Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-280902/2/Wim/Pe/Ps

Linz, 29.02.2008

 

E R K E N N T N I S

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Leopold Wimmer über die auf das Strafausmaß beschränkte Berufung des Herrn O D, I, S, gegen das Straferkenntnis des Bürgermeisters der Stadt Steyr vom 3.3.2006, Gz.: Ge-1061/05, wegen Übertretungen des ArbeitnehmerInnenschutzgesetzes (ASchG) zu Recht erkannt:

 

 

I.   Der Berufung wird Folge gegeben und die verhängten Geld- und Ersatzfreiheitsstrafen zu den Fakten 1. bis 3. auf jeweils 70 Euro bzw. jeweils 2 Stunden und zu den Fakten 4. bis 7. auf jeweils 280 Euro bzw. 8 Stunden herabgesetzt.

Die Gesamtstrafe beträgt daher 1.330 Euro, falls diese uneinbringlich ist eine Ersatzfreiheitsstrafe von 38 Stunden.

 

II.  Der Beitrag zu den Kosten des erstinstanzlichen Strafverfahrens vermindert sich auf 133 Euro. Für das Berufungsverfahren fällt kein Verfahrenskostenbeitrag an.

 

 

Rechtsgrundlage:

zu I.: § 66 Abs.4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 - AVG iVm §§ 24, 19 und 51c Verwaltungsstrafgesetz 1991 – VStG.

zu II.: §§ 64 Abs.1 und 2 und 65 VStG.

 

 

Entscheidungsgründe:

 

1. Im angefochtenen Straferkenntnis wird der Berufungswerber (im Folgenden: Bw) der Verwaltungsübertretungen zu 1) bis 3) gemäß § 35 Abs.1 Z2 AM-VO iVm § 130 Abs.1 Z16 ASchG und zu 4) bis 7) gemäß § 58 Abs.7 BauV iVm §§ 118 Abs.3 und 130 Abs.5 Z1 ASchG für schuldig erkannt und über ihn Geldstrafen zu 1) bis 3) in der Höhe von je 100 Euro und zu 4) bis 7) in der Höhe von je 400 Euro, falls diese uneinbringlich sind Ersatzfreiheitsstrafen zu 1) bis 3) in der Dauer von je 6 Stunden und zu 4) bis 7) in der Dauer von je 12 Stunden, verhängt.

 

Ferner wurde der Bw gemäß § 64 VStG verpflichtet 190 Euro als Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens zu zahlen.

 

Dem Schuldspruch liegt nachstehender Tatvorwurf zu Grunde:

„Sie haben es als handelsrechtlicher Geschäftsführer und somit als zur Vertretung nach außen berufenes Organ der Firma H. D KEG in S, M, verwaltungsstrafrechtlich zu vertreten, dass

1.       am 20.6.2005 auf der Baustelle der o.a. Firma in W, K, bei der Stiege 1 im Innenhof, auf welcher Arbeitnehmer o.a. Firma Fassadenarbeiten durchführten, ein Gerüstfeld der 4. Gerüstlage über eine lotrechte Leiter erreichbar war, bei welcher – trotz einer Absturzhöhe von ca. 8 m – keine Rückensicherung angebracht war. Da bei Leitern aus deren Lage ein Absturz  von über einen Höhenunterschied von mehr als 5 m möglich ist, bereits ab 2 m Höhe eine Rückensicherung erforderlich ist, stellt o.a. Tatbestand eine Übertretung der Bestimmungen der Arbeitsmittelverordnung (AM-VO) und des ArbeitnehmerInnenschutzgesetzes (ASchG) dar.

2.       am 20.6.2005 auf der Baustelle der o.a. Firma in W, K, bei der Stiege 1 im Innenhof, auf welcher Arbeitnehmer o.a. Firma Fassadenarbeiten durchführten, fünf Gerüstfelder der 4. Gerüstlage über eine lotrechte Leiter erreichbar war, bei welcher – trotz einer Absturzhöhe von ca. 8 m – keine Rückensicherung angebracht war. Da bei Leitern aus deren Lage ein Absturz  von über einen Höhenunterschied von mehr als 5 m möglich ist, bereits ab 2 m Höhe eine Rückensicherung erforderlich ist, stellt o.a. Tatbestand eine Übertretung der Bestimmungen der Arbeitsmittelverordnung (AM-VO) und des ArbeitnehmerInnenschutzgesetzes (ASchG) dar.

