Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-222149/16/Bm/Sta

Linz, 05.03.2008

 

 

 

E R K E N N T N I S

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Mag. Michaela Bismaier über die Berufung der Frau Mag. G M, L, vertreten durch Rechtsanwälte Dr. R G, Dr. J K, Mag. H P, Mag. H L, M,  L, gegen das Straferkenntnis des Bürgermeisters der Landeshauptstadt Linz vom 9.7.2007, Zl. 0027473/2006, wegen einer Verwaltungsübertretung nach der Gewerbeordnung 1994,  zu Recht erkannt:

                         

I.                  Der Berufung wird Folge gegeben, das angefochtene Straferkenntnis aufgehoben und das Verwaltungsstrafverfahren eingestellt.

II.              Es entfallen jegliche Verfahrenskostenbeiträge.

 

 

Rechtsgrundlage:

Zu I.: § 66 Abs.4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 (AVG), BGBl. Nr. 51/1991 idgF iVm §§ 24, 44a, 45 Abs.1 Z3 und 51 Verwaltungsstrafgesetz 1991 (VStG), BGBl. Nr. 52/1951 idgF.

Zu II.: § 66 Abs.1 VStG.

 

 

Entscheidungsgründe:

 

1. Mit Straferkenntnis des Bürgermeisters der Landeshauptstadt Linz vom 9.7.2007, GZ. 0027473/2006, wurde über die Berufungswerberin eine Geldstrafe von 200 Euro, Ersatzfreiheitsstrafe von 62 Stunden, wegen einer Verwaltungsübertretung gemäß §§ 368 und 113 Abs.7 Gewerbeordnung 1994, § 1 Abs.2 der Oö. Sperrzeiten-Verordnung 2002, LGBl. Nr. 150/2001, verhängt. Dem Schuldspruch liegt folgender Tatvorwurf zu Grunde:

"Die Beschuldigte, Frau Mag. phil. G Mt, geboren am , wohnhaft:  L, K hat als gewerberechtliche Geschäftsführerin der L B b e GmbH – welche das Lokal "L B" im Standort  L, K, zum Zeitpunkt der Übertretung in der Betriebsart eines Cafe-Restaurants betrieben hat und somit als nach § 370 Abs.1 GewO verwaltungsstrafrechtlich Verantwortliche, folgende Verwaltungsübertretung zu vertreten:

Im Zuge einer Kontrolle durch die Bundespolizeidirektion Linz, PI Landhaus, am 09.09.2006 um 04:30 Uhr wurde festgestellt, dass das oa. Lokal noch betrieben wurde, indem sich noch 9 Gäste im Lokal befanden, welche Getränke konsumierten. Weiters war die Musikanlage noch in Betrieb. Für das genannte Lokal ist in der Oö. Sperrzeitenverordnung 2002 die Sperrstunde mit 04.00 Uhr festgelegt."

 

