Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-281002/2/Kl/Rd/Sta

Linz, 17.01.2008

 

 

E R K E N N T N I S

 

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Ilse Klempt über die Berufung des Arbeitsinspektorates für Bauarbeiten, W, gegen den Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Perg  vom 10.5.2007, Ge96-26-2006, betreffend den Beschuldigten Herrn Ing. A H, wegen einer Verwaltungsübertretung nach dem ArbeitnehmerInnen­schutzgesetz  zu Recht erkannt:

 

Die Berufung des Arbeitsinspektorates für Bauarbeiten vom 29.5.2007 wird abgewiesen und der angefochtene Bescheid mit der Maßgabe bestätigt, dass anstelle des "§ 45 Abs.1 Z1 erster Fall VStG" "§ 45 Abs.1 Z3 VStG" zu treten hat.

 

Rechtsgrundlagen:

§ 66 Abs.4 AVG iVm §§ 24, 44a, 45 Abs.1 Z3 und 51 VStG.

 

 

Entscheidungsgründe:

 

1. Mit Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Perg vom 10.5.2007, Ge96-26-2006,  wurde von der Fortführung des gegenständlichen Verwaltungsstrafverfahrens gegen Herrn Ing. A H als verwaltungsstrafrechtlich Verantwortlichen der H H- und T mbH wegen Verdachtes einer Übertretung nach § 8 Abs.4 ASchG abgesehen und gemäß § 45 Abs.1 Z1 erster Fall VStG die Einstellung verfügt.

Begründend wurde hiezu im Wesentlichen ausgeführt, dass das durchgeführte Ermittlungsverfahren ergeben habe, dass der vom Arbeitsinspektorat im Strafantrag dargestellte Sachverhalt im Hinblick auf Hergang und Art des Arbeitsunfalles vollkommen im Widerspruch zur Unfallmeldung der AUVA vom 12.1.2006 stehe. Eine Person, - die laut Strafantrag des Arbeitsinspektorates – ca 2,8 Meter abgestürzt sei, habe nicht lediglich eine Zerrung am rechten Knie und könne auch nicht weiterarbeiten. Das Ermittlungsverfahren habe keinen Beweis erbracht, dass die Verletzung des Herrn W tatsächlich von einer unsachgemäßen Abdeckung einer Deckenöffnung herrühre. Die Verletzung des Vorgenannten stehe in keinem ursächlichen Zusammenhang mit den vom Baustellenkoordinator angeordneten Sicherheitsbestimmungen. Nach den vorliegenden Fakten und Beweismitteln sei es jedenfalls nicht als erwiesen anzusehen, dass das Verhalten des Beschuldigten das Tatbild einer Zuwiderhandlung gegen die Vorschriften des § 8 Abs.4 ASchG erfülle. 

 

2. Dagegen wurde fristgerecht Berufung eingebracht, in welcher das Arbeitsinspektorat für Bauarbeiten ausführt, dass eine unzulässige Beweiswürdigung vorgenommen worden sei. Fakt sei, dass am 5.1.2006 ein Arbeitsunfall stattgefunden habe, welcher durch eine nicht ordnungsgemäß abgesicherte Deckenöffnung verursacht worden sei. Unbestritten sei auch, dass das Unternehmen H für diese Sicherungsmaßnahmen verantwortlich gewesen wäre. Die Behauptung, dass irgendwann davor die Sicherung in Ordnung gewesen sei, ändere nichts an dem Umstand, dass zum Unfallzeitpunkt die Gefährdung der Arbeitnehmer bestanden habe. Nach Ansicht des Arbeitsinspektorates für Bauarbeiten reiche die Rechtfertigung nicht aus, dass dies während des Betriebsurlaubes des Unternehmens H stattgefunden habe. Im Wissen, dass über einen längeren Zeitraum keine eigenen Kontrollen stattfinden, hätte für entsprechende Ersatzmaßnahmen gesorgt werden müssen.  Aus den genannten Gründen sei es nach Ansicht des Arbeitsinspektorates für Bauarbeiten dem Beschuldigten nicht gelungen, sein mangelndes Verschulden glaubhaft zu machen. Über den Beschuldigten wäre daher ein Strafausmaß im Sinne des Strafantrages vom 17.5.2006 zu verhängen.    

