Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-521848/6/Br/Ps

Linz, 01.02.2008

 

E r k e n n t n i s

 

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich erkennt durch sein Mitglied Dr. Bleier über die Berufung des Herrn S T, geb., A, P, vertreten durch Dr. J W u. Dr. G H, R, G, B, gegen den Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Grieskirchen vom 14.12.2007, VerkR21-15078-2007 – wegen der Zurückweisung des Vorlageantrages v. 5.6.2007 nach der Berufungsvorentscheidung v. 29.5.2007, zu Recht:

 

Der Berufung wird Folge gegeben; der angefochtene Bescheid wird ersatzlos behoben.

Der Berufung v. 23.4.2007 gegen den Aufforderungsbescheid nach § 24 Abs.4 FSG v. 12.4.2007 (gleiche Aktenzahl) wird ebenfalls Folge gegeben und dieser Bescheid ersatzlos behoben.

 

Rechtsgrundlagen:

§§ 66 Abs.4, 67a AVG, BGBl. Nr. 51/1991, zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 5/2008; §§ 24 Abs.4 iVm 8 FSG, BGBl. I Nr. 120/1997, zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 31/2008.

 

 

Entscheidungsgründe:

 

1. Mit dem zweitangefochtenen Bescheid wurde dem Berufungswerber dessen Vorlageantrag gegen eine Berufungsvorentscheidung – in dem dem Berufungswerber seiner Auffassung nach nicht vollinhaltlich Rechnung getragen wurde – als unzulässig zurückgewiesen.

 

2. Der Vorlageantrag – der bereits mit vorbereitetem Bescheid vom 14.6.2007 ebenfalls "mangels Beschwer" zurückgewiesen werden sollte – gelangte in der Folge irrtümlich nicht zur Vorlage, sondern er wurde von der Kanzlei abgelegt. Letztlich wurde dieser Entwurf mit 14.12.2007 neu datiert und als Bescheid erlassen.

 

3. Dieser ursprüngliche Fehler soll laut Behörde erster Instanz mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid korrigiert worden sein.

Die Behörde erster Instanz legte den Verfahrensakt nach h. Aufforderung erstmals am 21.1.2007 vor, wobei er am 25.1.2007 hier einlangte. Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oö. erlangte demnach erstmals nach Aufforderung durch den Verwaltungsgerichtshof v. 17.1.2007, Zl. 2007/11/0272-3, von diesem Verfahren Kenntnis (protokolliert hier unter VwSen-610086/5).

 

3.1. Tatsächlich hätte damit die Behörde erster Instanz eine Kompetenz wahrgenommen, welche ihr nicht zukommt, weil sie mit der Zurückweisung des Vorlageantrages im Ergebnis über eine der Berufungsbehörde vorbehaltenen Sache zumindest präjudizierend entschieden hätte. 

 

3.2. Der Berufungswerber geht mit seinem Berufungsvorbringen unter Hinweis auf § 57 Abs.3 AVG von der Unzulässigkeit der Zurückweisung eines Vorlageantrages aus. Sein übriges Vorbringen zur genannten Bestimmung des AVG kann auf sich bewenden.

Er beantragt abschließend die Behebung dieses Bescheides vom 14.12.2007 und die Absprache über die Berufung gegen den Aufforderungsbescheid vom 12.4.2007.

 

3.2.1. Mit Schreiben vom 30.1.2008 verzichtet der Berufungswerber letztlich auf die Durchführung einer öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung und verweist gleichzeitig auf § 67d Abs.1 (gemeint wohl Abs.2)  Z1 u. Abs.4 AVG. Abermals legt er in diesem Schreiben seinen Rechtsstandpunkt dar, dass er sich durch den nunmehr bekämpften Bescheid vom 14.12.2007 in seinem Recht verletzt sehe, weil nach Einbringen eines zulässigen und rechtzeitigen Vorlageantrages die Berufungsbehörde über die Berufung gegen den (ursprünglichen) Bescheid zu entscheiden hätte. Die Berufungsvorentscheidung selbst sei insofern rechtswidrig, weil sie den Bescheid vom 12.04.2007 zu Unrecht als rechtmäßig verteidigte und der Berufung nur aufgrund von Änderungen des Sachverhaltes nach dem 12.04.2007 stattgegeben hätte.