2. Gegen dieses Straferkenntnis hat die Berufungswerberin durch ihren anwaltlichen Vertreter innerhalb offener Frist Berufung erhoben und diese im Wesentlichen damit begründet, in der dem gegenständlichen Straferkenntnis zu Grunde liegenden Tatbeschreibung sei festgestellt worden, dass im Zuge einer Kontrolle durch die BPD Linz am 9.9.2006 um 4:30 Uhr das Lokal noch betrieben worden sei, in dem sich noch 9 Gäste im Lokal befunden haben, welche Getränke konsumiert hätten. Weiters sei die Betriebsmusikanlage noch in Betrieb gewesen. Das Betreiben eines Lokals umfasse im Sinn der Wortinterpretation das Offerieren sämtlicher zum ordentlichen Betrieb gehöriger Leistungen. Dazu gehöre ua. dass das Lokal geöffnet sei, dass Getränke und Speisen ausgeschenkt bzw. verabreicht würden und die diese Leistungen konsumierenden Personen ein hiefür festgesetztes Entgelt bezahlen würden. Es werde damit der Einschreiterin in der Tatbeschreibung vorgeworfen, sie hätte den vollen Geschäftsbetrieb nach 4.00 Uhr aufrecht erhalten und hiedurch die oberösterreichische Sperrzeiten-Verordnung 2002 verletzt. Zum verfahrensgegen­ständlichen Zeitpunkt hätten sich jedoch lediglich 9 Personen in dem Lokal befunden, welche auf ein Taxi zur Heimfahrt warteten. Diese hätten weder Getränke bestellen können, noch sei das Lokal zum gegenständlichen Zeitpunkt geöffnet gewesen, sodass keine weiteren Personen das Lokal betreten konnten. Wenn nun die Behörde von  einem Betreiben des gegenständlichen Lokals ausgehe, so sei dem entgegenzuhalten, dass dem Straferkenntnis vom 9.7.2007 nicht zu entnehmen sei, von welchem konkreten Sachverhalt die belangte Behörde ausgegangen sei. Da die Behörde von einem die gesamten Tatbestandselemente des § 113 Abs. 7 GewO 1994 umfassenden Tatbestandes ausgegangen sei, genüge die bloß wörtliche Wiedergabe der vorliegenden Ermittlungsergebnisse allein nicht. Die belangte Behörde sei in der Tatbeschreibung von einem Betreiben des gegenständlichen Lokales im vollen Umfang ausgegangen und habe es daher unterlassen, in dem angefochtenen Straferkenntnis offen zu legen, von welchen Tatsachenfeststellungen sie bei ihrer Entscheidung ausgegangen sei. Es sei weder festgestellt worden, ob das Lokal geöffnet gewesen sei, ob noch Getränke bestellt werden konnten, noch ob die für eine Bewirtung erforderlichen Anlagen des Lokals in Betrieb gewesen seien. Der Schluss der belangten Behörde, weil sich zum fraglichen Zeitpunkt noch mehrere Gäste im Lokal aufgehalten und Getränke konsumiert hätten, sei anzunehmen, das Lokal sei zum Tatzeitpunkt noch betrieben worden, sei nicht als zwingend zu erkennen. Es sei nämlich durchaus nicht ausgeschlossen und stünde auch nicht mit den Erfahrungen des täglichen Lebens im Widerspruch, dass trotz Anwesenheit von konsumierenden Gästen ein weiterer Zutritt von Gästen zur Betriebsanlage nicht mehr möglich und damit das Lokal nicht mehr geöffnet gewesen sei, wodurch man von einem Betreiben des gegenständlichen Lokales nicht ausgehen könne. Ebenso sei im gegenständlichen Straferkenntnis die Strafbemessung nicht im Sinne des Gesetzes vorgenommen worden. Bei der Strafbemessung sei lediglich die gänzliche Unbescholtenheit der Einschreiterin als strafmildernd gewertet worden. Ebenso hätte als strafmildernd gewertet werden müssen, dass die Tat in einem die Schuld nicht ausschließenden Rechtsirrtum begangen worden sei. Es sei ein der Einschreiterin nicht vorwerfbarer Rechtsirrtum, dass sie davon ausgegangen sei, es sei nach der oberösterreichischen Sperrzeiten-Verordnung nicht strafbar, Gäste bis zum Eintreffen des Taxi im Lokal verweilen zu lassen, um eine Lärmerregung auf der öffentlichen Straße zu vermeiden. Ebenso hätte berücksichtigt werden müssen, dass die Tat aus achtenswerten Beweggründen, nämlich der Hintanhaltung der die Nachbarschaft störender Lärmerregung begangen worden sei. Des Weiteren sei nicht strafmildernd berücksichtigt worden, dass trotz Vollendung der Tat kein Schaden herbeigeführt worden sei und es sich um eine lediglich 20-minütige Überschreitung der Sperrzeit gehandelt habe. Durch das bereits in der Strafanzeige geschilderte ordentliche Verhalten der noch anwesenden Personen im Lokal sei keinerlei Lärm erregt worden. Auch auf Grund dieses Umstandes sei der Schutzzweck der Sperrzeiten-Verordnung nicht verletzt.  Da die Einschreiterin die ihr vorgeworfene Tathandlung nicht begangen habe bzw. wegen deren Geringfügigkeit von einer Strafe gemäß § 21 Verwaltungsstrafgesetz abgesehen werden müsste, werden die Anträge gestellt, der Berufung stattzugeben und den angefochtenen Bescheid ersatzlos aufzuheben; in eventu den angefochtenen Bescheid aufzuheben und die Sache zur neuerlichen Erledigung und Entscheidung an die Unterinstanz zurückzuverweisen.

 

3. Der Bürgermeister der Landeshauptstadt hat die Berufung samt dem bezughabenden Verwaltungsstrafakt vorgelegt.

 

4. Der Oö. Verwaltungssenat hat Beweis erhoben durch  Akteneinsichtnahme und Durchführung einer mündlichen Verhandlung am 6.11.2007 bei der die Berufungswerberin und ihr anwaltlicher Vertreter anwesend waren und gehört wurden.

 

5. Der Oö. Verwaltungssenat hat erwogen:

 

Gemäß § 368 GewO 1994 begeht eine Verwaltungsübertretung, die mit Geldstrafe bis zu 1.090 Euro zu bestrafen ist, wer andere als in den §§ 366 und 367 GewO 1994 genannten Gebote oder Verbote dieses Bundesgesetzes oder der auf Grund dieses Bundesgesetzes erlassenen Verordnungen oder der Bescheide, die auf Grund der Bestimmungen dieses Bundesgesetzes oder auf Grund dieses Bundesgesetzes erlassener Verordnungen ergangen sind, nicht einhält.

