Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-162862/2/Ki/Ps

Linz, 31.01.2008

 

E r k e n n t n i s

(Bescheid)

 


Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Mag. Alfred Kisch über die Berufung des Herrn J S, H, S, vertreten durch Herrn Rechtsanwalt Dr. F, L, L, vom 23. Jänner 2008 gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Rohrbach vom 2. Jänner 2008, Zl. VerkR96-3116-2007-2008-Dt, wegen einer Übertretung des FSG zu Recht erkannt:

 

 

I.   Der Berufung wird Folge gegeben, das angefochtene Straferkenntnis wird behoben und das Verfahren eingestellt.

 

 

II.  Es entfällt die Verpflichtung zur Leistung jeglicher Verfahrenskosten­beiträge.

 

 

Rechtsgrundlagen:

zu  I.: §§ 24, 45 Abs.1 Z2 und 51 VStG iVm § 66 Abs.4 AVG.

zu II.: § 66 Abs.1 VStG.

 

 


Entscheidungsgründe:

 

1.1. Mit Straferkenntnis vom 2. Jänner 2008, Zl. VerkR96-3116-2007-2008-Dt, hat die Bezirkshauptmannschaft Rohrbach den Berufungswerber für schuldig befunden, er habe seinen Führerschein in der Zeit von 8. November 2007 bis 19. November 2007 nicht bei der Bezirkshauptmannschaft Rohrbach bzw. bei der Polizeiinspektion Helfenberg abgeliefert, obwohl ihm mit Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Rohrbach vom 7. November 2007, Zl. VerkR20-842-2003, die Lenkberechtigung entzogen wurde. Er habe dadurch § 37 Abs.1 iVm § 29 Abs.3 Führerscheingesetz verletzt. Gemäß § 37 Abs.1 FSG wurde eine Geld- bzw. Ersatzfreiheitsstrafe verhängt und überdies gemäß § 64 VStG ein Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens vorgeschrieben.

 

1.2. Gegen dieses Straferkenntnis hat der Rechtsmittelwerber rechtsfreundlich vertreten mit Schriftsatz vom 23. Jänner 2008 Berufung erhoben und (für das gegenständliche Verfahren relevant) beantragt, der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich als Berufungsbehörde möge den Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Rohrbach ersatzlos beheben und das Verfahren einstellen.

 

2.1. Die Bezirkshauptmannschaft Rohrbach hat die Berufung ohne Berufungsvorentscheidung dem Unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich mit Schreiben vom 28. Jänner 2008 vorgelegt.

 

2.2. Die Zuständigkeit des Unabhängigen Verwaltungssenates des Landes Oberösterreich ist gemäß § 51 Abs.1 VStG gegeben. Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hatte, da weder eine primäre Freiheitsstrafe noch eine 2.000 Euro übersteigende Geldstrafe verhängt wurde, durch das laut Geschäftsverteilung zuständige Einzelmitglied zu entscheiden.

 

2.3. Die Berufung wurde innerhalb der zweiwöchigen Rechtsmittelfrist bei der Bezirkshauptmannschaft Rohrbach eingebracht und sie ist daher rechtzeitig.

 

2.4. Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Verfahrensakt. Die Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung entfällt, weil bereits auf Grund der Aktenlage feststeht, dass der mit Berufung angefochtene Bescheid aufzuheben ist (§ 51e Abs.2 Z1 VStG).

 

2.5. Aus dem vorliegenden Akt ergibt sich für den Unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich folgender Sachverhalt, der der Entscheidung zu Grunde liegt:

 

Mit Mandatsbescheid vom 7. November 2007, Zl. VerkR20-842-2003, hat die Bezirkshauptmannschaft Rohrbach dem nunmehrigen Berufungswerber seine Lenkberechtigung für die Dauer von zwei Wochen, gerechnet ab Zustellung des Bescheides, entzogen, festgestellt, dass eine Vorstellung gegen diesen Bescheid keine aufschiebende Wirkung hat und angeordnet, der Führerschein sei unverzüglich entweder bei der Polizeiinspektion Helfenberg oder bei der Bezirkshauptmannschaft Rohrbach abzuliefern.

 

Dieser Bescheid wurde an den Rechtsvertreter des Berufungswerbers zugestellt und von einer postbevollmächtigten Person für RSb-Briefe am 8. November 2007 übernommen.

 

Laut einer Sachverhaltsdarstellung der Polizeiinspektion Helfenberg vom 19. November 2007 hat Herr S an diesem Tage den Führerschein abgegeben und angegeben, dass der Bescheid bei seiner Rechtsanwältin gelegen und diese für 14 Tage in Urlaub gewesen sei, weshalb er von der Entziehung nichts gewusst hätte. Der Führerschein sei Herrn S von der Polizei abgenommen worden bzw. wurde dieser an die Bezirkshauptmannschaft Rohrbach weitergeleitet.

 

Die Bezirkshauptmannschaft Rohrbach hat gegen den Rechtsmittelwerber zunächst eine Strafverfügung (Zl. VerkR96-3116-2007 vom 22. November 2007) erlassen, welche von diesem am 3. Dezember 2007 rechtzeitig beeinsprucht wurde, dies mit der Begründung, dass der Rechtsmittelwerber erst durch einen Anruf von der Rechtsanwaltskanzlei (Frau Mag. R) am 19. November 2007 in der Mittagszeit erfahren habe, dass er seinen Führerschein abgeben müsse. Er habe vorher nichts von dem Entzugsbescheid gewusst und sofort nach Kenntnisnahme seinen Führerschein bei der Polizei abgegeben.

