Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-521856/2/Zo/Jo

Linz, 12.02.2008

 

E r k e n n t n i s

 

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Mag. Zöbl über die Berufung der Frau S G, geb. , vertreten durch Rechtsanwalt Dr. J P, M, vom 24.01.2008, gegen den Bescheid des Bezirkshauptmannes von Braunau am Inn vom 22.01.2008, Zl. VerkR21-624-2006, wegen Abweisung eines Antrages auf Wiederausfolgung des Führerscheines zu Recht erkannt:

 

 

Die Berufung wird abgewiesen und der angefochtene Bescheid bestätigt.

 

Rechtsgrundlagen:

§ 66 Abs.4 und 67a Abs.1 AVG iVm §§ 24 Abs.3 und 28 Abs.1 FSG sowie 14 Abs.1 FSG-GV.

 

 

Entscheidungsgründe:

 

1. Die Bezirkshauptmannschaft Braunau am Inn hat mit dem angefochtenen Bescheid den Antrag der Berufungswerberin vom 17.12.2007 auf Wiederausfolgung ihres Führerscheines abgewiesen. Über den weiteren Antrag auf bescheidmäßigen Abspruch hinsichtlich der Verpflichtung zur Vorlage eines psychiatrischen Gutachtens wurde nicht gesondert abgesprochen.

Dieser Bescheid wurde zusammengefasst damit begründet, dass die Berufungswerberin das amtsärztliche Gutachten nicht beigebracht hat, weshalb der im Entzugsbescheid vom November 2006 angeordnete Entzug der Lenkberechtigung nicht geendet habe. Nach den Angaben der Amtsärztin bestehe ein Verdacht auf Alkoholabhängigkeit, weshalb zur Gutachtenserstellung die Vorlage einer fachärztlichen psychiatrischen Stellungnahme erforderlich sei.

 

2. In der dagegen rechtzeitig eingebrachten Berufung räumte die Berufungswerberin ein, dass sie im August 2007 Leberfunktionsparameter beigebracht habe, welche nicht normgerecht waren. Dies sei deshalb so gewesen, weil sie diese Werte wenige Tage nach der Rückkehr aus einem "All Inclusive Urlaub" habe machen lassen, bei welchem sie Alkohol konsumiert habe. Die Leberfunktionsparameter vom 02.10.2007 sowie vom 21.11.2007 seien aber normgerecht gewesen, insbesondere sei der CDT-Wert mit 0,8 % weit unter der Bedenklichkeitsschwelle. Es sei unsachlich, auf der Grundlage eines einzigen Alkoholdeliktes sowie einmaliger nicht normgerechter Laborbefunde auf den Verdacht der Alkoholabhängigkeit zu schließen.

 

Sie habe auch die verkehrspsychologische Stellungnahme beigebracht, welche sie zum Lenken von Kraftfahrzeugen der Klasse B als "bedingt geeignet" bezeichne. Die Empfehlung in der verkehrspsychologischen Stellungnahme, zur Abklärung der Hinweise auf eine Alkoholproblematik eine neurologisch psychiatrische Stellungnahme einzuholen und im Fall einer befürwortenden Stellungnahme eine enge Befristung der Lenkberechtigung vorzunehmen, lasse sich mit dem Gesetz nicht in Einklang bringen.

 

Die Beibringung eines neurologisch-psychiatrischen Gutachtens sei im Führerscheinentzugsbescheid nicht angeordnet worden und könne jetzt nicht von der Amtsärztin einfach verlangt werden. Sie habe deshalb einen bescheidmäßigen Abspruch diesbezüglich verlangt, wobei die BH diesem Antrag nicht entsprochen habe. Sie sei hinreichend gesund zum Lenken von Kraftfahrzeugen und es liege auch die kraftfahrspezifische Leistungsfähigkeit vor, weshalb ihr Antrag zu Unrecht abgewiesen worden sei. Sie beantragte daher die Abänderung des erstinstanzlichen Bescheides dahingehend, dass ihrem Antrag auf Wiederausfolgung des Führerscheines Folge gegeben wird.

