Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-300809/11/BMa/Se

Linz, 26.01.2008

 

E r k e n n t n i s

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Mag. Gerda Bergmayr-Mann über die Berufung des S J, vertreten durch Rechtsanwalt Dr. B W, R, gegen das Straferkenntnis des Bezirkshauptmannes von Gmunden vom 6. November 2007, Pol96-51-2007, wegen Übertretung des Oö. Jugendschutzgesetztes nach Durchführung einer öffentlichen Verhandlung am 19. Dezember 2007 zu Recht erkannt:

 

 

 

      I.      Der Berufung wird Folge gegeben, das angefochtene Straferkenntnis aufgehoben und das Verwaltungsstrafverfahren eingestellt.

 

  II.      Der Berufungswerber hat weder einen Kostenbeitrag zum Strafverfahren vor der belangten Behörde noch einen Beitrag zum Verfahren vor dem Oö. Verwaltungssenat zu leisten.

Rechtsgrundlagen:

zu I.:    § 24 Verwaltungsstrafgesetz 1991 (im Folgenden: VStG), BGBl. Nr. 52/1991, zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 117/2002 iVm § 66 Abs.4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 (im Folgenden: AVG), BGBl. Nr. 51/1991, zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 10/2004; § 45 Abs.1 Z1 VStG

zu II.: § 66 Abs.1 VStG

 

 

Entscheidungsgründe:

 

1.1. Mit dem in der Präambel angeführten Straferkenntnis wurde über den Rechtsmittelwerber (im Folgenden: Bw) eine Geldstrafe von 350 Euro (Ersatzfreiheitsstrafe: 50 Stunden) verhängt, weil er als Besitzer des Lokals "T J" in L, G, zu verantworten habe, dass in der Zeit von 6. April 2007, 23 Uhr, bis 7. April 2007, 3:45 Uhr, im angeführten Lokal an einen Jugendlichen mehr als 5 Halbe abgegeben wurden, obwohl Jugendlichen der übermäßige Konsum alkoholischer Getränke verboten sei und an Jugendliche keine alkoholischen Getränke abgegeben werden dürften, welche diese nicht erwerben und konsumieren dürften.

Dadurch habe er eine Übertretung des § 8 Abs.2 iVm § 12 Abs.1 Z3 Oö. Jugendschutzgesetz 2001 in der geltenden Fassung begangen, weshalb er gemäß

§ 12 Abs.1 Z3 Oö. Jugendschutzgesetz zu bestrafen gewesen sei.

 

1.2. Begründend führt die belangte Behörde im Wesentlichen aus, der Jugendliche S P habe zum vorgeworfenen Tatzeitpunkt das 18. Lebensjahr noch nicht vollendet gehabt und sei am 8. April 2007 um 4:55 Uhr von Beamten der Polizeiinspektion angetroffen worden. Der Jugendliche habe stark nach Alkohol gerochen, habe geschwankt und schwer verständlich gelallt. Gegenüber den Beamten habe er angegeben, im Lokal T J mehr als 5 Halbe Bier konsumiert zu haben. Die Verwaltungsübertretung erscheine der Behörde aufgrund der Anzeige und der zeugenschaftlichen Aussage des Jugendlichen als erwiesen.

 

1.3. Gegen dieses am 12. November 2007 durch Hinterlegung zugestellte Straferkenntnis richtet sich die vorliegende am 23. November 2007 – und damit rechtzeitig – zur Post gegebene Berufung vom selben Tag.

 

1.4. Darin führt der Rechtsmittelwerber im Wesentlichen aus, die Zeugenaussage des Jugendlichen S P sei ihm nicht im Rahmen des Parteiengehörs zur Kenntnis gebracht worden. Der Jugendliche sei zum Tatzeitpunkt 17,5 Jahre alt gewesen und sei seinen Mitarbeitern und Mitarbeiterinnen als volljährig erschienen.

