Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-162777/8/Br/Ps

Linz, 31.01.2008

 

E r k e n n t n i s

 

 

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich erkennt durch sein Mitglied Dr. Bleier über die Berufung des Herrn H J G, L, A, vertreten durch Herrn Rechtsanwalt Dr. B H, U, I, gegen das Straferkenntnis der Bundespolizeidirektion Linz vom 19. November 2007, Zl. S-1867/07-3, wegen Übertretungen nach dem KFG 1967, nach der am 30.1.2008 durchgeführten öffentlichen mündlichen Verhandlung, zu Recht:

 

 

I.     Das angefochtene Straferkenntnis wird in den Schuldsprüchen als unbegründet abgewiesen; in den Strafaussprüchen wird der Berufung mit der Maßgabe Folge gegeben, dass die Geldstrafen wie folgt ermäßigt werden:

·         1a) bis 1c) sowie 3a), 3e) u. 3f)       je   50,--     Euro

·         2a) bis 2d)                                          je 120,--     Euro

·         3b) bis 3g)                                          je 100,--     Euro

Gesamtgeldstrafe:                                                  1.380,--     Euro

Die Ersatzfreiheitsstrafen werden ad 1 u. 3a) bis 3f) je 24, 2ff) je 66 u. 3ff) je 60 Stunden ermäßigt (gesamt: 696 Stunden).

 

I.            Die erstinstanzlichen Verfahrenskosten ermäßigen sich dem zur Folge auf gesamt 138,-- Euro.

Für das Berufungsverfahren entfallen sämtliche Verfahrenskostenbeiträge.

 

 

Rechtsgrundlagen:

zu I: §§ 19, Abs.1 u. 2, 24, 51 und 51e Abs.1 Z1 Verwaltungsstrafgesetz 1991 – VStG iVm § 66 Abs.4 Allgemeines Verwal­tungsverfahrens­gesetz 1991 – AVG.

zu II: § 65 VStG.

 

 

Entscheidungsgründe:

 

1. Die Bundespolizeidirektion Linz verhängte mit dem o.a. Straferkenntnis über den Berufungswerber insgesamt 14 Geldstrafen von insgesamt 2.634 Euro und für den Fall der Uneinbringlichkeit 20 Tage u. 300 Stunden Ersatzfreiheitsstrafe, wobei ihm folgendes Verhalten zur Last gelegt wurde:

"Sie haben, wie am 13.10.2006 um  15.45 Uhr, in  Linz, A 7, km 2,6, FR Süd

anlässlich einer Lenker- und Fahrzeugkontrolle des LKW, Kz., samt Anhänger, Kz., festgestellt wurde

1)       Sie haben nach einer Lenkzeit von 4 % Std. nicht eine Unterbrechung von mind. 45 Min. ( od. 3 x 15 Min.) eingelegt, da die Lenkpause nach einer Lenkzeit von

a)   04:48 Std. - 29.09.2006, 02:14 Uhr- 07:32 Uhr nur 31 Minuten betrug

b)   04:57 Std.-04.10.2006,16:12 Uhr-21:42 Uhr nur 28 Minuten betrug

c)    05:33 Std. - 11.10.2006, 01:27 Uhr - 08.00 Uhr nur 32 Minuten betrug

2)  Sie haben die gesamte Tageslenkzeit von 9 bzw. 2 x wöchentlich 10 Std. zwischen zwei Ruhezeiten am

a)   28.09.2006, 19:27 Uhr - 30.09.2006, 09:17 Uhr um 07:28 Std. überschritten

b)   02.10.2006, 04:36 Uhr-03.10.2006, 20:11 Uhr um 02:27 Std. überschritten

c)   04.10.2006, 05:31 Uhr-05.10.2006, 17:55 Uhr um 04:48 Std. überschritten

d)   10.10.2006, 09:33 Uhr- 11.10.2006, 20:31 Uhr um 05:30 Std. überschritten

3)       Sie haben, innerhalb eines Zeitraumes von 24 Std. die tägliche Ruhezeit von 11 zusammenhängenden Stunden, bzw. 3 x pro Woche 9 zusammenhängenden Stunden nicht eingehalten, da die Ruhezeit

a)   25.09.2006, 20:15 Uhr - 26.09.2006, 20:15 Uhr nur 08:07 Std. betrug; das ist        eine Verkürzung von 00:53 Std.

b)   28.09.2006, 19:27 Uhr - 29.09.2006, 19:27 Uhr nur 07:34 Std. betrug; das ist        eine Verkürzung von 03:26 Std.

c)    02.10.2006, 04:36 Uhr - 03.10.2006, 04:36 Uhr um 07:53 Std. betrug; das ist       eine Verkürzung von 01:07 Std.

d)    04.10.2006, 05:30 Uhr - 05.10.2006, 05:30 Uhr nur 02:36 Std. betrug; das ist       eine Verkürzung von 06:24 Std.

e)   06.10.2006, 12.11 Uhr-07.10.2006, 12:11 Uhr nur 07:42 Std. betrug; das ist          eine Verkürzung von 01:18 Std.

f)    09.10.2006, 07:47 Uhr- 10.10.2006, 07:47 Uhr nur 07:11 Std. betrug; das ist        eine Verkürzung von 01:49 Std.

g)   10.10.2006, 09:20 Uhr-11.10.2006, 09:20 Uhr nur 04:44 Std. betrug; das ist           

      eine Verkürzung von 04:16 Std".

