Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-150573/13/Lg/Hue

Linz, 11.03.2008

 

E r k e n n t n i s

(Bescheid)

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mit­glied Dr. Ewald Langeder über die Berufung des M A, T, F, vertreten durch Rechtsanwalt Dr. W P, G, H, gegen den Bescheid des Bezirkshauptmanns des Bezirks Grieskirchen vom 12. April 2007, GZ BauR96-2006, – nach Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung am 28. Februar 2008 – zu Recht erkannt:

I.                  Die Berufung wird abgewiesen und der angefochtene Bescheid bestätigt.

II.              Der Berufungswerber hat zusätzlich zu den Kosten des erstinstanzlichen Verfahrens einen Beitrag zu den Kosten des Verfahrens vor dem Unabhängigen Verwaltungssenat in der Höhe von 80 Euro zu leisten.

Rechtsgrundlagen:

zu I: §§ 16 Abs.2, 19, 24 und 51 Verwaltungsstrafgesetz 1991 – VStG iVm. § 66 Abs. 4 Allgemeines Verwal­tungsverfahrens­gesetz 1991 – AVG;

zu II: § 64 Abs.1 und 2 VStG.


Entscheidungsgründe:

 

1.     Mit dem angefochtenen Straferkenntnis wurde über den Berufungswerber (Bw) eine Geldstrafe von 400 Euro bzw. eine Ersatzfreiheitsstrafe von 33 Stunden verhängt, weil er am 5. Juli 2006 um 9.35 Uhr als Lenker des Kfz mit einem höchsten zulässigen Gesamtgewicht von mehr als 3,5 Tonnen und dem behördlichen Kennzeichen die A8 Innkreisautobahn, ABKM 37.400, Gemeinde Weibern, in Fahrtrichtung Knoten Voralpenkreuz benützt habe, ohne die fahrleistungsabhängige Maut ordnungsgemäß entrichtet zu haben, obwohl die Benutzung des mautpflichtigen Straßennetzes mit mehrspurigen Fahrzeugen, deren höchst zulässiges Gesamtgewicht mehr als 3,5 Tonnen beträgt, der fahrleistungsabhängigen Maut unterliege. Es sei festgestellt worden, dass das Fahrzeuggerät ein ungenügendes Mautguthaben aufgewiesen habe und dadurch die fahrleistungsabhängige Maut nicht ordnungsgemäß entrichtet worden sei. 

 

2. In der Berufung wird vorgebracht, dass die Erstbehörde nicht angezweifelt habe, dass die "OBU-Sperrliste" einen fehlerhaften Eintrag für jenen Fahrtabschnitt aufweise, welcher der Strecke des Tatvorwurfes vorgelagert sei. Daraus auf das Versagen des gesamten Mess- und Kontrollvorganges samt Ausfall der technischen Warnungen zu schließen, sei keine bloße Denkmöglichkeit, die im alltäglichen Geschehen so gut wie keine Verwirklichung finde und daher bei der Beweiswürdigung vernachlässigt werden dürfe. Zu solchen Funktionsstörungen komme es keineswegs nur selten. Die erstinstanzliche Erwägung, die Fehlerfassung eines vorangegangenen Fahrtabschnittes stelle die Richtigkeit der Eintragungen für die anschließenden Strecken nicht in Frage, reiche keineswegs für eine einwandfreie Beweiswürdigung aus. Es sei die Einvernahme des Bw geboten gewesen, um beim hiebei zu gewinnenden persönlichen Eindruck die Glaubhaftigkeit des Vorbringens abschätzen zu können, dass während der gesamten Fahrt die GO-Box ein hinreichendes Guthaben aufgewiesen und auch keine Warnsignale von sich gegeben habe. 

 

Beantragt wird nach Durchführung einer Berufungsverhandlung und Einvernahme des Bw die Einstellung des Verwaltungsstrafverfahrens.

 

3. Aus dem Akt ist ersichtlich:

 

Dem Akt liegt eine Anzeige der ASFINAG vom 18. August 2006 zugrunde. Die Lenkeranzeige enthält den gegenständlichen Tatvorwurf. Demnach habe die GO-Box ein ungenügendes Mautguthaben aufgewiesen. Der Zulassungsbesitzer sei gem. § 19 Abs. 4 BStMG am 7. Juli 2006 schriftlich zur Zahlung einer Ersatzmaut aufgefordert worden. Dieser Aufforderung sei jedoch nicht entsprochen worden.