 

Die Beweiswürdigung und Sachverhaltsfeststellung im bekämpften Bescheid sei unrichtig, ebenso die rechtliche Beurteilung.

Die Strafbarkeit wegen Abgabe von Alkohol könne erst dann eintreten, wenn die Grenze von mäßigem Alkholkonsum zum übermäßigen Alkholkonsum überschritten worden sei. Diese Grenze hänge vom Alkoholgehalt des Getränkes ab.

 

2. Am 19. Dezember 2007 wurde eine mündliche Verhandlung durchgeführt, zu der der Bw in rechtsfreundlicher Vertretung erschienen ist. Als Zeuge wurde S P einvernommen.

 

3. Der Oö. Verwaltungssenat hat erwogen:

 

3.1. Folgender rechtlich relevanter Sachverhalt wird festgestellt:

 

Der zum Tatzeitpunkt siebzehneinhalb jährige und damit jugendliche S P besuchte zwischen 6. April 2007, 23 Uhr, und 7. April 2007, ca. 3:45 Uhr, das Lokal "T J", dessen Betreiber der Bw S J ist. Während seines Aufenthalts im Lokal wurden 5 bis 7 Halbe Bier an den Jugendlichen P abgegeben, die dieser auch konsumierte. Die Getränke wurden von der Kellnerin und einem Kellner serviert. Der Bw war nur zeitweise im Lokal anwesend. Es besteht lediglich eine mündliche Vereinbarung zwischen dem Bw und seiner Kellnerin, dass diese für die Einhaltung der Gesetze im Falle seiner Abwesenheit verantwortlich ist. Um ca. 3:45 Uhr hat P das Lokal verlassen und hat sich zu Fuß auf den Nachhauseweg begeben. Zum Tatzeitpunkt hatte P ein Körpergewicht von ca. 75 kg. Er hat neben der Straße – nach eigenen Angaben - eine Verkehrsleiteinrichtung gefunden, diese aufgehoben und mit sich getragen, um sie abzugeben, als er von Beamten der PI Laakirchen angehalten wurde.

Beim Nachhauseweg war der Jugendliche sehr gut gelaunt. Nach dem Getränkekonsum musste er sich nicht übergeben. Seine Kopfschmerzen am nächsten Tag führte er auf eine für ihn zu kurze Schlafdauer zurück.

 

Es kann nicht festgestellt werden, dass die abgegebenen Bier jeweils einen Alkoholgehalt von 5 Vol.-% hatten.

Der Grad der Alkoholisierung des P kann nicht festgestellt werden.

 

3.2. Beweiswürdigend wird festgehalten, dass sich der Sachverhalt aufgrund der Aktenlage und der Aussagen des Lokalbetreibers und des Zeugen P ergibt. Zugunsten des Bw wird davon ausgegangen, dass dem Zeugen 5 bis 7 Halbe Bier ausgeschenkt wurden und ein Teil dieser abgegebenen Biermenge auch aus Leichtbier bestanden hat. Der Jugendliche konnte nur angeben, "Bier" getrunken zu haben, welches Bier das war, konnte er aber nicht angeben. Der Berufungswerber hingegen gab dazu an, an Wochenenden werde oft nur "Leichtbier" ausgeschenkt, weil dies auch unter die Definition "Bier" fällt.

Der Jugendliche wurde keiner Alkoholkontrolle unterzogen, es wurde weder seine Atemluft auf Alkohol getestet, noch wurde der Alkoholgehalt durch eine Blutabnahme festgestellt.

Die Beschreibung des Zustandes des Jugendlichen anlässlich seiner Anhaltung in der Anzeige der PI Laakirchen vom 8. April 2007, P habe stark nach Alkohol aus dem Mund gerochen, er habe beim Stehen stark geschwankt und schwer verständlich gelallt, deckt sich in der geschilderten Intensität nicht mit den zeugenschaftlichen Angaben des Jugendlichen in der mündlichen Verhandlung zur Angabe der Nachwirkungen seines Alkoholkonsums.