 

1.1. Dadurch habe er zu 1a) bis 1c) gg. Art. 7 Abs.1, zu 2a) bis 2d gg. Art. 6 Abs.1 u. 3a) bis 3g) gegen Art. 8 Abs.1 der Verordnung (EWG) 3820/85 verstoßen. An Verfahrenskosten wurden dem Berufungswerber zusätzlich gemäß § 64 VStG 263,40,-- Euro auferlegt.

 

1.2. Die Behörde erster Instanz führte begründend Folgendes aus:

"Der dem Spruch zugrundeliegende Sachverhalt ist durch die Auswertung der Schaublätter mittels eines automatischen Datenauswertungssystems und aufgrund eines Sachverständigengutachtens zweifelsfrei erwiesen. Es steht daher fest, dass Sie die im Spruch angeführten Verwaltungsübertretungen begangen haben.

 

Gegen die Strafverfügung vom 19.01.2007 erhoben Sie fristgerecht Einspruch. In Ihrem Schriftsatz vom 09.03.2007 beantragen Sie die Auswertung der Tachographenschaublätter durch einen Amtsachverständigen.

 

Folglich wurde von der Behörde beim Land , Abt. Verkehrstechnik, eine gutachterliche Auswertung der Tachographenschaublätter in Auftrag gegeben. Aus diesem mit 01.10.2007 datierten Gutachten ist ersichtlich, dass die Auswertung der in Ablichtung vorliegenden Tachographenschaublätter händisch und mit Hilfe eines Vergrößerungsglases erfolgte. Die händisch ermittelten Ergebnisse wurden mit der im Akt beigelegten DAKO-Auswertung verglichen. Das Ergebnis der DAKO-Auswertung stimmt (bis auf wenige vernachlässigbar geringfügige Abweichungen) mit der Handauswertung überein. Unregelmäßigkeiten, welche auf einen technischen Defekt bzw. eine Manipulation schließen lassen, konnten nicht festgestellt werden.

 

Dieses Gutachten wurde Ihnen zur Kenntnis gebracht. Diesbezüglich wendeten Sie ein, dass von einer Begründung mangels Anführung von wissenschaftlichen oder sonstigen Erfahrungswerten nicht gesprochen werden könne.

 

Gemäß Art. 7 Abs. 1 der EG-VO 3820/85 ist nach einer Lenkzeit von 4,5 Stunden eine Unterbrechung von mindestens 45 Minuten einzulegen, sofern der Fahrer keine Ruhezeit nimmt.

 

Gemäß Art. 6 Abs. 1 Satz 1 der EG-VO 3820/85 darf die Tageslenkzeit zwischen zwei täglichen Ruhezeiten oder einer täglichen und einer wöchentlichen Ruhezeit 9 Stunden nicht überschreiten. Sie darf zwei Mal pro Woche auf 10 Stunden verlängert werden.

 

Gemäß Art 8 Abs.1 EG-VO 3820/85 legt der Fahrer innerhalb jedes Zeitraumes von 24 Stunden eine tägliche Ruhezeit von mindestens 11 zusammenhängenden Stunden, die höchstens 3 x pro Woche auf nicht weniger als 9 zusammenhängenden Stunden verkürzt werden darf, sofern bis zum Ende der folgenden Woche eine entsprechende Ruhezeit zum Ausgleich gewährt wird.

 

Gem. § 134 Abs. 1 Satz 1 KFG begeht, wer diesem Bundesgesetz, den auf Grund dieses Bundesgesetzes erlassenen Verordnungen, Bescheiden oder sonstigen Anordnungen, den Artikeln 5 bis 9 der Verordnung (EWG) Nr. 3820/85, sowie der Verordnung (EWG) Nr. 3821/85 zuwiderhandelt, begeht eine Verwaltungsübertretung und ist mit einer Geldstrafe bis zu 5.000,-- Euro, im Falle ihrer Uneinbringlichkeit mit Freiheitsstrafe bis zu sechs Wochen zu bestrafen.

 

Die Behörde kommt zu folgender Erwägung:

 

Aufgrund der Anzeige des SPK-Linz vom 18.12.2006, der im Akt befindlichen Schaublätter und deren automationsunterstützter Auswertung und aufgrund des Amtsachverständigengutachtens nimmt die Behörde die angelasteten Verwaltungsübertretungen als erwiesen an. Die Behörde geht somit ohne Zweifel von der Richtigkeit der Auswertung der Schaublätter durch den KFZ-technischen Amtsachverständigen aus, welcher aufgrund seiner Ausbildung und beruflichen Tätigkeit zweifelsfrei über jene Fachkenntnisse verfügt, die Ihm eine inhaltlich richtige Auswertung der Schaublätter ermöglichen. Es konnte das Ergebnis dieser Auswertung der Tachographenscheiben bedenkenlos der Entscheidung zu Grunde gelegt werden.

 

Bei der Bemessung der Strafe wurde das Ausmaß der mit der Tat verbundenen Schädigung oder Gefährdung derjenigen Interessen, deren Schutz die Strafdrohung dient und der Umstand, inwieweit die Tat sonst nachteilige Folgen nach sich gezogen hat, berücksichtigt.

 

Die verhängte Geldstrafe entspricht somit dem Unrechts- und Schuldgehalt der Tat und erscheint der Behörde notwendig, Sie in Hinkunft von der Begehung derartiger Übertretungen abzuhalten.

 

Als mildernd bei der Strafbemessung war das Fehlen ha. verwaltungsstrafrechtlicher Vormerkungen zu werten; erschwerende Umstände lagen keine vor.