 

3. Die Bezirkshauptmannschaft Perg als belangte Behörde hat die Berufung samt dem bezughabenden Verwaltungsstrafakt vorgelegt.

Weil im angefochtenen Bescheid keine Geldstrafe verhängt wurde und in der Berufung unrichtige rechtliche Beurteilung behauptet wurde, wird von einer mündlichen Verhandlung abgesehen (§ 51e Abs.3 Z1 und Z3 VStG).

 

4. Aus dem vorgelegten Verfahrensakt ist Nachstehendes ersichtlich:

Vom Arbeitsinspektorat für Bauarbeiten wurde mit Strafantrag vom 17.5.2006 der belangten Behörde gegenständlicher Sachverhalt zur Kenntnis gebracht. Dabei wurde auf den Unfall vom 5.1.2006 als Tattag hingewiesen.

In der Folge wurde von der belangten Behörde mit Aufforderung zur Rechtfertigung vom 13.6.2006 dem Beschuldigten zur Last gelegt, dass er "als verantwortlicher Beauftragter der H H- und T mbH gemäß § 23 Abs.1 ArbIG iVm § 9 VStG zu verantworten hat, dass wie im Zuge einer Unfallerhebung auf der Baustelle  W, O durch ein Organ des Arbeitsinspektorates für Bauarbeiten festgestellt wurde, ein Arbeitnehmer der M A A GmbH & Co in Folge einer unsachgemäß abgedeckten Deckenöffnung verletzt wurde, obwohl nach dem auf der Baustelle aufliegenden Sicherheits- und Gesundheitsschutzplan die Umwehrung oder sachgemäße und sichere Abdeckung von Bodenöffnungen vom 15.7.2005 bis 7.7.2006 durch die H H- und T mbH durchzuführen gewesen wäre".

Von der belangten Behörde wurde das Ermittlungsverfahren weitergeführt. Eine weitere Verfolgungshandlung im Sinn des § 32 VStG wurde nicht gesetzt. Es wurde mit Bescheid vom 10.5.2007 gemäß § 45 Abs.1 Z1 erster Fall  VStG die Einstellung mit der Begründung verfügt, dass der vom Arbeitsinspektorat im Strafantrag dargestellte Sachverhalt im Hinblick auf Hergang und Art des Arbeitsunfalles vollkommen im Widerspruch zur Unfallmeldung der AUVA vom 12.1.2006 stehe. Eine Person, die – laut Strafantrag des Arbeitsinspektorates – ca 2,8 Meter abstürzt, habe nicht lediglich eine Zerrung am rechten Knie und könne auch nicht weiterarbeiten. Das Ermittlungsverfahren habe keinen Beweis erbracht, dass die Verletzung des Herrn W tatsächlich von einer unsachgemäßen Abdeckung einer Deckenöffnung herrühre. Die Verletzung des Vorgenannten stehe in keinem ursächlichen Zusammenhang mit den vom Baustellenkoordinator angeordneten Sicherheitsbestimmungen. Nach den vorliegenden Fakten und Beweismitteln sei es jedenfalls nicht als erwiesen anzusehen, dass das Verhalten des Beschuldigten das Tatbild einer Zuwiderhandlung gegen die Vorschriften des § 8 Abs.4 ASchG erfülle.

 

5. Hierüber hat der Oö. Verwaltungssenat erwogen:

 

5.1. Gemäß § 31 Abs.1 VStG ist die Verfolgung einer Person unzulässig, wenn gegen sie binnen der Verjährungsfrist von der Behörde keine Verfolgungshandlung (§ 32 Abs.2 und 3) vorgenommen worden ist.

 

Gemäß § 31 Abs.2 VStG beträgt die Verjährungsfrist bei den Verwaltungsübertre­tungen der Gefährdung, Verkürzung oder Hinterziehung von Landes- und Gemeindeabgaben ein Jahr, bei allen anderen Verwaltungsübertretungen sechs Monate. Diese Frist ist von dem Zeitpunkt zu berechnen, an dem die strafbare Tätigkeit abgeschlossen worden ist oder das strafbare Verhalten aufgehört hat; ist der zum Tatbestand gehörende Erfolg erst später eingetreten, so läuft die Frist erst von diesem Zeitpunkt.

