Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-420236/18/Gf/Km VwSen420240/15/Gf/Km

Linz, 25.09.1998

VwSen-420236/18/Gf/Km

VwSen-420240/15/Gf/Km Linz, am 25. September 1998 DVR.0690392

B e s c h l u s s

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Grof aus Anlaß der Beschwerde des Mag. G G, vertreten durch RA Mag. H T, wegen Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt durch Organe der Bundespolizeidirektion Linz am 5. Juni 1998 und am 28. Juli nach Durchführung einer öffentlichen Verhandlung am 24. September 1998 beschlossen:

I. Die Beschwerden werden jeweils mangels eines tauglichen Anfechtungsgegen- standes als unzulässig zurückgewiesen.

II. Der Beschwerdeführer hat dem Bund (Bundespolizeidirektion Linz) Kosten in Höhe von 10.230 S zu ersetzen.

Rechtsgrundlage: § 67c Abs. 4 AVG; § 79a AVG.

Begründung:

1.1. Mit seinen am 26. Juni 1998 bzw. am 6. August 1998 - und damit jeweils rechtzeitig - unmittelbar beim Oö. Verwaltungssenat eingebrachten Schriftsätzen hat der Rechtsmittelwerber gestützt auf Art. 129a Abs. 1 Z. 2 B-VG i.V.m. § 67a Abs. 2 Z. 1 AVG Beschwerde wegen Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt durch Organe der Bundespolizeidirektion Linz am 5. Juni 1998 bzw. am 28. Juli 1998 erhoben.

Darin bringt der Rechtsmittelwerber im wesentlichen vor, daß ihm am 5. Juni 1998 gegen 1.00 Uhr auf dem Parkplatz vor seiner Wohnung nach einer entsprechenden Aufforderung, den Führerschein vorzuweisen, dieser ohne Vorwarnung von einem Sicherheitsorgan entrissen worden sei. Trotz mehrmaliger Urgenz seinerseits sei ihm dieser in der Folge nicht wieder ausgehändigt worden. Auch die Dienstausweise bzw. die Dienstnummern der einschreitenden Organe seien ihm nicht gezeigt bzw. bekanntgegeben worden, obwohl der Beschwerdeführer mehrmals darum ersucht habe. In der Folge habe er sich in seine Wohnung begeben. Nach etwa 15 Minuten hätten Sicherheitsorgane geläutet und ihn über die Haussprechanlage zur Durchführung eines Atemalkoholtestes aufgefordert; die Mitwirkung an der Durchführung einer derartigen Untersuchung habe er jedoch unter Hinweis auf die Einschlafstörungen seines erst 10 Monate alten Sohnes abgelehnt. Sein Führerschein sei ihm erst wieder am nächsten Morgen am Polizeiwachzimmer ausgehändigt worden.

Mit dem ihm am 22. Juli 1998 zugestellten, auf § 57 AVG gestützten Bescheid der Bundespolizeidirektion Linz vom 19. Juni 1998 sei ihm seine Lenkerberechtigung für die Klassen A und B für einen Zeitraum von sieben Monaten entzogen worden, wogegen er rechtzeitig Vorstellung erhoben habe.

Am 28. Juli 1998 habe der Beschwerdeführer gegen 7.45 Uhr zur Arbeit fahren wollen, als er im Zuge einer Verkehrskontrolle aufgefordert worden sei, den Führerschein auszufolgen. Als er dies in der Meinung, daß seine Vorstellung die Wirksamkeit des Entzugsbescheides hindere, verweigerte, sei ihm dessen zwangsweise Abnahme sowie seine Inhaftierung angedroht worden, weshalb er den Führerschein schließlich herausgegeben habe.

Da sich der Beschwerdeführer durch die dargestellte Vorgangsweise der Sicherheitsorgane in näher bezeichneten verfassungsgesetzlich und einfachgesetzlich gewährleisteten Rechten verletzt erachtet, wird die kostenpflichtige Feststellung der Rechtswidrigkeit dieser Maßnahmen begehrt.

2. Die belangte Behörde hat die bezughabenden Verwaltungsakten vorgelegt und jeweils eine Gegenschrift erstattet, mit der die kostenpflichtige Abweisung der Maßnahmenbeschwerde beantragt wird.

3.1. Der Oö. Verwaltungssenat hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in die Verwaltungsakten der Bundespolizeidirektion Linz zu Zl. P-0143 sowie im Wege der Durchführung einer öffentlichen Verhandlung am 24. September 1998, zu der als Parteien der Beschwerdeführer und dessen Vertreter Mag. H T sowie Mag. E H und Mag. A N als Vertreter der belangten Behörde und die Zeugen BI M, RI F und RI R erschienen sind.