 

Ihre Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse waren der erkennenden Behörde nicht bekannt. Es wurde daher bei der Strafbemessung davon ausgegangen, dass Sie kein hiefür relevantes Vermögen besitzen, keine ins Gewicht fallenden Sorgepflichten haben und ein Einkommen von mindestens € 1500,--netto monatlich beziehen.

 

Die Kostenentscheidung ist gesetzlich begründet."

 

2. Dagegen wendet sich der Berufungswerber mit seiner durch seinen ausgewiesenen Rechtsvertreter fristgerecht erhobenen Berufung mit nachfolgenden Ausführungen:

"Das Straferkenntnis der Bundespolizeidirektion Linz wird zur Gänze angefochten und ausdrücklich eingewendet:

-    mangelhafte Sachverhaltsermittlung

-    mangelhafte Begründung

-    unrichtige rechtliche Beurteilung

-    Verjährung   in   Folge   Verstoß   gegen   das                           Konkretisierungsgebot gemäß § 44a Z 1 VStG

 

Zur Sache:

 

Der Betroffene ist Lenker eines Schwer- bzw. Sondertransportfahrzeuges und nicht im internationale Routenverkehr eingesetzt. Dieser Umstand ist bei der Disposition der einzelnen Fahrten von Bedeutung, zumal die Beladung eines Sondertransportes anders verläuft und mehr Zeit in Anspruch nimmt als die Beladung eines herkömmlichen Sattelanhängers mit Palettenware. Auch muss auf die besonderen Ladesituationen Bedacht genommen werden, zumal den jeweiligen Transporten langwierige Planungen vorausgehen, sowohl was die Beladung des Fahrzeuges anbelangt als auch die Durchführung des Transportes selbst.

Diese Feststellung ist von gravierender Bedeutung, um die Lenk- und Ruhezeitaufzeichnungen auf den Schaublättern in das richtige Licht zu setzen, zumal die Behörde insgesamt 14 Übertretungen für strafwürdig hält und bislang keine Wertung vorgenommen hat.

 

I. Mangelhafte Sachverhaltsermittlung:

 

1.)

Die vom Verwaltungsgerichtshof entwickelte Rechtsprechung erfordert eine

Vorgehensweise, die methodisch und dem inhaltlichen Niveau nach den gleichen Anforderungen entsprechen wie das Gutachten eines Sachverständigen. (Hinweis auf E vom 2.12.1955, 3379/53, VwSlg 3906 A/1955).

 

Die DAKO - Auswertung entspricht offenkundig nicht diesem Erfordernis, sodass eine schlichte" Bestätigung der DAKO - Auswertung durch einen Amtsachverständigen noch kein Gutachten darstellt.

 

2.)

Der     Amtsachverständige     beruft     sich     zwar     auf     die     DAKO Auswertungsergebnisse, was einer möglichen Befundaufnahme gleichkommt. Lediglich   die   Ungereimtheiten   und   deren   Bewertung   bis   auf  wenige vernachlässigbar geringfügige Abweichungen" stellen ein Gutachten" im eigentlichen Sinn dar.

Die Bewertung bis auf wenige vernachlässigbar geringfügige Abweichungen" ist mangels Begründung nicht überprüfbar, sodass eine Ergänzung des Gutachtens" alleine schon aus diesem Grund geboten ist.

 

3.)

Der Sachverständige kommentiert ausschließlich

-    die Richtigkeit der DAKA - Auswertung und

-    die Funktionsweise des Kontrollgerätes

Von einer Begründung kann mangels Anführung von wissenschaftlichen oder sonstigen Erfahrungswerten nicht gesprochen werden.

Durch die unterlassene Ergänzung des Gutachtens, was inhaltlich lediglich einer Befundaufnahme gleich kommt, wurde der Sachverhalt nicht vollständig ermittelt.

 

II. Mangelhafte Begründung:

 

1.)

Die gesamte Einteilung von Lenk- und Ruhezeiten wird durch Arbeitsblätter, die der Arbeitgeber des Betroffenen zur Verfügung gestellt hat, ins rechte Licht gesetzt, sodass im Zusammensehen mit einer gutachterlichen Expertise der Betroffene mangelndes Verschulden unter Beweis stellt.

 

Beweis:        18 Seiten Arbeitsaufzeichnungen (bereits im Akt)

 

2.)

Andererseits wird ein kundiger Amtsachverständiger im Zuge der Auswertung der Schaublätter unter Miteinbeziehung der Arbeitsaufzeichnungen zweifelsfrei feststellen, dass den Betroffenen nur marginale Verstöße gegen Formvorschriften zur Last gelegt werden können, die in keinster Weise geeignet sind, die Verkehrstüchtigkeit zu beeinträchtigen.

Insofern ist die Strafhöhe weder der Tat noch der Schuld angemessen und wird mangelnde Strafwürdigkeit ausdrücklich eingewendet.

 

a) Beweisantrag:

 

Aus all diesen Gründen wird die Auswertung der Tachographenschaublätter durch einen Amtsachverständigen vom Amt der Oberösterreichischen Landesgerierung beantragt, zum Beweis dafür, dass der betroffene Fahrer keine Lenkzeitüberschreitung bzw. Ruhezeitunterschreitungen begangen hat und unter Miteinbeziehung der Arbeitsaufzeichnungen, sowie unter Berücksichtigung von Toleranzen bei der Auswertung lediglich Formverstöße vorliegen, die eine Bestrafung nicht zu rechtfertigen vermögen.

