Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-281043/4/Py/Da

Linz, 23.01.2008

 

E r k e n n t n i s

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Andrea Panny über die Berufung des A, E, L, gegen den Einstellungsbescheid der Bezirkshauptmannschaft Wels-Land vom 30. August 2007, AZ: Ge96-136-2006, betreffend ein Verwaltungsstrafverfahren wegen Übertretung des ArbeitnehmerInnenschutzgesetzes, zu Recht erkannt:

 

 

Der Berufung wird Folge gegeben und der angefochtene Bescheid wegen Unzuständigkeit der belangten Behörde aufgehoben.

 

Rechtsgrundlagen:

§ 66 Abs.4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 (AVG), BGBl. Nr. 51/1991 idgF, iVm §§ 24, 27 und 45 Verwaltungsstrafgesetz 1991 (VStG), BGBl. Nr. 52/1991 idgF.

 

 

 

Entscheidungsgründe:

 

1. Die Bezirkshauptmannschaft Wels-Land hat mit Bescheid vom 30. August 2007, AZ: Ge96-136-2006-Gm, ausgesprochen, dass gemäß § 45 Abs.1 Z3 iVm Abs.2 VStG von der Fortführung des Verwaltungsstrafverfahrens gegen Herrn Ing. G S als verantwortlicher Beauftragte der Fa. R mit Sitz in L, S, (weitere Betriebsstätte in M, W), wegen des Verdachts der Übertretung nach § 48 Abs.7 Bauarbeiterschutzverordnung – BauV, BGBl. Nr. 340/1994 idgF iVm § 130 Abs.5 Z1 ArbeitnehmerInnenschutzgesetz – ASchG, BGBl. Nr. 450/1994 idgF iVm § 118 Abs.3 leg.cit. abgesehen und die Einstellung verfügt wird, da durch die Unzuständigkeit der Bezirkshauptmannschaft Wels-Land Umstände vorliegen, die die Verfolgung ausschließen.

 

In der Begründung führt die belangte Behörde nach Wiedergabe des bisherigen Verfahrensganges aus, dass im Zuge des Ermittlungsverfahrens festgestellt wurde, dass es sich bei dem Betrieb in M, W um eine weitere Betriebsstätte der Fa. R handle, deren Sitz sich in L, S befinde. Die Baustelle, die Grundlage für die Strafanzeige des A vom 24.11.2006 war, befinde sich in K (richtig:K), weshalb für die Bezirkshauptmannschaft Wels-Land weder auf Grund des Firmensitzes noch auf Grund des Tatortes eine Zuständigkeit gegeben war. Da der Tatzeitpunkt der 17. Oktober 2006 gewesen sei und von der eigentlich zuständigen Behörde, dem Magistrat der Landeshauptstadt Linz, ein Verwaltungsstrafverfahren nicht mehr rechtzeitig eingeleitet werden könne, sei Verfolgungsverjährung eingetreten.

 

2. Dagegen wurde vom A als am Verfahren beteiligte Organpartei rechtzeitig Berufung eingebracht und beantragt, die Einstellung auszusetzen und das Verfahren fortzuführen. Als Begründung wird ausgeführt, dass im gegenständlichen Fall die Verfolgungsverjährung aus Sicht des A nicht eingetreten ist, da innerhalb der Verfolgungsverjährungsfrist eine wirksame Verfolgungshandlung gesetzt wurde. Die örtliche Unzuständigkeit der belangten Behörde sei kein Einstellungsgrund, vielmehr wäre die Behörde verpflichtet, das Verfahren im Fall der örtlichen Unzuständigkeit an die örtlich zuständige Behörde weiterzuleiten.

 

3. Die Bezirkshauptmannschaft Wels-Land als belangte Behörde hat mit Schreiben vom 26. September 2007 die Berufung samt dem bezughabenden Verwaltungsstrafakt dem Unabhängigen Verwaltungssenat vorgelegt, der zur Entscheidung durch sein nach der Geschäftsverteilung zuständiges Mitglied berufen ist.

 

Da bereits auf Grund der Aktenlage feststeht, dass der mit Berufung angefochtene Bescheid aufzuheben ist, entfiel die Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung gem. § 51e Abs.2 Z1 VStG.

 

4. In der Sache hat der Oö. Verwaltungssenat erwogen:

 

4.1. Gemäß § 27 Abs.1 VStG ist örtlich zuständig die Behörde, in deren Sprengel die Verwaltungsübertretung begangen worden ist, auch wenn der zum Tatbestand gehörende Erfolg in einem anderen Sprengel eingetreten ist.

 

Gemäß § 28 VStG ist die Behörde, die zuerst von einer Verwaltungsübertretung Kenntnis erlangt, zur Verfolgung zuständig, solange nicht ein Umstand hervorgekommen ist, der nach § 27 Abs.1 die Zuständigkeit einer anderen Behörde begründet.

 

Gemäß § 6 Abs.1 AVG (der gem. § 24 VStG auch im Verwaltungsstrafverfahren anzuwenden ist) hat die Behörde ihre sachliche und örtliche Zuständigkeit von Amts wegen wahrzunehmen; langen bei ihr Anbringen ein, zu deren Behandlung sie nicht zuständig ist, so hat sie diese ohne unnötigen Aufschub auf Gefahr des Einschreiters an die zuständige Stelle weiterzuleiten oder den Einschreiter an diese zu weisen.

