Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-400934/4/Gf/Mu/Ga

Linz, 15.02.2008

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mit­glied Dr. Grof über die Beschwerde des g Staatsangehörigen B B, derzeit PAZ W, vertreten durch S T, gegen seine Anhaltung in Schubhaft durch den Bezirkshauptmann von Vöcklabruck zu Recht erkannt:

I.                  Der Beschwerde wird stattgegeben; es wird festgestellt, dass die Anhaltung des Beschwerdeführers in Schubhaft seit dem 1. Februar 2008 rechtswidrig ist.

 

II.              Der Bund (Verfahrenspartei: Bezirkshaupt­mann von Vöcklabruck) hat dem Beschwerdeführer Kosten in Höhe von 660,80 Euro binnen 14 Tagen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Rechtsgrundlagen:

§ 67c Abs. 3 AVG; § 83 FPG; § 79a AVG; § 1 UVS-AufwandsersatzVO.

 

 

 

Entscheidungsgründe:

1.1. Der Beschwerdeführer ist am 7. September 2007 von München aus kommend ins Bundesgebiet eingereist und hat in weiterer Folge am 10. September 2007 einen Asylantrag gestellt. In der BRD hatte er zuvor nicht um Asyl angesucht. In der Folge wurde mit Bescheid des Bezirkshauptmannes von Vöcklabruck vom 11. September 2007, Zl. Sich40-2676-2007, über den Rechtsmittelwerber zur Sicherung des Verfahrens zur Erlassung einer Ausweisung sowie deren Vollstreckung im Wege der Abschiebung die Schubhaft verhängt und durch Über­stellung in das PAZ Steyr sofort vollzogen. Die dagegen eingebrachte Beschwerde vom 23. November 2007 wurde bereits mit Erkenntnis des Oö. Verwaltungssenates vom 30. November 2007, VwSen-400919/4/BP/AB/Se, abgewiesen; unter einem wurde festgestellt, dass die Gründe zu seiner Anhaltung in Schubhaft weiterhin vorliegen, weshalb insoweit auf die in der genannten Entscheidung getroffenen Feststellungen verwiesen wird.

1.2. Mit Bescheid vom 3. Jänner 2008, Zl. 248720-2/6E-IX/49/07, hat der Unabhängige Bundesasylsenat die Berufung des Rechtsmittelwerbers gegen den negativen Bescheid des Bundesasylamtes vom 22. November 2007, Zl. 0708320-BAL, als unbegründet abgewiesen und das Verfahren über die Entscheidung zur Ausweisung des Beschwerdeführers an das Bundesasylamt zurückverwiesen. Wann dieser Bescheid dem Rechtsmittelwerber zugestellt wurde, lässt sich dem von der belangten Behörde vorgelegten Akt nicht entnehmen.

1.3. Gegen seine weitere Anhaltung in Schubhaft richtet sich die vorliegende, am 14. Februar 2008 beim Oö. Verwaltungssenat eingegangene Beschwerde.

Darin wird als neue Tatsache im Sinne des § 68 Abs. 1 AVG vorgebracht, dass seine ebenfalls in Österreich aufhältige Lebensgefährtin ein Kind erwartet und deshalb seine weitere Anhaltung in Schubhaft insbesondere deshalb unverhältnismäßig sei, weil er über Barmittel in Höhe von 1.235,06 Euro verfüge. Außerdem sei die Frist des § 80 Abs. 5 Fremdenpolizeigesetz bereits überschritten.

1.4. Die belangte Behörde hat dem Oö. Verwaltungssenat den Bezug habenden Verwaltungsakt vorgelegt und eine Gegenschrift erstattet, in der die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt wird. Insbesondere wird darauf hingewiesen, dass nach do. Auffassung die im § 80 Abs. 5 Fremdenpolizeigesetz festgelegte Vierwochenfrist deshalb noch nicht abgelaufen sei, weil infolge einer insoweit zurückverweisenden Entscheidung des UBAS das Ausweisungsverfahren in I. Instanz derzeit noch offen sei.

2. Der Oö. Verwaltungssenat hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Akt der BH Vöcklabruck zu Zl. Sich40-2676-2007; da sich bereits aus diesem der entscheidungswesentliche Sachverhalt klären ließ und die Verfahrensparteien einen entsprechenden Antrag nicht gestellt haben, konnte im Übrigen gemäß § 83 Abs. 2 Z. 1 des Fremdenpolizeigesetzes von der Durchführung einer öffentlichen Verhandlung abgesehen werden.