 

3. Der Bezirkshauptmann von Braunau am Inn hat den Verwaltungsakt dem Unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich zur Entscheidung vorgelegt. Eine Berufungsvorentscheidung wurde nicht erlassen. Es ergibt sich daher die Zuständigkeit des Unabhängigen Verwaltungssenates, wobei dieser durch das nach der Geschäftsverteilung zuständige Einzelmitglied zu entscheiden hat (§ 67a Abs.1 AVG).

 

4. Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Verfahrensakt. Aus diesem ergibt sich der für die Entscheidung wesentliche Sachverhalt zur Gänze, weshalb eine öffentliche mündliche Berufungsverhandlung nicht erforderlich war. Eine solche wurde auch nicht beantragt.

 

4.1. Folgender Sachverhalt steht fest:

 

Der Berufungswerberin wurde wegen eines Alkoholdeliktes vom 22.10.2006 (0,8 mg/l) die Lenkberechtigung für die Dauer von 10 Monaten entzogen und unter anderem angeordnet, dass sie ein von einem Amtsarzt erstelltes Gutachten hinsichtlich ihrer gesundheitlichen Eignung zum Lenken von Kraftfahrzeugen innerhalb offener Entziehungsdauer beizubringen habe. Vor abschließender Erstellung dieses Gutachtens habe sie sich einer verkehrspsychologischen Untersuchung zu unterziehen. Die Dauer der Entziehung ihrer Lenkberechtigung ende nicht vor Befolgung dieser Anordnung.

 

Die Berufungswerberin war am 25.06.2007 zur amtsärztlichen Untersuchung bei der Bezirkshauptmannschaft Braunau. Dabei wurde ihr die Vorlage von Leberfunktionsparametern sowie einer verkehrspsychologischen Untersuchung aufgetragen. Am 20.08.2007 legte sie entsprechende Untersuchungsergebnisse vor (GGT 37: 74,6 U/l, MCV 100 fl sowie CD TEC 5,7 %, Untersuchungstermin 3.7.2007).

 

Die verkehrspsychologische Stellungnahme vom 10.08.2007 kommt zusammengefasst zum Ergebnis, dass die Berufungswerberin zum Lenken von Kraftfahrzeugen der Klasse B bedingt geeignet ist, wobei zur Abklärung der Hinweise auf eine Alkoholproblematik die Einholung einer neurologisch psychiatrischen Stellungnahme angeraten wurde. Weiters wurde eine enge Befristung der Lenkberechtigung vorgeschlagen.

 

Die Amtsärztin der Bezirkshauptmannschaft Braunau verlangte von der Berufungswerberin wegen des Verdachtes auf Alkoholabhängigkeit die Beibringung einer fachärztlichen psychiatrischen Stellungnahme. Sie hat anstelle dieser Stellungnahme neuerliche Leberwerte vom 02.10.2007 vorgelegt (CDT 0,8 %, GGT 37 24,5 U/l und MCV 97 fl). Am 28.11.2007 legte sie wiederum normgerechte Leberwerte vor (CDT 0,8 %, GGT 37 16,3 U7l und MCV 94 fl). Sie beantragte in weiterer Folge die Wiederausfolgung ihres Führerscheines und einen bescheidmäßigen Abspruch darüber, ob sie das psychiatrische Gutachten beibringen müsse.

 

Die Amtsärztin der Bezirkshauptmannschaft Braunau führte dazu aus, dass aufgrund der erhöhten Leberwerte vom August 2007 der Verdacht auf eine Alkoholabhängigkeit bestehe, weshalb zur Abklärung eine psychiatrische Stellungnahme gefordert wurde. Die aktuell beigebrachten normgerechten Laborwerte könnten diesen Verdacht nicht ausräumen, da es bei Alkoholabhängigkeit oft über einen längeren Zeitraum zu geringem Alkoholkonsum mit entsprechend normgerechten Werten komme. Auch die verkehrspsychologische Stellungnahme habe wegen Hinweisen auf eine Alkoholproblematik die Einholung einer neurologisch-psychiatrischen Stellungnahme empfohlen. Es könne daher ohne diese Stellungnahme das amtsärztliche Gutachten nicht abgeschlossen werden. In weiterer Folge erging nach Wahrung des Parteiengehörs der nunmehr angefochtene Bescheid.