Von der Durchführung einer Berufungsverhandlung kann im Lichte dieser ergänzenden Mitteilung und dem Hinweis auf die darin angeführten Rechtsvorschriften abgesehen werden.

 

4. In der Sache:

 

Die Behörde erster Instanz vermeinte in einer Anzeige gegen den Berufungswerber der PI Peuerbach wegen des Verdachtes des Suchtmittelmissbrauches dessen gesundheitliche Eignung zum Lenken von Kraftfahrzeugen in Frage gestellt zu sehen. Daher wurde er mit dem Bescheid vom 12.4.2007, "Aufforderungsbescheid", gestützt auf § 24 Abs.4 FSG, zur amtsärztlichen Untersuchung vorgeladen.

Dem trat der Berufungswerber mit seiner fristgerecht erhobenen Berufung entgegen. Sein Vorbringen lässt sich dahingehend zusammenfassen, dass die sich aus der Anzeige ergebende Beweislage keine sachliche Begründung, die gesundheitliche Eignung in Frage zu stellen, bilde.

Schon mit diesem Vorbringen sollte der Berufungswerber im Recht sein. Er hatte jedoch die Durchführung einer Berufungsverhandlung und die ersatzlose Behebung des Bescheides beantragt.

 

4.1. Laut Aktenvermerk des Sachbearbeiters der Behörde erster Instanz vom 10.5.2007 wurde mit dem Abteilungsleiter die Erlassung einer Berufungsvorentscheidung und damit die vorläufige Beseitigung des Bescheides vom 12.4.2007 besprochen. Es wurde folglich noch eine gutachterliche Stellungnahme des Amtsarztes an das BG Peuerbach u.a. mit dem Inhalt übermittelt, dass beim Berufungswerber "klinisch keine Hinweise auf Suchtmittelmissbrauch oder eine Entzugssymptomatik feststellbar gewesen seien". Der Berufungswerber befände  sich in einer sozial gefestigten Umgebung. Eine amtsärztliche Betreuung sei deshalb nicht erforderlich (Dr. B, Amtsarzt).

 

4.1.1. In der nachfolgend erlassenen Berufungsvorentscheidung ging die Behörde erster Instanz in der Begründung von den Feststellungen der PI Peuerbach jedoch vom Anbau von Cannabispflanzen ab März 2006 in einem Waldstück in B zum Eigengebrauch aus. Ebenfalls traf die Behörde erster Instanz darin die Feststellung, dass der Berufungswerber zumindest in den letzten drei Jahren wiederholt Suchtgift konsumiert hätte.

Diese Feststellung relativierte die Behörde erster Instanz schließlich wieder mit dem pauschalen Hinweis, dass dies nicht mehr nachgewiesen werden könne.

Dieser Bescheid wurde dem Berufungswerber per FAX am 5.6.2007 um 14:59:42 Uhr zugestellt.

Noch am gleichen Tag übermittelte der Berufungswerber durch seine Rechtsvertreterschaft einen Vorlageantrag, wo er im Ergebnis auf die in der Berufungsvorentscheidung bzw. im angefochtenen Bescheid angeführten unrichtigen Gründe – die den Aufforderungsbescheid bei der Erlassung als rechtmäßig erscheinen hätten lassen – hinwies.  Auf Basis des damaligen Wissensstandes sei der Bescheid (gemeint der Aufforderungsbescheid) jedoch klar rechtswidrig gewesen.

 

5. Vor dem Hintergrund der Aktenlage erweist sich dieses Vorbringen als berechtigt. Dem Berufungswerber ist darin zu folgen, dass die gegenständliche Aktenlage keine Anhaltspunkte für einen die Gesundheit beeinträchtigenden Suchtmittelkonsum ergibt. Ebenfalls lässt sich daraus auch nichts über einen angeblichen Anbau durch den Berufungswerber nachvollziehen.

Mit Blick darauf erweisen sich auch die Berufungsanträge, welche der Berufungsbehörde erst nach Aktenvorlage am 25.1.2008 erstmals zur Kenntnis gelangten als berechtigt.