 

Bei Berechnung des Alkoholgehalts zum Zeitpunkt der Anhaltung des Jugendlichen nach der "Widmark" - Formel ergeben sich für die angegebene Maximalmenge an konsumiertem Bier nachfolgende Konstellationen:

 

a.)  7 Halbe Bier zu 5 Vol.-%  – 140 g Alkohol.

Wird diese Alkholmenge durch das Körpergewicht des Jugendlichen von 75 kg dividiert, multipliziert mal dem Faktor 0,7 (da männlicher Proband), ergibt dies eine Alkoholisierung von ca. 1,3%o. Berücksichtigt man eine Zeitspanne von ca. 5 Stunden, ergibt dies einen stündlichen Alkoholabbau von 0,15%o, insgesamt einen Alkholabbau von 0,75%o. Wird diese Abbauquote vom obigen Rechnungsergebnis in Abzug gebracht, resultiert sohin ein Ergebnis von ca. 0,56%o.

 

b.)  Unter Zugrundelegung derselben Biermenge zu 3,7 Vol.-% (Leichtbier) und der gleichen Annahmen wie bei Berechnung a) (siehe oben), resultiert ein Ergebnis von ca. 0,22%o.

 

Aus diesen unterschiedlichen Ergebnissen geht eindeutig hervor, dass – mangels einer objektivierbaren Messung des Alkoholgehalts der Atemluft oder des Blutes des Jugendlichen – im konkreten Fall nicht festgestellt werden konnte, dass vom Jugendlichen übermäßig Alkohol konsumiert wurde.

 

3.3. In rechtlicher Hinsicht hat der Oö. Verwaltungssenat erwogen:

 

Gemäß § 1 Abs.2 Oö. JSchG 2001 sind die Bestimmungen dieses Landesgesetzes, soweit durch Bestimmungen dieses Landesgesetzes die Zuständigkeit des Bundes, insbesonderen Angelegenheiten des Glücksspielmonopols, des Gesundheitswesens, des Sprengmittelwesens oder des Gewerbes berührt wird, so auszulegen, dass sich keine über die Zuständigkeit des Landes hinausgehende rechtliche Wirkung ergibt.

 

Im Bericht des Ausschusses für allgemeine innere Angelegenheiten betreffend das  Landesgesetz über den Schutz der Jugend, AB1142/2001 GP XXV, wird dazu ausgeführt, dass Abs.2 des § 1 klarstellt, dass dieses Landesgesetz keine Regelungen enthält, die in die Gesetzgebungszuständigkeit des Bundes fallen. Die für die Abgrenzung der Kompetenzbereiche maßgebliche Auslegungsregel gewährleistet vor allem eine verfassungskonforme Interpretation.

 

Dem Grundsatz der verfassungskonformen Interpretation ist insbesondere im Verhältnis zur Gewerbeordnung 1994 Rechnung zu tragen. So ist etwa gemäß § 151 Abs.1 der Gewerbeordnung 1994 der Ausschank alkoholischer Getränke an Jugendliche durch Gastgewerbetreibende verboten, wenn diesen Jugendlichen nach den landesgesetzlichen Jugendschutzbestimmungen der Genuss von Alkohol verboten ist.

Aufgrund der Tatsache, dass eine bestimmte Regelung immer nur einem Kompetenztatbestand angehören kann und daher "die Zuordnung zu einer bestimmt umschriebenen Angelegenheit zu dem einen Kompetenztatbestand die gleichzeitige Zuordnung zu einem anderen Kompetenztatbestand ausschließt" (vgl. VfSlg. 4770/1972), kann daher auch das in § 8 normierte Verkaufsverbot – soweit es nach der gegebenen Kompetenzverteilung verfassungskonform von der Gewerbeordnung geregelt ist – nicht vom Anwendungsbereich dieses Landesgesetzes umfasst sein.

