Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
FAQs| Sitemap| Weblinks

VwSen-150641/2/Lg/Hue

Linz, 15.02.2008

 

E r k e n n t n i s

(Bescheid)

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mit­glied Dr. Ewald Langeder über die Berufung des W S, D, A S, gegen den Bescheid des Bezirkshauptmanns des Bezirks Linz-Land vom 15. Jänner 2008, GZ BauR96-422-2007/Je, betreffend die Abweisung eines Antrages auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wegen Verspätung der Einbringung eines Einspruches gegen die Strafverfügung vom 3. Oktober 2007, Zl. BauR96-422-2007/Je, zu Recht erkannt:

Die Berufung wird als unbegründet abgewiesen. Der Spruch des angefochtenen Bescheides ist dahingehend zu korrigieren, dass er zu lauten hat: "Der Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand vom 9. Dezember 2007 im Hinblick auf die Möglichkeit zur Einbringung eines Einspruches gegen die Strafverfügung des Bezirkshauptmanns des Bezirks Linz-Land vom 3. Oktober 2007, GZ BauR96-422-2007/Je, wird als unzulässig zurückgewiesen".

Rechtsgrundlagen:

§§ 24 und 51 Verwaltungsstrafgesetz 1991 – VStG iVm. §§ 66 Abs. 4, 71 Allgemeines Verwal­tungsverfahrens­gesetz 1991 – AVG

 

 

Entscheidungsgründe:

 

1. Mit dem angefochtenen Bescheid wurde der Antrag des Berufungswerbers (Bw) vom 9. Dezember 2007 um Wiedereinsetzung in den vorigen Stand im Hinblick auf die Möglichkeit zur Einbringung eines Einspruches gegen die Strafverfügung vom 3. Oktober 2007, GZ BauR96-422-2007/Je, abgewiesen.

 

Begründend wird auf § 71 AVG i.V.m. § 24 VStG hingewiesen, wonach gegen die Versäumung einer Frist die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu bewilligen sei, wenn die Partei glaubhaft mache, dass sie durch ein unvorhergesehenes oder unabwendbares Ereignis verhindert gewesen sei, die Frist einzuhalten und sie kein Verschulden oder nur ein minderer Grad des Versehens treffe.

Der Bw habe angegeben, als Kraftfahrer viel unterwegs und nur unregelmäßig an seiner Wohnadresse anzutreffen zu sein. In diesem Fall hätte der Bw selbst dafür Sorge zu tragen gehabt, von entsprechenden Hinterlegungen Kenntnis zu erlangen. Es könne weder ein unvorhergesehenes noch unabwendbares Ereignis nachvollzogen werden. Auch sei es als eher unwahrscheinlich zu erachten, dass amtliche Postsendungen mit Postsendungen von Post- und Internetbetrügern verwechselt werden könnten, da diese durch eine eingeschriebene Postsendung jederzeit nachvollziehbar zugestellt würden. Für die Erstbehörde bestehe daher kein Grund, die ordnungsgemäße Hinterlegung in Frage zu stellen, weshalb von einer ordnungsgemäßen Zustellung auszugehen sei. Bei Nichtbehebung der gegenständlichen Sendung sei Zustellfiktion eingetreten. Es sei dem Bw nicht gelungen, das Vorliegen eines unvorhergesehenen oder unabwendbaren Ereignisses glaubhaft zu machen.  

 

2. In der Berufung wird verfahrensgegenständlich vorgebracht, dass das Argument der Sicherstellung der Postannahme hinfällig sei. Fremde Personen müssten diesfalls dann die Post des Bw lesen, was auch gegen das Postgeheimnis verstoßen würde.

 

3. Aus dem Akt ist ersichtlich:

 

Der Bw wurde mittels Strafverfügung vom 3. Oktober 2007, GZ BauR96-422-2007/Je, wegen einer Übertretung des Bundesstraßen-Mautgesetzes 2002 bestraft. Die Zustellung erfolgte mittels Einschreibebrief und wurde von der Deutschen Post mit dem Vermerk "nicht abgeholt" am 25. Oktober 2007 an die belangte Behörde retourniert.

 

Der erstbehördliche Akt setzt fort mit einem Vollstreckungsauftrag an das Finanzamt D vom 3. Dezember 2007. Daraufhin erfolgte am 9. Dezember 2007 seitens des Bw ein Einspruch gegen die gegenständliche Strafverfügung und ein Antrag auf "Einsetzen in den vorigen Stand" mit dem Hinweis, dass ihm die Strafverfügung unbekannt sei und es ihm nicht möglich sei, seinen Postkasten zu bewachen. Außerdem sei die Aufmachung des Schreibens der belangten Behörde leicht als Schreiben von Post- und Internetbetrügern zu interpretieren.