 

Gegen die Strafverfügung vom 17. Oktober 2006 erhob der Bw einen Einspruch.

 

Einer zusätzlichen Stellungnahme der ASFINAG vom 15. Dezember 2006 ist die Wiedergabe des Anzeigeninhaltes bzw. rechtlicher Bestimmungen zu entnehmen. Als Beilage sind eine Auflistung der am Tattag durchfahrenen Mautbalken und zwei Beweisfotos angeschlossen.

 

Dazu brachte der Bw vor, dass die Verantwortliche des Arbeitgebers des Bw am 3. Juli 2006 die GO-Box mit einem Mautguthaben ausgestattet habe, welches bei gleichartigen Fahrtaufträgen in der Vergangenheit für die gesamte Hin- und Rückfahrt ohne Weiteres ausgereicht habe. Am Tattag habe der Bw während der Fahrt auf österreichischen Autobahnen ständig die Betriebstauglichkeit der GO-Box "im Auge" gehabt. Zu keinem Zeitpunkt hätte der Bw eine Feststellung machen können, dass das Mautguthaben erschöpft oder die Abbuchungstechnik gestört gewesen sei. Der Bw habe Bargeld bei sich geführt, das zur "Auffüllung" der GO-Box ausgereicht hätte, falls dies notwendig geworden wäre. Wenn man den ASFINAG-Erläuterungen folge, wäre vom Guthaben von 3,590 Euro für den Abschnitt "Ort im Innkreis – Ried im Innkreis" eine Maut von 3,200 Euro abzubuchen gewesen, wobei sich ein Restbetrag von 0,390 Euro ergeben hätte. Tatsächlich scheine aber in der anschließenden Zeile "Haag am Hausruck – Meggenhofen Gallspach" ein Habenstand von 0,95 Euro auf, sodass ein Gebrechen der ASFINAG-Erfassungstechnik vorgelegen haben müsse. Dieser Fehler stelle die Richtigkeitsgewähr des ganzen ASFINAG-Überblicksbildes so in Frage, dass bei jeder nur halbwegs vertretbaren Beweiswürdigung der Tatbestand der angelasteten Verwaltungsübertretung nicht bejaht werden könne.

 

Die ASFINAG teilte mittels Schreiben vom 18. Jänner 2007 zusätzlich im Wesentlichen mit, dass – wie der Einzelleistungsinformation zu entnehmen sei – bei der Mautabbuchungsstelle Ort im Innkreis – Ried im Innkreis keine Mautwerte abgebucht worden seien, da die GO-Box auf eine "OBU-Sperrliste" gesetzt worden sei. Dies sei aber unerheblich, da trotz allem der gegenständliche Kontrollfall entstanden wäre.   

 

Dazu äußerte sich der Bw im Wesentlichen wie in der später eingebrachten Berufung und ergänzte, dass er erst durch die Strafverfügung vom Verwaltungsstrafverfahren erfahren habe.

 

Der Akt schließt mit dem angefochtenen Straferkenntnis und der daraufhin eingebrachten Berufung.

 

Die ASFINAG übermittelte am 17. August 2007 auf Anforderung dem Unabhängigen Verwaltungssenat Einzelleistungsinformationen des gegenständlichen Kfz für den Zeitraum vom 6. Juni 2006 bis zum 7. Juli 2006 mit der Angabe der jeweiligen Mautguthaben.

 

4. In der öffentlichen mündlichen Verhandlung wurden dem (Vertreter des) Bw Kopien der vom Unabhängigen Verwaltungssenat eingeholten Einzelleistungsinformationen ausgehändigt.

 

Der Bw brachte vor, dass er während der ganzen Strecke nur einen Piepston pro Mautbalken gehört habe und er deshalb von einem ausreichend vorhandenen Mautguthaben ausgehe. Ein Piepston bedeute seines Wissens nach, dass ein ausreichendes Mautguthaben vorhanden sei. Vor Fahrtbeginn habe der Bw keine Statusabfrage bei der GO-Box vorgenommen.

Die gegenständliche Fahrt sei so verlaufen, dass der Bw in Theresienfeld geladen und die Chefin getankt habe. Ferner habe die Chefin dem Bw die GO-Box gegeben und gesagt, dass sich ein ausreichendes Guthaben für die gesamte Fahrt darauf befinden würde. Daraufhin sei der Bw Richtung Deutschland nach B gefahren. Solche Fahrten habe der Bw öfter gemacht. Üblicherweise sei die GO-Box im LKW geblieben. Manchmal aber sei die Box vor Fahrtantritt dem Bw gesondert übergeben worden. Erfahrungsgemäß habe das Guthaben bei den Fahrten immer ausgereicht. Außerdem habe der Bw ausreichende Barmittel mitgeführt. Wenn er vom Aufbrauchen des Guthabens Kenntnis gehabt hätte, hätte er bei der nächsten Vertriebsstelle die fehlende Maut nachentrichtet.   