3.2. Im Zuge dieser Beweisaufnahme wurde folgender entscheidungswesentlicher Sachverhalt festgestellt:

Am 5. Juni 1998 ist der Beschwerdeführer gegen 1.00 Uhr vor seinem Wohnhaus in der F in L von einem Sicherheitswacheorgan in Zivilkleidung dazu aufgefordert worden, seinen Führerschein oder einen anderen Ausweis vorzuweisen, damit seine Identität festgestellt werden kann. Dies deshalb, weil der Beschwerdeführer zuvor durch seine unsichere Fahrweise aufgefallen war. Da die einschreitenden Organe beim Rechtsmittelwerber Alkoholgeruch aus dem Mund und gerötete Augenbindehäute wahrnehmen konnten, sollte dieser zur Ablegung eines Atemalkoholtestes aufgefordert werden. Der Beschwerdeführer hatte sich zwischenzeitlich jedoch bereits in seine Wohnung begeben, weshalb die Fortsetzung der Amtshandlung zwei aus dem Wachzimmer S angeforderten Sicherheitswachebeamten anvertraut wurde, da die Zivilstreife inzwischen zu einem anderen Einsatz beordert worden war. Die zweite Zeugin forderte daher den Beschwerdeführer über die Haussprechanlage zur Ablegung des Atemalkoholtestes und zur Rücknahme des Führerscheines auf; beides wurde von ihm jedoch verweigert.

Am 28. Juli 1998 wurde der Beschwerdeführer routinemäßig zu einer Verkehrskontrolle angehalten. In deren Zuge stellte sich heraus, daß gegen ihn ein vollstreckbarer Entzugsbescheid hinsichtlich seiner Lenkerberechtigung bestand. Er wurde daher aufgefordert, seinen Führerschein herauszugeben, was der Beschwerdeführer schließlich auch tat, um keine weitere Unannehmlichkeiten zu haben.

Diese Sachverhaltsfeststellungen gründen sich auf die diesbezüglich im wesentlichen übereinstimmenden Aussagen des Beschwerdeführers und der einvernommenen Zeugen.

3.3. Die Aussagen widersprechen sich hingegen insoweit, als der Beschwerdeführer behauptet, daß ihm am 5. Juni 1998 der Führerschein vom Sicherheitswachebeamten entrissen worden sei, als er diesen - seinen Arm am Autodach abstützend - mit der Hand in das Licht der Straßenlaterne hielt, während der Sicherheitswachebeamte angab, daß der Rechtsmittelwerber den Führerschein unter Beschimpfung der Beamten auf das Autodach geworfen hätte; sowie insoweit, als der Beschwerdeführer vorbringt, daß ihm am 28. Juli 1998 die zwangsweise Verbringung auf die Bundespolizeidirektion angedroht worden sei, während der Sicherheitswachebeamte aussagte, daß Zwangsmaßnahmen nur für den Fall der Weiterfahrt ohne Führerschein - und auch in diesem Zusammenhang nur abstrakt - erörtert worden seien.

3.3.1. Dafür, daß die Zivilstreife dem Beschwerdeführer am 5. Juni 1998 grundlos nachfuhr, ergaben sich im Zuge des Ermittlungsverfahrens keine Anhaltspunkte. Daß es vielmehr dessen unsichere Fahrweise war, die schließlich zu einer Lenkerkontrolle führte, erscheint demgegenüber ebenso überzeugend wie der - von ihm gar nicht bestrittene - Umstand, daß er dabei unter Alkoholeinfluß stand (ob die Alkoholisierung einen die Fahrtüchtigkeit ausschließenden Grad erreicht hatte, war im gegenständlichen Verfahren nicht zu prüfen). Denn der Beschwerdeführer hat selbst ausgesagt, an diesem Abend drei Seidel Bier - davon eines unmittelbar vor Fahrtantritt - getrunken zu haben. Unter Zugrundelegung der allgemeinen Lebenserfahrung erweist sich damit aber sein renitentes Verhalten, nämlich die Beschimpfung der Beamten und das Werfen des Führerscheines auf das Autodach, wesentlich plausibler als der Umstand, daß ihm der Führerschein aus der Hand gerissen worden sein soll. Hiefür hätte nämlich dann, wenn sich der Vorfall tatsächlich so, wie ihn der Beschwerdeführer geschildert hat, abgespielt hätte, überhaupt kein Grund bestanden. Denn wenn sich der Rechtsmittelwerber völlig korrekt und ruhig verhalten hätte, wäre es in der Tat für die Beamten kein Problem gewesen, dem unter das Licht der Laterne gehaltenen Führerschein die erforderlichen Identitätsdaten zu entnehmen, ohne daß sie deswegen in den faktischen Besitz des Dokumentes gelangen mußten.

