Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-162419/9/Zo/Jo

Linz, 03.03.2008

 

E r k e n n t n i s

 

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Mag. Zöbl über die Berufung des Herrn G E, geb. , W, vom 27.7.2007 gegen das Straferkenntnis des Bezirkshauptmannes von Kirchdorf an der Krems vom 20.07.2007, Zl. VerkR96-8658-2007, wegen einer Übertretung der StVO 1960 nach Durchführung einer öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung am 21.02.2008 zu Recht erkannt:

 

I.                   Die Berufung wird im Schuldspruch abgewiesen und das angefochtene Straferkenntnis mit der Maßgabe bestätigt, dass die Wortfolge "um 14 km/h" zu entfallen hat.

 

II.                 Von der Verhängung einer Strafe wird abgesehen und dem Berufungswerber eine Ermahnung erteilt.

III.              Es entfallen sämtliche Verfahrenskostenbeiträge.

 

Rechtsgrundlagen:

zu I. u. II.: § 66 Abs.4 AVG iVm §§ 24, 51 Abs.1, 51e und 21 Abs.1 VStG;

zu III.: §§ 64 ff VStG.

 


Entscheidungsgründe:

 

Zu I. u. II.:

1. Die Bezirkshauptmannschaft Kirchdorf hat dem Berufungswerber im angefochtenen Straferkenntnis vorgeworfen, dass er am 08.03.2007 um 20.22 Uhr das KFZ mit dem Kennzeichen  auf der A9 bei km 10,775 in Richtung Linz gelenkt habe, wobei er die in diesem Bereich kundgemachte zulässige Höchstgeschwindigkeit von 100 km/h um 14 km/h überschritten habe. Er habe dadurch eine Verwaltungsübertretung nach § 52 Z10a StVO begangen, weshalb über ihn gem. § 99 Abs.3 lit.a StVO eine Geldstrafe in Höhe von 29 Euro (Ersatzfreiheitsstrafe 12 Stunden) verhängt wurde. Weiters wurde er zur Zahlung eines Verfahrenskostenbeitrages in Höhe von 2,90 Euro verpflichtet.

 

2. In der dagegen rechtzeitig eingebrachten Berufung machte der Berufungswerber im Wesentlichen geltend, dass er die Lenkerauskunft nur unfreiwillig aufgrund der Sanktion des § 134 Abs.1 KFG erteilt habe. Diese Bestimmung verstoße gegen Artikel 90 Abs.2 B-VG sowie Artikel 6 EMRK und es bestehe ein Beweismittelverwertungsverbot.

 

Der Berufungswerber beantragte die Übermittlung der Radarfotos, der Zulassung und der Verwendungsbestimmungen des Messgerätes sowie der Auswertevorschriften, weiters des Messprotokolls, aus welchem vor allem die Antenneneinstellung und der Aufstellungswinkel ersichtlich ist sowie einer Dokumentation zum Messvorgang und zur Auswertung und weiters ein Sachverständigengutachten zum Messvorgang. Dies hinsichtlich des Winkels des Radarstrahls, der Höhe, in welcher der Radarstrahl auf das Fahrzeug auftraf und zur Frage, ob eine Reflexion durch den Richtungsfahrbahnteiler (Betonwand) ausgeschlossen sei. Weiters zur Antenneneinstellung und zum Auswertebereich des Radarfotos. Weiters beantragte der Berufungswerber die Übermittlung der "Vormerkungen".

 

3. Der Bezirkshauptmann von Kirchdorf hat den Verwaltungsakt dem Unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich zur Entscheidung vorgelegt. Eine Berufungsvorentscheidung wurde nicht erlassen. Es ergibt sich daher die Zuständigkeit des Unabhängigen Verwaltungssenates, wobei dieser durch das nach der Geschäftsverteilung zuständige Einzelmitglied zu entscheiden hat (§ 51c VStG).

