Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-162715/2/Zo/Jo

Linz, 22.01.2008

 

E r k e n n t n i s

 

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Mag. Zöbl über die Berufung des Herrn R E, geb. , K, vom 27.11.2007, gegen das Straferkenntnis des Bezirkshauptmannes von Urfahr-Umgebung vom 13.11.2007, Zl. VerkR96-4608-2007, wegen einer Übertretung des KFG zu Recht erkannt:

 

I.                   Der Berufung wird stattgegeben, das angefochtene Straferkenntnis aufgehoben und das Verwaltungsstrafverfahren eingestellt.

 

II.                 Es entfallen sämtliche Verfahrenskostenbeiträge.

 

Rechtsgrundlagen:

zu  I.: § 66 Abs.4 AVG iVm §§ 24, 51 Abs.1 45 Abs.1 Z1 VStG;

zu II.: §§ 64ff VStG.

 

 

 


Entscheidungsgründe:

 

Zu I.:

1. Die Bezirkshauptmannschaft Urfahr-Umgebung hat dem Berufungswerber im angefochtenen Straferkenntnis vorgeworfen, dass er sich als Lenker, obwohl es ihm zumutbar war, vor Antritt der Fahrt nicht davon überzeugt habe, dass das von ihm verwendete Fahrzeug den Vorschriften des Kraftfahrgesetzes entspricht, da festgestellt worden sei, dass die für die verkehrs- und betriebssichere Verwendung des Motorrades maßgebenden Teile nicht den Vorschriften des KFG entsprachen, obwohl Kraftfahrzeuge und Anhänger so gebaut und ausgerüstet sein müssen, dass durch ihren sachgemäßen Betrieb weder Gefahren für den Lenker oder beförderte Personen oder für andere Straßenbenützer noch Beschädigungen der Straße oder schädliche Erschütterungen noch übermäßig Lärm, Rauch, übler Geruch, schädliche Luftverunreinigungen oder vermeidbare Verschmutzungen anderer Straßenbenützer oder ihrer Fahrzeuge entstehen. Es sei festgestellt worden, dass der Seitenständer des Motorrades vor Antritt der Fahrt nicht eingeklappt wurde und er dadurch einen Verkehrsunfall mit Eigenverletzung verursacht habe. Der Vorfall habe sich am 15.08.2007 um 16.35 Uhr auf der B126 bei km 31,345 ereignet, wobei der Berufungswerber das Motorrad mit dem Kennzeichen  gelenkt habe.

 

Der Berufungswerber habe dadurch eine Verwaltungsübertretung nach § 102 Abs.1 iVm § 4 Abs.2 KFG 1967 begangen, weshalb über ihn eine Geldstrafe von 80 Euro (Ersatzfreiheitsstrafe 36 Stunden) gemäß § 134 Abs.1 KFG 1967 verhängt wurde. Weiters wurde er zur Zahlung eines Verfahrenkostenbeitrages in Höhe von 8 Euro verpflichtet. Der Berufungswerber wurde weiters darauf hingewiesen, dass mit Rechtskraft dieses Strafbescheides das Delikt im Führerscheinregister vorgemerkt wird.

 

2. Dagegen hat der Berufungswerber rechtzeitig persönlich eine Berufung beim zuständigen Bearbeiter der Erstinstanz eingebracht, welche wörtlich wie folgt formuliert wurde:

Gegen das Straferkenntnis vom 13.11.2007, VerkR96-4608-2007, erhebe ich nur hinsichtlich des Umstandes, dass dies ein Vormerkdelikt sein soll, Berufung. Dem Grunde nach wird dieses Straferkenntnis nicht bekämpft. Bemerke, dass außer mir niemand verletzt, behindert oder gefährdet worden ist. Bei dem von mir gelenkten Motorrad handelt es sich um ein Modell aus dem Jahr 1977 – erstmals zugelassen 1980. Dieses Motorrad weist daher noch keine Warn- oder Schutzeinrichtung auf, welche auf einen ausgeklappten Seitenständer beim Wegfahren aufmerksam machen würde. Mit der Bitte um wohlwollende Behandlung.

 

3. Der Bezirkshauptmann von Urfahr-Umgebung hat den Verwaltungsakt dem Unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich zur Entscheidung vorgelegt. Eine Berufungsvorentscheidung wurde nicht erlassen. Es ergibt sich daher die Zuständigkeit des Unabhängigen Verwaltungssenates, wobei dieser durch das nach der Geschäftsverteilung zuständige Einzelmitglied zu entscheiden hat (§ 51c VStG).

 

4. Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Verfahrensakt. Bereits aus diesem ergibt sich, dass der Berufung stattzugeben und das Straferkenntnis aufzuheben war, weshalb eine öffentliche mündliche Berufungsverhandlung nicht erforderlich ist.