3. In der Sache selbst hat der Oö. Verwaltungssenat erwogen:

3.1. Nach § 82 Abs. 1 des Fremdenpolizeigesetzes, BGBl.Nr. I 157/205, zuletzt geändert durch BGBl.Nr. I 99/2006 (im Folgenden: FPG), hat ein Fremder, gegen den die Schubhaft ange­ordnet wurde, das Recht, den Unabhängigen Verwaltungssenat u.a. mit der Behauptung der Rechtswidrigkeit der Anhaltung in Schubhaft anzurufen.

Gemäß § 76 Abs. 2 Z. 3 FPG können auch Asylwerber u.a. zu dem Zweck festgenommen und in Schubhaft angehalten werden, wenn gegen diese vor der Stellung des Asylantrages ein durchsetzbares Aufenthaltsverbot verhängt worden ist. Außerdem kann über Asylwerber nach § 76 Abs. 2 Z. 4 FPG zur Sicherung des Verfahrens zur Erlassung einer Ausweisung oder deren Vollstreckung im Wege der Abschiebung die Schubhaft verhängt werden, wenn ein Ausweisungsverfahren bereits eingeleitet wurde bzw. anzunehmen ist, dass deren Antrag mangels Zuständigkeit Österreichs zu dessen inhaltlicher Prüfung zurückgewiesen werden wird.

Nach § 77 Abs. 1 FPG hat die Behörde jedoch von der Anordnung der Schubhaft Abstand zu nehmen, wenn sie Grund zu der Annahme hat, dass deren Zweck durch die Anwendung gelinderer Mittel erreicht werden kann. Als in diesem Sinne gelinderes Mittel kommt gemäß § 77 Abs. 3 FPG insbesondere die Anordnung in Betracht, in von der Behörde bestimmten Räumen Unterkunft zu nehmen oder sich in perio­dischen Abständen bei einem bestimmten dem Fremden zuvor bekannt gegebenen Polizei­kommando zu melden.

Gemäß dem hier in Betracht kommenden ersten Satz des § 80 Abs. 5 FPG kann die Schubhaft bis zum Ablauf der vierten Woche nach rechtskräftiger negativer Entscheidung über den Asylantrag aufrecht erhalten werden; diese Dauer kann jedoch überschritten werden, wenn nach § 80 Abs. 4 FPG die Feststellung der Identität oder Staatsangehörigkeit nicht möglich ist, die für die Ein- oder Durchreise erforderliche Bewilligung eines anderen Staates nicht vorliegt oder der Fremde die Abschiebung dadurch vereitelt, dass er sich der diese begleitenden Zwangsgewalt widersetzt.

3.2. Im gegenständlichen Verfahren eines in Schubhaft angehaltenen Asylwerbers ist zunächst strittig, ob die im § 80 Abs. 5 FPG erster Satz festgelegte Vierwochenfrist bereits überschritten ist.

In diesem Zusammenhang ergibt sich aus dem von der belangten Behörde vorgelegten Akt, dass der Unabhängige Bundesasylsenat über die Berufung des Beschwerdeführers gegen die Abweisung seines Asylantrages mit Bescheid vom 3. Jänner 2008 rechtskräftig negativ entschieden hat.

Weder aus dem Gesetz selbst noch aus den Erläuterungen (vgl. BlgNR 952 u. 1055, 22. GP) ergibt sich, ob die im § 80 Abs. 5 FPG festgelegte Vierwochenfrist ab dem Datum der Abfassung der Entscheidung oder erst ab deren Zustellung an den Antragsteller zu berechnen ist. Bei Zugrundelegung einer grundrechtskonformen, d.h. die persönliche Freiheit des Fremden möglichst wenig einschränkenden Auslegung (vgl. Art. 1 Abs. 3 PersFrSchG) dieser Rechtsvorschrift resultiert, dass allfällige Unzulänglichkeiten im behördlichen Vollzugsbereich nicht zu Lasten des Normunterworfenen gehen dürfen. Die Vierwochenfrist ist daher ab dem Zeitpunkt der Erstellung der rechtskräftigen negativen Entscheidung zu berechnen.