 

b) Beweisantrag:

 

Dem Beschuldigten werden sowohl eine Überschreitungen der Lenkzeit nach Art. 6 Abs. 1 EG-VO 3820/1985, wie auch Unterschreitungen der Ruhezeit nach Art. 8 Abs. 1 EG-VO 3820/1985 zur Last gelegt. Beide Bestimmungen zielen darauf ab, die Verkehrstüchtigkeit des Lenkers zu erhalten und dadurch die Sicherheit der Verkehrsteilnehmer, insbesondere des Lenkers selbst, zu gewährleisten. Beide Bestimmungen beziehen sich somit auf dasselbe Rechtsgut, nämlich die Sicherheit im Straßenverkehr.

Der Amtsachverständige möge in Gutachten zur Auswertung der angeführten Schaublätter auch Stellung nehmen zur Frage, ob und inwiefern die Einteilung der Lenk- und Ruhezeiten Auswirkung auf die Verkehrstüchtigkeit des Betroffenen im Allgemeinen und auf die Sicherheit im Straßenverkehr in concreto Auswirkungen zeitigen konnte, zum Beweis dafür, dass bei geringfügiger Verschiebung von Lenkzeiten bzw. Ruhezeiten auch dem Formalerfordernis der angeführten EG-VO Nr. 3820/85 entsprochen worden wäre.

Die belangte Behörde geht weder auf das Vorbringen des Betroffenen ein, noch findet sich eine Begründung für die Ablehnung der Beweisanträge bzw. für die unterlassene Beweisaufnahmen.

 

III. Unrichtige rechtliche Beurteilung:

 

1.)

Dem Amtsachverständigen möge aufgetragen werden, im Zuge der Befundaufnahme auch das Vorbringen des Betroffenen sowie die vorgelegten Unterlagen mit einzubeziehen, sowie konkrete Feststellungen zu den folgenden Tatbestandsmerkmalen erheben:

-    innerhalb eines Zeitraumes von 24 Stunden

-    gesamte Tageslenkzeit

 

Begründung:

 

"Gemäß Art 8 Abs. 1 EG-VO Nr. 3820/85 hat der Fahrer innerhalb jedes Zeitraumes von 24 Stunden eine tägliche Ruhezeit von mindestens 11 zusammenhängenden Stunden einzulegen, die höchstens dreimal pro Woche auf nicht weniger als 9 zusammenhängende Stunden verkürzt werden dürfen, sofern bis zum Ende der folgenden Woche eine entsprechende Ruhezeit zum Ausgleich gewährt wird.

Die Ruhezeit kann an den Tagen, an denen sie nicht nach Unterabsatz 1 verkürzt wird, innerhalb von 24 Stunden in zwei oder drei Zeitabschnitten genommen werden, von denen einer mindestens 8 zusammenhängende Stunden betragen muss. In diesem Fall erhöht sich die Mindestruhezeit auf 12 Stunden."

 

Infolge eines bei ihr anhängigen Rechtsstreits hat die Arrondissementsrechtbank Amsterdam (Niederlande) dem EuGH unter anderem die Frage zur Auslegung der VO 3820/85 zur Vorabentscheidung vorgelegt, um klarzustellen, ob die in Art 8 Abs. 1 der VO 38/20/85 enthaltene Formulierung innerhalb jedes Zeitraums von 24 Stunden" entsprechend dem Beginn der wöchentlichen und (vollständigen)täglichen Ruhezeit und dem Zeitpunkt der Straßenkontrolle zu jedem beliebigen Zeitpunkt beginnen kann, oder ob der erste eines oder mehrerer aufeinander folgender Zeiträume zu dem Zeitpunkt beginnt, zu dem die letzte wöchentliche Ruhezeit endet.

 

Der Gerichtshof stellte dazu fest:

Der Ausdruck innerhalb jedes Zeitraums von 24 Stunden" in Artikel 8 Abs. 1 der Verordnung Nr. 3820/85 ist so zu verstehen, dass er sich auf jede Zeitspanne dieser Dauer bezieht, die in dem Moment beginnt, in dem der Fahrer nach einer wöchentlichen oder täglichen Ruhezeit den Fahrtenschreiber in Gang setzt. Wenn die tägliche Ruhezeit in zwei oder drei Zeitabschnitten genommen wird, muss die Berechnung am Ende des Abschnitts beginnen, dessen Dauer acht Stunden nicht unterschreitet."  (EuGH02. 06. 1994, RsC-313/92)"

 

Entsprechend dieser Entscheidung kann daher nicht jeder beliebige 24 Stunden- Zeitraum für die Berechnung der täglichen Ruhezeit herangezogen werden. Der Beginn ist eindeutig definiert.

Die Behörde stellte den Beginn des 24-Stunden-Zeitraumes, das heißt den letzten mindestens 8-stündigen Ruhezeitblock nicht fest.

Der Unabhängige Verwaltungssenat in Tirol schloss sich dieser Rechtsansicht an und führt dazu aus, dass der Schuldvorwurf in Bezug auf den 24-Stunden-Zeitraumes verfehlt ist, wenn der Beginn zu einem Zeitpunkt angesetzt, dem keine ausreichende Ruhezeit vorangegangen ist. Eine Sanierung des Tatvorwurfes ist dem UVS verwehrt, zumal diese Verschiebung von 24-Stunden-Zeiträumen einen Austausch der Tat gleich käme (UVS Tirol v. 01.03.2007, uvs-2006/20/2390-3)

 

IV. Verstoß gegen das Konkretisierungsgebot gemäß § 44a Z 1 VStG und Verjährung:

 

Entsprechend dem Konkretisierungsgebot des § 44a VStG ist die Tat in sämtlichen Tatumständen genau zu beschreiben.

