Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-521562/16/Sch/Ps

Linz, 31.01.2008

 

E r k e n n t n i s

 

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Schön über die Berufung des Herrn C H, H, L, vertreten durch den Rechtsanwalt Dr. R F, H, S, vom 7. März 2007, gegen den Bescheid der Bundespolizeidirektion Linz vom 19. Februar 2007, Zl. Fe 1300/2006, wegen Befristung der Lenkberechtigung und Anordnung von Kontrolluntersuchungen zu Recht erkannt:

 

 

Der Berufung wird Folge gegeben und der angefochtene Bescheid behoben.

 

 

Rechtsgrundlagen:

§§ 66 Abs.4 iVm 63 Abs.5 und 67a AVG.

 

 

Entscheidungsgründe:

 

1. Die Bundespolizeidirektion Linz hat mit Bescheid vom 19. Februar 2007, Zl. Fe 1300/2006, die Herrn C H, H, L, am 26. November 2003 erteilte Lenkberechtigung für die Klassen A, B, C, E und F insofern eingeschränkt, als die Lenkberechtigung befristet wurde bis 22. Dezember 2007, eine amtsärztliche Nachuntersuchung bis spätestens zu diesem Termin unter Vorlage eines Facharztbefundes für Psychiatrie sowie Laborbefunde im Hinblick auf GGT, MCV, CDT, Amphetamine und THC angeordnet.

Gleichzeitig wurde dem Berufungswerber die Vorlage der oben erwähnten Laborbefunde für die Dauer des Jahres 2007 im Dreimonatsabstand vorgeschrieben. Gestützt wurde dieser Bescheid auf eine psychiatrische Stellungnahme des Facharztes Dr. L vom 13. Dezember 2006 und auf das amtsärztliche Gutachten D. G vom 22. Dezember 2006.

Die gesetzliche Grundlage für den angefochtenen Bescheid bildet laut Bescheidbegründung die Bestimmung des § 24 Abs.1 Z2 Führerscheingesetz.

 

2. Gegen dieses Straferkenntnis hat der Berufungswerber rechtzeitig Berufung erhoben. Vom Instrumentarium der Berufungsvorentscheidung hat die Erstbehörde nicht Gebrauch gemacht und die Berufung vorgelegt. Damit ist die Zuständigkeit des Unabhängigen Verwaltungssenates gegeben.

 

Die Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung erwies sich als nicht erforderlich (§ 51e Abs.2ff VStG).

 

3. Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat Folgendes erwogen:

 

Im Rahmen des Berufungsverfahrens hat der Rechtsmittelwerber die fachärztliche Stellungnahme D. A T. A aus dem Gebiet der Psychiatrie und Neurologie vom 8. Oktober 2007 vorgelegt, in der Folge wurde er amtsärztlich von Frau Dr. W, Amtsärztin in der Abteilung Gesundheit des Amtes der Oö. Landesregierung, untersucht. Ihrem Gutachten vom 18. Dezember 2007 stellt sie die Befundlage wie folgt voran:

 

"Verkehrspsychologische Stellungnahme INFAR vom 14.9.2007, auszugsweise:

Aus verkehrspsychologischer Sicht ist Herr H C, geb. am dzt. geeignet Kraftfahrzeuge der Führerscheingruppen 1 und 2 zu lenken. Empfehlung: Zeitliche Befristung der Lenkberechtigung auf 1 Jahr um die Gefahr eines häufigeren Drogengebrauches ausschließen zu können.

