Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-162962/3/Br/Ps

Linz, 29.02.2008

 

 

 

 

E R K E N N T N I S

(Bescheid)

 

 

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich erkennt durch sein Mitglied Dr. Bleier über die gegen das Strafausmaß gerichtete Berufung der Frau R J, geb., T, L, vertreten durch Rechtsanwalt Mag. H K, D, L, gegen das Straferkenntnis der Bundespolizeidirektion Linz vom 30.1.2008, AZ: S-43858/07 VS1, nach der am 27.2.2008 durchgeführten öffentlichen mündlichen Verhandlung, zu Recht:

 

 

I.                  Der Berufung wird mit der Maßgabe Folge gegeben, dass die Geldstrafe auf 872 Euro ermäßigt, die Ersatzfreiheitsstrafe jedoch bestätigt wird.

 

II.              Die Kosten des erstinstanzlichen Verfahrens ermäßigen sich demnach auf 87,20 Euro. Für das Berufungsverfahren entfällt ein Verfahrenskostenbeitrag.

 

 

Rechtsgrundlagen:

Zu I.: § 66 Abs.4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz, BGBl. Nr. 51/1991, zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 5/2008 ‑ AVG iVm § 19, § 24, § 51 Abs.1, § 51e Abs.1 Verwaltungsstrafgesetz, BGBl. Nr. 52/1991, zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 5/2008  ‑ VStG.

Zu II.: § 65 VStG.

 

 

Entscheidungsgründe:

 

1. Die Behörde erster Instanz hat mit dem angefochtenen Straferkenntnis über die Berufungswerberin wegen der Übertretung nach § 5 Abs.1 iVm § 99 Abs.1a StVO 1960 eine Geldstrafe in Höhe von 1.000 Euro und für den Fall der Uneinbringlichkeit eine Ersatzfreiheitsstrafe in der Dauer von 14 Tagen verhängt.

 

1.1. Betreffend die Strafzumessung verwies die Behörde erster Instanz auf die Bestimmungen des § 19 VStG und konkret auf die mit der Begehung dieser Alkofahrt verbundenen nachteiligen Folgen. Die bereits einschlägige Vormerkung wurde als straferschwerend gewertet. Das Einkommen wurde auf monatlich 500 Euro geschätzt.

 

2. In der dagegen fristgerecht durch den ausgewiesenen Rechtsvertreter nur gegen das Strafausmaß erhobenen Berufung wird auf die sich auf  400.000 Euro belaufenden Verbindlichkeiten nach der Konkurseröffnung über das Vermögen der Berufungswerberin verwiesen. Es wird mit Blick darauf die Verhängung der Mindeststrafe beantragt.

 

3. Da keine 2.000 Euro übersteigende Geldstrafe verhängt wurde, hat der unabhängige Verwaltungssenat durch das nach der Geschäftsverteilung zuständige Einzelmitglied zu erkennen. Die Berufungsverhandlung war hier gemeinsam mit dem Führerscheinverfahren, VwSen-521849, zu verbinden.

 

3.1. Der Oö. Verwaltungssenat hat Beweis erhoben durch Anhörung der Berufungswerberin und deren Darstellung ihrer wirtschaftlichen Verhältnisse. Ein Vertreter der Behörde erster Instanz nahm an der Berufungsverhandlung nicht teil.

 

4. Gegen die im 73. Lebensjahr stehende Berufungswerberin wurde zur Zeit des gegenständlichen Vorfalles gegen die von der Berufungswerberin seit Jahrzehnten geleitete Tanzschule ein Konkursverfahren eröffnet. Sie geriet laut ihren durchaus nachvollziehbaren Darstellungen anlässlich der Berufungs­verhandlung in einen psychisch schwer belasteten Zustand. Damit vermochte die Berufungswerberin Motiv und Ursache der Alkofahrt und die dabei unterlaufene Beschädigung eines abgestellten Fahrzeuges zu erklären.

Die Berufungswerberin vermittelte einen überdurchschnittlich vitalen Eindruck, wobei sie trotz ihres Lebensalters immer noch ihrer beruflichen Tätigkeit aktiv verbunden blieb. Sie vermochte diesbezüglich ihr berufliches und emotionales Schicksal, wonach sie mit der seit Jahrzehnten betriebenen Tanzschule "J" in Konkurs gehen habe müssen, in lebensnaher Weise darzustellen.

Das Unfallgeschehen erklärte sie mit der Knappheit einer Parklücke, auf Grund derer sie über die Bordsteinkante fahren habe müssen. Von dort sei sie jedoch abgerutscht und gegen den nebenstehenden Pkw gestoßen. Sie habe keineswegs dieses Geschehen zu verdunkeln beabsichtigt. Nachdem ihr Fahrzeug nicht mehr lenkbar gewesen wäre, habe sie sich zu Fuß zur Tanzschule begeben und hätte von dort die Verständigung der Polizei veranlasst.

Dies lässt sich nicht zuletzt schon aus der Meldung gut nachvollziehen. Sie bestritt offenbar das Unfallgeschehen zu keinem Zeitpunkt.

Diese Tatsache kann jedenfalls für die Wertung des exakt grenzwertigen Alkoholisierungstatbestandes iSd § 99 Abs.1a StVO 1960 kein zusätzlich negatives Kalkül indizieren.