3.       am 20.6.2005 auf der Baustelle der o.a. Firma in W, K, bei der Stiege 1 im Innenhof, auf welcher Arbeitnehmer o.a. Firma Fassadenarbeiten durchführten, fünf Gerüstfelder der 4. Gerüstlage über eine lotrechte Leiter erreichbar war, bei welcher – trotz einer Absturzhöhe von ca. 8 m – keine Rückensicherung angebracht war. Da bei Leitern aus deren Lage ein Absturz  von über einen Höhenunterschied von mehr als 5 m möglich ist, bereits ab 2 m Höhe eine Rückensicherung erforderlich ist, stellt o.a. Tatbestand eine Übertretung der Bestimmungen der Arbeitsmittelverordnung (AM-VO) und des ArbeitnehmerInnenschutzgesetzes (ASchG) dar.

4.       am 20.6.2005 auf der Baustelle der o.a. Firma in W, K, bei der Stiege 1 im Innenhof, auf welcher Arbeitnehmer o.a. Firma Fassadenarbeiten durchführten, für das gefahrlose Besteigen und Verlassen der 4. Gerüstlage für zwei Gerüstfelder kein sicher begehbarer Aufstieg angebracht war. Da für das gefahrlose Besteigen von und Verlassen der Gerüstlagen sicher begehbare Aufstiege oder Zugänge anzubringen sind, stellt o.a. Tatbestand eine Übertretung der Bauarbeiterschutzverordnung (BauV) und des ArbeitnehmerInnenschutzgesetzes (ASchG) dar.

5.       am 20.6.2005 auf der Baustelle der o.a. Firma in W, K, bei der Stiege 1, straßenseitig, auf welcher Arbeitnehmer o.a. Firma Fassadenarbeiten durchführten, für das gefahrlose Besteigen und Verlassen der 1. Gerüstlage für siebzehn Gerüstfelder kein sicher begehbarer Aufstieg angebracht war. Da für das gefahrlose Besteigen von und Verlassen der Gerüstlagen sicher begehbare Aufstiege oder Zugänge anzubringen sind, stellt o.a. Tatbestand eine Übertretung der Bauarbeiterschutzverordnung (BauV) und des ArbeitnehmerInnenschutzgesetzes (ASchG) dar.

6.       am 20.6.2005 auf der Baustelle der o.a. Firma in W, K, bei der Stiege 1, straßenseitig, auf welcher Arbeitnehmer o.a. Firma Fassadenarbeiten durchführten, für das gefahrlose Besteigen und Verlassen der 2. Gerüstlage für siebzehn Gerüstfelder kein sicher begehbarer Aufstieg angebracht war. Da für das gefahrlose Besteigen von und Verlassen der Gerüstlagen sicher begehbare Aufstiege oder Zugänge anzubringen sind, stellt o.a. Tatbestand eine Übertretung der Bauarbeiterschutzverordnung (BauV) und des ArbeitnehmerInnenschutzgesetzes (ASchG) dar.

7.       am 20.6.2005 auf der Baustelle der o.a. Firma in W, K, bei der Stiege 1, straßenseitig, auf welcher Arbeitnehmer o.a. Firma Fassadenarbeiten durchführten, für das gefahrlose Besteigen und Verlassen der 4. Gerüstlage für siebzehn Gerüstfelder kein sicher begehbarer Aufstieg angebracht war. Da für das gefahrlose Besteigen von und Verlassen der Gerüstlagen sicher begehbare Aufstiege oder Zugänge anzubringen sind, stellt o.a. Tatbestand eine Übertretung der Bauarbeiterschutzverordnung (BauV) und des ArbeitnehmerInnenschutzgesetzes (ASchG) dar.“

 

