Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-222141/10/Bm/Sta

Linz, 07.02.2008

 

 

 

E R K E N N T N I S

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch die VI. Kammer (Vorsitzende: Dr. Ilse Klempt, Berichterin: Mag. Michaela Bismaier, Beisitzerin: Dr. Andreas Panny) über die Berufung des Herr S F, vertreten durch Rechtsanwälte G-L-T & Partner, S, L, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Urfahr-Umgebung vom 10.5.2007, Zl. Ge96-15-10-2007-BroFr, wegen Übertretung der Gewerbeordnung 1994, nach Durchführung einer mündlichen Augenscheinsverhandlung am 15.1.2008, zu Recht erkannt:

 

I.                  Der Berufung wird Folge gegeben, das angefochtene Straferkenntnis aufgehoben und das Verwaltungsstrafverfahren eingestellt.

II.              Es entfallen jegliche Verfahrenskostenbeiträge.

 

 

Rechtsgrundlage:

Zu I.: § 66 Abs.4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 (AVG), BGBl. Nr. 51/1991 idgF iVm §§ 24, 45 Abs.1 Z1 und 51 Verwaltungsstrafgesetz 1991 (VStG), BGBl. Nr. 52/1991 idgF.

Zu II.: § 66 Abs.1 VStG.

 

 

Entscheidungsgründe:

 

1. Mit Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Urfahr-Umgebung vom 10.5.2007, Ge96-15-10-2007, wurde über den Berufungswerber eine Geldstrafe von 3.500 Euro, Ersatzfreiheitsstrafe von 17 Tagen, wegen einer Verwaltungsübertretung gemäß § 366 Abs.1 Z1 iVm § 94 Z47 sowie § 1 Abs.2, 3 und 4 Gewerbeordnung 1994 (GewO 1994), BGBl. Nr. 194/1994 idgF verhängt. Dem Schuldspruch liegt folgender Tatvorwurf zu Grunde:

"Sie haben in der Zeit vom 19.1.2007 bis zum 21.1.2007 und vom 23.1.2007 bis zum 25.1.2007 das Maler- und Anstreichergewerbe ohne die dafür erforderliche Gewerbeausübung für das Gewerbe mit dem Wortlaut "Maler und Anstreicher" ausgeübt.

Auf dem Pkw mit dem amtlichen Kennzeichen  ist folgende Anschrift angebracht:

Ihr Maler und Anstreicher

für Fassaden, Wischtechnik, Dekor-Stuck, Spritzputze

S F, M,  O.

Tel. Nr..

Das Anbieten einer den Gegenstand eines Gewerbes bildenden Tätigkeit an einen größeren Kreis von Personen wird gemäß § 1 Abs.4 GewO 1994 der Ausübung des Gewerbes gleichgehalten.

Sie sind nicht im Besitz der oben angeführten Gewerbeberechtigung, obwohl sie die angebotenen Tätigkeiten gemäß § 1 Abs.2 GewO 1994 gewerbsmäßig ausübten."

 