 

Der Verhandlungsleiter bat den Amtssachverständigen, zu folgende Fragen Stellung zu nehmen:

1.    Ist vom System her ein Fehler denkbar, der sich dahingehend auswirkt, dass zwar die Kommunikation funktioniert, aber fälschlich ein aufgebrauchtes Guthaben registriert wird (obwohl das Guthaben in Wahrheit nicht aufgebraucht ist)?

2.    Ist es möglich, dass die GO-Box fälschlich einmal piepst, statt zweimal bzw. viermal?

3.    Was ist eine "OBU-Sperrliste"? Hat eine solche Anzeige irgendeine Indizwirkung in Richtung eines technischen Defekts des Systems? Inwieweit kann sich der Eintrag "OBU-Sperrliste" auf die nachfolgenden Buchungen im Einzelleistungsnachweis überhaupt auswirken?

4.    Es wird festgestellt, dass im gegenständlichen Einzelleistungsnachweis bei "Ort im Innkreis – Ried im Innkreis" der Hinweis "OBU-Sperrliste" auftaucht und dies offenbar laut Einzelleistungsnachweis die Konsequenz hatte, dass keine Abbuchung erfolgte. Daraus ergibt sich die Frage, weil offenbar ein ausreichendes Mautguthaben vorhanden war, aber trotzdem keine Abbuchung erfolgte, ob dies einen Fehler des Systems indiziert bzw., bejahendenfalls, ob sich ein solcher Fehler im Bereich Ort im Innkreis auf den gegenständlichen Tatort auswirken kann?

 

Der Amtssachverständige führte dazu aus, dass aus der vorliegenden Einzelleistungsinformation zu erkennen sei, dass es immer dann zu einer fehlerfreien Abbuchung gekommen sei, wenn das vorhandene Restguthaben für die zu erfolgende Abbuchung ausreichend gewesen sei. Aufgrund dieses Leistungsnachweises sei klar nachvollziehbar, dass die Angabe "Kontostand zu niedrig" (entspricht einer nicht korrekten Abbuchung) immer bei zu geringem Guthabensstand aufgetreten sei. Die Kommunikation zwischen GO-Box und Mautbake finde wie folgt statt:

Bei jedem Durchfahren eines Mautportals werde vom Portal die GO-Box "angefunkt" und der Status der GO-Box abgefragt. Die GO-Box teile dann der Mautbake die Höhe der eingestellten Achsen mit, worauf die entsprechende Abbuchung des Mautbetrages erfolge. Wenn somit eine korrekte Abbuchung aufgrund eines ausreichenden Mautguthabens erfolgt sei, wird vom Mautbalken der GO-Box die "Anweisung" gegeben, einen einmaligen Piepston und ein einmaliges grünes Blinksignal abzugeben. Sobald die Abbuchung jedoch, z.B. wegen eines zu geringen Restguthabens oder wegen einer Kommunikationsunterbrechung, welche nicht wieder korrigiert habe werden können, nicht korrekt erfolgt sei, so ergehe an die GO-Box der "Befehl" viermal zu piepsen. Wenn das Restguthaben 30 Euro unterschritten habe, erfolge ein zweimaliger Piepston. Zusammenfassend heiße dies, dass die GO-Box nicht von sich aus sondern nur nach "Anweisung" durch die Mautbake über Mikrowellenübertragung Piepstöne abgebe. Diese Kommunikation sei Stand der Technik entsprechend den einschlägigen Prüfnormen für Nahfeldkommunikation. Alle gesetzlich geforderten Prüfnachweise würden vorliegen. Auch darüber hinausgehende Prüfungen konnten bestätigen, dass die Nahfeldkommunikation entsprechend dem Stand der Technik auf einem sehr hohen Niveau stattfinde. Zur Vermeidung von Kommunikationsproblemen zwischen GO-Box und Mautbake werde das Signal noch mit einem 16-Bit-Code verschlüsselt. Ein "Knacken" dieses Codes könne aus technischer Sicht gegebenenfalls nur durch gezielte Maßnahmen und einem sehr, sehr großen Aufwand erfolgen. Dass dies rein zufällig passiere, könne mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit ausgeschlossen werden.