2. Dagegen hat der Bw rechtzeitig Berufung eingebracht und ausgeführt, dass die Gerüstung von der Firma L hergestellt worden sei und sich ein Polier der Firma P auf der Baustelle befunden habe, welcher alles begutachtet und abgenommen habe. Weiters ersuchte der Bw von einer Bestrafung abzusehen, da seine Firma im Oktober 2005 in Konkurs gegangen, ein Konkursverfahren anhängig sei und der Bw den Privatkonkurs anstrebe. Ab Mai 2006 hätte der Bw wahrscheinlich die Möglichkeit ein Dienstverhältnis einzugehen und hätte er zur Zeit nicht die Möglichkeit etwas finanziell zu begleichen. Müsse er dadurch eine Freiheitsstrafe hinnehmen, so würde er sicherlich keine Arbeitsstelle finden.

 

3. Der Bürgermeister der Stadt Steyr als belangte Behörde hat die Berufung samt dem bezughabenden Verwaltungsstrafakt ohne Berufungsvorentscheidung dem Oö. Verwaltungssenat zur Entscheidung vorgelegt.

Eine öffentliche mündliche Verhandlung konnte gemäß § 51e Abs.3 Z2 VStG unterbleiben, da sich die Berufung nur gegen die Höhe der Strafe richtet.

 

Vom Unabhängigen Verwaltungssenat wurde durch Einschau in die Insolvenzdatei festgestellt, dass sowohl gegen den Berufungswerber als natürliche Person als auch gegen das von ihm vertretene Unternehmen ein Konkursverfahren abgewickelt wurde.

 

4. Der Unabhängige Verwaltungssenat hat erwogen:

 

4.1. Da sich die Berufung nur gegen die verhängten Geldstrafen richtet, ist der Schuldspruch in Rechtskraft erwachsen und ist es daher dem Oö. Verwaltungssenat verwehrt, hierauf einzugehen.

 

4.2. Gemäß § 35 Abs.1 Z2 AM-VO ist bei Leitern von mehr als 5 m Länge, deren Lage von der Lotrechten um nicht mehr als 15 Grad abweicht, ab einer Höhe von 3 m mit einer durchlaufenden Rückensicherung zu versehen (Leiterkorb). Ist infolge der Lage der Leiter ein Absturz über einen Höhenunterschied von mehr als 5 m möglich, ist bereits ab 2 m Höhe eine Rückensicherung erforderlich.

 

Gemäß § 58 Abs.7 der Bauarbeiterschutzverordnung (BauV) sind für das gefahrlose Besteigen und Verlassen der Gerüstlagen sicher begehbare Aufstiege oder Zugänge anzubringen.

 

Gemäß § 118 Abs.3 ASchG gilt die Bauarbeiterschutzverordnung, BGBl. 340/1994 als Verordnung nach diesem Bundesgesetz.

 

Gemäß § 130 Abs.1 Z16 ASchG begeht eine Verwaltungsübertretung, die mit Geldstrafe von 145 Euro bis 7.260 Euro, im Wiederholungsfall mit Geldstrafe von 290 Euro bis 14.530 Euro zu bestrafen ist, wer als Arbeitgeber/in die Verpflichtung betreffend die Beschaffenheit, die Aufstellung, die Benutzung, die Prüfung oder der Wartung von Arbeitsmitteln verletzt.

 

Gemäß § 19 Abs.1 VStG ist Grundlage für die Bemessung der Strafe stets das Ausmaß der mit der Tat verbundenen Schädigung oder Gefährdung derjenigen Interessen, deren Schutz die Strafdrohung dient, und der Umstand, inwieweit die Tat sonst nachteilige Folgen nach sich gezogen hat.

Gemäß § 19 Abs.2 VStG sind im ordentlichen Verfahren (§§ 40 bis 46) überdies die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen. Auf das Ausmaß des Verschuldens ist besonders Bedacht zu nehmen. Unter Berücksichtigung der Eigenart des Verwaltungsstraf­rechtes sind die §§ 32 bis 35 StGB sinngemäß anzuwenden.

Die Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse des Beschuldigten sind bei der Bemessung von Geldstrafen zu berücksichtigen.

