Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-110819/4/Kl/Sta

Linz, 13.03.2008

 

 

E R K E N N T N I S

 

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Ilse Klempt über die Berufung des Herrn J F, L,  vertreten durch F H & P Rechtsanwälte GmbH, H S, S, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Schärding vom 23. Oktober 2007, VerkGe96-74-1-2007, wegen einer Verwaltungsübertretungen nach dem Güterbeförderungsgesetz, zu Recht erkannt:

 

 

I.    Der Berufung wird Folge gegeben, das angefochtene Straferkenntnis aufgehoben und das Verwaltungsstrafverfahren eingestellt.

 

II.   Es entfallen jegliche Verfahrenskostenbeiträge.

 

Rechtsgrundlagen:

zu  I.: § 66 Abs.4 AVG iVm §§ 24, 44a, 45 Abs.1 Z1 und 3 und 51 VStG.

zu II.: § 66 Abs.1  VStG.

 

 

 

Entscheidungsgründe:

 

1. Mit Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Schärding vom 23. Oktober 2007, VerkGe96-74-1-2007, wurde über den Berufungswerber eine Geldstrafe von 1.453 Euro, Ersatzfreiheitsstrafe von 67 Stunden, wegen einer Verwaltungs­übertretung gemäß § 7 Abs.1 Z1 iVm § 23 Abs.1 Z3 und Abs.4 Güterbeförderungsgesetz 1995 verhängt, weil er als handelsrechtlicher Geschäftsführer und somit gemäß § 9 Abs.1 VStG zur Vertretung nach außen Berufener der F S GmbH (Unternehmer) mit dem Sitz in  L, H-B-S, am 09.05.2007 gegen 10.10 Uhr, auf der Innkreis-Autobahn A8, bei Strkm 75,200, Gemeindegebiet Suben, mit dem Sattelzugfahrzeug mit dem deutschen Kennzeichen  und dem Sattelanhänger mit dem deutschen Kennzeichen , deren Summe der höchsten zulässigen Gesamtgewichte insgesamt 3.500 kg überstiegen hat, Zulassungsbesitzer des Zugfahrzeuges F S GmbH,  L, H-B-S, Lenker: S B, welcher Staatsangehöriger eines Drittstaats (Staatsbürgerschaft Serbien) ist, eine gewerbsmäßige Beförderung von Gütern (1 Ladewagen samt Zubehör) von Grieskirchen durch Österreich mit einem Zielort in Deutschland (grenzüberschreitender gewerblicher Güterkraftverkehr) ohne Fahrerbescheinigung durchgeführt hat, obwohl der grenzüberschreitende Verkehr einer Gemeinschaftslizenz in Verbindung – sofern der Fahrer Staatsangehöriger eines Drittstaates ist – mit einer Fahrerbescheinigung unterliegt.

 

2. Dagegen wurde fristgerecht Berufung eingebracht und die Aufhebung des Straferkenntnisses und Einstellung des Strafverfahrens beantragt. Begründend wurde dargelegt, dass der Sachverhalt nicht ausreichend festgestellt worden sei, insbesondere ob es sich um einen gewerblichen Gütertransport über die Grenze gehandelt habe, wo die Fahrt begonnen worden sei, ob der Lenker S B über eine Fahrerbescheinigung verfüge und ob er überhaupt zur Aushändigung dieser Bescheinigung aufgefordert worden sei. Es wurde vorgebracht, dass der Lenker deutscher Staatsbürger sei. Sein Ausweis sei erst am 11.6.2007 ausgestellt worden, die Antragstellung jedoch viel früher, jedenfalls vor dem Deliktszeitpunkt, erfolgt. Weiters wurde die Strafbemessung bekämpft.    

 

3. Die Bezirkshauptmannschaft Schärding als belangte Behörde hat die Berufung samt dem bezughabenden Verwaltungsstrafakt vorgelegt.

 

4. Der Oö. Verwaltungssenat hat Beweis erhoben durch Akteneinsichtnahme. Da bereits aus der Aktenlage ersichtlich ist, dass der Bescheid aufzuheben ist, konnte eine mündliche Verhandlung gemäß § 51e Abs.2 Z1 VStG unterbleiben.