 

5. Darüber hat der UVS des Landes Oberösterreich in rechtlicher Hinsicht Folgendes erwogen:

 

5.1. Gemäß § 24 Abs.3 FSG kann die Behörde bei der Entziehung oder Einschränkung der Lenkberechtigung begleitende Maßnahmen (Nachschulung u. dgl.) oder die Beibringung eines amtsärztlichen Gutachtens über die gesundheitliche Eignung anordnen. Im Rahmen des amtsärztlichen Gutachtens kann die Beibringung der erforderlichen fachärztlichen oder einer verkehrspsychologischen Stellungnahme aufgetragen werden. Bei einer Übertretung gemäß § 99 Abs.1 StVO 1960 ist unbeschadet der Bestimmungen des Abs.3a zusätzlich die Beibringung eines von einem Amtsarzt erstellten Gutachtens über die gesundheitliche Eignung gemäß § 8 sowie die Beibringung einer verkehrspsychologischen Stellungnahme anzuordnen. Wurde eine dieser Anordnungen innerhalb der festgesetzten Frist nicht befolgt oder wurden die zur Erstellung des ärztlichen Gutachtens erforderlichen Befunde nicht beigebracht oder wurde die Mitarbeit bei Absolvierung der begleitenden Maßnahmen unterlassen, so endet die Entziehungsdauer nicht vor Befolgung der Anordnung. Die Anordnung der begleitenden Maßnahme oder des ärztlichen Gutachtens hat entweder im Bescheid, mit dem die Entziehung oder Einschränkung ausgesprochen wird, oder in einem gesonderten Bescheid zugleich mit dem Entziehungsbescheid zu erfolgen.

 

Gemäß § 28 Abs.1 FSG ist der Führerschein nach Ablauf der Entziehungsdauer auf Antrag wieder auszufolgen, wenn

  1. die Entziehungsdauer nicht länger als 18 Monate war und
  2. keine weitere Entziehung der Lenkberechtigung angeordnet wird.

 

Gemäß § 14 Abs.1 FSG-GV darf Personen, die von Alkohol, einem Sucht- oder Arzneimittel abhängig sind oder den Konsum dieser Mittel nicht soweit einschränken können, dass sie beim Lenken eines Kraftfahrzeuges nicht beeinträchtigt sind, soweit nicht Abs.4 anzuwenden ist, eine Lenkberechtigung weder erteilt noch belassen werden. Personen, bei denen der Verdacht einer Alkohol-, Suchtmittel- oder Arzneimittelabhängigkeit besteht, haben eine fachärztliche psychiatrische Stellungnahme beizubringen.

 

5.2. In formaler Hinsicht ist zunächst festzuhalten, dass die Bezirkshauptmannschaft Braunau über den Antrag auf bescheidmäßige Vorschreibung der Beibringung einer fachärztlichen psychiatrischen Stellungnahme nicht ausdrücklich abgesprochen hat. Sie hat jedoch den damit zusammenhängenden Antrag auf Wiederausfolgung des Führerscheines abgewiesen und aus der Begründung des Bescheides ergibt sich auch mit hinreichender Deutlichkeit, dass aus Sicht der Bezirkshauptmannschaft Braunau die Vorlage der fachärztlichen psychiatrischen Stellungnahme erforderlich ist. Sie hat damit erkennbar ihren abweisenden Bescheid auch darauf gestützt, dass eben die aus ihrer Sicht erforderliche fachärztliche psychiatrische Stellungnahme noch nicht beigebracht wurde. Es kann daher bereits im jetzigen Berufungsverfahren die Frage geprüft werden, ob die Vorlage einer fachärztlichen psychiatrischen Stellungnahme notwendig ist oder nicht. Jede andere Vorgangsweise wäre für die Berufungswerberin mit einem erheblichen Zeitverlust und für die Behörden mit weiterem Aufwand verbunden, sodass im Sinne des § 39 Abs.2 AVG (Zweckmäßigkeit und Einfachheit) die Frage der Notwendigkeit einer fachärztlichen psychiatrischen Stellungnahme in diesem Berufungsverfahren beurteilt wird.