 

4.1. Folgender Sachverhalt steht fest:

 

Der Berufungswerber lenkte zur Vorfallszeit sein Motorrad vom Grenzübergang Weigetschlag kommend in Richtung Bad Leonfelden. Nach dem Passieren des Grenzüberganges war er stehen geblieben um seinen Personalausweis einzustecken. Dabei hatte er den Seitenständer ausgeklappt. Er vergaß beim Weiterfahren, den Seitenständer wieder einzuklappen, weshalb in der nächsten Linkskurve das Motorrad auf dem Seitenständer ausgehebelt wurde und der Berufungswerber zu Sturz kam. Dabei verletzte er sich selbst, weitere Personen wurden weder behindert noch gefährdet.

 

Beim Motorrad handelt es sich um ein Fahrzeug der Marke Kawasaki Z650, welches am 29.02.1980 erstmals zum Verkehr zugelassen wurde.

 

5. Darüber hat der UVS des Landes Oberösterreich in rechtlicher Hinsicht Folgendes erwogen:

 

5.1. § 30a Abs.1 FSG lautet:

Hat ein Kraftfahrzeuglenker eines der in Abs.2 angeführten Delikte begangen, so ist unabhängig von einer verhängten Verwaltungsstrafe, einer etwaigen Entziehung der Lenkberechtigung oder sonstiger angeordneter Maßnahmen eine Vormerkung im örtlichen Führerscheinregister einzutragen. Die Vormerkung ist auch dann einzutragen, wenn das in Abs.2 genannte Delikt den Tatbestand einer in die Zuständigkeit der Gerichte fallenden strafbaren Handlung verwirklicht. Für die Vornahme der Eintragung ist die Rechtskraft des gerichtlichen oder des Verwaltungsstrafverfahrens abzuwarten. Die Eintragung der Vormerkung ist von der das Verwaltungsstrafverfahren führenden Behörde, im Fall einer gerichtlichen Verurteilung von der Behörde des Hauptwohnsitzes vorzunehmen und gilt ab dem Zeitpunkt der Deliktsetzung. Der Lenker ist über die Eintragung und den sich daraus möglicherweise ergebenden Folgen durch einen Hinweis im erstinstanzlichen Strafbescheid zu informieren.

 

Gemäß § 30a Abs.2 Z12 FSG sind Übertretungen des § 102 Abs.1 KFG 1967 gemäß Abs.1 vorzumerken, wenn ein Fahrzeug gelenkt wird, dessen technischer Zustand oder dessen nicht entsprechend gesicherte Beladung eine Gefährdung der Verkehrssicherheit darstellt, sofern die technischen Mängel oder die nicht entsprechend gesicherte Beladung dem Lenker vor Fahrtantritt auffallen hätte müssen.

 

Gemäß § 13a AVG hat die Behörde Personen, die nicht durch berufsmäßige Parteienvertreter vertreten sind, die zur Vornahme ihrer Verfahrenshandlungen nötigen Anleitungen in der Regel mündlich zu geben und sie über die mit diesen Handlungen oder Unterlassungen unmittelbar verbundenen Rechtsfolgen zu belehren.

 

5.2. Entsprechend dem im § 30a FSG festgelegten System sind Vormerkungen in das Führerscheinregister erst nach Rechtskraft des gerichtlichen oder Verwaltungsstrafverfahrens durchzuführen. Bei den in § 30a Abs.2 aufgezählten Vormerkdelikten ist die Eintragung der Vormerkung in das Führerscheinregister also lediglich eine Folge der rechtskräftigen Bestrafung. Es handelt sich um ein schlichtes behördliches Handeln, welches mit keinen unmittelbaren Sanktionen verbunden ist und worüber auch keine förmliche Entscheidung ergeht. Der Betroffene ist lediglich im Strafbescheid auf diese Eintragung hinzuweisen. Konsequenterweise gibt es daher auch kein Rechtsmittel gegen die Eintragung eines bestimmten Deliktes in das Führerscheinregister. Erst dann, wenn es aufgrund mehrerer Eintragungen ins Führerscheinregister innerhalb von zwei Jahren zu Sanktionen gegen den Betroffenen kommt, müssen diese wiederum mit Bescheid angeordnet werden und dem Betroffenen stehen dann Rechtsmittel zur Verfügung.

 