 

5. Hierüber hat der Oö. Verwaltungssenat erwogen:

 

5.1. Gemäß § 7 Abs.1 GütbefG ist die gewerbsmäßige Beförderung von Gütern mit Kraftfahrzeugen von Orten, die außerhalb des Bundesgebietes liegen, in das Bundesgebiet oder durch das Bundesgebiet hindurch, oder von innerhalb des Bundesgebietes liegenden Orten in das Ausland außer Inhabern von Konzessionen nach § 2 auch Unternehmern gestattet, die nach den im Staat des Standortes ihrs Unternehmens geltenden Vorschriften zur Beförderung von Gütern mit Kraftfahrzeugen befugt sind und Inhaber einer der folgenden Berechtigungen sind:

1) Gemeinschaftslizenz gemäß der Verordnung (EWG) Nr. 881/92,

2) Genehmigung aufgrund der Resolution des Rats der Europäischen  Konferenz der Verkehrsminister (CEMT) vom 14.6.1973,

3) Bewilligung des Bundesministers für Verkehr, Innovation und Technologie für den Verkehr nach, durch oder aus Österreich,

4) aufgrund zwischenstaatlicher Abkommen vergebene Genehmigung des Bundesministers für Verkehr, Innovation und Technologie.

 

Gemäß § 25 Abs.2 GütbefG ist, soweit in diesem Bundesgesetz auf die Verordnung (EWG) Nr. 881/92 verwiesen wird, die Verordnung (EWG) Nr. 881/92 des Rates vom 26.3.1992 über den Zugang zum Güterkraftverkehrsmarkt in der Gemeinschaft für  Beförderungen aus oder nach einem Mitgliedsstaat oder durch einen oder mehrere Mitgliedsstaaten, ABl L95 vom 9.4.1992, S.1, geändert durch die Verordnung (EG) Nr. 484/2002 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 1.3.2002, ABl. L76 vom 19.3.2002, S.1,... anzuwenden.

 

Gemäß Art. 3 Abs.1 der Verordnung (EWG) Nr. 881/92 idFd Verordnung (EG) Nr. 484/2002 unterliegt der grenzüberschreitende Verkehr einer Gemeinschaftslizenz in Verbindung – sofern der Fahrer Staatsangehöriger eines Drittstaates ist – mit einer Fahrerbescheinigung.

 

Gemäß Art. 3 Abs.3 der obzit. Verordnung wird die Fahrerbescheinigung von einem Mitgliedsstaat gemäß Art. 6 jedem Verkehrsunternehmer ausgestellt, der Inhaber einer Gemeinschaftslizenz ist und der in diesem Mitgliedsstaat Fahrer, die Staatsangehörige eines Drittlandes sind, rechtmäßig beschäftigt oder Fahrer rechtmäßig einsetzt, die Staatsangehörige eines Drittstaates sind und ihm als Arbeitskraft gemäß den Bestimmungen zur Verfügung gestellt werden, die in diesem Mitgliedsstaat für die Beschäftigung und die Berufsausbildung von Fahrern durch Rechts- und Verwaltungsvorschriften und gegebenenfalls Tarifverträge nach den in diesem Mitgliedsstaat geltenden Vorschriften festgelegt wurden.

 

Gemäß § 23 Abs.1 GütbefG begeht, abgesehen von gemäß dem V. Hauptstück der GewO 1994 zu ahndenden Verwaltungsübertretungen, eine Verwaltungsübertretung, die mit einer Geldstrafe bis zu 7.267 Euro zu ahnden ist, wer als Unternehmer

Z3  Beförderungen gemäß §§ 7 bis 9 ohne die hiefür erforderliche Berechtigung durchführt oder Gebote oder Verbote von zwischenstaatlichen Vereinbarungen nicht einhält;

Z8    nicht dafür sorgt, dass die gemäß der Verordnung (EWG) Nr. 881/92 erforderlichen Gemeinschaftslizenzen oder Fahrerbescheinigungen mitgeführt werden.

 

Strafbar nach Abs.1 Z3, Z6, Z8 oder Z11 ist ein Unternehmer auch dann, wenn er die in §§ 7 bis 9 genannten Verpflichtungen oder die in der Verordnung (EWG) Nr. 881/92 normierten Gebote oder Verbote im Ausland verletzt. Örtlich zuständig ist diesfalls jene Behörde, in deren Sprengel der Lenker im Zuge einer Straßenkontrolle  betreten wird, sonst jene Behörde, in deren Sprengel der Grenzübertritt in das Bundesgebiet erfolgt (§ 23 Abs.3 leg.cit).