Zum Begriff "OBU-Sperrliste" sei festzustellen, dass in Verwendung stehende GO-Boxen, bei denen keine regelmäßige Bezahlung stattfinde, von Seiten des Mautbetreibers gesperrt würden. Für das gegenständliche Kfz habe erhoben werden können, dass vom 1. November 2005 bis zum 17. März 2006 eine Post-Pay-GO-Box in Verwendung gestanden sei, die Mautbeträge also im Nachhinein abgebucht wurden. Da es zu Zahlungsunregelmäßigkeiten gekommen sei, habe die ASFINAG diese GO-Box gesperrt. Der Vermerk "OBU-Sperrliste" (OBU = on board unit) bedeute somit, dass diese GO-Box-Nummer ursprünglich gesperrt gewesen sei. Der Historie zufolge sei die Zahlungsmodalität dieser GO-Box nach dem 17. März 2006 von Post-Pay auf Prey-Pay umgestellt worden. Dazu sei es notwendig gewesen, die OBU-Sperre wieder aufzuheben. Die Mitteilung über die Aufhebung dieser Sperre an die rund 900 österreichischen Mautportale erfolge zentral über einen Computer, wobei diese Information bei den Portalen nicht zeitgleich ankomme und mit einer Verzögerung von bis zu 20 Minuten zu rechnen sei. Im gegenständlichen Fall sei aufgrund der vorliegenden Einzelleistungsinformationen nachweisbar, dass bei den Mautbaken "Ried im Innkreis" und "Wiener Neudorf" eine Aufhebung der Sperre zwischen dem 26. Juni und 7. Juli 2006 nicht erfolgt ist. Andere Mautbalken seien von der Nichtaufhebung der Sperre  nicht betroffen gewesen. Diese Nichtaufhebung der Sperre sei darauf zurückzuführen, dass die Sperre aus dem Speicher der Mautbake nicht ordnungsgemäß gelöscht worden sei. Möglicherweise sei der "Befehl" einer Aufhebung der Sperre aufgrund einer Überforderung der Kapazität der Datenübertragungsrate oder des Speichers bei diesen Balken nicht angekommen. Wie aus dem Leistungsverzeichnis aber hervorgehe, sei bei diesen beiden Mautbaken keine Mautabbuchungen durchgeführt worden. Dies bedeute, die GO-Box habe jeweils mit den beiden Mautbalken kommuniziert und erkannt, dass eine Abbuchung der Maut aufgrund der noch aktiven Sperre nicht zulässig sei. Am Tattag weise die GO-Box um 9.19 Uhr vor Durchfahren des Balkens "Ort im Innkreis" noch ein Guthaben von 3,59 Euro auf. Bei diesem Balken wäre ein Mautbetrag von 3,20 Euro fällig gewesen. Aufgrund der noch aktiven Sperre sei aber nicht abgebucht und – da es sich um ein Problem innerhalb der ASFINAG gehandelt habe – die Maut auch nicht nachverrechnet worden. Beim nächsten, bereits wieder freigegebenen Mautbalken, sei der fällige Betrag von 3,00 Euro korrekt abgebucht worden, was auch rechnerisch nachvollziehbar sei. Bei allen diesen Balken habe die Kommunikation zwischen GO-Box und Mautbalken einwandfrei funktioniert. Aus dem Verlauf des Leistungsverzeichnisses sei plausibel nachvollziehbar, dass immer dann, wenn ein entsprechendes Guthaben bei der GO-Box vorhanden gewesen, es auch zu einer Abbuchung gekommen ist.

Zusammenfassend sei daher festzustellen, dass bei der Annahme eines Defekts bei der GO-Box und nach einem (nach dem Aufladen) wieder ausreichend vorhandenen Guthaben ein gegenständlich erfolgtes ordnungsgemäßes Abbuchen der Maut nicht möglich gewesen wäre.   

 

Der Vertreter des Bw fragte den Sachverständigen, ob ihm Prüfungen aller vom Bw am Tattag durchfahrenen Mautbalken vorliegen und ob tatsächlich im Falle einer Nichtabbuchung bei jedem Durchfahren eines Mautbalkens ein viermaliger Piepston erfolge, zumal im gegenständlichen Fall sehr oft diese Signaltöne ertönen hätten müssen.

