Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-162789/6/Ki/Da

Linz, 14.02.2008

 

E r k e n n t n i s

(Bescheid)

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Mag. Alfred Kisch über die Berufung des Ing. R S, S, G, vom 4. Dezember 2007 gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Freistadt vom 12. November 2007, VerkR96-2449-2006, wegen einer Übertretung der StVO 1960 nach Durchführung einer mündlichen Berufungsverhandlung am 13. Februar 2008 durch Verkündung zu Recht erkannt:

 

 

Der Berufung wird teilweise Folge gegeben, der Schuldspruch des angefochtenen Straferkenntnisses wird bestätigt, der Straf- und Kostenausspruch behoben, an deren Stelle wird dem Rechtsmittelwerber in Anwendung des § 21 Abs.1 VStG eine Ermahnung erteilt und das Wort "Straferkenntnis" durch den Begriff "Bescheid" ersetzt. Der Rechtsmittelwerber hat keinerlei Beiträge zu den Kosten des Berufungsverfahrens zu leisten.

 

 

Rechtsgrundlage:

§§ 21 Abs.1, 24 und 51 VStG iVm § 66 Abs.4 AVG; § 65 VStG

 

 


Entscheidungsgründe:

 

1.1. Mit Straferkenntnis vom 12. November 2007, VerkR96-2449-2006, hat die Bezirkshauptmannschaft Freistadt den Berufungswerber für schuldig befunden, er habe am 11.7.2006, 15:00 Uhr in der Gemeinde Wartberg ob der Aist, Landesstraße Freiland, B 310 bei Strkm. 18.950, Fahrtrichtung Freistadt, die auf der Fahrbahn angebrachte Sperrlinie überfahren (Fahrzeug: Kennzeichen , Personenkraftwagen M1, R). Er habe dadurch § 9 Abs.1 StVO 1960 verletzt. Gemäß § 99 Abs.3 lit.a StVO 1960 wurde eine Geldstrafe in Höhe von 90 Euro (Ersatzfreiheitsstrafe 31 Stunden) verhängt. Außerdem wurde der Berufungswerber gemäß § 64 VStG zur Leistung eines Beitrages zu den Kosten des Strafverfahrens in Höhe von 9 Euro (10 % der verhängten Geldstrafe) verpflichtet.

 

1.2. Der Rechtsmittelwerber erhob gegen dieses Straferkenntnis mit Schreiben vom 4. Dezember 2007 Berufung. Darin führt er aus, dass die Sperrlinie an der beschriebenen Stelle als unterbrochen erscheint. Tatsächlich nehme man diese jedoch in diesem Bereich als unterbrochen wahr. Schließlich habe er beim Überholvorgang nicht die Menge Zeit, diese Sperrlinie zu studieren, wie es freilich bei der Betrachtung eines Fotos möglich sei, oder wenn man am Straßenrand stehe. Zudem sei der weitere Verlauf der Sperrlinie von dem zu überholenden Fahrzeug verdeckt gewesen und deshalb seien nur die ersten Meter dieser "Mittelleitlinie" sichtbar gewesen. In seinem Falle sei das zweifelsfreie Erkennen während des Überholvorganges nicht möglich gewesen.

 

2.1. Die Bezirkshauptmannschaft Freistadt hat die Berufung ohne Berufungsvorentscheidung dem Unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich mit Schreiben vom 17. Dezember 2007 vorgelegt.

 

2.2. Die Zuständigkeit des Unabhängigen Verwaltungssenates des Landes Oberösterreich ist gemäß § 51 Abs.1 VStG gegeben. Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hatte, da weder eine primäre Freiheitsstrafe noch eine 2.000 Euro übersteigende Geldstrafe verhängt wurde, durch das laut Geschäftsverteilung zuständige Einzelmitglied zu entscheiden.

 

2.3. Die Berufung wurde innerhalb der zweiwöchigen Rechtsmittelfrist bei der Bezirkshauptmannschaft Freistadt eingebracht und sie ist daher rechtzeitig.

 

2.4. Der Unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Verfahrensakt. Weiters wurde die die gegenständliche Sperrlinie betreffende Verordnung eingeholt und am 13. Februar 2008 eine mündliche Berufungsverhandlung durchgeführt. An dieser Berufungsverhandlung nahm der Rechtsmittelwerber teil, als Zeuge wurde der Meldungsleger GI K S (Landesverkehrsabteilung) einvernommen. Seitens der belangten Behörde ist ohne Angabe von Gründen keine Vertretung erschienen.