2. Dagegen richtet sich die rechtzeitig eingebrachte Berufung, in der beantragt wird, eine mündliche Berufungsverhandlung anzuberaumen, nach Durchführung des Berufungsverfahrens den angefochtenen Bescheid zu beheben und das Verwaltungsstrafverfahren einzustellen, in eventu die verhängte Geldstrafe auf ein angemessenes Maß herabzusetzen bzw. unter Ausspruch einer Verwarnung nachzusehen. Im Wesentlichen wird das damit begründet, dass der Verdächtige die Anbringung der Anschrift "Ihr Maler und Anstreicher...." auf dem Pkw nicht bestreite und auch gegenüber der Behörde niemals bestritten habe. Dass der Verdächtige am Standort O Arbeitsleistungen, welche dem Malereigewerbe unterliegen, anbieten würde, werde hingegen bestritten. Die Behörde gehe offenbar fälschlicherweise davon aus, dass unter der Adresse  O, M, der Verdächtige das fragliche Gewerbe ausübe. Dies sei jedoch unrichtig. An dieser Adresse befinde sich lediglich das Wohnhaus des Beschuldigten. Der Gewerbebetrieb werde jedoch von dort nicht ausgeübt. Die gesamte Buchhaltung, die Werkstatt sowie das Lager und das Arbeitsmaterial würden sich am Gewerbestandort Z.,  L in T befinden. Auf Grund der Tatsache, dass der Verdächtige tschechische Schwiegereltern habe, seien im Aufträge in Tschechien verschafft worden, weshalb der Verdächtige dort den Gewerbeschein beantragt und auch erhalten habe. Es sei in weiterer Folge tatsächlich auch so gewesen, dass er angesprochen worden sei, ob er ebenfalls Arbeiten in Österreich verrichten würde. Dem Verdächtigen sei zum damaligen Zeitpunkt rechtlich nicht klar gewesen, ob eine tschechische Gewerbebewilligung auch in Österreich ausreichen würde, sodass er Erkundigungen eingeholt habe. Der Verdächtige habe sich dabei an jenen Rechtsanwalt, welcher ihm bei der Erlangung des Gewerbescheins behilflich gewesen sei, gewandt. Dieser habe ihm mitgeteilt, dass er keine Bedenken sehe, den Verdächtigen auf die Regelung der Dienstleistungsfreiheit hingewiesen und bestätigt, dass die Ausübung der hier inkriminierten gewerblichen Tätigkeit in Österreich jedenfalls zulässig sei. Anlässlich der Niederschrift am 6.10.2006 habe der Verdächtige bei der Behörde persönlich vorgesprochen, dass er sich auf den zitierten tschechischen Gewerbeschein und die EU-Bestimmungen berufe, wie ihm dies sein tschechischer Rechtsvertreter mitgeteilt habe. Bei der Bezirkshauptmannschaft Urfahr-Umgebung sei ihm mitgeteilt worden, dass er über keinen österreichischen Gewerbeschein verfüge. Der Rechtfertigung des Verdächtigen, im Besitz einer tschechischen Gewerbeberechtigung zu sein und seine Rechte aus der Dienstleistungsfreiheit auszuüben, sei lediglich entgegengehalten worden, dass die Gültigkeit dieser ausländischen Gewerbeberechtigung angezweifelt werde, dies aber das laufende Verfahren ergeben werde. Der Verdächtige habe daraufhin wiederum Rechtsanwalt Dr. R H kontaktiert und diesen von den aufgetretenen Schwierigkeiten informiert. Wiederum habe der Rechtsanwalt bestätigt, dass mit dem tschechischen Gewerbeschein die Erbringung von Dienstleistungen auch in Österreich rechtlich gedeckt sei. Diese Rechtsansicht habe Dr. H schließlich nochmals in seinem Schreiben vom 24.11.2006 festgehalten. Es sei daher keinesfalls so, dass der Verdächtige eine mutwillige Übertretung nach der GewO zu vertreten habe. Im Gegenteil: Der Verdächtige habe sich sogar in rechtliche Beratung begeben. Dort sei ihm mitgeteilt worden, dass sein Handeln rechtlich gedeckt und damit auch keine Strafbarkeit zu befürchten sei. Seitens der ermittelten Beamten bzw. der Bezirkshauptmannschaft sei dem Verdächtigen lediglich die Belehrung erteilt worden, dass er keinen österreichischen Gewerbeschein besitze und daher in Österreich nicht tätig werden dürfe. Zur Frage der Gültigkeit des tschechischen Gewerbescheins in Verbindung mit der Dienstleistungsfreiheit sei dem Verdächtigen sowohl von den Polizeibeamten als auch von der Behörde lediglich die Auskunft erteilt worden, dass dies im Zuge der Ermittlungen auch rechtlich abgeklärt werde. Der Verdächtige habe sich daraufhin auf die mehrfache mündliche und auch schriftlich vorliegende Beteuerung seines tschechischen Rechtsberaters verlassen.

Dem Verdächtigen könne daher nicht einmal Fahrlässigkeit vorgeworfen werden, zumal dieser auf eigene Kosten Informationen von fachkundiger Stelle eingeholt habe. Dass der Verdächtigte falsch beraten worden sei, könne diesem aber nicht als Verschulden zur Last gelegt werden. Umgehend, nachdem vom Verdächtigen der Fehler seines tschechischen Rechtsberaters erkannt worden sei, habe dieser die inkriminierten Anschriften auf seinem Pkw entfernt und jegliche selbstständige Tätigkeit in Österreich unterlassen.

Über den Beschuldigten wurde mit Strafverfügung der Bezirkshauptmannschaft Urfahr-Umgebung vom 1.2.2007 zu Ge96-76-14-2006, wegen des gleichen Delikts (jedoch Zeitraum 24.8.2006 bis 16.10.2006) eine Geldstrafe von 6.000 Euro verhängt. In Wahrheit handle es sich bei dem hier vorliegenden Verstoß um ein fortgesetztes Delikt. Aus dem Wesen einer Straftat als fortgesetzte Delikt folge, dass die Bestrafung für einen bestimmten Tatzeitraum durch die in diesem gelegenen, wenn auch allenfalls erst später bekannt gewordenen Einzeltathandlungen erfasst. Das bedeute konkret, dass ungeachtet einer im Spruch der Strafverfügung der Behörde angeführten Tatzeit alle Einzeltathandlungen bis zu der mit seiner Zustellung  erfolgten Fällung des Strafbescheides I. Instanz erfasst seien und daher wegen solcher Einzeltathandlungen nicht neuerlich gegen den selben Täter eine Strafe verhängt werden dürfe. Nach Zustellung der Strafverfügung der Bezirkshauptmannschaft Urfahr-Umgebung vom 1.2.2007 habe der Beschuldigte die inkriminierte Aufschrift entfernt und somit keine neuerlichen Übertretungen zu verantworten.

 

3. Die Bezirkshauptmannschaft Urfahr-Umgebung hat die Berufung samt dem bezughabenden Verwaltungsstrafakt zur Berufungsentscheidung vorgelegt.