Die Berufungswerberin zeigte sich zuletzt hinsichtlich ihrer Verfehlung einsichtig und konnte dieses Ereignis im Zusammenhang mit den besonderen Umständen durch den Konkurs und damit des drohenden Zerfalls ihres Lebenswerkes und damit verbundenen persönlichen Schicksals veranschaulichen.

Ihre wirtschaftliche Situation verdient daher bei der Bemessung der Geldstrafe im besonderen Umfang Berücksichtigung.

Sehr wohl muss dabei die Alkofahrt auch im Jahr 2006 als straferschwerender Aspekt berücksichtigt werden.

 

6. Rechtlich hat der unabhängige Verwaltungssenat erwogen:

 

6.1. Nach § 99 Abs.1a StVO 1960 begeht eine Verwaltungsübertretung und ist mit einer Geldstrafe von 872 Euro bis 4.360 Euro, im Fall ihrer Uneinbringlichkeit mit Arrest von zehn Tagen bis sechs Wochen, zu bestrafen, ...

wer ein Fahrzeug lenkt oder in Betrieb nimmt, obwohl der Alkoholgehalt seines/ihres Blutes 1,2 Promille oder mehr, aber weniger als 1,6 Promille oder der Alkoholgehalt seiner/ihrer Amtemluft 0,6 mg/l oder mehr, aber weniger als 0,8 mg/l beträgt.

 

7. Gemäß § 19 VStG ist Grundlage für die Bemessung der Strafe stets das Ausmaß der mit der Tat verbundenen Schädigung oder Gefährdung derjenigen Interessen, deren Schutz die Strafdrohung dient, sowie der Umstand, inwieweit die Tat sonst nachteilige Folgen nach sich gezogen hat. Überdies sind die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen. Auf das Ausmaß des Verschuldens ist Bedacht zu nehmen. Unter Berücksichtigung der Eigenart des Verwaltungsstrafrechtes sind die Bestimmungen der §§ 32 bis 35 Strafgesetzbuch - StGB sinngemäß anzuwenden.

Die Behörde hat in Befolgung des § 60 AVG (§ 24 VStG) in der Begründung des Bescheides die für die Ermessensausübung maßgebenden Umstände und Erwägungen insoweit aufzuzeigen, als dies für die Rechtsverfolgung durch die Parteien des Verwaltungsstrafverfahrens und für die Nachprüfbarkeit des Ermessensaktes in Richtung auf seine Übereinstimmung mit dem Ziel des Gesetzes erforderlich ist. Diese Ermessensentscheidung ist nach den vom Gesetzgeber in § 19 VStG festgelegten Kriterien vorzunehmen (VwGH 4.4.2001, 99/09/0140 mit Hinweis auf Erk. VwGH [verst. Senat] 25.3.1980, Zl. 3273/78, VwSlg 10077 A/1980).

Grundsätzlich können hier die Ausführungen der Behörde erster Instanz zur Strafzumessung geteilt werden. Dies gelangt auch in der Berufungsentscheidung durch die Belassung der Ersatzfreiheitsstrafe – welche am Schuld- u. Unwertgehalt der Tat u. den Präventionsaspekten der Strafe orientiert bleibt – zum Ausdruck. Die Ermäßigung der Geldstrafe durch die Berufungsbehörde war hier jedoch ausschließlich am § 19 Abs.2 VStG letzter Satz, nämlich an den noch deutlich ungünstigeren wirtschaftlichen Verhältnissen zu orientieren als der Behörde erster Instanz offenbar zum Zeitpunkt deren Entscheidung evident waren. Die Berufungsbehörde beurteilt die Tatschuld und den Straferschwerungsgrund der einschlägigen Vormerkung keineswegs milder (vgl. VwGH 20.9.2000, 2000/03/0074). Es lässt sich der Strafzumessungsregel der Strafzumessungsdogmatik kein zwingendes Gebot ableiten, dass im Falle einer einschlägigen Vormerkung die Verhängung der Mindestgeldstrafe ausgeschlossen wäre.

Im StGB gibt es schon seit langem die Möglichkeit, die Geldstrafen nach dem Tagsatzsystem festzulegen, um damit die Höhe der Strafe auf die unterschiedlichen Einkommensverhältnisse der Bestraften anpassen zu können (vgl. dazu auch Auffassung einer WOV-Arbeitsgruppe des Landes Oö., Angerer, Csar, Leitgeb u. Stoffner, "Verwaltungsstrafverfahren im Spannungsfeld v. Bürgerinteressen" - WOV, Juli 2005).

So andererseits folgt demnach, dass entgegen dem Berufungsantrag die Ersatzfreiheitsstrafe nicht zu ermäßigen war. Auch die Anwendung des a.o. Milderungsrechtes (§ 20 VStG) ist ausgeschlossen. Dies wäre lediglich bei beträchtlichem Überwiegen der Milderungsgründe zulässig.

Davon kann hier allerdings nicht die Rede sein.

 

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab der Zustellung eine Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof und/oder beim Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss ‑ von den gesetzlichen Ausnahmen abgesehen ‑ jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 180 Euro zu entrichten.

 

 

Dr. B l e i e r

 

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