Aus allen diesen Gründen geht der Oö. Verwaltungssenat daher davon aus, daß dem Beschwerdeführer der Führerschein am 5. Juni 1998 nicht gewaltsam abgenommen (entrissen) wurde.

3.3.2. Gleiches gilt auch für die Herausgabe des Führerscheines am 28. Juli 1998. Denn einerlei, ob allfällige Zwangsmaßnahmen in diesem Zusammenhang als Folge der Nichtherausgabe des Führerscheines oder des Weiterfahrens ohne diesen erörtert wurden, hat nicht nur der im Zuge der öffentlichen Verhandlung einvernommene dritte Zeuge, sondern auch der Beschwerdeführer selbst keinen Zweifel daran gelassen, daß er lediglich über die abstrakte Möglichkeit solcher Maßnahmen informiert wurde; hingegen ergab sich kein Anhaltspunkt dafür, daß deren Umsetzung tatsächlich angedroht wurde oder gar unmittelbar bevorstand.

Daher geht der Oö. Verwaltungssenat davon aus, daß der Beschwerdeführer auch am 28. Juli 1998 seinen Führerschein im Ergebnis freiwillig - wenn auch aus dem Motiv heraus, keine weiteren Unannehmlichkeiten haben zu wollen - herausgegeben hat.

4. In rechtlicher Hinsicht hat der Oö. Verwaltungssenat über die vorliegende Beschwerde erwogen:

4.1. Gemäß Art. 129a Abs. 1 Z. 2 B-VG i.V.m. § 67a Abs. 1 Z. 2 AVG erkennen die unabhängigen Verwaltungssenate über Beschwerden von Personen, die behaupten, durch die Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt in ihren Rechten verletzt worden zu sein.

Voraussetzung für die prozessuale Zulässigkeit eines derartigen Rechtsbehelfes ist demnach, daß gegen den Beschwerdeführer physischer Zwang ausgeübt wurde oder die unmittelbare Ausübung physischen Zwanges bei Nichtbefolgung eines Befehles droht (vgl. die Nachweise bei R. Walter - H. Mayer, Grundriß des österreichischen Bundesverfassungsrechts, 8. Auflage, Wien 1996, RN 610).

4.2. Im gegenständlichen Fall steht jedoch aufgrund der zuvor in Pkt. 3. dargestellten Beweisaufnahme fest, daß gegen den Beschwerdeführer weder am 5. Juni 1998 noch am 28. Juli 1998 ein derartiger Akt verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt gesetzt wurde, weil die Anwendung oder Androhung physischen Zwanges gegen den Beschwerdeführer nicht erwiesen werden konnte, sodaß die Herausgabe des Führerscheines in beiden Fällen im Ergebnis freiwillig erfolgte.

Welche Motive den Beschwerdeführer dabei jeweils bewogen haben, einen derartigen Zwangsakt hintanzuhalten bzw. gar nicht entstehen zu lassen, sind in diesem Zusammenhang hingegen unmaßgeblich.

4.3. Die vorliegenden Beschwerden waren daher gemäß § 67c Abs. 4 AVG mangels eines tauglichen Anfechtungsgegenstandes als unzulässig zurückzuweisen. Damit erübrigte es sich aber auch, auf die vom Beschwerdeführer in der öffentlichen Verhandlung vorgebrachte Anregung auf Anfechtung des § 14 Abs.1 letzter Halbsatz des Führerscheingesetzes wegen Verfassungswidrigkeit einzugehen.

5. Bei diesem Verfahrensergebnis waren der belangten Behörde als obsiegender Partei gemäß § 79a Abs. 3 AVG i.V.m. § 1 Z. 3 bis 5 Aufwandersatzverordnung UVS, BGBl. 855/1995, Kosten in Höhe von insgesamt 10.230 S (doppelter Schriftsatz- und Verhandlungsaufwand; Verhandlungsaufwand der aus prozeßökonomischen Gründen insoweit zu einem einheitlichen Verfahren verbundenen Beschwerden jedoch nur einfach) zuzusprechen. Rechtsmittelbelehrung: Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis: Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muß - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein.

Dr. G r o f

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