Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-162793/2/Bi/Se

Linz, 29.02.2008

 

E R K E N N T N I S

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Mag. Karin Bissenberger über die Berufung des Herrn A R, L, vertreten durch Herrn RA G U, N, vom 29. November 2007 gegen das Straferkenntnis des Bezirkshauptmannes von Vöcklabruck vom 7. November 2007, VerkR96-4974-2007, wegen Übertretungen des KFG 1967, zu Recht erkannt:

 

I. Die Berufung wird abgewiesen und das angefochtene Straferkenntnis vollinhaltlich bestätigt.

 

II. Der Rechtsmittelwerber hat zusätzlich zu den Verfahrenskosten der Erstinstanz Beträge von 1), 2) und 3) jeweils 40 Euro, gesamt 120 Euro, ds 20 % der verhängten Strafen, als Kostenbeitrag zum Rechts­mittelverfahren zu leisten.

 

Rechtsgrundlage:

zu I.: § 66 Abs.4 AVG iVm §§ 24, 51 Abs.1 und 19 VStG

zu II.: § 64 VStG

 

Entscheidungsgründe:

 

Zu I.:

1. Mit dem oben bezeichneten Straferkenntnis wurden über den Beschuldigten wegen Verwaltungsübertretungen gemäß 1) und 2) je § 134 Abs.1 KFG iVm Art.6 Abs.1 EG-VO 3820/85 und 3) § 134 Abs.1 iVm Art.8 Abs.1 EG-VO 3820/85 Geld­strafen von 1), 2) und 3) jeweils 200 Euro (144 Stunden EFS) verhängt, weil er am 9. Jänner 2007, 13.30 Uhr, in der Gemeinde Seewalchen am Attersee, B151 bei km 7.340, als Lenker des Kraftfahrzeuges, bestehend aus dem Sattel­zug­fahr­zeug    und dem Anhänger    , welches zur Güterbeför­derung im internationalen Straßenverkehr eingesetzt gewesen sei und dessen höchst zu­lässiges Gesamtgewicht einschließlich Anhänger oder Sattelanhänger 3,5 t über­steige, folgende Übertretungen begangen habe:

1) Er habe die Tageslenkzeit von höchstens 9 Stunden bzw zweimal wöchentlich 10 Stunden zwischen zwei täglichen Ruhezeiten an folgenden Tagen über­schritten: Lenkzeit vom 17.12.2006, 23.45 Uhr, bis 18.12.2006, 15.05 Uhr, das seien 10 Stunden und 40 Minuten.

2) Er habe die Tageslenkzeit von höchstens 9 Stunden bzw zweimal wöchentlich 10 Stunden zwischen zwei täglichen Ruhezeiten an folgenden Tagen über­schritten: Lenkzeit vom 7.1.2007, 19.20 Uhr, bis 8.1.2007, 13.55 Uhr, das seien 12 Stunden und 30 Minuten.

3) Es sei festgestellt worden, dass er nicht innerhalb jedes Zeitraumes von 24 Stunden eine tägliche Ruhezeit von mindestens 12 Stunden eingehalten habe, ob­wohl die tägliche Ruhezeit in Abschnitten konsumiert worden sei: Ruhezeit vom 7.1.2007, 19.50 Uhr bis 21.35 Uhr: 1 Stunde 45 Minuten, und von 2.00 Uhr bis 3.15 Uhr: 1 Stunde 15 Minuten - daher Gesamtruhezeit nur 3 Stunden 00 Minuten.         

Gleichzeitig wurden ihm Verfahrenskostenbeiträge von gesamt 60 Euro auferlegt.

 

2. Dagegen hat der Berufungswerber (Bw) fristgerecht Berufung eingebracht, die seitens der Erstinstanz ohne Berufungsvorentscheidung dem Unabhängigen Ver­wal­tungs­senat des Landes Oberösterreich vorgelegt wurde. Da keine 2.000 Euro über­steigende Geldstrafe verhängt wurde, war durch das nach der Geschäftsver­teilung zuständige Einzelmitglied zu entscheiden (§ 51c VStG). Die Anberaumung einer öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung erübrigte sich, weil nur eine unrichtige rechtliche Beurteilung behauptet und keine Berufungsverhandlung be­an­tragt wurde (§ 51e Abs.3 Z1 VStG). 