 

4. Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Verfahrensakt sowie Durchführung einer öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung am 21.02.2008. Bei dieser war der Berufungswerber anwesend und es wurde ein Gutachten des Sachverständigen Dipl.(HTL) Ing. R H zur Radarmessung erstellt.

 

4.1. Daraus ergibt sich folgender für die Entscheidung wesentliche Sachverhalt:

 

Gegen den Lenker des PKW mit dem Kennzeichen  wurde eine Anzeige erstattet, weil dieser am 08.03.2007 um 20.22 Uhr auf der A9 bei km 10,775 in Fahrtrichtung Linz die in diesem Bereich erlaubte Höchstgeschwindigkeit von 100 km/h um 14 km/h überschritten hatte. Dieser Anzeige liegt eine Radarmessung mit dem Gerät der Marke Multanova VR 6FA Nr. 1857 zu Grunde.

 

Gegen den Berufungswerber wurde vorerst eine Strafverfügung wegen der Geschwindigkeitsüberschreitung erlassen, gegen welche er rechtzeitig Einspruch erhoben hat. In weiterer Folge wurde er gemäß § 103 Abs.2 KFG aufgefordert, den Lenker bekannt zu geben. Dazu teilte er mit Schreiben vom 10.06.2007 mit, dass er selbst gefahren sei. Er begründete ausführlich, dass er diese Auskunft unfreiwillig aufgrund der Sanktion des § 134 KFG erteile und die Bestimmung des § 103 Abs.2 KFG 1967 verfassungs- und MRK-widrig sei. Auch im weiteren Verfahren machte er die Ungültigkeit der Lenkererhebung geltend, ansonsten gab er keine Stellungnahme ab.

 

Auf Befragen zum Fahrzeuglenker gab der Berufungswerber in der Verhandlung an, dass er das Fahrzeug selbst gelenkt habe. Der Sachverständige erstattete anhand des Radarfotos ein Gutachten zur Radarmessung. Demnach befand sich das Fahrzeug alleine im Auswertebereich. Die Messstelle ist für Radarmessungen geeignet und es befinden sich keine künstlichen Bauten oder ähnlichen Gegenstände in der Nähe, welche die Messung beeinflussen könnten. Die Antenne des Radargerätes war auf "Fern" eingestellt. Die fotogrammetrische Auswertung des Radarfotos im Hinblick auf den Aufstellwinkel des Radargerätes ergab, dass ein Winkelfehler bei der Aufstellung des auf dem Stativ montierten Radargerätes nicht ausgeschlossen werden kann. Aufgrund der schlechten Bildqualität war eine exakte Auswertung nicht möglich, die fotogrammetrische Auswertung ergab einen Winkelfehler, welcher unter Berücksichtigung des größten möglichen Winkelfehlers eine Korrektur der Geschwindigkeit von 7,7 % ergibt. Dies bedeutet im Ergebnis, dass dem Berufungswerber nur eine Geschwindigkeit von 106 km/h sicher vorgeworfen werden kann.

 

Der Berufungswerber hat diesen Ausführungen des Sachverständigen nicht widersprochen, auch die Fragen hinsichtlich des Auswertebereiches der Antenneneinstellung sowie der maximalen Messentfernung wurden vom Sachverständigen beantwortet.

 

 

5. Darüber hat der UVS des Landes Oberösterreich in rechtlicher Hinsicht Folgendes erwogen:

 

5.1. Das Verkehrszeichen gemäß § 52 Z10a StVO 1960 "Geschwindigkeitsbeschränkung (erlaubte Höchstgeschwindigkeit)" zeigt an, dass das Überschreiten der Fahrgeschwindigkeit, die als Stundenkilometeranzahl im Zeichen angegeben ist, ab dem Standort des Zeichens verboten ist.