 

4. Der Oö. Verwaltungssenat hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Verfahrensakt der Erstinstanz und in die vom Berufungswerber beigebrachten Unterlagen sowie Durchführung einer öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung am 15.1.2008, bei der der Berufungswerber und sein anwaltlicher Vertreter anwesend waren und gehört wurden. Weiters einvernommen wurden unter Hinweis auf die Wahrheitspflicht die Zeugen S S und H R.

 

Demnach steht folgenden entscheidungswesentlicher Sachverhalt fest:

 

Mit Straferkenntnis vom 1.2.2007 wurden über den Berufungswerber zwei Geldstrafen in der Höhe von jeweils 3.000 Euro verhängt. Dem Berufungswerber wird darin vorgeworfen, in der Zeit vom 24.8.2006 bis zum 16.10.2006 durch das Anbieten einer den Gegenstand des Maler und Anstreichergewerbes und des Stuckateurgewerbes bildenden Tätigkeit an einen größeren Kreis von Personen die genannten Gewerbe ausgeübt zu haben, ohne im Besitz der hiefür erforderlichen Gewerbeberechtigungen zu sein. Dieses Erkenntnis wurde am 5.2.2007 zugestellt.

Mit dem nunmehr angefochtenen Straferkenntnis vom 10.5.2007, wurde über den Berufungswerber wegen einer gleichartigen Verwaltungsübertretung eine Geldstrafe von 3.500 Euro verhängt. Als Tatzeitraum ist in diesem Straferkenntnis die Zeit vom 19.1.2007 bis zum 21.1.2007 und vom 23.1.2007 bis zum 25.1.2007 angeführt.

 

5. Hierüber hat der Oö. Verwaltungssenat erwogen:

 

Gemäß § 366 Abs.1 Z1 GewO 1994 begeht eine Verwaltungsübertretung, die mit Geldstrafe bis zu 3.600 Euro zu bestrafen ist, wer ein Gewerbe ausübt, ohne die erforderliche Gewerbeberechtigung erlangt zu haben.

 

Gemäß § 1 Abs.2 GewO 1994 wird eine Tätigkeit gewerbsmäßig ausgeübt, wenn sie selbstständig, regelmäßig und in der Absicht betrieben wird, einen Ertrag oder sonstigen wirtschaftlichen Vorteil zu erzielen, gleichgültig für welche Zwecke dieser bestimmt ist.

 

Nach Abs.4 dieser Bestimmung gilt auch eine einmalige Handlung  als regelmäßige Tätigkeit, wenn nach den Umständen des Falles auf die Absicht der Wiederholung geschlossen werden kann oder wenn sie längere Zeit erfordert. Anbieten einer den Gegenstand eines Gewerbes bildenden Tätigkeit an einen größeren Kreis von Personen oder bei Ausschreibungen wird der Ausübung des Gewerbes gleichgehalten.

 

 

Gemäß § 22 Abs.1 VStG sind, wenn jemand durch verschiedene selbstständige Taten mehrere Verwaltungsübertretungen begangen hat oder eine Tat unter mehrere einander nicht ausschließende Strafdrohungen fällt, die Strafen nebeneinander zu verhängen.

 

Der Berufungswerber ist mit seiner Beurteilung im Recht, dass es sich bei der gegenständlichen Verwaltungsübertretung der unbefugten Gewerbeausübung um ein fortgesetztes Delikt handelt.  Wie der Verwaltungsgerichtshof in ständiger Rechtsprechung dargelegt hat, schließt ein solches Delikt die Anwendung des in § 22 VStG normierten Kumulationsprinzips hinsichtlich der einzelnen Tathandlungen aus. Aus dem Wesen einer Straftat als fortgesetztes Delikt folgt, dass die Bestrafung für einen bestimmten Tatzeitraum auch die in diesem gelegenen, wenn auch allenfalls erst später bekannt gewordenen Einzeltathandlungen erfasst. Das bedeutet, dass ungeachtet einer im Spruch des Strafbescheides der Behörde I. Instanz angeführte Tatzeit alle Einzeltathandlungen bis zu der mit seiner Zustellung erfolgten Fällung des Strafbescheides I. Instanz erfasst sind und daher wegen solcher Einzeltathandlungen nicht neuerlich gegen denselben Täter eine Strafe verhängt werden darf.

Da vorliegend mit dem Straferkenntnis vom 1.2.2007 sämtliche Einzeltathandlungen bis zu der mit seiner Zustellung am 5.2.2007 erfolgten Fällung erfasst sind, darf hinsichtlich der Tathandlungen vom 19.1.2007 bis zum 21.1.2007 und vom 23.1.2007 bis zum 25.1.2007 nicht neuerlich gegen den Berufungswerber eine Strafe verhängt werden und war somit das Straferkenntnis vom 10.5.2007 zu beheben und das Verwaltungsstrafverfahren einzustellen.

 

6. Da die Berufung Erfolg hatte, war ein Verfahrenskostenbeitrag nicht zu leisten
(§ 66 Abs.1 VStG).

 

 

Rechtsmittelbelehrung:

 

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

Hinweis:

 

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsge­richts­hof erhoben werden; diese muss von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 180 Euro zu entrichten.

 

 

Dr. Klempt

 

 

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