 

Danach   ist  es  rechtlich   geboten,   die  Tat   hinsichtlich  des  Täters,   der Tatumstände, des Tatortes und auch der Tatzeit so genau zu umschreiben, dass die Zuordnung des Tatverhaltens zur Verwaltungsvorschrift, die durch die Tat verletzt worden ist, in Ansehung aller Tatbestandsmerkmale ermöglicht wird und die Identität der Tat und des Täters unverwechselbar feststeht.

 

Nach § 44a Z 1 VStG hat der Spruch die als erwiesen angenommene Tat zu enthalten.

 

Diesem Erfordernis entspricht das angefochtene Straferkenntnis hinsichtlich der Tatbeschreibung nicht.

Die belangte Behörde hat es unterlassen, festzustellen und dem Betroffenen innerhalb offener Frist vorzuhalten

 

a)

ob   der   Betroffene   einen   LKW   im   Zuge   einer   innergemeinschaftlichen

Beförderung im Straßenverkehr lenkte.

 

Artikel 2 EG-VO Nr. 3820/85 lautet:

(1) Diese Verordnung gilt für innergemeinschaftliche Beförderungen im Straßenverkehr im Sinne von Artikel 1 Nummer  1.

 

Ohne Feststellung, ob der Betroffene im Zuge einer innergemeinschaftlichen Beförderung das gegenständliche Fahrzeug lenkte, ist es dem Betroffenen nicht möglich sich angemessen zu verteidigen und eine dementsprechendes Vorbringen zu erstatten bzw. Beweise anzubieten, da eine Verpflichtung zur Einhaltung von Bestimmungen der EG-VO Nr. 3820/85 nicht vorgehalten wurde.

 

b)

ob der Betroffene ein Fahrzeug über 3.5 Tonnen höchst zulässiges Gesamtgewicht gelenkt hat und somit ein aufzeichnungspflichtiges Fahrzeug gelenkt hat und eine Güterbeförderung durchgeführt wurde, ist nicht festgestellt worden.

 

Art 4 EG-VO Nr. 3820/85 lautet:

Diese Verordnung gilt nicht für Beförderungen mit 1. Fahrzeugen, die zur Güterbeförderung dienen und deren zulässiges Gesamtgewicht, einschließlich Anhänger oder Sattelanhänger,   3,5  Tonnen nicht  übersteigt;

 

Ohne Feststellung, ob das Fahrzeug ein höchst zulässiges Gesamtgewicht von über 3.5 Tonnen hat und zur Güterbeförderung eingesetzt wurde, ist es dem Betroffenen nicht möglich sich angemessen zu verteidigen und eine dementsprechendes Vorbringen zu erstatten bzw. Beweise anzubieten, da eine Verpflichtung zur Einhaltung von Bestimmungen der EG-VO Nr. 3820/85 nicht vorgehalten wurde.

 

c)

ob die gesamte Tageslenkzeit von 9 bzw. 2 x wöchentlich 10 Std. zu Spruchpunkt 2 jeweils zwischen zwei täglichen Ruhezeiten oder einer täglichen Ruhezeit und einer wöchentlichen Ruhezeit eingehalten wurde.

Artikel 6 EG-VO Nr. 3820/85 lautet:

 

         (1)         Die        nachstehend        'Tageslenkzeit'        genannte Gesamtlenkzeit zwischen zwei täglichen Ruhezeiten oder einer täglichen und einer wöchentlichen Ruhezeit darf 9 Stunden nicht überschreiten. Sie darf zweimal pro Woche auf 10 Stunden verlängert werden.

 

Ohne Feststellungen, ob die angeführten Tageslenkzeiten zwischen zwei täglichen Ruhezeiten oder einer täglichen Ruhezeit und einer wöchentlichen Ruhezeit liegen, ist es dem Betroffenen nicht möglich sich angemessen zu verteidigen und ein dementsprechendes Vorbringen zu erstatten bzw. Beweise anzubieten, da nicht vorgehalten wurde, wie Art 6 EG-VO Nr. 3820/85 verletzt bzw. missachtet wurde.

 

d)

ob der von der belangten Behörde vorgehaltene Zeitraum von 24 Stunden tatsächlich im Sinne der angeführten Entscheidung des EuGH [EuGH 02.06.1994, Rs C-313/92) am Ende einer täglichen oder wöchentlichen Ruhezeit beginnt.

 

Durch die willkürliche Bestimmung eines 24 Stundenzeitraumes ist der Betroffene gegen eine neuerlichen Strafverfolgung nicht geschützt, da der Beginn und das Ende des 24 Stundenzeitraumes bestimmt ist und somit konkret festzustellen, vorzuhalten und gegebenenfalls zu ahnden ist.

 

In einem anderen Strafverfahren könnte wiederum ein willkürlicher 24 Stundenzeitraum angenommen werden, sodass zwar eine Überschneidung und damit einhergehend eine Doppelbestrafung die Folge ist, die Tat jedoch durch die willkürliche" Festlegung des 24 Zeitraumes individualisiert und damit selbständig zu ahnden ist.

 

Verjährung:

Nach § 31 Abs.1 VStG ist die Verfolgung einer Person unzulässig, wenn gegen sie binnen der Verjährungsfrist von der Behörde keine taugliche Verfolgungshandlung (§ 32 Abs. 2 und 3) vorgenommen wurde.