 

5.2. Das durchgeführte Beweisverfahren hat ergeben, dass die Radarmessung zu einem verwertbaren Messergebnis geführt hat. Auch unter Berücksichtigung des Umstandes, dass aufgrund der schlechten Qualität des Radarfotos die fotogrammetrische Auswertung mit Ungenauigkeiten behaftet ist, ergibt sich unter Zugrundelegung des bei dieser Auswertung errechneten größtmöglichen Winkelfehlers, dass der Berufungswerber jedenfalls eine Geschwindigkeit von 106 km/h eingehalten hat. Er hat damit die ihm vorgeworfene Verwaltungsübertretung in objektiver Hinsicht begangen. Es gibt auch keinerlei Hinweis darauf, dass ihn an dieser kein Verschulden treffen würde, weshalb gemäß § 5 Abs.1 VStG von fahrlässigem Verhalten auszugehen ist.

 

Der Berufungswerber hat sich auf Anfrage selbst als Fahrzeuglenker bekannt gegeben. Entsprechend der Rechtsprechung des EGMR (siehe die Fälle O'Halloren und Francis, Beschwerdenr. 15809/02 bzw. 25624/02) war er zur Lenkerauskunft verpflichtet. Der Berufungswerber beantragte in der Verhandlung ausdrücklich, dass der UVS darüber absprechen solle, dass er nicht verpflichtet gewesen sei, die Lenkerauskunft zu erteilen, weil diese verschiedene Fehler aufgewiesen hätte. Dazu legte er auch Entscheidungen des Verwaltungsgerichtshofes bzw. des UVS Steiermark und des UVS Vorarlberg vor.

 

Im gegenständlichen Berufungsverfahren ist allerdings nicht die formale Richtigkeit bzw. Unrichtigkeit der Lenkeranfrage zu beurteilen und es stellt sich auch nicht die Frage, ob der Berufungswerber allenfalls berechtigt gewesen wäre, die Auskunft zu verweigern. Im konkreten Verfahren geht es ausschließlich um die dem Berufungswerber vorgeworfene Geschwindigkeitsüberschreitung. Diese hat er begangen und ein näheres Eingehen auf die Umstände der Lenkeranfrage ist nicht erforderlich.

 

5.3. Gemäß § 21 Abs.1 VStG kann die Behörde ohne weiteres Verfahren von der Verhängung einer Strafe absehen, wenn das Verschulden des Beschuldigten geringfügig ist und die Folgen der Übertretung unbedeutend sind. Sie kann den Beschuldigten jedoch gleichzeitig unter Hinweis auf die Rechtswidrigkeit seines Verhaltens mit Bescheid ermahnen, sofern dies erforderlich ist, um den Beschuldigten von weiteren strafbaren Handlungen gleicher Art abzuhalten.

 

Im gegenständlichen Fall ist zu berücksichtigen, dass aufgrund der Überprüfung der Radarmessung durch einen Sachverständigen dem Berufungswerber letztlich nur eine Geschwindigkeit von 106 km/h mit Sicherheit vorgeworfen werden kann. Er hat damit die erlaubte Höchstgeschwindigkeit nur ganz geringfügig überschritten und die Übertretung hat auch zu keinen tatsächlichen negativen Folgen geführt.

 

Es ist zwar als straferschwerend zu berücksichtigen, dass über den Berufungswerber eine rechtskräftige Vormerkung wegen einer Geschwindigkeitsüberschreitung aus dem Jahr 2005 aufscheint (VerkR96-3161-2005), dennoch kann im konkreten Fall von der Verhängung einer Strafe abgesehen werden. Eine Ermahnung erscheint jedoch notwendig, um den Berufungswerber in Zukunft dazu anzuhalten, die jeweiligen Geschwindigkeitsbeschränkungen auch tatsächlich einzuhalten.

 

 

Zu III.:

Die Entscheidung über die Kosten stützt sich auf die im Spruch angeführten gesetzlichen Bestimmungen.

 

 

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen  diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 180 Euro zu entrichten.

 

 

 

 

 

Mag. Gottfried  Z ö b l

 

 

 

 

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