 

2.5. Aus dem vorliegenden Akt bzw. als Ergebnis der mündlichen Berufungsverhandlung ergibt sich für den Unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich folgender Sachverhalt, der der Entscheidung zu Grunde liegt:

 

Die gegenständliche Verwaltungsübertretung wurde der Bezirkshauptmannschaft Freistadt von der Landesverkehrsabteilung Oö. durch den bei der mündlichen Berufungsverhandlung als Zeugen einvernommenen Meldungsleger GI K S zur Kenntnis gebracht.

 

Eine zunächst ergangene Strafverfügung wurde vom Berufungswerber beeinsprucht, wobei er im Wesentlichen darauf hinwies, dass die Sperrlinie durch mehrere Reifenspuren, welche von LKW-Wendemanövern verursacht wurden, im genannten Bereich als unterbrochen bzw. an dieser Stelle beendet erschien. Diese schwarzen Reifenspuren würden eine gefährliche Täuschung verursachen. Beigelegt wurde ein Foto, welches am 11. Oktober 2006 aufgenommen wurde. Weiters erklärte der Rechtsmittelwerber, es wäre ihm nicht einmal im Traum eingefallen, einerseits jemals eine Sperrlinie zu überfahren, weil ihm die daraus resultierenden Gefahren sehr bewusst wären und andererseits vor einer Kulisse von etwa 6 Exekutivbeamten diese Sperrlinie zu überfahren.

 

Der Meldungsleger wurde im Rechtshilfewege von der Bundespolizeidirektion Linz am 12. Jänner 2007 zeugenschaftlich einvernommen, er gab zu den Einspruchsangaben an, dass die Sperrlinie an der gegenständlichen Örtlichkeit eindeutig als solche erkennbar sei.

 

Letztlich hat die Bezirkshauptmannschaft Freistadt das nunmehr angefochtene Straferkenntnis erlassen.

 

Bei seiner zeugenschaftlichen Befragung im Rahmen der mündlichen Berufungsverhandlung bestätigte der Meldungsleger zwar, dass sich auf der Sperrlinie Reifenabriebspuren befanden, diese seien jedoch nicht in solchen Abständen vorhanden gewesen, welche laut Bodenmarkierungsverordnung für Leitlinien vorgesehen sind. Seines Erachtens sei die Sperrlinie klar erkennbar gewesen. Er räumte jedoch ein, dass der Berufungswerber im Zuge des beginnenden Überholmanövers einen relativ kurzen Bereich der Sperrlinie überfahren hat bzw. dass, weil kein Gegenverkehr gegeben war, keine konkrete Gefährdung stattgefunden hat.

 

Der Berufungswerber selbst gestand ein, die Sperrlinie überfahren zu haben, verblieb jedoch bei seiner Rechtfertigung, dass er diese als solche nicht habe erkennen können, dies wegen der besagten Reifenabriebspuren.

 

2.6. Im Rahmen der freien Beweiswürdigung erachtet der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich, dass den Aussagen des Zeugen Glauben zu schenken ist. Es handelt sich dabei um einen Beamten der Landesverkehrsabteilung, welcher mit Verkehrsüberwachungsangelegenheiten betraut ist. Zu berücksichtigen ist, dass die Aussage unter Wahrheitspflicht getätigt wurde.

 

Der Berufungswerber konnte sich seinerseits in jede Richtung verteidigen, dieser Umstand darf zwar nicht schlechthin gegen ihn gewertet werden, letztlich hat er aber zugestanden, die Sperrlinie überfahren zu haben, er vermeinte jedoch, dass ihn wegen der Reifenabriebspuren bzw. Nichterkennbarkeit kein Verschulden treffen würde.

 

3. In der Sache selbst hat der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich wie folgt erwogen:

 

3.1. Gemäß § 9 Abs.1 StVO 1960 dürfen Sperrlinien nicht überfahren, Sperrflächen nicht befahren werden. Befinden sich eine Sperrlinie und eine Leitlinie nebeneinander, so hat der Lenker eines Fahrzeuges die Sperrlinie dann zu beachten, wenn sie dem von ihm benützten Fahrstreifen näher liegt.

 

Zunächst wird festgestellt, dass die gegenständliche Sperrlinie durch die Verordnung der Bezirkshauptmannschaft Freistadt vom 13. September 1996, VerkR10-411-1996-Ho, gedeckt ist.