 

Der Amtssachverständige antwortete, dass dies (bezüglich der viermaligen Signaltöne) so sei und aus der Einzelleistungsinformation vom Tattag ersichtlich sei, dass zur Tatzeit (9.35 Uhr) aufgrund eines zu niedrigen Kontostandes keine Abbuchung stattgefunden habe. Bei der Mautbake um 9.56 Uhr habe wieder korrekt abgebucht werden können, da der dort fällige Mautbetrag von 0,20 Euro durch das noch vorhandene Mautguthaben noch seine Deckung gefunden habe. Daraus sei der Schluss zu ziehen, dass immer dann, wenn das Restguthaben für eine Abbuchung ausreichend gewesen ist, es auch zu einer Abbuchung der Maut gekommen ist. Ein Systemfehler sei nicht festzustellen. Die ASFINAG unterziehe jeden Mautbalken täglich einer Plausibilitätskontrolle. Dies bedeute, falls bei einer Mautbake die tägliche Abbuchungszahl unter dem statistischen Mittelwert liegt, dieser Balken inspiziert werde. Außerhalb dieser statistischen Auffälligkeiten werde keine spezielle Kontrolle außerhalb den üblichen Wartungsvorgängen durchgeführt. Ob die vom Bw am Tattag durchfahrenen Mautbalken außerhalb der vorgesehenen Serviceintervalle überprüft worden seien, sei dem Sachverständigen nicht bekannt.  

 

Zur Frage des Vertreters des Bw, ob ein hier relevantes "Fehlpiepsen" durch einen Fehler der GO-Box zustande kommen könne, antwortete der Amtssachverständige, dass aufgrund der Bauart und Prüfungskriterien für die Box sichergestellt sei, dass es durch im Fahrzeug üblich auftretende Belastungen zu keinem GO-Box-Fehler kommt. Da die konkrete GO-Box nicht vorliege und auch nicht besichtigt worden sei, könne die Frage nur allgemein beantwortet werden. Wenn die GO-Box versehentlich einmal fallen gelassen würde, könne ein mechanischer Schaden nicht ausgeschlossen werden. Das vorliegende Leistungsverzeichnis widerspreche jedoch dieser Annahme, da dieses ansonsten kein derart schlüssiges Bild aufweisen würde. Dass es einmal zu einer Fehlabbuchung und daraufhin zu einer ordnungsgemäßen Abbuchung kommt, sei technisch ausgeschlossen, da ein selbsttätiges Reparieren der Box nicht möglich sei.

Bei Auftreten eines technischen Defekts bei der GO-Box komme es bei der Statusabfrage weder zu einem Piepston noch zu einem Aufleuchten der LED-Lampe. Gleiches gelte beim Durchfahren einer Mautbake. Technisch auszuschließen sei, dass aufgrund eines Gebrechens der Box diese anstatt vier nur einen Piepston aussende. Ein technischer Defekt der GO-Box sei für den Lenker vor Fahrtbeginn durch die Statusabfrage erkennbar.

Hundertprozentige Sicherheit bezüglich der angefragten technischen mechanischen Fehler könne man nur bei einer Überprüfung der gegenständlichen GO-Box erlangen.

 

 

 

 

5. Der Unabhängige Verwaltungssenat hat darüber erwogen:

 

5.1. Gemäß § 6 BStMG unterliegt die Benützung von Mautstrecken mit mehrspurigen Kraftfahrzeugen, deren höchstzulässiges Gesamtgewicht mehr als 3,5 t beträgt, der fahrleistungsabhängigen Maut.

 

Gemäß § 7 Abs. 1 BStMG ist die Maut durch Einsatz zugelassener Geräte zur elektronischen Entrichtung der Maut im Wege der Abbuchung von Mautguthaben oder der zugelassenen Verrechnung im Nachhinein zu entrichten. Die Autobahnen- und Schnellstraßen-Finanzierungs-Aktiengesellschaft hat zur Mautabwicklung eine in Artikel 2 der Richtlinie 2004/52/EG genannte Technik zu nutzen.

 

Gemäß § 8 Abs. 1 BStMG haben Lenker, soweit sie nicht von anderen in der Mautordnung vorgesehenen Formen der Mautentrichtung Gebrauch machen, vor der Benützung von Mautstrecken ihr Fahrzeug mit Geräten zur elektronischen Entrichtung der Maut auszustatten.

 

Gemäß § 8 Abs. 2 BStMG haben sich Lenker bei Verwendung von Geräten zur elektronischen Entrichtung der Maut vor, während und nach jeder Fahrt auf Mautstrecken der Funktionsfähigkeit dieser Geräte zu vergewissern und Funktionsstörungen unverzüglich zu melden.