 

Mittels Schreiben der Erstbehörde vom 17. Dezember 2007 wurde daraufhin das Vollstreckungsersuchen an das Finanzamt D widerrufen. 

 

Der Akt schließt mit dem angefochtenen Bescheid und der daraufhin eingebrachten Berufung.

 

4. Der Unabhängige Verwaltungssenat hat darüber erwogen:

 

Zunächst ist die Frage der Zulässigkeit des Wiedereinsetzungsantrages zu prüfen. Diese setzt gemäß § 71 Abs. 1 AVG ein Fristversäumnis voraus, diese wiederum die Wirksamkeit der Zustellung (hier: der gegenständlichen Strafverfügung). Der Antragsteller stellt die Zulässigkeit des Wiedereinsetzungsantrages selbst in Frage, indem er die Wirksamkeit der Zustellung in Zweifel zieht.

 

Gemäß § 48 Abs. 2 VStG sind Strafverfügungen zu eigenen Handen zuzustellen.

 

Die Abgabestelle des Bw liegt in der Bundesrepublik Deutschland. Die Art der Zustellung richtet sich ebenso wie die Wirkung der Zustellung im Gebiet der Bundesrepublik Deutschland nicht nach den Bestimmungen des österreichischen Zustellgesetzes, sondern es ist dies nach deutschem Recht zu beurteilen (vgl. etwa VwGH 2000/03/0320 vom 29.1.2003).

 

Gemäß Art. 3 des Vertrages zwischen der Republik Österreich und der Bundesrepublik Deutschland über Amts- und Rechtshilfe in Verwaltungssachen, BGBl.Nr. 1990/526, wird Amts- und Rechtshilfe nach dem Recht des ersuchten Staates geleistet. Die Vornahme von Zustellungen ist in Art. 10 des genannten Vertrages geregelt. Gemäß dessen Art. 10 Abs. 1 werden Schriftstücke im Verfahren nach Art. 1 Abs. 1 unmittelbar durch die Post nach den für den Postverkehr zwischen den Vertragsstaaten geltenden Vorschriften übermittelt. Wird ein Zustellnachweis benötigt, ist das Schriftstück als eingeschriebener Brief mit den besonderen Versendungsformen "Eigenhändig" und "Rückschein" zu versenden.

 

Gegenständlich wurde die Strafverfügung als Einschreibebrief ohne Verwendung der roten Rückscheinkarte des Weltpostvereines und damit auch ohne des Vermerks "Eigenhändig" und "Rückschein" versendet.

 

Gemäß § 9 der deutschen Postdienstverordnung, dBGBl. 1994 Teil I, werden gewöhnliche Briefsendungen durch Einlegen in eine für den Empfänger bestimmte und ausreichend aufnahmefähige Vorrichtung für den Empfang von Briefsendungen zugestellt. Ist die Zustellung nach Satz 1 wegen der Art oder des Umfangs dieser Briefsendung nicht möglich und wird ein nach § 8 Abs.1 und 2 Berechtigter nicht angetroffen, sind gewöhnliche Briefsendungen den in Absatz 2 genannten Ersatz­empfängern zu übergeben. Sofern keine der in Absatz 2 genannten Personen ange­troffen wird, können gewöhnliche Briefsendungen Haus- oder Wohnungsnachbarn als weiteren Ersatzempfängern übergeben werden.

 

Gemäß § 9 Abs.2 leg.cit. können eingeschriebene Briefsendungen Ersatz­empfängern übergeben werden, sofern keiner der nach § 8 Abs.1 und 2 Berechtigten angetroffen wird. Ersatzempfänger für eingeschriebene Briefsendungen sind

1. Angehörige der nach § 8 Abs.1 und 2 Berechtigten,

2. in der Wohnung oder im Geschäft des Empfängers angestellte Personen,

3. der Inhaber oder Vermieter der in der Anschrift angegebenen Wohnung.

 

Art. 10 Abs. 1 vorgenannten Vertrages ist dahingehend zu verstehen, dass die Versendung "Eigenhändig" zulässig aber nicht geboten ist. Es ist daher davon auszugehen, dass eine eigenhändige Zustellung (wie sie im gegenständlichen Fall zwingend vorgeschrieben ist) im direkten Postweg nicht mit Sicherheit bewirkt werden kann, sondern nur dann, wenn der Empfänger zufällig selbst den Brief übernimmt, da nach der hier maßgeblichen deutschen Rechtslage (Postdienstverordnung) trotz des Vermerkes "Eigenhändig" an Ersatzempfänger zugestellt werden darf.