 

Fachärztlich psychiatrische Stellungnahme von Dr. B L vom 13.12.2006, auszugsweise wie folgt:

Diagnose: schädlicher Gebrauch von Cannabis und Amphetaminen, dzt. abstinent, St.p. schädlicher Gebrauch von Alkohol. Zusammenfassung: Bei Herrn H bestehen oben angeführte Diagnosen. Es fanden sich noch keine sicheren Hinweise, die für ein Vollbild eines Abhängigkeitsstadiums sprechen würden – demgegenüber finden sich aber Hinweise die auf eine Vernachlässigung sozialer Normen bzw. dsbzgl. Labilität hinweisen. Bei der Untersuchung waren keine sicheren Hinweise für eine Substanzbeeinträchtigung und keine psychopathologischen Auffälligkeiten erhebbar – insbesondere fanden sich keine Besonderheiten bzgl. Auffassung, Wahrnehmung, Konzentration. Die angegebenen Umstände bzgl. Amphetaminkonsum sind nicht sicher nachvollziehbar. Herr H möchte abstinent bleiben – wobei aufgrund der fehlenden Abhängigkeit dies auch bei entsprechender Motivation grundsätzlich zu erwarten sein müsste. Wobei aufgrund des bisherigen Verlaufes eine erhöhte Rückfallswahrscheinlichkeit besteht. Aufgrund dessen sind, trotz fehlendem Abhängigkeitsstadiums, vor allem auch aufgrund der erhöhten Lenkerverantwortung zumindest jährliche ärztliche Kontrolluntersuchungen indiziert. Unter diesen Voraussetzungen und regelmäßiger Harnkontrollen auf Drogenmetaboliten, Kontrolle GGT, GPT, GOT, CDT zur Überprüfung der Abstinenz, ist das Lenken eines KFZ der Gruppe 1 und 2 zu befürworten. Empfohlene Befristung der Lenkerberechtigung zumindest 2 Jahre, wobei eine Psychotherapie auf freiwilliger Basis zur Stärkung der Persönlichkeitsstruktur und dem Gruppendruck eher widerstehen zu können, empfehlenswert wäre. In einem Jahr neuerliche psychiatrische Stellungnahme empfohlen.

 

Nervenfachärztliche Stellungnahme von Herrn Dr. A, vom 8.10.2007, auszugsweise wie folgt:

Alkoholkonsum: Herr H gibt an, dass er die Konsumgewohnheiten bezogen auf Alkohol/Bier seit seinem letzten Führerscheinentzug 1997 wesentlich verändert habe. Er begründet dies auch insofern, dass er sich wesentlich leistungsfähiger fühle. Zusätzlich ist ein Hinweis gegeben, dass diese Angaben der Wahrheit entsprechen dürften, da er sich am 7.10.2006 nach dem Konsum von ca. 2-3 Glas Bier bereits deutlich alkoholisiert gefühlt hat. Suchtmittelkonsum: Herr H C gibt an, dass er im Alter von ca. 18 Jahren erstmals Cannabis aus Neugierde konsumiert habe. Die Wirkung der Droge sei gewesen, dass er sich sehr müde gefühlt hätte und an Übelkeit gelitten habe. Aus diesem Grund habe er in weiterer Folge auf Cannabiskonsum verzichtet. Herr H C gibt an, erstmals Speed/Amphetamine am 7.10.2006 konsumiert zu haben. Er habe keinerlei Wirkung verspürt. Weiters stellt Herr Dr. A in seinem Gutachten die Frage, ob es noch zulässig sei eine Diagnose schädlicher Gebrauch von Alkohol aufzunehmen, insbesondere deshalb, da der letzte Führerscheinentzug nun 10 Jahr zurückläge.

Weiters kommt Herr Dr. A zu der Ansicht, nachdem Herr H C nun 1 Jahr lang mit höchster Wahrscheinlichkeit drogenabstinent weder gewesen sei und keinerlei Hinweise auf ein Abhängigkeitssyndrom bezogen auf Alkohol noch auf Drogen bestehe, eine Behandlung nicht erforderlich sei. Aus demselben Grund scheint es aus psychiatrischer Sicht durchaus möglich, dass Herr H C die Führerscheinklassen A-F+G in weiterer Folge unbefristet erhalten kann und dementsprechend Kraftfahrzeuge eigenverantwortlich in Betrieb nehmen und lenken kann.