 

Das durchgeführte Ermittlungsverfahren hat, unbestritten vom Berufungswerber, ergeben, dass er die gegenständliche Sperrlinie tatsächlich, wenn auch nur ein kurzes Stück, überfahren hat. Der objektive Sachverhalt wurde sohin verwirklicht.

 

3.2. Der Rechtsmittelwerber vermeint jedoch, dass wegen der Reifenabriebspuren bzw. im Zusammenhang mit dem Überholmanöver die Sperrlinie nicht als solche erkennbar gewesen sei. Diese Argumentation zielt auf ein mangelndes Verschulden (§ 5 VStG) hin.

 

Ausgehend von der zeugenschaftlichen Aussage des Meldungslegers wird jedoch dieser Argumentation entgegen gehalten, dass die Sperrlinie sehr wohl als solche objektiv erkennbar war und es ist von einem fachlich befähigten PKW-Lenker auch zu erwarten, dass er eine Leitlinie und eine, wenn auch durch Reifenabriebspuren beeinträchtigte, Sperrlinie zu unterscheiden vermag. Dazu kommt, dass der Berufungswerber, wie er selbst zugestanden hat, diese Strecke öfters befährt.

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich erachtet daher, dass ein mangelndes Verschulden im vorliegenden Falle nicht gegeben ist, es wurde sohin auch die subjektive Tatseite verwirklicht und es ist letztlich der Schuldspruch zu Recht erfolgt.

 

3.3. Gemäß § 21 Abs.1 VStG kann die Behörde ohne weiteres Verfahren von der Verhängung einer Strafe absehen, wenn das Verschulden des Beschuldigten geringfügig ist und die Folgen der Übertretung unbedeutend sind. Sie kann den Beschuldigten jedoch gleichzeitig unter Hinweis auf die Rechtswidrigkeit seines Verhaltens mit Bescheid ermahnen, sofern dies erforderlich ist, um den Beschuldigten von weiteren strafbaren Handlungen gleicher Art abzuhalten.

 

Dazu wird festgestellt, dass bei Vorliegen der Voraussetzungen des § 21 Abs.1 VStG ein Rechtsanspruch auf die Anwendung dieser Bestimmung besteht. Maßgeblich für die Anwendung dieser Bestimmung ist, dass einerseits das Verschulden geringfügig ist und andererseits die Folgen der Übertretung unbedeutend sind. Beide Voraussetzungen müssen kumulativ vorliegen.

 

Wenn auch dem Berufungswerber zumindest fahrlässiges Verhalten anzulasten ist, so erachtet der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich im vorliegenden konkreten Falle auf Grund der besonderen Umstände, dass das Verschulden eher geringfügiger Natur ist. Der Berufungswerber hat offenbar unter Berücksichtigung des Umstandes, dass kein Gegenverkehr vorhanden war, begonnen einen vor ihm fahrenden Kleinlastkraftwagen zu überholen. Möglicherweise wegen einer Irritierung durch die Reifenabriebspuren wurde der Überholvorgang jedoch noch im Bereich der Sperrlinie begonnen hat, wobei, wie auch vom Zeugen bestätigt wurde, es sich aber nur mehr um eine relativ geringfügige Strecke gehandelt hat. Zu berücksichtigen ist auch, dass der Rechtsmittelwerber bisher verwaltungsstrafrechtlich unbescholten war.

 

Was die Folgen der Tat anbelangt, so hat der Zeuge bestätigt, dass keine konkrete Gefährdung eingetreten ist. Zum Zeitpunkt des Überholmanövers bzw. Überfahrens der Sperrlinie war kein Gegenverkehr vorhanden und auch eine sonstige Gefährdung anderer Verkehrsteilnehmer kann nicht festgestellt werden.

 

Nachdem einerseits das Verschulden des Berufungswerbers gering ist und durch die Tat auch keine bedeutenden Folgen eingetreten sind, konnte im vorliegenden Falle von einer Bestrafung abgesehen werden, wobei jedoch, um den Beschuldigten vor weiteren strafbaren Handlungen gleicher Art abzuhalten, eine Ermahnung ausgesprochen werden musste.

 

4. Da der Ausspruch einer Ermahnung für das erstinstanzliche Verfahren keine Kostenfolge hat und der Rechtsmittelwerber im Berufungsverfahren einen Teilerfolg zu verbuchen hatte, trifft ihn keine Pflicht, Beiträge zu den Kosten des Berufungsverfahrens zu leisten.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 180 Euro zu entrichten.

Mag. Alfred Kisch

 

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