 

Nach § 31 Abs. 2 VStG beträgt die Verjährungsfrist bei den Verwaltungsübertretungen der Gefährdung, Verkürzung oder Hinterziehung von Landes- und Gemeindeabgaben ein Jahr, bei allen anderen Verwaltungsübertretungen sechs Monate. Diese Frist ist von dem Zeitpunkt an zu berechnen, an dem die strafbare Tätigkeit abgeschlossen worden ist oder das strafbare Verhalten aufgehört hat (Unabhängiger Verwaltungssenat in Tirol   uvs-2002/15/101 -3 vom 12.06.2003)

 

Die Übertretung soll am 13. Oktober 2006 begangen worden sein. Mit 13. April 2007 ist mittlerweile Verfolgungsverjährung eingetreten.

 

Eine Sanierung des Tatvorwurfes durch eine Richtigstellung der Tatumschreibung, ist wegen zwischenzeitlich eingetretener Verfolgungsverjährung nicht mehr möglich.

Eine Sanierung würde überdies bedeuten, dass der Oö. Verwaltungssenat nicht nur aus eigenem zu ermitteln und dem Berufungswerber vorzuwerfen hätte, ob

-    er ein Fahrzeug über 3,5 Tonnen lenkte

-    er eine Güterbeförderung durchführte

-    eine innergemeinschaftliche Beförderung im Straßenverkehr vorliegt

-    die Tageslenkzeit zwischen zwei täglichen bzw. wöchentlichen                    Ruhezeiten liegt

-     der   24   Stundenzeitraum   ab   Ende   der   vorausgehenden täglichen oder wöchentlichen Ruhezeit beobachtet wird,

 

sondern in der Folge auch darüber zu entscheiden müsste, ob er auch in diesem Sinne tatbestandsmäßig gehandelt hat. Die damit institutionalisierte Inquisitionsmaxime widerspräche aber diametral dem in Art. 90 Abs. 2 B-VG und in Art. 6 Abs. 1 MRK verfassungsmäßig grundgelegten Prinzip des Anklageprozesses.

 

66 Abs. 4 AVG, der gemäß 24 VStG auch im Strafverfahren anzuwenden ist, verwehrt es damit - in diesem Sinne verfassungskonform interpretiert - dem unabhängigen Verwaltungssenat von vornherein, im Berufungsverfahren den Spruch der belangten Behörde in einer solchen Weise zu konkretisieren, dass dadurch objektiv gesehen ein gesetzeskonformer Tatvorwurf überhaupt erst konstituiert wird.

 

Eine Sanierung ist nach der Rechtsprechung des Unabhängigen Verwaltungssenates Oberösterreich damit ausgeschlossen.

 

Aus all diesen Gründen wird gestellt der

 

ANTRAG:

 

1.)

Die Bundespolizeidirektion Linz möge gemäß § 64 a AVG mittels Berufungsvorentscheidung im Verwaltungsverfahren, ZI. S-l 867/07-3, der Berufung Folge geben, das Straferkenntnis vom 19.11.2007 aufheben und das Verwaltungsstrafverfahren gemäß § 45 Abs. 1 VStG einstellen, in eventu:

 

2.)

Der Unabhängige Verwaltungssenat Oberösterreich wolle in Stattgebung dieser Berufung das Straferkenntnis der Bundespolizeidirektion Linz vom 19.11.2007, ZI. S-1867/07-3, aufheben und das Verwaltungsstrafverfahren gemäß § 45 Abs. 1 VStG einstellen.

 

3.)

Die Durchführung einer mündlichen Berufungsverhandlung wird ausdrücklich beantragt.

 

I, am 06. Dezember 2007                               H J G"

 

3. Die Behörde erster Instanz hat den Akt zur Berufungsentscheidung vorgelegt; damit wurde die Zuständigkeit des unabhängigen Verwaltungssenates begründet. Dieser hat, da jeweils keine 2.000 Euro übersteigenden Geldstrafen verhängt wurden, durch das nach der Geschäftsverteilung zuständige Einzelmitglied zu entscheiden. Die Durchführung einer öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung war angesichts des Berufungsvorbringens erforderlich (§ 51e Abs.1 Z1 VStG).

 

4. Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den von der Behörde erster Instanz vorgelegten Verfahrensakt. Im Rahmen der Berufungsverhandlung wurde durch den Amtssachverständigen Ing. R. K das Gutachten über die bereits ausgewerteten Schaublätter erörtert. Der Berufungswerber nahm wohl persönlich an der Berufungsverhandlung nicht teil, er legte jedoch durch seinen ausgewiesenen Rechtsvertreter seine Einkommens- u. Familienverhältnisse offen.

Die in der Berufung pauschal erhobenen rechtlichen u. inhaltlichen Einwände wurden anlässlich der Berufungsverhandlung nicht weiter aufrecht erhalten. Zum Akt genommen wurde die detaillierte Aufstellung des Sachverständigen über dessen Auswertungsergebnis (Beilage 2).