 

Punkt 8.2.4.2 der Mautordnung besagt u.a., dass der Kraftfahrzeuglenker im eigenen Ermessen und in eigener Verantwortung für ein rechtzeitiges Wiederaufladen des Mautguthabens zu sorgen hat.

 

Gemäß Punkt 8.2.4.3.1 der Mautordnung gelten folgende Signale als Information für den jeweiligen Nutzer:

Ein kurzer Signalton: Die Mautentrichtung wird auf Basis der eingestellten Kategorie bestätigt.

Zwei kurze Signaltöne: Die Mautentrichtung hat auf Basis der eingestellten Kategorie ordnungsgemäß stattgefunden, aber das Mautguthaben (nur im Pre-Pay-Verfahren) ist unter den Grenzwert in der Höhe von 30 Euro gefallen (der Nutzer hat für eine rechtzeitige Aufbuchung von Mautwerten zu sorgen), das Mautguthaben verfällt innerhalb der nächsten zwei Monate (nur im Pre-Pay-Verfahren), oder die GO-Box wird zur Kontrolle (zum ASFINAG Maut Service Center oder an die nächste GO Vertriebsstelle) zurückgerufen.

 

Gemäß Punkt 8.2.4.3.2 der Mautordnung sind vier kurze Signal-Töne vom Nutzer zu beachtende akustische Signale: Es hat keine Mautentrichtung stattgefunden, weil insbesondere vom Nutzer Bestimmungen der Mautordnung Teil B nicht beachtet wurden, oder bei GO-Box Sperre aufgrund technischer Mängel bzw. festgestellter Unregelmäßigkeiten im Zusammenhang mit der Mauteinhebung. In diesem Fall hat dann jeder Nutzer seiner Nachzahlungsverpflichtung im Sinne von Punkt 7.1 im vollen Umfang nachzukommen, andernfalls der Tatbestand der Mautprellerei gemäß Punkt 10 verwirklicht wird.

 

Gemäß § 20 Abs. 2 BStMG ("Mautprellerei") begehen Kraftfahrzeuglenker, die Mautstrecken benützen, ohne die nach § 6 geschuldete fahrleistungsabhängige Maut ordnungsgemäß zu entrichten, eine Verwaltungsübertretung und sind mit Geldstrafe von 400 Euro bis 4.000 Euro zu bestrafen.

 

Gemäß § 20 Abs. 3 BStMG wird eine Übertretung gemäß § 20 Abs. 2 BStMG straflos, wenn der Mautschuldner fristgerecht die in der Mautordnung festgesetzte Ersatzmaut bezahlt.

 

§ 19 BStMG ("Ersatzmaut") bestimmt, dass in der Mautordnung für den Fall der nicht ordnungsgemäßen Entrichtung der Maut eine Ersatzmaut festzusetzen ist, die den Betrag von 300 Euro einschließlich Umsatzsteuer nicht übersteigen darf (Abs. 1).

Kommt es bei einer Verwaltungsübertretung gemäß § 20 Abs. 2 zu keiner Betretung, so ist die Autobahnen- und Schnellstraßen-Finanzierungs-Aktiengesellschaft ermächtigt, im Falle einer Verwaltungsübertretung gemäß § 20 Abs. 1 den Zulassungsbesitzer schriftlich zur Zahlung einer Ersatzmaut aufzufordern, sofern der Verdacht auf automatischer Überwachung beruht, im Falle einer Verwaltungsübertretung gemäß § 20 Abs. 2 den Zulassungsbesitzer schriftlich zur Zahlung einer Ersatzmaut aufzufordern, sofern der Verdacht auf automatischer Überwachung oder auf dienstlicher Wahrnehmung eines Organs der öffentlichen Aufsicht beruht. Die Aufforderung hat eine Identifikationsnummer und eine Kontonummer zu enthalten. Ihr wird entsprochen, wenn die Ersatzmaut binnen drei Wochen ab Ausfertigung der Aufforderung dem angegebenen Konto gutgeschrieben wird und der Überweisungsauftrag die automationsunterstützt lesbare, vollständige und richtige Identifikationsnummer enthält (Abs. 4).

Subjektive Rechte des Lenkers und des Zulassungsbesitzers auf mündliche oder schriftliche Aufforderungen zur Zahlung einer Ersatzmaut bestehen ist (Abs. 6).