Dennoch hat der Berufungswerber eine Berufung ausdrücklich nur hinsichtlich des Umstandes eingebracht, dass das ihm vorgeworfene Delikt ein Vormerkdelikt sein soll. Dem Berufungswerber musste die gesetzliche Systematik der Vormerkdelikte bzw. deren Eintragung ins Führerscheinregister nicht bekannt sein. Er hat seine Berufung persönlich beim Bearbeiter der Erstinstanz eingebracht und dieser hätte ihn daher gemäß § 13a AVG darauf hinweisen müssen, dass eine eingeschränkte Berufung dahingehend, dass ein bestimmtes Delikt ein Vormerkdelikt darstelle, rechtlich nicht möglich ist. Nachdem der Bearbeiter der Erstinstanz diese Rechtsbelehrung unterlassen hat, ist der Berufungswerber im Sinne eines effektiven Rechtsschutzes so zu stellen, als ob ihm eine ordnungsgemäße Rechtsbelehrung erteilt worden wäre. Wäre dem Berufungswerber bei seiner persönlichen Vorsprache mitgeteilt worden, dass er die Eintragung der Vormerkung ins Führerscheinregister nur dann bekämpfen kann, wenn er das Straferkenntnis zur Gänze bekämpft, so hätte der Berufungswerber – dem es ja offensichtlich darum geht, die Vormerkung zu bekämpfen – seine Berufung so formuliert, dass damit das Straferkenntnis zur Gänze angefochten wird. Die unterlassene Rechtsbelehrung darf sich im Ergebnis nicht zum Nachteil des Berufungswerbers auswirken, weshalb seine Berufung als eine volle Berufung gegen das gesamte Straferkenntnis behandelt wird.

 

Dieser kommt aus folgenden Gründen auch Berechtigung zu:

 

5.3. Gemäß § 102 Abs.1 1. Satz KFG darf der Kraftfahrzeuglenker ein Kraftfahrzeug erst in Betrieb nehmen, wenn er sich, soweit dies zumutbar ist, davon überzeugt hat, dass das von ihm zu lenkende Kraftfahrzeug und ein mit diesem zu ziehender Anhänger sowie deren Beladung den hiefür in Betracht kommenden Vorschriften entsprechen.

 

Gemäß § 4 Abs.2 1. Satz KFG müssen Kraftfahrzeuge und Anhänger so gebaut und ausgerüstet sein, dass durch ihren sachgemäßen Betrieb weder Gefahren für den Lenker oder beförderte Personen oder für andere Straßenbenützer noch Beschädigungen der Straße oder schädliche Erschütterungen noch übermäßig Lärm, Rauch, übler Geruch, schädliche Luftverunreinigungen oder vermeidbare Beschmutzungen anderer Straßenbenützer oder ihrer Fahrzeuge entstehen.

 

Gemäß § 54a Abs.6 KDV in der nunmehr geltenden Fassung müssen Ständer von zweirädrigen Kraftfahrzeugen den Anforderungen des Anhanges der Richtlinie 93/31/EWG in der Fassung 2000/72/EG entsprechen.

Diese gemeinschaftsrechtlichen Bestimmungen regeln unter anderem, dass Seitenständer von Motorrädern entweder selbständig einklappen müssen oder das Wegfahren mit einem ausgeklappten Seitenständer durch eine technische Vorrichtung verhindert wird.

 

5.4. Die Bestimmung über selbständig einklappbare Seitenständer (bzw. entsprechende Vorrichtungen, welche ein Wegfahren bei ausgeklapptem Seitenständer verhindern) wurde in Österreich erstmals mit der 42. KDV-Novelle festgelegt. Diese ist am 31.12.1986 in Kraft getreten. Dazu führte das BMÖWV aus, dass mit dieser Bestimmung keineswegs der (nachträgliche) Einbau einklappbarer Seitenständer vorgeschrieben wird. Ausgenommen von dieser Regelung sind Fahrzeuge, die vor dem 31.12.1986 genehmigt wurden, solche Fahrzeuge dürfen nach dem 31.12.1986 nicht mehr erstmals zum Verkehr zugelassen werden.

 

Das gegenständliche Motorrad wurde bereits im Jahr 1980 zum Verkehr zugelassen, weshalb es aufgrund der damals geltenden technischen Bestimmungen keinen selbständig einklappenden Seitenständer benötigt. Eine Nachrüstungspflicht ist im Gesetz nicht vorgesehen. Mit anderen Worten: das vom Berufungswerber gelenkte Motorrad weist (zumindest bezüglich des Seitenständers) keinerlei technischen Mangel auf sondern entspricht den kraftfahrrechtlichen Vorschriften. Dem Berufungswerber wurde aber im angefochtenen Straferkenntnis vorgeworfen, dass er ein Kraftfahrzeug verwendet habe, welches eben nicht den kraftfahrrechtlichen Vorschriften entspricht. Dieser Tatvorwurf ist daher unzutreffend. Richtig ist, dass der Berufungswerber vergessen hat, den Seitenständer einzuklappen. Er hat damit einen schweren Fahrfehler begangen, welcher letztlich auch seinen Sturz verursacht hat. Dies ändert aber nichts daran, dass der technische Zustand des Motorrades den gesetzlichen Vorschriften entsprochen hat. Der Berufungswerber hat damit die ihm vorgeworfene Verwaltungsübertretung nicht begangen, weshalb seiner Berufung stattzugeben und das Verwaltungsstrafverfahren einzustellen war.

 

 

Zu II.:

Die Entscheidung über die Kosten stützt sich auf die im Spruch angeführten gesetzlichen Bestimmungen.

 

 

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen  diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 180 Euro zu entrichten.

 

 

 

 

Mag. Gottfried  Z ö b l

 

 

 

 

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