 

Weiters werden in der nervenfachärztlichen Stellungnahme von Herrn Dr. A folgende Laborbefunde abgehandelt: 20.8.07: MCV, GOT, GPT, Gamma-GT 101 U/l, dieser Wert ist deutlich überhöht. Herr Dr. A fügt hinzu, dass es sich hierbei anscheinend um einen sog. Laborausreißer handeln dürfte. Wie der nächste Laborwert zeige, eine Untersuchung vom 27.9.07 auszugsweise: MCV, GOT, GPT, im Normbereich, Gamma-GT 31 U/l, CDT 0,87 %. Weiters führt Herr Dr. A an, dass eine Verminderung des Gamma-GT 101 U/l auf 31 U/l innerhalb eines Monats de facto nicht möglich sei und dass davon ausgegangen werden könne, dass er erste Wert vom 20.8.07 ein Laborfehler sei."

 

Laut Gutachten der Amtsärztin ist der Berufungswerber zum Lenken eines Kraftfahrzeuges der Gruppe 1, Klassen A, B und F, und der Gruppe 2, Klasse C, befristet geeignet. Für erforderlich erachtet werden neben einer amtsärztlichen Nachuntersuchung nach zwei Jahren laufende Kontrolluntersuchungen im Dreimonatsrhythmus im Hinblick auf CDT, MCV und Gamma-GT sowie des weiteren Harnuntersuchungen im selben Zeitablauf auf Amphetamine. Bei negativen Befunden könne ab dem zweiten Jahr der Untersuchungsabstand auf vier Monate ausgedehnt werden. Begründend führt die Amtsärztin aus:

 

"Es handelt sich bei Obgenannten nunmehr um einen Z.n. mehrmaligen FS-Entzügen, nicht nur zwischen 1993 und 1997, wie dies in der nervenfachärztlichen Stellungnahme von Herrn Dr. A hervorgeht, sondern Obgenannter hatte auch am 23.11.2001 ein Alkoholdelikt, was auch aktenkundig belegt ist, jedoch in der fachärztlichen Stellungnahme nicht angeführt ist. Aufgrund dieses Alkoholdeliktes war Herr H bereits am 3.2.03 in der Landessanitätsdirektion zur amtsärztlichen Untersuchung, im Zuge derer er jedoch seine Berufung vom 10.12.02 betreffend dem Bescheid vom 28.11.02 zurückzog, was auch aktenkundig ist und in Beilage übermittelt wird. Die fachärztliche Stellungnahme des Herrn Dr. A geht von der Tatsache aus, dass Herr H letztmalig im Jahr 1997 ein Alkoholdelikt gehabt hätte, was nicht den Tatsachen entspricht, sodass die Zusammenfassung und Beurteilung aus ho. Sicht nicht nachvollziehbar ist. Der von Herrn Dr. A kommentierte Gamma-GT-Wert von 101 U/l vom 20.8.07, welcher deutlich über der Norm war und deshalb von Herrn Dr. A als ' Laborausreißer ' beschrieben wurde, da sich der Wert bis 27.9.07 auf 31 U/l zurückgebildet hätte und dies von Herrn Dr. A schlicht als Laborfehler kommentiert wurde, ist anzuführen, dass sich nach grober Abschätzung ein Gamma-GT-Wert ungefähr nach 3 Wochen auf die Hälfte seines Ausgangswertes zurückbilden kann, aber natürlich nur dann, wenn man dann keinen Alkohol mehr zu sich nimmt. Die beiden Laborbefunde zwischen 20.8.07 und 27.9.07 wurden im Abstand von 5 Wochen und 3 Tagen genommen, sodass ein Wert von 31 U/l für 27.9.07 bei zwischenzeitlicher Alkoholabstinenz durchaus nachvollziehbar scheint. Hierzu wird noch angeführt, dass ein einmalig übermäßiger Alkoholgenuss nicht ausreicht um die Gamma-GT zu erhöhen, jedoch mehrmalige Alkoholexzesse über einen mehrtägigen Zeitraum hinweg vorfallen müssen, sodass sich die Gamma-GT erhöht. Es ist deshalb im vorliegenden Fall dringend davon auszugehen, dass der am 20.8.07 erhobene Gamma-GT-Wert von 101 U/l durchaus mit zwischenzeitlich erhöhtem Alkoholkonsum in Verbindung zu bringen ist, sodass aus ho. Sicht die Vorlage einer neuerlichen fachärztlichen Stellungnahme eines Facharztes für Psychiatrie unter Miteinbeziehung aller aktenkundiger Alkoholdelikte sowie des erhöhten Leberwertes Gamma-GT vom 20.8.07 101 U/l sowie weitere Kontrolle Gamma-GT vom 27.9.07 31 U/l zur Beurteilung der weiteren Eignung von Obgenannten im Speziellen zum Lenken von Kraftfahrzeugen der Gruppe 2 erforderlich scheint.