 

5.2. Im gegenständlichen Fall steht unbestritten fest, dass der Bw der Lenker des gegenständlichen Kfz zur Tatzeit am Tatort war, dass die Maut nicht entrichtet wurde und dem Zulassungsbesitzer gem. § 19 Abs. 4 BStMG ein schriftliches Ersatzmaut-Angebot zugegangen ist, diesem Angebot jedoch nicht entsprochen wurde.

 

Der Bw behauptet zunächst, die GO-Box habe zur Tatzeit über ein ausreichendes Guthaben verfügt. Dazu brachte der Amtssachverständige in der öffentlichen mündlichen Verhandlung vor, dass sich aus den vorliegenden Einzelleistungsinformationen das schlüssige Bild ergibt und klar nachvollziehbar ist, dass es immer dann zu einer fehlerfreien Abbuchung gekommen ist, wenn das vorhandene Restguthaben für die zu erfolgende Abbuchung ausreichend war. Selbst bei der (hypothetischen) Annahme eines Defekts der GO-Box (z.B. durch versehentliches Fallenlassen) wäre – nach einem auf der vorliegenden Einzelleistungsinformation ersichtlichen Aufladen von Mautguthaben bei der GO-Box – ein wiederum ordnungsgemäßes Abbuchen ab den dem Tattag folgenden Tag nicht möglich gewesen, da ein selbsttätiges Reparieren der GO-Box technisch ausgeschlossen ist. Der Unabhängige Verwaltungssenat hegt an der Richtigkeit, Vollständigkeit und Schlüssigkeit der gutachtlichen Stellungnahme des Amtssachverständigen, der der Bw auch nicht auf gleicher fachlicher Ebene entgegengetreten ist, keinerlei Zweifel.

Es steht somit fest, dass die GO-Box zur Tatzeit über ein unzureichendes Guthaben verfügt hat.

 

Der Bw behauptet weiters, dass am Tattag während der gesamten Fahrt die GO-Box bei jedem Durchfahren eines Mautbalkens jeweils nur ein Piepssignal abgegeben habe bzw. er nicht (durch akustische Signale der GO-Box) auf ein aufgebrauchtes Guthaben aufmerksam gemacht worden sei. Der Richtigkeit dieses Vorbringens stehen zunächst die technischen Gegebenheiten, wie sie im Punkt 8.2.4.3.2 der Mautordnung ihren Niederschlag gefunden haben, entgegen, wonach bei Nichtentrichtung der Maut von der GO-Box bei jedem Mautportal vier und, sobald beim Guthaben 30 Euro unterschritten werden, jedesmal zwei kurze Signaltöne abgegeben werden. Vor allem aber stehen der Behauptung des Bw die gutachtlichen Ausführungen des Amtssachverständigen in der öffentlichen mündlichen Verhandlung entgegen, wonach es technisch auszuschließen ist, dass aufgrund eines Gebrechens der GO-Box diese lediglich ein Piepssignal anstatt vier aussendet und ein technischer Defekt der GO-Box für den Lenker vor Fahrtbeginn durch die Statusabfrage erkennbar ist. Das Vorbringen des Bw, die GO-Box habe zur Tatzeit lediglich einen Piepston abgegeben, ist damit widerlegt.

 

Der Bw vermeint, die Eintragung "OBU-Sperrliste" auf den Einzelleistungsinformationen lasse auf einen technischen Defekt des Mautsystems am Tattag schließen. Dazu hat der Amtssachverständige in der öffentlichen mündlichen Verhandlung klar, schlüssig und nachvollziehbar dargelegt, dass die Ursache einer Nichtabbuchung der Maut bei jenen Mautbalken, die auf den Einzelleistungsinformationen mit dem Vermerk "OBU-Sperrliste" versehen wurden, zwar im Bereich der ASFINAG liegt, dies aber keinerlei Rückschlüsse auf einen technischen Defekt des Mautsystems zulässt und ein technischer Defekt des Mautsystems zudem aufgrund der einschlägigen Prüfnorm für Nahfeldkommunikation, des 16-Bit-Verschlüsselungscodes und darüber hinausgehender und in der öffentlichen mündlichen Verhandlung näher beschriebener Prüfungen mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit auszuschließen ist. Dabei ist auch nicht aus den Augen zu verlieren, dass gegenständlich nachweislich aufgrund der Einzelleistungsinformationen die Problematik nicht in einer Kommunikationsunterbrechung bzw. -beeinflussung zwischen GO-Box und Mautportal, sondern in einem ungenügenden Mautguthaben, das ein ordnungsgemäßes Abbuchen der Maut zur Tatzeit verhindert hat, liegt. Ein Systemfehler lag somit nicht vor und ist auch nicht schon auf bloße – unsubstantielle – Faktenbehauptungen hin anzunehmen.    