 

Gemäß § 23 Abs.4 leg.cit. hat bei Verwaltungsübertretungen gemäß Abs.1 Z3 und Z8 bis Z11 sowie bei Verwaltungsübertretungen gemäß § 366 Abs.1 Z1 der GewO 1994 die Geldstrafe mindestens 1.453 Euro zu betragen.

 

5.2. Der Verwaltungsgerichtshof hat sich in seinem Erkenntnis vom 15.11.2007, Zl. 2007/03/0127-7, dahingehend festgelegt, dass eine Fahrerbescheinigung keine Gemeinschaftslizenz darstellt und sich daher die Rechtsansicht des Oö. Verwaltungs­senates, wonach die Durchführung einer der Gemeinschaftslizenz unterliegenden Güterbeförderung, ohne dass – obgleich der Fahrer Drittstaatsangehöriger ist – eine Fahrerbescheinigung vorliegt, unter § 23 Abs.1 Z3 iVm § 7 Abs.1 GütbefG zu subsumieren sei, als nicht zutreffend erweist. Auch der Umstand, dass in § 25 Abs.3 GütbefG nunmehr die geänderte Fassung der Verordnung (EWG) Nr. 881/2002 ausdrücklich zitiert ist, vermag daran nichts zu ändern, da bereits vor dieser Novelle des GütbefG mit der Bezugnahme auf die Verordnung (EWG) Nr. 881/01992 (ohne einzelne Änderungen ausdrücklich anzuführen) eine im Hinblick auf den Anwendungsvorrang des Gemeinschaftsrechts zulässige dynamische Verweisung auf die jeweils gültige Fassung dieser Verordnung gegeben war, wie sich auch aus dem zitierten Erkenntnis vom 19.10.2004, Zl. 2004/03/0087, ergibt.

Weiters vertritt der Verwaltungsgerichtshof die Ansicht, dass sich aus dem klaren Wortlaut der Bestimmung des § 23 Abs.1 Z8 GütbefG ergibt, dass der Unternehmer der ihn treffenden Verpflichtung auch dann nicht nachkommt, wenn er eine erforderliche Fahrerbescheinigung gar nicht besorgt hat, sodass er sie dem Fahrer  bei der Güterbeförderung auch nicht übergeben kann. Auch in diesem Fall hat er nicht dafür gesorgt, dass eine erforderliche Fahrerbescheinigung mitgeführt wird. Zwar trifft es zu, dass für die Durchführung einer der Gemeinschaftslizenz unterliegenden grenzüberschreitenden Güterbeförderung, ohne dass der Unternehmer über eine Gemeinschaftslizenz verfügt, eine gesonderte Strafnorm in § 23 Abs.1 Z3 iVm § 7 Abs.1 Z1 GütbefG vorgesehen ist; da jedoch im Hinblick auf  die Fahrerbescheinigung keine dieser Bestimmung entsprechende Spezialnorm vorliegt, ist eine Bestrafung nach § 23 Abs.1 Z8 GütbefG nicht ausgeschlossen.

 

5.3. Im Grunde der vorzitierten Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes war daher die dem Berufungswerber angelastete Tat unter § 23 Abs.1 Z8 GütbefG zu subsumieren und ihm vorzuhalten, dass er nicht dafür gesorgt hat, dass eine Fahrerbescheinigung mitgeführt wird. Eine solche Tatanlastung ist aber innerhalb der sechsmonatigen Verfolgungsverjährungsfrist gemäß § 31 Abs.2 VStG nicht erfolgt.

 

Da die dem Berufungswerber im Straferkenntnis angelastete Tat keine Verwaltungsübertretung bildet, eine Tat nach § 23 Abs.1 Z8 GütbefG aber dem Berufungswerber fristgerecht nicht vorgeworfen wurde, war das Straferkenntnis aufzuheben und Verwaltungsstrafverfahren gemäß § 45 Abs.1 Z1 und 3 VStG einzustellen.

 

6. Weil die Berufung Erfolg hatte, entfallen jegliche Verfahrenskostenbeiträge gemäß § 66 Abs.1 VStG.

 

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen  diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungs­gerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 180 Euro zu entrichten.

 

 

Dr. Klempt

 

 

Beschlagwortung:

Fahrerbescheinigung, Tatvorwurf

 

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