 

Gemäß § 113 Abs.7 leg.cit. haben die Gastgewerbetreibenden die Betriebsräume und die allfälligen und sonstigen Betriebsflächen, ausgenommen die der Beherbergung dienenden, während der festgelegten Sperrzeiten geschlossen zu halten, während dieser Zeit dürfen sie Gästen weder den Zutritt zu diesen Räumen und zu diesen Flächen noch dort ein weiteres Verweilen gestatten und die Gäste auch nicht in anderen Räumen oder auf anderen sonstigen Flächen gegen Entgelt bewirten. Die Gastgewerbetreibenden haben die Gäste rechtzeitig auf den Eintritt der Sperrstunde aufmerksam zu machen; sie haben den Betrieb spätestens zur Sperrstunde zu verlassen.

 

Gemäß § 1 Abs.1 der Oö. Sperrzeiten-Verordnung 2002, LGBl. Nr. 150/2001 idF LGBl. Nr. 83/2006, müssen Gastgewerbebetriebe, soweit im Folgenden nichts anderes bestimmt ist, spätestens um 2.00 Uhr geschlossen und dürfen frühestens um 6.00 Uhr geöffnet werden.

 

Nach § 1 Abs.2 Oö. Sperrzeiten-Verordnung 2002 müssen Gastgewerbebetriebe in der Betriebsart Cafe, Cafe-Restaurant, Cafehaus, Pup und Tanzcafe spätestens um 4.00 Uhr geschlossen und dürfen frühestens um 6.00 Uhr geöffnet werden. Nach Abs.3 dieser Bestimmung müssen Gastgewerbebetriebe in der Betriebsart Bar, Diskothek und Nachtclub spätestens um 4.00 Uhr geschlossen und dürfen frühestens um 18.00 Uhr geöffnet werden.

 

Gemäß § 44a Z1 VStG hat der Spruch eines Straferkenntnisses, wenn er nicht auf Einstellung lautet, die als erwiesen angenommene Tat zu enthalten. Demnach ist es rechtlich geboten, die Tat hinsichtlich des Täters und der Tatumstände so genau zu umschreiben, dass

1.   die Zuordnung des Tatverhaltens zur Verwaltungsvorschrift, die durch die Tat verletzt worden ist, in Ansehung aller Tatbestandsmerkmale ermöglicht wird,

2.   die Identität der Tat (zB nach Ort und Zeit) unverwechselbar feststeht.

 

Was den vorstehenden Punkt 1 anlangt, sind entsprechende, dh., in Beziehung zum vorgeworfenen Straftatbestand stehende wörtliche Anführungen erforderlich, die nicht etwa durch bloße paragraphenmäßige Zitierung von Gebots- oder Verbotsnormen ersetzt werden können. Was den Punkt 2 anlangt, muss im Spruch des Straferkenntnisses dem Beschuldigten die Tat insoweit in konkretisierter Umschreibung zum Vorwurf gemacht werden, dass der Beschuldigte in die Lage versetzt wird, auf den konkreten Tatvorwurf bezogene Beweise anzubieten, um eben diesen Tatvorwurf zu widerlegen und es muss ferner der Spruch geeignet sein, den Beschuldigten rechtlich davor zu schützen, wegen desselben Verhaltens nochmals zur Verantwortung gezogen zu werden.

 

Es muss daher die Tat unter Anführung aller wesentlicher Tatbestandsmerkmale dem Beschuldigten innerhalb der Verfolgungsverjährungsfrist vorgeworfen werden. Eine Umschreibung der Tatbestandsmerkmale lediglich in der Bescheidbegründung reicht im Bereich des Verwaltungsstrafrechtes nicht aus (vgl. Hauer/Leukauf, Handbuch des Österreichischen Verwaltungsverfahrens, zu § 44a Z1 VStG).

 

 

Die Verhaltensvorschrift des § 113 Abs.7 GewO 1994 nennt mehrere Tatbilder; zum einen die Abwendung des Zutrittes von Gästen zu den Betriebsräumen und zum anderen des Verweilens und der Bewirtung in diesen Räumen.

 

Im Spruch des angefochtenen Erkenntnisses wird der Berufungswerberin vorgeworfen, dass das Lokal zum Tatzeitpunkt noch betrieben wurde. Nicht zur Last gelegt wurde der Berufungswerberin, Gästen das Verweilen bzw. den Eintritt zu den Betriebsräumen gestattet zu haben. Die Feststellung, dass das Lokal betrieben wurde, stellt kein für die Tatbildmäßigkeit erforderliches Sachverhaltselement dar.

 

Der Tatvorwurf entspricht somit nicht dem Konkretisierungsgebot gemäß § 44a Z1 VStG und war somit das Straferkenntnis aufzuheben und das Verwaltungsstrafverfahren einzustellen.

 

Auf Grund des Verfahrensergebnisses entfällt für die Berufungswerberin die Verpflichtung zur Entrichtung jeglicher Verfahrenskostenbeiträge.

 

 

Rechtsmittelbelehrung:

 

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

Hinweis:

 

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsge­richts­hof erhoben werden; diese muss von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 180 Euro zu entrichten.

 

 

Mag. B i s m a i e r

 

 

 

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