 

Zusammenfassend wurde in dem vorzitierten Ausschussbericht festgehalten, dass aufgrund der salvatorischen Klausel ein Sachverhalt, der auch einen Tatbestand nach den Bestimmungen dieses Landesgesetzes erfüllt, jedenfalls dann nicht in den Anwendungsbereich dieses Landesgesetztes fällt, insofern dieser gleichzeitig kompetenzmäßig in den Zuständigkeitsbereich des Bundes fällt.

 

Im Spruch wurde der Bw lediglich nach dem Oö. JSchG zur Verantwortung gezogen, eine Korrektur der gesetzlichen Grundlagen könnte aber im konkreten Fall, weil sich aus dem Spruch die Tat eindeutig ergibt, vom Oö. Verwaltungssenat vorgenommen werden.

 

Der im Spruch dargestellte Alkoholausschank an Jugendliche ist nach den gewerberechtlichen Bestimmungen des § 367 Z35 Gewerbeordnung 1994 iVm § 114 Abs.1 Gewerbeordnung 1994 zu ahnden.

 

Nach § 367 Z 35 GewO 1994 begeht eine Verwaltungsübertretung, die mit Geldstrafe bis zu 2180 Euro zu bestrafen ist, wer entgegen den Bestimmungen des § 112 Abs.5 oder des § 114 Alkohol ausschenkt.

 

Zufolge § 114 Abs. 1 GewO 1994 dürfen Gewerbetreibende, die alkoholische Getränke ausschenken, weder selbst noch durch die im Betrieb beschäftigten Personen alkoholische Getränke an Jugendliche ausschenken oder ausschenken lassen, wenn diesen Jugendlichen nach den landesrechtlichen Jugendschutzbestimmungen der Genuss von Alkohol verboten ist. In diesen Fällen haben die Gewerbetreibenden an einer geeigneten Stelle der Betriebsräume einen Anschlag anzubringen, auf dem deutlich auf dieses Verbot hingewiesen wird.

 

Gemäß § 8 Abs.2 des Landesgesetzes über den Schutz der Jugend (Oö. Jugendschutzgesetz 2001 – Oö. JschG 2001), LGBl. Nr. 93/2001 idF LGBl. Nr. 90/2005, dürfen an Jugendliche keine alkoholischen Getränke oder Tabakwaren abgegeben werden, welche sie im Sinn des Abs.1 nicht erwerben und konsumieren dürfen.

Jugendlichen ab dem vollendeten 16. Lebensjahr ist der übermäßige Alkholkonsum sowie der Erwerb und der Konsum von gebrannten alkoholischen Getränken, auch in Form von Mischgetränken, verboten (§ 8 Abs.1 leg.cit.).

 

Ein Verstoß gegen das Verbot des § 8 Abs.2 leg.cit. ist in § 12 Abs.1 leg.cit. unter Strafe gestellt.

Damit ergibt sich auch eine Strafbarkeit gemäß der Gewerbeordnung.

Demnach ist als wesentliches Tatbestandselement der Strafbarkeit zu prüfen, ob dem siebzehneinhalb jährigen Jugendlichen Alkohol zum übermäßigen Alkoholkonsum abgegeben worden war.

Wie aus den Feststellungen ersichtlich, konnte weder der Grad der Alkoholisierung des Jugendlichen noch die abgegebene Alkoholmenge bestimmt werden.

Das angefochtene Straferkenntnis war entsprechend dem Berufungsvorbringen im Zweifel zugunsten des Beschuldigten aufzuheben und das Verwaltungs-strafverfahren einzustellen.

 

4. Gemäß § 66 Abs.1 VStG entfällt die Verpflichtung zur Leistung von Beiträgen zu den Kosten des Strafverfahrens.

 

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 180 Euro zu entrichten.

Mag. Bergmayr-Mann

 

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