Ansonst wäre aus ho. Sicht von der fachärztlichen Stellungnahme des Herrn Dr. L als Beurteilungsgrundlage mit der Diagnose: 'schädlicher Gebrauch von Cannabis und Amphetaminen – dzt. abstinent', sowie ' Z.n. schädlichem Gebrauch von Alkohol ' auszugehen, und besonders aufgrund der erhöhten Lenkerverantwortung für Gruppe 2 indiziert, regelmäßige Harnkontrollen auf Drogenmetabolite (Amphetamine, Cannabis), sowie Kontrollen von Gamma-GT, GPT, GOT, CDT, weiterhin durchzuführen."

 

Im Rahmen des Rechts auf Parteiengehör wurde dem Berufungswerber zu Handen seines ausgewiesenen Rechtsvertreters dieses Gutachten zur Kenntnis gebracht, in der Stellungnahme hiezu beschränkt sich der Berufungswerber auf die Aussage, die Berufung würde aufrecht erhalten.

 

Nach Ansicht des Oö. Verwaltungssenates ist dieses Gutachten ausreichend schlüssig begründet, sodass es die derzeitige Grundlage für erforderliche Auflagen der Lenkberechtigung des Berufungswerbers zu gelten hat. Die diesbezüglichen Veranlassungen sind von der Führerscheinbehörde zu treffen. Im Hinblick auf die Vorschreibung von amtsärztlichen Nachuntersuchungen und Befristungen von Lenkberechtigungen wird ausdrücklich auf die einschlägige Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes hingewiesen, etwa VwGH 24.04.2001, Zl. 2000/11/0337).

 

4. Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (vgl. etwa VwGH vom 19.09.1978, Zl. 2082/85) hat die Berufungsbehörde Änderungen der Sach- und Beweislage, welche erst nach Erlassung des erstinstanzlichen Bescheides eingetreten oder hervorgekommen sind, in der Berufungsentscheidung zu berücksichtigen.

 

Das gegenständliche Berufungsverfahren hat führerscheinbehördliche Anordnungen zum Inhalt gehabt, die das Jahr 2007 betroffen haben. Eine Entscheidung der Berufungsbehörde zum nunmehrigen Zeitpunkt – es waren mehrere Fristerstreckungsanträge gestellt worden – dahingehend, dass der Berufungswerber diesen Anordnungen Folge zu leisten hätte, würde daher die derzeitige Sachlage, nämlich dass diese rein zeitlich betrachtet überholt sind, nicht berücksichtigen (vgl. dazu auch VwSen-520442/3 vom 17.11.2003, VwGH 90/11/022 vom 19.02.1991). Die Entscheidung der Berufungsbehörde gründet sich alleine auf diesem formalen Aspekt.

 

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

Hinweise:

1. Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss – von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen – jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 180 Euro zu entrichten.

2. Im gegenständlichen Verfahren sind Stempelgebühren in Höhe von 13 Euro angefallen.

 

 

S c h ö n

 

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