 

3. Der Bw macht unter Hinweis auf seine Ausführungen vom 15.5.2007 im Wesent­lichen geltend, die Verstöße seien nicht auf österreichischem Territorium begangen worden und die "EU-Richtlinien" 3820/85 und 3821/85 seien zum Zeit­punkt der vorgeworfenen Verstöße nicht anwendbar gewesen.

Mit Schriftsatz vom 15. Mai 2007 wurde (bezogen auf die ggst Tatvorwürfe) ein­ge­wendet, die genannten "EU-Richt­linien" stellten keine Ermächtigung dar, in anderen EU-Ländern begangene Ver­stöße zu sanktionieren. Die EU-Verordnung 561/2007 sei erst mit 11.4.2007 in Kraft getreten und auf den Sachverhalt nicht anzuwenden. Nach der zitierten Richtlinie habe der Fahrer die Schaublätter für die laufende Woche und den letzen Tag der vorangegangenen Woche, an dem er gefahren sei, vorlegen müssen. Aus welchem Grund das Kontrollorgan am 9.1.2007 weit über den genannten Zeitraum hinaus Schaublätter verlangt, eingesehen und beschlag­nahmt habe, sei nicht nachvollziehbar und werfe die Frage auf, ob unter Verstoß gegen geltendes Recht Erlangtes zur Sanktionierung verwendet werden könne.

 

4. Der Unabhängige Verwaltungssenat hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Verfahrensakt der Erstinstanz.

Daraus geht hervor, dass der Bw als Lenker des angeführten Sattelkraftfahrzeu­ges am 9. Jänner 2007, 13.30 Uhr in Seewalchen, B151 bei km 7.340 zur Lenker- und Fahrzeugkontrolle angehalten wurde, wobei er dem Meldungsleger 15 Schaublätter vorlegte, die von diesem gegen Bestätigung beschlagnahmt wurden.

In der Anzeige wurden dem Bw insgesamt 25 Übertretungen zur Last gelegt, so auch die oben dargelegten, die die Grundlage für die Tatvorwürfe im Strafer­kennt­nis bilden.

 

In rechtlicher Hinsicht hat der Unabhängige Verwaltungssenat erwogen:

Gemäß § 134 Abs.1 KFG 1967 in der zum Vorfallszeitpunkt 9.1.2007 geltenden Fassung BGBl.I Nr.117/2005 (in Kraft getreten mit 1.1.2006) begeht ua eine Verwal­tungs­übertretung und ist zu bestrafen, wer den Artikeln 5 bis 9 der EG-VO 3820/85 sowie der EG-VO 3821/85 zuwiderhandelt.

Gemäß Abs.1a leg.cit. sind Übertretungen der Artikel 5 bis 9 der EG-VO 3820/85 sowie der EG-VO 3821/85 auch dann als Verwaltungsübertretung strafbar, wenn die Übertretung nicht im Inland, sondern auf einer Fahrtstrecke innerhalb des Geltungsbereiches dieser Bestimmungen begangen worden ist (Art. 2 der EG-VO 3820/85). Als Ort der Übertretung gilt in diesem Falle der Ort der Betretung im Inland, bei der die Übertretung festgestellt worden ist. Von einer Bestrafung ist jedoch abzusehen, wenn die Übertretung im Bundesgebiet nicht mehr andauert und der Lenker nachweist, dass er wegen dieses Deliktes bereits im Ausland bestraft worden ist.

Gemäß Art.2 EG-VO 3820/85 gilt diese Verordnung für innergemeinschaftliche Beförderungen im Straßenverkehr.