 

Nach ständiger Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes handelt es sich bei der Strafbemessung innerhalb eines gesetzlichen Strafrahmens um eine Ermessensentscheidung, die von der Behörde nach den vom Gesetzgeber im § 19 VStG festgelegten Kriterien vorzunehmen ist. Eine Rechtswidrigkeit bei der Strafbemessung liegt dann nicht vor, wenn die Behörde, von dem ihr eingeräumten Ermessen im Sinne des Gesetzes Gebrauch gemacht hat. Demgemäß obliegt es der Behörde, die Befolgung des § 60 AVG (§ 24 VStG) in der Begründung des Bescheides die für die Ermessensausübung maßgebenden Umstände und Erwägungen insoweit aufzuzeigen, als dies für die Rechtsverfolgung durch die Parteien des Verwaltungsstrafverfahrens und für die Nachprüfbarkeit des Ermessensaktes in Richtung auf seine Übereinstimmung mit dem Ziel des Gesetzes erforderlich ist.

 

4.3. Die Erstinstanz ist bei den verhängten Geldstrafen grundsätzlich dem Antrag des anzeigenden Arbeitsinspektorates gefolgt. Dies obwohl zum Zeitpunkt der Strafanzeige die Konkursverfahren über den Berufungswerber und dessen Firma noch nicht dem Arbeitsinspektorat bekannt gewesen sein konnten und daher das Arbeitsinspektorat offensichtlich bei der beantragten Strafhöhe nur von der Schwere der Übertretung ausgehen konnte. In Berücksichtigung der durchaus zuzubilligenden angespannten finanziellen Verhältnisse des Berufungswerbers war daher eine entsprechende Herabsetzung der Geldstrafen und der Ersatzfreiheitsstrafen auszusprechen, wobei hinsichtlich der Fakten 1. bis 3. bereits im Strafantrag die vorgesehene Mindeststrafe unterschritten wurde und daher auch offensichtlich das Arbeitsinspektorat schon von einer außerordentlichen Milderung der Strafe gemäß § 20 VStG ausgegangen ist. Unter Berücksichtigung der oben dargestellten Umstände wurde daher auch für diese Fakten die Strafe um 30 % herabgesetzt.

 

Gemäß § 21 Abs.1 VStG kann die Behörde ohne weiteres Verfahren von der Verhängung einer Strafe absehen, wenn das Verschulden des Beschuldigten geringfügig ist und die Folgen der Übertretung unbedeutend sind. Sie kann den Beschuldigten jedoch gleichzeitig unter Hinweis auf die Rechtswidrigkeit seines Verhaltens mit Bescheid ermahnen, sofern dies erforderlich ist, um den Beschuldigten von weiteren strafbaren Handlungen gleicher Art abzuhalten.

 

Ein Absehen von der Strafe gemäß § 21 VStG war schon deshalb nicht möglich, weil die hiefür erforderlichen kumulativen Voraussetzungen der Geringfügigkeit des Verschuldens und unbedeutender Folgen der Übertretung nicht als gegeben erachtet werden können. Dies wäre nur dann der Fall, wenn das tatbildmäßige Verhalten des Bw hinter dem in der Strafdrohung typisierten Unrechts- und Schuldgehalt der Tat erheblich zurückgeblieben wäre.

 

Die Tatsache, dass das Gerüst nicht vom Unternehmen des Berufungswerbers hergestellt wurde, entbindet ihn nicht soweit von einem Verschulden, dass er seine Arbeitnehmer unter den mangelnden Sicherheitsvorkehrungen hat arbeiten lassen, da es prinzipiell bei den gegenständlichen Vorschriften um den Schutz der Arbeitnehmer geht, der unter allen Umständen sicherzustellen ist, unabhängig davon, wer allenfalls die unzulässige Situation geschaffen hat.

 

Es war somit spruchgemäß zu entscheiden.

 

Hinsichtlich der vom Berufungswerber vorgebrachten angespannten finanziellen Situation ist noch darauf hinzuweisen, dass dieser hinsichtlich der Strafzahlung mit der Erstbehörde eine Ratenzahlung vereinbaren kann.

 

5. Der Kostenspruch ist in der zitierten Gesetzesstelle begründet.

 

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsge­richts­hof erhoben werden; diese muss von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 180 Euro zu entrichten.

 

 

Dr.  Wimmer

 

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