 

Der Bw bringt vor, er habe erst durch die Strafverfügung vom Verwaltungsstrafverfahren erfahren. Wenn der Bw damit bemängeln möchte, nicht ihm sondern dem Zulassungsbesitzer (Arbeitgeber) sei die Ersatzmaut angeboten worden, ist zu entgegnen, dass § 19 Abs. 4 BStMG ein schriftliches Ersatzmautangebot lediglich an den Zulassungsbesitzer vorsieht. Dies ist – unbestritten – erfolgt. Die Nichteinbezahlung der Ersatzmaut innerhalb von drei Wochen (durch den Zulassungsbesitzer) – aus welchen Gründen auch immer – ließ den Strafausschließungsgrund des § 20 Abs. 3 BStMG nicht zustande kommen. In diesem Zusammenhang ist auch auf den Beschluss des Verfassungsgerichtshofes, Zl. B 1140/06-6 v. 26.9.2006, hinzuweisen, wonach es sachlich gerechtfertigt ist, lediglich den Zulassungsbesitzer des Fahrzeuges zur Zahlung einer Ersatzmaut aufzufordern.   Überdies bestehen gem. § 19 Abs.6 BStMG keine subjektiven Rechte des Lenkers und des Zulassungsbesitzers auf mündliche oder schriftliche Aufforderungen zur Zahlung einer Ersatzmaut.

Das diesbezügliche Vorbringen des Bw geht deshalb ins Leere.   

 

Dem Bw ist daher vorzuwerfen, dass er nicht für ein ausreichendes Guthaben Vorsorge getroffen hat, wodurch es zur Benützung einer mautpflichtigen Strecke ohne Mautentrichtung gekommen ist. Weiters hat er die akustischen Signale der GO-Box (viermaliges Piepsen bei jeder Durchfahrt eines Mautportals bei Nichtentrichtung der Maut bzw. zweimaliges Piepsen, sobald das Guthaben 30 Euro unterschritten hat) nicht beachtet. Auf die Nachentrichtungsmöglichkeit im Sinne von Punkt 7.1 der Mautordnung für Fälle wie diesen (vgl. dazu Punkt 5.4.2 der Mautordnung) sei zusätzlich hingewiesen.

 

Die Tat ist daher dem Bw in objektiver und – da keine Entschuldigungsgründe ersichtlich sind – auch in subjektiver Hinsicht zuzurechnen. Die Nichtentrichtung der Maut ist dem Bw durch die akustischen Signale der GO-Box zur Kenntnis gelangt bzw. hätte ihm bei gehöriger Aufmerksamkeit zur Kenntnis gelangen müssen. Nicht entschuldigend würde eine eventuelle Rechtsunkenntnis bzw. eine möglicherweise vorliegende Unkenntnis der Gebrauchsvorschriften für die GO-Box wirken. Der Lenker ist verpflichtet, sich mit den rechtlichen und faktischen Voraussetzungen der legalen Benützung mautpflichtiger Strecken auf geeignete Weise vertraut zu machen. Im Zweifel sei von Fahrlässigkeit ausgegangen, und zwar in dem Sinne, dass der Bw die akustischen Signale der GO-Box nicht beachtet, nicht für ein neuerliches Guthaben bei der GO-Box Vorsorge getroffen und sich auf die Zusicherungen seiner Arbeitgeberin hinsichtlich eines ausreichenden Guthabens verlassen hat.

 

Zur Bemessung der Strafhöhe ist zu bemerken, dass im angefochtenen Straferkenntnis ohnehin die gesetzlich vorgesehene Mindestgeldstrafe (und eine entsprechende Ersatzfreiheitsstrafe) verhängt wurde. Überwiegende Milderungsgründe iSd § 20 VStG sind nicht ersichtlich. Die Tat bleibt auch nicht so weit hinter dem deliktstypischen Unrechts- und Schuldgehalt zurück, dass eine Anwendung des § 21 Abs.1 VStG denkbar wäre. Insbesondere ist der Schuldgehalt nicht gering zu veranschlagen, da die Vorsorge für ein ausreichendes Mautguthaben bei der GO-Box gegenständlich die zentrale Lenkerpflicht darstellt.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 180 Euro zu entrichten.

Dr. Langeder

 

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