Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-222151/3/Kl/Sta

Linz, 06.02.2008

 

 

E R K E N N T N I S

 

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Ilse Klempt über die Berufung des M S, D, vertreten durch Rechtsanwälte Dr. A H, Dr. G H, F,  V, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Vöcklabruck vom 31. Juli 2007, Ge96-2473-2007, wegen einer  Verwaltungsübertretung nach der Gewerbeordnung 1994 (GewO 1994), zu Recht erkannt:

 

 

I.    Der Berufung wird Folge gegeben, das angefochtene Straferkenntnis aufgehoben und das Verwaltungsstrafverfahren eingestellt.

 

II.   Es entfallen jegliche Verfahrenskostenbeiträge.

 

 

Rechtsgrundlagen:

zu  I.: § 66 Abs.4 AVG iVm §§ 24, 44a, 45 Abs.1 Z3 und 51 VStG.

zu II.: § 66 Abs.1  VStG.

 

 

 

Entscheidungsgründe:

 

1. Mit Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Vöcklabruck  vom 31. Juli 2007, Ge96-2473-2007, wurde über den Berufungswerber eine Geldstrafe von 500  Euro, Ersatzfreiheitsstrafe von 48 Stunden, wegen einer Verwaltungsübertretung nach
§ 366 Abs.1 Z2 zweiter Fall iVm §§ 77 Abs.1 und 74 Abs.2 GewO 1994 verhängt, weil er zumindest seit 20.3.2007 in  S, H, Gemeinde R, Gst. Nr. , KG. R, eine genehmigungspflichtige gewerbliche Betriebsanlage, nämlich eine Maschinenhalle in einer ehemaligen Reithalle, betreibt, ohne im Besitz der dafür erforderlichen Betriebsanlagengenehmigung zu sein.

 

2. Dagegen wurde fristgerecht mündlich Berufung erhoben und diese damit begründet, dass am 7. und 9.3.2007 keine Reparaturarbeiten durchgeführt worden seien. Am 22.3.2007 habe er einen Mähdrescher verkauft und sei dieser abgeholt worden. Es handle sich um eine Hallenräumung. Eine gewerbliche Tätigkeit sei nicht ausgeübt worden. Der Berufungswerber habe seit März 2007 eine Landwirtschaft mit ca. 4 ha Grund. Es sei möglich, dass er im Zuge der Landwirtschaft in der Halle gewesen sei. Er habe insgesamt 7 Mähdrescher gehabt, drei seien verkauft worden, vier seien noch in seinem Besitz. Gedroschen wird nur im landwirtschaftlichen Bereich. Das Gewerbe "Lohndrusch" übe er von seinem Wohnort aus, die Halle in S werde nur noch für landwirtschaftliche Zwecke genutzt.

In einer weiteren Berufungsergänzung wird inhaltliche Rechtswidrigkeit und werden Verfahrensmängel geltend gemacht. Es gebe keinerlei Beweisergebnisse für die Ausübung eines Gewerbes. Es werde nicht zwischen landwirtschaftlicher Tätigkeit, zulässiger landwirtschaftlicher Nebenerwerbstätigkeit und gewerblicher Tätigkeit unterschieden. Allein das Abstellen und Einstellen von Kraftfahrzeugen unterliegt gemäß § 4 GewO nicht dem Geltungsbereich der GewO. Auch die Reparaturarbeiten unterliegen nicht der GewO, wenn sie solche an landwirtschaftlichen Maschinen sind. Es wurde daher die Aufhebung und Einstellung des Verfahrens beantragt.

 

3. Die Bezirkshauptmannschaft Vöcklabruck als belangte Behörde hat die Berufung samt dem bezughabenden Verwaltungsstrafakt vorgelegt.

 

Weil bereits auf Grund der Aktenlage feststeht, dass der mit Berufung angefochtene Bescheid aufzuheben ist, entfällt eine mündliche Verhandlung gemäß § 51e Abs.2 Z1 VStG.

 

4. Hierüber hat der Oö. Verwaltungssenat erwogen:

 

4.1. Gemäß § 366 Abs.1 Z2 GewO 1994 begeht eine Verwaltungsübertretung, die mit Geldstrafe bis zu 3.600 Euro zu bestrafen ist, wer eine genehmigungspflichtige Betriebsanlage (§ 74) ohne die erforderliche Genehmigung errichtet oder betreibt.