 

§ 181 (Ersatzzustellung durch Niederlegung) dZPO lautet:

"(1) Ist die Zustellung nach § 178 Abs. 1 Nr. 3 oder § 180 nicht ausführbar, kann das zuzustellende Schriftstück auf der Geschäftsstelle des Amtsgerichts, in dessen Bezirk der Ort der Zustellung liegt, niedergelegt werden. Wird die Post mit der Ausführung der Zustellung beauftragt, ist das zuzustellende Schriftstück am Ort der Zustellung oder am Ort des Amtsgerichts bei einer von der Post dafür bestimmten Stelle niederzulegen. Über die Niederlegung ist eine schriftliche Mitteilung auf dem vorgesehenen Formular unter der Anschrift der Person, der zugestellt werden soll, in der bei gewöhnlichen Briefen üblichen Weise abzugeben oder, wenn das nicht möglich ist, an der Tür der Wohnung, des Geschäftsraums oder der Gemeinschaftseinrichtung anzuheften. Das Schriftstück gilt mit der Abgabe der schriftlichen Mitteilung als zugestellt. Der Zustelle vermerkt auf dem Umschlag des zuzustellenden Schriftstücks das Datum der Zustellung.

(2) Das niedergelegte Schriftstück ist drei Monate zur Abholung bereitzuhalten. Nicht abgeholte Schriftstücke sind danach an den Absender zurückzusenden." 

 

Nach Rechtsmeinung des deutschen Innenministeriums ist die im Deutschen Verwaltungszustellungsgesetz vorgesehene Regelung für die Wirkung der Niederlegung (die der Hinterlegung nach den österreichischen zustellrechtlichen Vorschriften entspricht) nur für Schriftstücke deutscher Behörden anwendbar. Da gem. Art. 3 des Vertrages die Amts- und Rechtshilfe nach dem Recht des ersuchten Staates geleistet wird, ergibt sich, dass für Schriftstücke österreichischer Behörden die Wirkung der Niederlegung nicht eintreten kann. Nur wenn eine deutsche Behörde die Zustellung des österreichischen Schriftstückes auf deren Ersuchen veranlasst, kann die Niederlegung Zustellwirkung entfalten.

Dies hat zur Folge, dass Schriftstücke österreichischer Verwaltungsbehörden, die aufgrund des Art. 10 Abs. 1 des Vertrages im direkten Postweg zugestellt werden (als eingeschriebener Brief der Versendungsform "Rückschein", auch mit "Eigenhändig"), in Deutschland zwar nach den einschlägigen Vorschriften auf dem Postamt niedergelegt (hinterlegt) werden, wenn der Empfänger beim Zustellversuch nicht angetroffen wird. Wenn der Empfänger das niedergelegte Schriftstück auf dem Postamt aber nicht abholt, kommt dieser Form der Niederlegung nicht die Wirkung einer Zustellung zu!

 

Dies bedeutet, dass gegenständlich die Nichtabholung der Strafverfügung durch den Bw bzw. die Rücksendung des Schriftstückes an die Erstbehörde eine (eigenhändige) Zustellung (bzw. Niederlegung) durch die zuständige deutsche Behörde erforderlich gemacht hätte (vgl. VwSen-150454/12/Lg/Hue/Ga v. 29.5.2007 zum Verwaltungsverfahren der selben Erstbehörde, GZ BauR96-557-2005/Je). Da dies jedoch nicht erfolgt ist, ist von einer nicht erfolgten Zustellung der Strafverfügung (durch Bereithalten des Schriftstückes bei der deutschen Post) auszugehen, weshalb dadurch auch keine Rechtsmittelfrist ausgelöst werden bzw. kein Fristversäumnis eintreten konnte. Der gegenständliche Wiedereinsetzungsantrag vom 9. Dezember 2007 war deshalb unzulässig. Die Tatsache, dass der gegenständliche Wiedereinsetzungsantrag von der Behörde aufgrund des oben angeführten Sachverhaltes zurückzuweisen gewesen wäre anstatt ihn abzuweisen, bildet für den Bw keinen Rechtsnachteil (vgl. VwGH 97/06/0056 v. 2.7.1998).

 

Es war deshalb spruchgemäß zu entscheiden.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 180 Euro zu entrichten.

Dr. Langeder

 

DruckersymbolSeite drucken
Seitenanfang Symbol Seitenanfang
www.uvs-ooe.gv.at| Impressum