 

4.1. Im Rahmen der Berufungsverhandlung veranschaulichte der Amtssachverständige abermals die Richtigkeit jedoch zu Gunsten des Berufungswerbers großzügige Schaublattauswertung durch die Polizei. Diese sei laut Sachverständigen durchaus "tolerant" erfolgt, weil etwa kurze Bewegungen des LKW (wie etwa beim Umstellen auf einem Parkplatz) nicht als Unterbrechung der Ruhezeit gewertet wurden, was aber rein rechtlich als Unterbrechung zu werten wäre. Im Ergebnis lässt sich diese dahingehend zusammenfassen, dass der Berufungswerber in allen ihm angelasteten Punkten die Fahrzeiten über- u. die Ruhezeiten unterschritten hatte. Dargestellt wurde der Beginn des 24-Stundenzeitraums jeweils mit Fahrtbeginn nach einer ausreichenden Ruhezeit. Veranschaulicht wurde auch, dass im Falle nur geringfügiger Zeitverkürzungen, dies sich sehr stark auf die Auswertung auswirken kann, weil sich dadurch das Zeitsegment entsprechend verschiebt.

Von der Rechtsvertreterschaft des Berufungswerbers wurden die Tatvorwürfe letztlich nicht mehr in Frage gestellt. Im Ergebnis wurde nochmals auf die spezifischen Umstände, die sich beim Arbeitsanforderungsprofil des Berufungswerbers als Lenker eines Schwertransportes ergeben, verwiesen. Demnach ließen sich die Einsatzzeiten u. Stehzeiten für den Lenker oft schwer voraussehen. Die vom Berufungswerber von der Firma B vorgelegten Zeitlisten mit Handaufzeichnungen über die jeweiligen Fahrten und Tätigkeiten lassen es glaubhaft erscheinen, dass seine Tätigkeit im Gütertransport eine besondere ist, wobei jedoch diese Listen einerseits nur schwer oder nicht lesbar waren und eine diesbezügliche inhaltliche Erklärung auch der Berufungswerber schuldig blieb.

Dass hier der Zeitgruppenschalter offenbar vom Berufungswerber aus welchen Gründen auch immer nicht bedient wurde, konnte nicht geklärt werden.

Der Sachverständige veranschaulichte auch die oft unlösbare Problematik, vor der sich die im internationalen Straßenverkehr tätigen Fahrer nicht selten gestellt sehen. Die Praxis, dass von den Lenkern Fahrzeitüberschreitungen und Ruhezeitverkürzungen um den Preis des Erhaltes des Arbeitsplatzes geradezu erwartet werden, wurde als allgemein bekannte Erfahrungstatsache erörtert. Dass vielfach die von den Lenkern in Kauf zu nehmenden Strafen von den Firmen genommen werden, wurde ebenfalls aufgezeigt.

Dass hier die zur Last gelegten Übertretungen begangen wurden, blieb letztlich unbestritten, es wurde lediglich die hier verhängte Geldstrafe als nicht tatschuldangemessen und den wirtschaftlichen Verhältnissen des Berufungswerbers entsprechend gerügt.

Diesem Vorbringen kommt hier einerseits mit Blick auf die minder schwerwiegende Wertung der Tatschuld als auch mit Blick auf die Strafzumessung nach § 19 Abs.2 VStG Berechtigung zu.

 

5. Rechtlich hat der unabhängige Verwaltungssenat erwogen:

 

5.1. Wie schon die Behörde erster Instanz zutreffend ausführte, begeht nach § 134 Abs.1 erster Satz KFG eine Verwaltungsübertretung und ist mit einer Geldstrafe bis zu € 5.000,--, im Falle ihrer Uneinbringlichkeit mit Arrest bis zu sechs Wochen zu bestrafen, wer (unter anderem) der Verordnung (EWG) Nr. 3821/85 über das Kontrollgerät im Straßenverkehr ABl. Nr. L 370 vom 31. Dezember 1985, S. 8, geändert durch Verordnung Nr. 561/2006, ABl. Nr. L 71 vom 10. März 2004, zuwiderhandelt.

Um Wiederholungen zu vermeiden, kann grundsätzlich auf die diesbezüglich rechtlichen Ausführungen der Behörde erster Instanz verwiesen werden.

Als Zweck dieser insbesondere auf die Fahrer abzielenden Regelung ist deren wirksame Kontrollmöglichkeit in Verbindung mit den Schutzinteressen für die Verkehrssicherheit, nämlich keine übermüdeten Fahrer auf den Straßen zu haben. Es gilt als Tatsache der Unfallforschung, dass die im Gütertransport erfolgenden Unfälle in der überwiegenden Zahl die Ursache in der Übermüdung der Fahrer haben.

Der Verwaltungsgerichtshof führt dazu etwa in ständiger Rechtsprechung aus, dass die Überschreitung der zulässigen Tageslenkzeit gemäß Art. 6 Abs.1 EG-VO 3820/85 und die Unterschreitung der Mindestruhezeit innerhalb eines Zeitraumes von 24 Stunden gemäß Art. 8 Abs.1 EG-VO 3820/85 jeweils verschiedene Übertretungen, die zueinander nicht in einem solchen Verhältnis stehen, dass die Begehung des einen Verstoßes zwingend den anderen Verstoß nach sich zieht, jedoch jeweils gesondert zu ahnden sind.

Grundsätzlich gilt im VStG für das Zusammentreffen strafbarer Handlungen das Prinzip der Kumulation (§ 22 VStG), es sei denn, es handelt sich um einander ausschließende Strafandrohungen, d.h., dass aus der Fassung der betreffenden Strafbestimmung die Ablehnung des Grundsatzes der Kumulation hervorgeht (VwGH 15.9.2005, 2003/07/0021).