Gemäß § 74 Abs.1 GewO ist unter einer gewerblichen Betriebsanlage jede örtlich gebundene Einrichtung zu verstehen, die der Entfaltung einer gewerblichen Tätigkeit regelmäßig zu dienen bestimmt ist.

Gemäß § 74 Abs.2 GewO dürfen gewerbliche Betriebsanlagen nur mit Genehmigung der Behörde errichtet oder betrieben werden, wenn sie wegen der Verwendung von Maschinen und Geräten, wegen ihrer Betriebsweise, wegen ihrer Ausstattung oder sonst geeignet sind, die in Z1 bis 5 näher umschriebenen Interessen zu verletzen.

 

4.2. Gemäß § 44a Z1 VStG hat der Spruch eines Straferkenntnisses, wenn er nicht auf Einstellung lautet, die als erwiesen angenommene Tat zu enthalten. Danach ist es rechtlich geboten, die Tat hinsichtlich des Täters und der Tatumstände so genau zu umschreiben, dass

1) die Zuordnung des Tatverhaltens zur Verwaltungsvorschrift, die durch die Tat verletzt worden ist, in Ansehung aller Tatbestandsmerkmale ermöglicht wird und

2) die Identität der Tat (zB nach Ort und Zeit) unverwechselbar feststeht. Was den vorstehenden Punkt 1) anlangt, sind entsprechende, dh, in Beziehung zum vorgeworfenen Straftatbestand stehende wörtliche Anführungen erforderlich, die nicht etwa durch bloße paragraphenmäßige Zitierung von Gebots- oder Verbotsnormen ersetzt werden können. Was den vorstehenden Punkt 2) anlangt (unverwechselbares Festhalten der Identität der Tat) muss im Spruch des Straferkenntnisses dem Beschuldigten die Tat insoweit in konkretisierter Umschreibung zum Vorwurf gemacht werden, dass  er in die Lage versetzt wird, im ordentlichen Verwaltungsstrafverfahren und gegebenenfalls im außerordentlichen Verfahren auf den konkreten Tatvorwurf bezogene Beweise anzubieten, um eben diesen Tatvorwurf zu widerlegen, und es muss ferner der Spruch geeignet sein, den Beschuldigten rechtlich davor zu schützen, wegen desselben Verhaltens nochmals zur Verantwortung gezogen zu werden.

 

Gemäß  § 31 Abs.1 und 2 VStG ist die Verfolgung einer Person unzulässig, wenn gegen sie binnen der Verjährungsfrist von sechs Monaten von der Behörde keine Verfolgungshandlung vorgenommen worden ist. Verfolgungshandlung iSd § 32 Abs.2 VStG ist jede von einer Behörde gegen eine bestimmte Person als Beschuldigten gerichtete Amtshandlung.

 

Es muss  daher die Tat unter Anführung aller wesentlicher Tatbestandsmerkmale dem Beschuldigten innerhalb der Verfolgungsverjährungsfrist vorgeworfen werden. Eine Umschreibung der Tatbestandsmerkmale lediglich in der Bescheidbegründung reicht im Bereich des Verwaltungsstrafrechtes nicht aus.

 

Diesen  Anforderungen  wird aus nachstehenden  Gründen  nicht entsprochen:

 

Die belangte Behörde wirft dem Berufungswerber sowohl in der Aufforderung zur Rechtfertigung vom 25. Mai 2007 (als erster Verfolgungshandlung) sowie im angefochtenen Straferkenntnis vor, "zumindest seit 20.3.2007 in S auf einem näher bezeichneten Grundstück eine genehmigungspflichtige gewerbliche Betriebsanlage, nämlich eine Maschinenhalle in einer ehemaligen Reithalle zu betreiben, ohne im Besitz der dafür erforderlichen Betriebsanlagengenehmigung zu sein." Eine weitere Verfolgungshandlung wurde nicht gesetzt.