Davon ausgehend ergibt sich im gegenständlichen Fall, dass die Entscheidung des UBAS mit 3. Jänner 2008 datiert und die Frist des § 80 Abs. 5 FPG daher am 31. Jänner 2008 um 24.00 Uhr abgelaufen ist.

Dafür, dass die Identität oder die Staatsangehörigkeit des Beschwerdeführers zweifelhaft oder gar unmöglich gewesen wäre oder sich dieser einer bei der Abschiebung ausgeübten Zwangsgewalt widersetzt hätte, ergeben sich aus dem von der belangten Behörde vorgelegten Akt keine Anhaltspunkte. Gleichfalls kann diesem nicht entnommen werden, ob derzeit ein gültiges Heimreisezertifikat vorliegt (im Akt befindet sich ein solches, das bis 10. Jänner 2008 befristet war und im Bedarfsfall verlängert werden konnte). Dies kann jedoch insoweit auf sich beruhen, weil die Schubhaft über die in § 80 Abs. 3 bis 5 FPG festgelegte Frist von sechs Monaten und zusätzlichen vier Wochen nur dann überschritten und bis zur Höchstdauer von zehn Monaten ausgedehnt werden darf, wenn die Nichtvornahme der Abschiebung dem Verhalten des Fremden zuzurechnen ist (vgl. § 80 Abs. 4 erster Satz letzter Halbsatz FPG). Dafür finden sich jedoch im gegenständlichen Fall seit seiner Einreise vom 7. September 2007 keine Anhaltspunkte.

3.3. Aus allen diesen Gründen erweist sich daher die Anhaltung des Beschwerdeführers seit dem 1. Februar 2008 als rechtswidrig; auf die von ihm zusätzlich relevierte Frage, ob sich seine Anhaltung im Hinblick darauf, dass seine Lebensgefährtin demnächst ein Kind zur Welt bringen wird, als unverhältnismäßig erweist, brauchte daher ebenso wenig eingegangen zu werden wie auf das von der belangten Behörde vorgebrachte Argument, dass die im § 80 Abs. 5 FPG festgelegte Vierwochenfrist im gegenständlichen Fall deshalb noch nicht abgelaufen sei, weil infolge einer insoweit zurückverweisenden Entscheidung des UBAS das Ausweisungsverfahren in I. Instanz derzeit noch laufe: Diesbezüglich geht nämlich aus der letztgenannten Bestimmung zweifelsfrei vor, dass es in diesem Zusammenhang ausschließlich auf die rechtskräftige Abweisung des Asylantrages ankommt.

3.4. Der Oö. Verwaltungssenat hatte daher gemäß § 83 FPG i.V.m § 67c Abs. 3 AVG festzustellen, dass die Anhaltung des Beschwerdeführers seit dem 1. Februar 2008 rechtswidrig ist.

4. Bei diesem Verfahrensergebnis waren dem Beschwerdeführer nach § 79a Abs. 1 und 4 AVG i.V.m. § 1 Z. 1 der Aufwandsersatzverordnung UVS, BGBl.Nr. II 334/2003, Kosten in Höhe von 660,80 Euro (Schriftsatzaufwand) zuzusprechen.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

1.      Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 180 Euro zu entrichten.

 

2.      Im gegenständlichen Verfahren sind Gebühren in einer Höhe von 63,60 Euro entstanden; ein entsprechender Zahlschein liegt bei.

Dr. Grof


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N:\Grof\Erkenntnisse\e400934.doc

Interne Vermerke für die Geschäftsstelle:

 

0. Vor Absendung: Gebühren- und Kostenkontrolle

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1. Je eine Mehrausfertigungen:

a)      für den Akt

b)      für den Präsidenten (für Evidenz)

c)       für Gf (Doku)

d)      für alle Mitglieder der GA III + Mu

 

2. Wiedervorlage des Aktes 4 Wochen (gerechnet vom Absendedatum) an das entsprechende Sekretariat zur (sofortigen) Anonymisierung und Auslagerung des Erkenntnisses für die Veröffentlichung im Internet.

 

3.  Anonymisierungskontrolle:

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4. Pf zur Veröffentlichung des Erkenntnisses im Internet:

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5. Akt zur Ablage.


 

 

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