In der Regel ist die Einhaltung der Mindestruhezeit von grundsätzlich elf zusammenhängenden Stunden innerhalb jedes Zeitraumes von 24 Stunden (diese Zeitspanne beginnt nach dem Urteil des Gerichtshofes der Europäischen Gemeinschaften vom 2. Juni 1994, Rs C-313/92, Van Swieten, Slg. 1994, I-2177, Rz 22 ff, in der Regel in dem Moment, in dem der Fahrer nach einer wöchentlichen oder täglichen Ruhezeit den Fahrtenschreiber in Gang setzt) auch dann möglich, wenn die Tageslenkzeit, die grundsätzlich höchstens neun Stunden betragen darf, überschritten wird. Aber auch dann, wenn die Tageslenkzeit in einem solchen Ausmaß überschritten wird, dass die Einhaltung der vorgeschriebenen Mindestruhezeit innerhalb des Zeitraumes von 24 Stunden nicht mehr möglich ist, wäre der Unrechtsgehalt des Tatbestandes der Nichtgewährung der Ruhezeit durch die Bestrafung wegen Überschreitung der Tageslenkzeit nicht abgegolten. Die vom Berufungswerber auch hier angedeutete Konsumtion liegt daher nicht vor (VwGH 28.6.2005, 2004/11/0028 mit Hinweis auf VwGH 28.10.1993, 91/19/0134). Vielmehr ist für jeden einzelnen Punkt eine gesonderte Strafe auszusprechen.

 

5.2. Als nicht nachvollziehbar und letztlich vor dem Hintergrund des Ergebnisses der Berufungsverhandlung erweisen sich die pauschalen und unbelegt bleibenden Behauptungen im Berufungsvorbringen, wonach der Sachverhalt mangelhaft festgestellt, der umfassend begründete Bescheid mangelhaft begründet wäre, die rechtliche Beurteilung verfehlt und Verjährung wegen mangelhafter Verfolgungshandlung eingetreten wäre. Worin hier dem Berufungswerber im Tatvorwurf iSd § 44a Z1 VStG in seinen Verteidigungsrechten eingeschränkt oder der Gefahr einer Doppelbestrafung ausgesetzt sein könnte, vermag die Berufungsbehörde ebenfalls nicht erkennen.

Die klaren Fakten sprechen dagegen und wie sonst als durch die fachliche Auswertung der Schaublätter sollten diese Vorschriften des Kraftfahrgesetzes bzw. der unmittelbar anwendbaren Gemeinschaftsvorschriften vollzogen werden?

Wenn die Berufung sich über weite Strecken auf die Wiedergabe der Rechtsgrundlagen erschöpfte und auf das o.a. Urteil des EuGH (C-313/92) verwies, wurde damit im Ergebnis nicht den Feststellungen entgegen getreten, sondern wurde vielmehr auch durch den Sachverständigen im Sinne des Urteils des EuGH nur klargestellt, wann hier der Lauf des 24-Stunden-Zeitraums anzunehmen war. Dem wurde in der Berufungsverhandlung nicht entgegen getreten.

 

6. Zur Strafzumessung:

 

6.1. Gemäß § 19 VStG ist Grundlage für die Bemessung der Strafe stets das Ausmaß der mit der Tat verbundenen Schädigung oder Gefährdung derjenigen Interessen, deren Schutz die Strafdrohung dient, sowie der Umstand, inwieweit die Tat sonst nachteilige Folgen nach sich gezogen hat. Überdies sind die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen. Auf das Ausmaß des Verschuldens ist Bedacht zu nehmen. Unter Berücksichtigung der Eigenart des Verwaltungsstrafrechtes sind die Bestimmungen der §§ 32 - 35 StGB (Strafgesetzbuch) sinngemäß anzuwenden.

 

6.2. Die Geldstrafen dürfen grundsätzlich nicht ohne Berücksichtigung der Summe und am Gesamtkonzept bemessen werden. Sie müssen auch an der wirtschaftlichen Realität eines derart schuldig gewordenen Lenkers gemessen werden. Sie dürfen einen leistbaren Horizont nicht überschreiten, wobei dies hier mit zwei vollen Monatsgehältern des Berufungswerbers wohl der Fall wäre. Bedenkt man ferner die Sorgepflichten des Berufungswerbers für drei Kinder und die Verbindlichkeiten aus der Schaffung eines Eigenheims, würde dies bedeuten, dass der Berufungswerber die ursprünglich verhängte Geldstrafe wohl kaum innerhalb eines Jahres zu leisten in der Lage gewesen wäre.

Unzulässig wäre es aus der Sicht der Berufungsbehörde von einer Bezahlung der Geldstrafe durch die Firma auszugehen bzw. diese Annahme zu unterstellen. Dass hier allenfalls ein Systemmangel aus dem freien Warenverkehr und dem damit implementierten Konkurrenzdruck am freien Markt erblickt werden könnte, welcher im Gesetzesvollzug letztlich am schwächsten Glied in der Kette – nämlich dem Fahrer – sichtbar und wirksam wird, kann weder verkannt noch soll dies verschwiegen werden.

Trotz der hier offenbar spezifischen Umstände des Einsatzes des Berufungswerbers gehen dennoch öffentliche Interessen vor, sodass insbesondere mit Blick auf eine doch scheinbar auf systematische Ignoranz dieser Vorschriften angelegte Begehungsart vor allem aus generalpräventiven Überlegungen immer noch eine spürbare Strafe gerechtfertigt erscheint. Dem Strafzweck ist in diesem reduzierten Umfang in gerechter Weise Genüge getan.

 

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab der Zustellung eine Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof und/oder beim Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von den gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 180 Euro zu entrichten.

 

 

Dr. B l e i e r

 

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