 

Nach der ständigen Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes (VwGH vom 24.11.1992, 90/04/0310) sind in Beziehung zur vorgeworfenen Straftat stehende wörtliche Ausführungen erforderlich, die nicht etwa durch die bloße paragrafenmäßige Zitierung von Gebots- oder Verbotsnormen ersetzt werden können. Diesen Anforderungen kommt der Spruch des angefochtenen Bescheides insofern nicht nach, als ein Schuldspruch nach § 366 Abs.1 Z3 GewO 1993 (nunmehr § 366 Abs.1 Z2 GewO 1994) um das Erfordernis des § 44a Z1 VStG zu erfüllen, auch jene Tatumstände enthalten muss, die eine Beurteilung dahin zulassen, ob die vorliegende Betriebsanlage die im § 74 Abs.2 genannten Interessen zu beeinträchtigen geeignet und daher genehmigungspflichtig ist.

Auch im angefochtenen Straferkenntnis lässt der Spruch eine konkrete Anführung der Interessen, die durch die Betriebsanlage beeinträchtigt werden können, vermissen.

Weiters ist nach der ständigen Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes (zB VwGH vom 25.6.1991, 90/04/0216) "mit dem Tatvorwurf, im angeführten Standort einen Gastgewerbebetrieb in der Betriebsart Bar betrieben zu haben, trotz der Beifügung, es handle sich um eine genehmigungspflichtige Betriebsanlage, jenes Tatverhalten, mit welchem der Beschwerdeführer den Gastgewerbebetrieb in der Betriebsart Bar in einer die Genehmigungspflicht der Betriebsanlage begründeten Weise ausgeübt habe, nicht dargestellt".  Es ist daher auch erforderlich, das "Betreiben" durch eine nähere Tatumschreibung im Spruch anzuführen.

Schließlich gehört nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes (VwGH vom 28.6.1988, 88/04/0047 und VwGH vom 2.10.1989, 88/04/0001) zu den Elementen der entsprechenden spruchgemäßen Bezeichnung der als erwiesenen angenommenen Tat gemäß § 44a Z1 VStG hinsichtlich des Tatbestandes der Verwaltungsübertretung des § 366 Abs.1 Z2 GewO die Anführung, in welcher "örtlich gebundenen Einrichtung" welche gewerbliche Tätigkeit ausgeübt wird. Es ist im Sinn des § 44a Z1 VStG erforderlich, im Spruch des Bescheides anzuführen, hinsichtlich welcher – konkreten – gewerblichen Tätigkeit von der Annahme des Vorliegens des Tatbestandsmerkmales einer Betriebsanlage ausgegangen wird. Auch im Hinblick auf diese Judikatur lässt das angefochtene Straferkenntnis jene Umstände vermissen, aus denen geschlossen werden kann, dass eine gewerbliche Tätigkeit und welche gewerbliche Tätigkeit in der "örtlich gebundenen Einrichtung" ausgeübt wird. Allein aus einer Maschinenhalle kann noch nicht auf eine gewerbliche Tätigkeit geschlossen werden. Es kann daher aus dieser Bezeichnung allein nicht auf das Vorliegen des Tatbestandsmerkmales einer Betriebsanlage geschlossen werden.

 

4.3. Da innerhalb der 6-monatigen Verfolgungsverjährungsfrist eine den Judikaturanforderungen entsprechende Verfolgungshandlung nicht gesetzt wurde, ist Verfolgungsverjährung eingetreten.

 

Gemäß § 45 Abs.1 Z3 VStG hat die Behörde von der Einleitung oder Fortführung eines Strafverfahrens abzusehen und die Einstellung zu verfügen, wenn Umstände vorliegen, die die Verfolgung ausschließen.

 

Es war daher gemäß § 45 Abs.1 Z3 VStG wegen eingetretener Verfolgungsverjährung das Straferkenntnis aufzuheben und das Verwaltungsstraf­verfahren einzustellen.

 

5. Weil die Berufung Erfolg hatte, entfallen jegliche Verfahrenskostenbeiträge gemäß § 66 Abs.1 VStG.

 

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen  diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungs­gerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 180 Euro zu entrichten.

 

 

Dr. Klempt

 

 

Beschlagwortung:

Tatumschreibung, Genehmigungspflicht, gewerbliche Betriebsanlage

 

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