Behörde und dem Arbeitsinspektorat als Verantwortlicher bekannt gegeben wurde. Auch wurde die subjektive Verantwortung des Berufungswerbers bestritten. Dies wurde damit begründet, dass das Absenken des Werkstückes nicht vorhersehbar gewesen sei und es ausdrücklich Anweisung gegeben habe, dass sich bei Abtrennen des Angusssystems niemand in der Nähe des Werkstückes bzw. unterhalb des Werkstückes aufhält bzw. das abgetrennte Reglersystem umgehend nach der Abtrennung zu entfernen ist und danach an den Steigern gearbeitet werden darf. Es wurde auf ein umfangreiches Sicherheitsmanagementsystem hingewiesen, sowie weiters darauf, dass in verschiedenen Sicherheitsaudits, diversen Sicherheitsviertelstunden die Arbeitsvorgänge beim Entfernen der Gussstücke von Turbinengehäusen genau durchbesprochen wurden. Die Arbeitsweise sei sämtlichen Mitarbeitern in der Halle der v G L GmbH bekannt. Erst im Mai 2005 hat ein Sicherheitsworkshop stattgefunden, bei welchem auch der verletzte Vorarbeiter F F anwesend war. Die Sicherheitsviertelstunden werden vom verletzten Herrn F durchgeführt. Der Verunfallte konnte sich nicht erklären, warum der Steiger abgebrochen ist, weil dies in 25 Jahren noch nicht vorgekommen ist. Auch hat dieser Anweisung gegeben, den Kran zu holen, allerdings war der Kran in einem anderen Teil der Halle in Verwendung und hätte dies Herrn F zu lange gedauert. Es wurde auf ein Kontrollsystem hingewiesen, nämlich auf unterster Ebene die Arbeiter, beaufsichtigt von den Vorarbeitern, diese durch die Meister und außerhalb der Halle durch den Prozessverantwortlichen und Hauptprozessleiter. Darüber steht die Geschäftsführung. Sämtliche Mitarbeiter seien angewiesen, bei Sicherheitsverstößen umgehend darauf aufmerksam zu machen und das Sicherheitsrisiko sofort abzustellen. Darüber hinaus ist in den Sicherheitsviertelstunden, Sicherheitsaudits, Sicherheitsmeisterrunden im Arbeitsausschuss sowie im "Sichergesundsteuerkreis" zu berichten. Werden Sicherheitsmängel nicht abgestellt, kann es schlimmstenfalls zu einer Versetzung oder gar Kündigung des Arbeitnehmers führen. Auch werden in den täglichen Morgenbesprechungen Sicherheitsangelegenheiten diskutiert. Auch ist der Berufungswerber immer wieder stichprobenartig persönlich in der Fertigungshalle anwesend und nimmt Sicherheitsagenden wahr. Der beauftragte DI S ist an den Sicherheitsmeisterrunden monatlich, am Arbeitsausschuss viermal im Jahr sowie in "Sichergesundsteuerkreis" viermal im Jahr beteiligt. Auch liege eine ISO-Zertifizierung vor und werden Unfälle und Beinaheunfälle evaluiert und Unfallursachen erhoben. Die Auswertung wird ebenfalls in den Meisterrunden und Sicherheitsaudits besprochen. Der Verunglückte habe aber wider besseren Wissens gehandelt und sei eine solche Verhaltensweise auch durch das beste Kontrollsystem eben nicht verhinderbar. Ein fahrlässiges oder gar vorsätzliches Verhalten sei daher dem Berufungswerber nicht vorwerfbar. Im Übrigen wurde auch die Strafhöhe bekämpft und darauf hingewiesen, dass sie unangemessen sei. Es liegen Sorgepflichten für zwei Kinder vor und verfüge er über ein Einkommen von 4.000 Euro. Auch liege mildernd die Unbescholtenheit des Berufungswerbers sowie ein Tatsachengeständnis vor. Es könnte daher mit einer Ermahnung das Auslangen gefunden werden.

3. Der Magistrat der Stadt Linz hat die Berufung samt dem bezughabenden Verwaltungsstrafakt vorgelegt.

Der Oö. Verwaltungssenat hat Beweis erhoben durch Akteneinsichtnahme sowie Anberaumung und Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung am
14. September 2006. Im Grunde des durchgeführten Beweisverfahrens hat der Oö. Verwaltungssenat mit Erkenntnis vom 31. Juli 2007, VwSen-280931/16/Kl/Pe, der Berufung keine Folge gegeben und das angefochtene Straferkenntnis vollinhaltlich bestätigt.

 

4.  Der Verwaltungsgerichtshof hat mit Erkenntnis vom 14. Dezember 2007, Zl. 2007/02/0272-5, das Erkenntnis des Oö. Verwaltungssenates wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes unter Hinweis auf das Erkenntnis mit Zl. 2007/02/0273, aufgehoben. In seinem Erkenntnis vom 14. Dezember 2007, 2007/02/0273-5, führt der Verwaltungsgerichtshof aus, dass "der im Beschwerdefall wesentliche erste Halbsatz des § 130 Abs.1 Z19 ASchG als Verwaltungsübertretung (die zu bestrafen ist) nur die Verletzung der Verpflichtungen betreffend die "Gestaltung" von Arbeitsvorgängen normiert. Eine Sanktion wegen der Verletzung von solchen Verpflichtungen in Hinsicht auf die "Durchführung" von Arbeitsvorgängen – wie dem Beschwerdeführer vorgeworfen – findet sich sohin in § 130 Abs.1 Z19 ASchG (im Übrigen ebenso wie in Hinsicht auf die "Vorbereitung") nicht. Dass unter "Gestaltung" insoweit nicht etwa auch die "Durchführung" von Arbeitsvorgängen gemeint sein kann, ergibt sich schon daraus, dass dem Gesetzgeber überflüssige bzw. inhaltsleere Aussagen – wie hier die Verwendung der Worte "vorbereitet" und "durchgeführt" neben dem Wort "gestaltet" in § 60 Abs.1 ASchG – im Zweifel nicht zu unterstellen sind (vgl. das hg. Erkenntnis vom 23. November 2001, Zl. 98/02/0292).... Die dem Beschwerdeführer vorgeworfene Tat der Verletzung der Verpflichtung betreffend die Art der "Durchführung" eines Arbeitsvorganges bildet daher nach der von der belangten Behörde herangezogenen Vorschrift des § 130 Abs.1 Z19 ASchG keine Verwaltungsübertretung."

 

5. Hierüber hat der Oö. Verwaltungssenat erwogen:

 

Gemäß § 45 Abs.1 Z1 VStG hat die Behörde von der Einleitung oder Fortführung eines Strafverfahrens abzusehen und die Einstellung zu verfügen, wenn die dem Beschuldigten zur Last gelegte Tat nicht erwiesen werden kann oder keine Verwaltungsübertretung bildet.

 

Im Grunde des vorzitierten Erkenntnisses des Verwaltungsgerichtshofes war daher gemäß § 45 Abs.1 Z1, 2. Alternative VStG vorzugehen, das Straferkenntnis, weil der Beschuldigte keine Verwaltungsübertretung begangen hat, aufzuheben und das Verwaltungsstrafverfahren einzustellen.

 

6. Weil die Berufung Erfolg hatte, entfallen jegliche Verfahrenskostenbeiträge gemäß § 66 Abs.1 VStG.

 

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen  diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungs­gerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 180 Euro zu entrichten.

 

 

Dr. Klempt

 

 

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