 

Gemäß § 32 Abs.2 VStG ist Verfolgungshandlung jede von einer Behörde gegen eine bestimmte Person als Beschuldigten gerichtete Amtshandlung (Ladung, Vorführungsbefehl, Vernehmung, Ersuchen um Vernehmung, Auftrag zur Ausforschung, Strafverfügung udgl) und zwar auch dann, wenn die Behörde zu dieser Amtshandlung nicht zuständig war, die Amtshandlung ihr Ziel nicht erreicht oder der Beschuldigte davon keine Kenntnis erlangt hat.

 

Gemäß  § 44a Z1 VStG hat der Spruch eines Straferkenntnisses, wenn er nicht auf Einstellung lautet, die als erwiesen angenommene Tat zu enthalten. Danach ist es rechtlich geboten, die Tat hinsichtlich des Täters und der Tatumstände so genau zu umschreiben, dass

1) die Zuordnung des Tatverhaltens zur Verwaltungsvorschrift, die durch die Tat verletzt worden ist, in Ansehung aller Tatbestandsmerkmale ermöglicht wird und

2) die Identität der Tat (zB nach Ort und Zeit) unverwechselbar feststeht. Was den vorstehenden Punkt 1) anlangt, sind entsprechende, dh, in Beziehung zum vorgeworfenen Straftatbestand stehende wörtliche Anführungen erforderlich, die nicht etwa durch bloße paragraphenmäßige Zitierung von Gebots- oder Verbotsnormen ersetzt werden können. Was den vorstehenden Punkt 2) anlangt (unverwechselbares Festhalten der Identität der Tat) muss im Spruch des Straferkenntnisses dem Beschuldigten die Tat insoweit in konkretisierter Umschreibung zum Vorwurf gemacht werden, dass  er in die Lage versetzt wird, im ordentlichen Verwaltungsstrafverfahren und gegebenenfalls im außerordentlichen Verfahren auf den konkreten Tatvorwurf bezogene Beweise anzubieten, um eben diesen Tatvorwurf zu widerlegen, und es muss ferner der Spruch geeignet sein, den Beschuldigten rechtlich davor zu schützen, wegen desselben Verhaltens nochmals zur Verantwortung gezogen zu werden.

 

 

5.2. Aus dem unter Pkt. 4. erwiesenen Sachverhalt steht fest, dass dem Beschuldigten der konkrete Tattag, und zwar der 5.1.2006, sohin jener Tag, an dem der Arbeitsunfall passierte und die Verwaltungsübertretung begangen worden sein soll, zu keinem Zeitpunkt des Verwaltungsstrafverfahrens, so auch nicht in der Aufforderung zur Rechtfertigung vom 13.6.2006 als einziger Verfolgungshandlung innerhalb der sechsmonatigen Verfolgungsverjährungsfrist zum Vorhalt gemacht wurde. Der Strafantrag des Arbeitsinspektorates für Bauarbeiten, in welchem der Tattag zutreffend angeführt ist, kann bekanntermaßen keine Verfolgungshandlung darstellen (sh hiezu die diesbezügliche Definition der Verfolgungshandlung in § 32 Abs.2 VStG).

 

Es wurde daher dem Konkretisierungsgebot des § 44a Z1 VStG nach der dazu ergangenen Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes (vgl. VwGH verst. Sen. vom 3.10.1985, Slg 11894 A uva) nicht entsprochen. Es ist daher Verfolgungsverjährung eingetreten.   

 

Gemäß § 45 Abs.1 Z3 VStG hat die Behörde von der Einleitung oder Fortführung eines Strafverfahrens abzusehen und die Einstellung zu verfügen, wenn Umstände vorliegen, die die Verfolgung ausschließen.

 

Aufgrund der zwischenzeitig eingetretenen Verfolgungsverjährung war jedenfalls mit der Einstellung des Verwaltungsstrafverfahrens vorzugehen.

 

Eine entsprechende Korrektur des Einstellungstatbestandes war daher durch den Oö. Verwaltungssenat gemäß § 66 Abs.4 AVG vorzunehmen.

 

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen  diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungs­gerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 180 Euro zu entrichten.

 

 

Dr. Klempt

 

 

Beschlagwortung:

Tatkonkretisierung, Tatzeit

 

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