 

In weiterer Folge hat die Bezirkshauptmannschaft Rohrbach das nunmehr angefochtene Straferkenntnis erlassen.

 

2.6. Der dargestellte Sachverhalt ergibt sich aus den im Akt aufliegenden Unterlagen, im Rahmen der freien Beweiswürdigung bestehen keine Bedenken hinsichtlich dieses Sachverhaltes.

 

3. In der Sache selbst hat der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich wie folgt erwogen:

 

3.1. Gemäß § 29 Abs.3 FSG ist nach Eintritt der Vollstreckbarkeit des Entziehungsbescheides der über die entzogene Lenkberechtigung ausgestellte Führerschein, sofern er nicht bereits abgenommen wurde, unverzüglich der Behörde abzuliefern.

 

Dem Berufungswerber wurde mit dem oben zitierten Mandatsbescheid seine Lenkberechtigung entzogen und es wurde ihm überdies aufgetragen, dass er seinen Führerschein unverzüglich entweder bei der Polizeiinspektion Helfenberg
oder bei der Bezirkshauptmannschaft Rohrbach abzuliefern hat.

 

Nachdem dieser Mandatsbescheid vollstreckbar wurde, war Herr S verpflichtet, seinen Führerschein unverzüglich entsprechend der Anordnung abzuliefern.

 

Unbestritten geht jedoch hervor, dass der erwähnte Mandatsbescheid nicht an den Berufungswerber persönlich sondern an seinen Rechtsvertreter zugestellt wurde und es wurde seitens des Rechtsvertreters glaubhaft dargestellt, diesbezüglich wurden der Berufung entsprechende Belege beigeschlossen, dass die zuständige Konzipientin zunächst bei einem Seminar und letztlich bis einschließlich 16. November 2007 im Krankenstand war. Nach Rückkehr am 19. November 2007 in die Kanzlei hat die Konzipientin festgestellt, dass der Entzugsbescheid dem Berufungswerber noch nicht weitergeleitet wurde und hat daher sofort mit diesem telefonisch Kontakt aufgenommen. Wie bereits dargelegt, wurde der
Führerschein noch am selben Tag bei der Polizeiinspektion Helfenberg abgegeben.

 

Die Bezirkshauptmannschaft Rohrbach unterstellt dem Rechtsvertreter des Berufungswerbers an der nicht sofortigen Weiterleitung des Entzugsbescheides ein Verschulden und vermeint, dass dieses Verschulden des Rechtsvertreters prinzipiell dem Berufungsweber zuzurechnen sei. Diesbezüglich wird eine Reihe von Erkenntnissen des Verwaltungsgerichtshofes zitiert.

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich erachtet aber, dass dieses Einstehen eines Antragstellers für das Verschulden des Rechtsvertreters sich im Wesentlichen nur auf die Einhaltung von diversen Verfahrensfristen handeln kann. Im konkreten Falle handelt es sich aber bei der Ablieferung des Führerscheines um eine persönliche Verpflichtung, welche die betreffende Person jedoch nur dann treffen kann, wenn sie tatsächlich von dieser Verpflichtung Kenntnis erhalten hat bzw. allenfalls die Unkenntnis der Verpflichtung auf ein persönliches schuldhaftes Verhalten zurückzuführen ist.

 

Im Übrigen ist dem Vorbringen des Berufungswerbers, wonach der Begriff "unverzüglich" nicht ausreichend konkretisiert ist, zuzustimmen. Nach allgemeinem Rechtsempfinden (z.B. § 121 des Deutschen bürgerlichen Gesetzbuches) ist entscheidend für die Unverzüglichkeit nicht die objektive, sondern die subjektive Zumutbarkeit des alsbaldigen Handelns. Nicht erforderlich ist, dass eine Handlung sofort vorgenommen wird.

 

Dies bedeutet im vorliegenden Falle, dass in Anbetracht der Nichtweiterleitung des Entzugsbescheides vom Rechtsvertreter an den Berufungswerber diesem ein Handeln zu einem früheren Zeitpunkt nicht zumutbar gewesen wäre. Unmittelbar nachdem ihm der Entzugsbescheid bekannt geworden ist, hat Herr S diesen befolgt und den Führerschein sofort bei der Polizeiinspektion Helfenberg abgeliefert.

 

In Anbetracht all dieser Umstände erachtet der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich, dass der zur Last gelegte Sachverhalt im konkreten Falle bereits im Bereich des objektiven Tatbestandes nicht verwirklicht wurde.

 

3.2. Gemäß § 45 Abs.1 Z2 VStG hat die Behörde von der Einleitung oder Fortführung eines Strafverfahrens abzusehen und die Einstellung zu verfügen, wenn der Beschuldigte die ihm zur Last gelegte Verwaltungsübertretung nicht begangen hat.

 

Nachdem, wie bereits dargelegt wurde, der Beschuldigte die ihm zur Last gelegte Verwaltungsübertretung bereits aus objektiver Sicht nicht begangen hat, konnte der Berufung Folge gegeben werden, das angefochtene Straferkenntnis war daher zu beheben und das Verwaltungsstrafverfahren diesbezüglich einzustellen.

 

4. Der Kostenausspruch stützt sich auf die im Spruch angeführte gesetzlich Bestimmung.

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 180 Euro zu entrichten.

Mag. Alfred Kisch

 

Beschlagwortung:

FS-Ablieferungspflicht erst dann, wenn Entzugsbescheid der betreffenden Person tatsächlich zugekommen ist. Ein Verschulden des Rechtsvertreters an der verspäteten Bescheidübermittlung belastet betreffende Person nicht!

 

 

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