 

5.1. Rechtlich hat der Unabhängige Verwaltungssenat erwogen:

 

Gemäß der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs sind für einen Aufforderungsbescheid nach § 24 Abs.4 FSG jedenfalls begründete Bedenken in der Richtung notwendig, dass der Inhaber der Lenkerberechtigung die gesundheitliche Eignung zum Lenken von Kraftfahrzeugen derjenigen Klassen, die von seiner Lenkberechtigung erfasst werden, nicht mehr besitzt. Es müssen hiefür zwar nicht Umstände vorliegen, aus denen bereits mit Sicherheit auf das Fehlen einer Erteilungsvoraussetzung geschlossen werden kann, es müssen aber genügend begründete Bedenken in dieser Richtung bestehen, die die Überprüfung des Vorliegens solcher Umstände geboten erscheinen lassen (vgl. hiezu VwGH vom 25.5.2005, GZ. 2004/11/0016 und andere). Nach VwGH 24.4.2001, 2000/11/0231 lässt selbst ein Jahr zurückliegender Suchtgiftkonsum auf eine Suchtgiftabhängigkeit zur Zeit der zu überprüfenden Entscheidung keine Rückschlüsse zu. Dies muss umso mehr gelten, wenn es einer solchen Beweislage überhaupt entbehrt. Nach dieser Entscheidung wird deutlich, dass die Rechtsprechung einen unmittelbaren und aktuellen Nahebezug hinsichtlich des Bestehens begründeter Bedenken verlangt.

Hiefür spricht auch der klare Wortlaut des § 24 Abs.4 1. Satz, dessen Inhalt besagt, dass zu prüfen ist, ob die Voraussetzungen der gesundheitlichen Eignung noch gegeben sind. Diese Formulierung setzt jedenfalls ein aktuelles Ereignis voraus, das begründete Bedenken hinsichtlich des Wegfalls der – im Zweifel jedenfalls vorliegenden – Voraussetzungen bei der Behörde hervorruft. Die Behörde erster Instanz ging hier offenbar bloß wegen eines bestehenden Verdachtes eines Suchtmittelkonsums in unzulässiger Weise und gleichsam als automatische – aber empirisch besehen gänzlich unbelegte – fehlende gesundheitliche Eignungsvoraussetzung zum Lenken von Kraftfahrzeugen aus.  Die Voraussetzungen nach § 24 Abs.4 FSG lagen aber bei dieser Beweislage nicht vor.

Da letztlich die Behörde erster Instanz mit der Zurückweisung des Vorlageantrages im Ergebnis ihre eigene Entscheidung zur Berufungsentscheidung erhob, letztlich den Berufungswerber um die Möglichkeit brachte, die – wenn auch nur in der Begründung des Bescheides weiterhin erblickte – Beschwer von der zuständigen Behörde relevieren zu lassen, war auch der den Vorlageantrag zurückweisende Bescheid  wegen dessen Rechtswidrigkeit zu beheben.

Folglich war über die offene Berufung gegen den Ausgangsbescheid abzusprechen.

 

5.2. Gemäß § 64a Abs.3 AVG tritt mit Einlangen des Vorlageantrages die Berufungsvorentscheidung ex lege außer Kraft (vgl. Hengstschläger/Leeb, AVG, 4. TB, Rz 35,36, zu § 64a AVG, mit Hinweis auf VwGH 26.12.2005, 2005/02/0262). Die Behörde hat die Parteien vom Außerkrafttreten der Berufungsvorentscheidung zu verständigen. Verspätete oder unzulässige Vorlageanträge sind von ihr zurückzuweisen. Ab dem Zeitpunkt des Außerkrafttretens ist die vorliegende Berufung wieder unerledigt, die Zuständigkeit zur Entscheidung darüber ist auf die Berufungsbehörde übergegangen (VwSlg 14.159 A/1994; VwGH 24.1.1997, 96/19/2111 mwN). Das Verfahren tritt demnach in das Stadium vor Ergehen der Berufungsvorentscheidung zurück (Hengstschläger3, Rz 511). Die Berufungsbehörde hat in diesem Fall die gleiche Entscheidungskompetenz wie im Berufungsverfahren, in dem keine Berufungsvorentscheidung ergangen ist (VwGH 20.2.1997, 96/96/0110), dh. sie entscheidet ausschließlich über die ursprünglich eingebrachte Berufung und nicht über die (nicht mehr existente) Berufungsvorentscheidung.

 

Damit war auch (noch) in [stattgebend] die Entscheidung über die Berufung  gegen den Ausgangsbescheid (den Aufforderungsbescheid v. 12.4.2007) zu fällen.

 

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss – von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen – jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 180  Euro zu entrichten.

 

 

Dr. B l e i e r

 

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