Gemäß § 134a Abs.2 BGBl.I Nr.175/2004 (in Kraft getreten am 31.12.2004) ist,  soweit in diesem Bundesgesetz auf die EG-VO 3820/85 verwie­sen wird, dies ein Verweis auf die Verordnung (EWG) Nr. 3820/85 über die Harmonisierung bestimmter Sozialvorschriften im Straßenverkehr, ABl. Nr. L 370 vom 31. Dezember 1985, S 1. Gemäß Abs.2 leg.cit. ist, soweit in diesem Bundes­gesetz auf die EG-VO 3821/85 verwiesen wird, dies ein Verweis auf die Verordnung (EWG) Nr. 3821/85 über das Kontrollgerät im Straßenverkehr, ABl. Nr. L 370 vom 31. Dezember 1985, S 8, zuletzt geändert durch die Verordnung (EG) Nr. 432/2004, ABl. Nr. L 71 vom 10. März 2004, S 3.“

 

Bei Übertretungen gemäß Art.5 bis 9 der EG-VO 3820/85 ist weder die Fahrt­strecke festzustellen noch in den Spruch aufzunehmen, weil alle Über­tretungen der ggst Art auf allen möglichen Fahrtstrecken in gleicher Weise unter Strafe gestellt sind und als Tatort immer der Ort der Betretung gilt (vgl VwGH 28.3.2003, 2002/02/0140).

 

Auf dieser Grundlage hätte gemäß Art.15 Abs.7 EG-VO 3821/85 in der am 9.1.2007 geltenden Fassung der Bw nur die Schaublätter der laufenden Woche, dh nach der Definition des Art.1 Z4 EG-VO 3820/85 beginnend mit Montag, 8. Jänner 2007, und Dienstag, 9. Jänner 2007, und das Schaublatt des letzten Tages der Vorwoche, an dem er gefahren ist, vorzulegen gehabt. Tatsächlich legte der Bw Schaublätter auch über den Jahreswechsel 2006/2007 hinaus vor, so auch das Schaublatt vom 17./18.12. 2006. Dass er dazu nicht verpflichtet gewesen wäre, hindert nicht dessen Aus­wer­tung im Hinblick auf die Bestimm­ungen des Art.8 EG-VO 3821/85. Dass der Bw im Ausland schon für die ihm zur Last gelegten Übertretungen bestraft worden wäre, hat er nie behauptet.

 

Somit treffen die Argumente des Bw in der Stellungnahme vom 15.5.2007 im Hinblick auf die anzuwendenden Fassungen der zitierten EG-Verordnungen ebenso wenig zu wie das Argument, die Verstöße seien auf nicht-österreichi­schem Territorium begangen worden.

 

Zu den Punkten 1) und 2) des Straferkenntnisses:

Gemäß Art.6 Abs.1 EG-VO 3820/85 darf die Tageslenkzeit, das ist die Gesamt­­­lenkzeit zwischen zwei täglichen Ruhezeiten oder einer täglichen und einer wöch­ent­lichen Ruhezeit 9 Stunden, zweimal pro Woche 10 Stunden, nicht überschrei­ten.

 

Aus dem Schaublatt vom 17./18.12.2006 geht hervor, dass die Lenkzeit von 17.12.2006, 23.45 Uhr bis 18.12.2007, 15.05 Uhr, insgesamt 10 Stunden 40 Minuten betragen hat.

Aus dem Schaublatt vom 7./8.1.2007 geht her­vor, dass die Lenkzeit von 7.1. 2007, 19.20 Uhr, bis 8.1.2007, 13.55 Uhr, insgesamt 12 Stunden 30 Minuten betragen hat.

Damit wurde in beiden Fällen die erlaubte Tageslenkzeit erheblich überschritten, was der Bw letztlich in der Berufung nicht mehr bestritten hat.

Er hat daher zweifellos die im zur Last gelegten Tatbestände erfüllt, wobei aufgrund der doch erheblichen Abweichung von der Tageslenkzeit von Vorsatz auszugehen ist, und, da von einer Glaubhaftmachung mangelnden Verschuldens keine Rede sein kann, sein Verhalten in beiden Fällen als Verwaltungsübertretung zu verantworten.