 

Gemäß § 45 Abs.1 VStG hat die Behörde von der Einleitung oder Fortführung eines Strafverfahrens abzusehen und die Einstellung zu verfügen, wenn

  1. die dem Beschuldigten zur Last gelegte Tat nicht erwiesen werden kann oder keine Verwaltungsübertretung bildet;
  2. der Beschuldigte die ihm zur Last gelegte Verwaltungsübertretung nicht begangen hat oder Umstände vorliegen, die die Strafbarkeit aufheben oder ausschließen;
  3. Umstände vorliegen, die die Verfolgung ausschließen.

 

4.2. Mit Schreiben vom 24. November 2006, GZ:, erstattete das A anlässlich einer am 17. Oktober 2006 auf der Baustelle K, Rohrpressung W-bahn, Bereich Bushaltestelle, durchgeführten Kontrolle Strafanzeige an die Bezirkshauptmannschaft Wels-Land hinsichtlich der Nichteinhaltung von ArbeitnehmerInnenschutzvorschriften durch die Firma R, W, M. Als für die Einhaltung der Arbeitnehmerschutzvorschriften bestellter verantwortlicher Beauftragter wurde Herr Prokurist Ing. G S unter Beifügung der Bestellungsurkunde vom 24. Mai 2004 namhaft gemacht.

 

Mit Schreiben vom 26. Februar 2007 brachte die Bezirkshauptmannschaft Wels-Land Herrn Prokurist Ing. G S, adressiert p.A. Fa. S S, L, die ihm zur Last gelegte Verwaltungsübertretung unter Anführung des Firmensitzes R, L, S, zur Kenntnis.

 

4.3. Nach der ständigen Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes ist für die örtliche Zuständigkeit der einschreitenden Strafbehörde grundsätzlich nicht der Ort maßgeblich, an dem das Unternehmen betrieben wird. Vielmehr ist gemäß   § 27 Abs.1 VStG örtlich die Behörde zuständig, in deren Sprengel die Verwaltungsübertretung begangen worden ist, auch wenn der zum Tatbestand gehörende Erfolg in einem anderen Sprengel eingetreten ist. Wird dem Beschuldigten die Unterlassung gebotener Vorsorgehandlungen angelastet, so ist für die Bestimmung der örtlich zuständigen Behörde der Ort maßgebend, an dem der Beschuldigte tätig hätte werden sollen (handeln hätte sollen). Das ist jener Ort, an dem die Unternehmensleitung ihren Sitz hat.

 

Wird ein zur Vertretung einer juristischen Person nach außen befugtes Organ gemäß § 9 Abs.1 VStG verwaltungsstrafrechtlich zur Verantwortung gezogen, so ist im Bereich des Arbeitnehmerschutzrechts Tatort der Verwaltungsübertretung der Sitz der Unternehmensleitung, weil an diesem Ort die Dispositionen und Anordnungen zur Verhinderung der Verstöße gegen Arbeitnehmerschutzbestim­mungen zu treffen gewesen wären (vgl. VwGH vom 14.5.1990, Zl. 90/19/0018 ua Zlen).

 

Die belangte Behörde hat daher aufgrund des Umstandes, dass es sich bei der Firma R in M um eine weitere Betriebsstätte handelt und daher weder aufgrund des Unternehmenssitzes noch aufgrund des Tatortes ihre örtliche Zuständigkeit gegeben ist, ihre Unzuständigkeit zur (weiteren) Durchführung des gegenständlichen Verwaltungsstrafverfahrens festgestellt. Sie wäre jedoch dazu angehalten gewesen, mit Auftreten der Kenntnis über einen Umstand, der die Zuständigkeit einer anderen Behörde begründet, das Verfahren an die örtlich zuständige Behörde weiterzuleiten. Indem die belangte Behörde als örtlich unzuständige Behörde über die Einstellung des Strafverfahrens absprach, belastete sie ihren Bescheid mit Rechtswidrigkeit und war dieser anlässlich der Berufung zu beheben.

 

4.4. Abschließend darf darauf hingewiesen werden, dass eine Verfolgungshandlung gemäß § 32 Abs.2 VStG, die den Eintritt einer Verfolgungsverjährung ausschließt, auch von einer unzuständigen Behörde – sofern sie das VStG anzuwenden hat – ausgehen kann. Das Vorliegen von die Strafbarkeit ausschließende Gründe (Verfolgungsverjährung) ist daher aufgrund der Aktenlage nicht ersichtlich, weshalb die verfügte Verfahrenseinstellung gemäß § 45 Abs.1 Z3 VStG (selbst bei örtlicher Zuständigkeit der belangten Behörde) wie in der Berufung richtig ausgeführt nicht der geltenden Rechtslage entspricht. 

 

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

 

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen  diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichts­hof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 180 Euro zu entrichten.

 

 

 

 

 

Dr. Andrea Panny

 

 

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