 

Der Berufungswerberin wurde die Lenkberechtigung wegen eines Alkoholdeliktes entzogen. Dieser Entzug endet gemäß § 24 Abs.3 FSG unter anderem so lange nicht, bis sie die zur Erstellung des ärztlichen Gutachtens erforderlichen Befunde beigebracht hat. Eine fachärztliche psychiatrische Stellungnahme ist gemäß § 14 Abs.1 FSG-GV dann notwendig, wenn der Verdacht einer Alkoholabhängigkeit besteht. Die Amtsärztin kann also nicht nach freiem Ermessen die Vorlage von fachärztlichen Stellungnahmen verlangen, sondern ist diesbezüglich an die Vorgaben der Gesundheitsverordnung gebunden.

 

Der Alkoholisierungsgrad beim Alkoholdelikt im Oktober 2006 lässt noch keinen Schluss auf eine eventuelle Alkoholabhängigkeit zu. Im konkreten Fall darf aber nicht unberücksichtigt bleiben, dass die Berufungswerberin im Juli 2007 erhöhte Leberfunktionswerte vorlegte, wobei sowohl der CDT-Wert als auch der GGT 37-Wert massiv überhöht waren. Dies deutet auf einen wesentlich überhöhten Alkoholkonsum in der Zeit vor der Untersuchung hin, wobei der Berufungswerberin zu dieser Zeit bewusst sein musste, dass ihre Leberfunktionswerte bei der amtsärztlichen Untersuchung überprüft werden. Sie hat zwar in weiterer Folge zweimal (am 02.10. sowie am 20.11.2007) normgerechte Laborwerte vorgelegt und diese lassen den Schluss zu, dass sie jedenfalls über einen Zeitraum von ca. zwei bis drei Monaten nur geringe Mengen Alkohol konsumiert hat. Dieser Beobachtungszeitraum erscheint aber zu kurz, um den Verdacht auf Alkoholabhängigkeit zu entkräften, weil derartige kürzere Phasen eines geringen Alkoholkonsumes oder von Abstinenz auch bei Alkoholabhängigkeit keinesfalls ungewöhnlich sind. Aus der verkehrspsychologischen Untersuchung ergibt sich ebenfalls, dass Alkoholkonsum im Alltag der Berufungswerberin eine nicht unwesentliche Rolle spielt. Wenn auch daraus alleine nicht der Schluss auf eine mangelnden Bereitschaft zur Verkehrsanpassung oder eine Alkoholkrankheit gezogen werden kann, so erscheint doch in Zusammenschau mit den vorgelegten Leberfunktionsparametern der Verdacht auf eine Alkoholabhängigkeit begründet. Das bedeutet keineswegs, dass die Berufungswerberin tatsächlich alkoholabhängig ist, allerdings bestehen doch konkrete Hinweise, welche einen dementsprechenden Verdacht begründen. Diese Frage ist daher entsprechend der Anordnung des § 14 Abs.1 FSG-GV durch eine fachärztliche psychiatrische Stellungnahme zu klären. Diese Stellungnahme ist daher erforderlich, damit die Amtsärztin ihr Gutachten abschließen kann, weshalb die Entzugsdauer gemäß § 24 Abs.3 FSG noch nicht geendet hat. Die Erstinstanz hat damit den Antrag zu Recht abgewiesen.

 

 

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen  diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

 

Hinweis:

1. Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 180 Euro zu entrichten.

 

2. Im gegenständlichen Verfahren sind Stempelgebühren in Höhe von 13,20 Euro angefallen.

 

 

 

Mag. Gottfried  Z ö b l

 

 

Beschlagwortung:

Verdacht auf Alkoholabhängigkeit; fachärztliche Stellungnahme;

 

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