 

Zu Punkt 3) des Straferkenntnisses:

Gemäß Art.8 Abs.1 EG-VO 3820/85 legt der Fahrer innerhalb jedes Zeitraumes von 24 Stunden eine tägliche Ruhezeit von mindestens 11 zusammenhängenden Stunden ein, die höchstens dreimal pro Woche auf nicht weniger als 9 zusamm­en­hän­gende Stunden verkürzt werden darf, sofern bis zum Ende der folgenden Woche eine entsprechende Ruhezeit zum Ausgleich gewährt wird.

Die Ruhezeit kann an Tagen, an denen sie nicht verkürzt wird, innerhalb von 24 Stunden in 2 oder 3 Zeitabschnitten genommen werden, von denen einer min­des­tens 8 zusammenhängende Stunden betragen muss. In diesem Fall erhöht sich die Mindestruhezeit auf 12 Stunden.

 

Laut Schaublatt vom 7./8.1.2007 hat der Bw lediglich zwischen 19.50 Uhr und 21.35 Uhr des 7.1.2007 1 Stunde 45 Minuten und zwischen 2.00 und 3.15 Uhr des 8.1.2007 1 Stunde 15 Minuten "Ruhezeit" genossen, das sind insgesamt nur 3 Stunden.

Auch diese offensichtliche massive Nichteinhaltung der Ruhezeiten hat der Bw nicht bestritten, weshalb auch im Punkt 3) davon auszugehen ist, dass er den ihm zur Last gelegten Tatbestand erfüllt und sein Verhalten als Verwaltungsüber­tretung zu verantworten hat. Mangelndes Verschulden wurde nicht glaubhaft dargelegt; auch hie war von vorsätzlicher Begehung auszugehen.

 

Zur Strafbemessung in den Punkten 1), 2) und 3):

Der Strafrahmen des § 134 Abs.1 KFG 1967 in der am Vorfallstag geltenden Fassung reicht bis zu 5.000 Euro Geldstrafe, im Fall der Uneinbringlichkeit bis zu sechs Wochen Ersatzfreiheitsstrafe.

Die Erstinstanz hat zurecht die Unbescholtenheit des Bw, seine Sorgepflicht für die Gattin und zwei Kinder, seine nunmehrige Insolvenz und die im Juni 2007 dargelegten finanziellen Verhältnisse berücksichtigt. Laut seinen Schilderungen war der Bw damals selbständiger Fuhrunternehmer, was seine Übertretungen einiger­maßen erklärt und dokumentiert, dass dadurch keine Arbeitnehmer geschädigt wurden. Zweck der genannten Bestimmungen ist die Vermei­dung der Teilnahme massiv übermüdeter Lenker am Straßenverkehr, zumal gerade Unfälle mit Schwerfahrzeugen extreme Folgen haben können. Der Unter­nehmer selbst ist vor einer solchen Übermüdung jedenfalls nicht geschützt.

Der Unabhängige Verwaltungssenat kann nicht finden, dass die Erstinstanz den ihr bei der Straffestsetzung zukommenden Ermessensspielraum in irgendeiner Weise überschritten hätte. Die verhängten Strafen liegen unter Bedachtnahme auf die Kriterien des § 19 VStG im untersten Bereich des gesetzlichen Straf­rahmens, halten generalpräventiven Überlegungen stand und sollen den Bw in Zukunft zur Einhaltung der für ihn geltenden Bestimmungen anhalten.

Die Ersatzfreiheitsstrafen waren ohne Rücksicht auf die finanziellen Verhältnisse zu bemessen und sind im Verhältnis zu den Geldstrafen angemessen. Es steht dem Bw frei, bei der Erstinstanz um die Möglichkeit der Bezahlung der Strafen in Teilbeträgen anzusuchen. Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

 

zu II.:

Der Ausspruch über den Verfahrenskostenersatz ist gesetzlich begründet.

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungs­ge­richtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 180 Euro zu entrichten.

 

 

Mag. Bissenberger

 

 

Beschlagwortung:

Ruhezeiten nicht eingehalten + Tageslenkzeit überschritten, je 200€ wegen finanziellen Verhältnissen -> Bestätigung

 

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