Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-150561/8/Re/Hue

Linz, 26.03.2008

 

 

E R K E N N T N I S

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Werner Reichenberger über die Berufung des M O, W, B, vertreten durch Rechtsanwalt Dr. N N, G, R, gegen das Straferkenntnis des Bezirkshauptmannes von Schärding vom 5. März 2007, Zl. BauR96-2006, nach der am 28. Februar 2008 durchgeführten öffentlichen mündlichen Verhandlung wegen einer Übertretung des Bundesstraßen-Mautgesetzes 2002 (BStMG) zu Recht erkannt:

 

 

I.                  Die Berufung wird abgewiesen und der angefochtene Bescheid bestätigt. Der Spruch des angefochtenen Straferkenntnisses ist dahingehend zu korrigieren, dass er zu lauten hat:

         "Sie lenkten am 01.06.2006 um 18.54 Uhr das Sattelkraftfahrzeug bestehend aus dem Sattelzugfahrzeug der Marke Daimlerchrysler mit dem amtlichen Kennzeichen  mit einem höchsten zulässigen Gesamtgewicht von mehr als 3.500 kg – sohin ein mehrspuriges Kraftfahrzeug – und einem dreiachsigen Sattelanhänger – sohin einen Kraftwagenzug mit insgesamt mehr als vier Achsen – auf der A8 Innkreis Autobahn auf der Richtungsfahrbahn Passau – sohin auf einer Bundes- und gemäß § 1 Abs. 1 BStMG mautpflichtigen Straße – aus Fahrtrichtung Wels kommend in Fahrtrichtung BRD bei Autobahnkm 70,050 im Gebiet der Gemeinde St. Marienkirchen bei Schärding, ohne dass die fahrleistungsabhängige Maut ordnungsgemäß entrichtet worden ist, obwohl die Benützung  von mautpflichtigen Straßen mit mehrspurigen Kraftfahrzeugen, deren höchstzulässiges Gesamtgewicht mehr als 3,5 t beträgt, der fahrleistungsabhängigen Maut unterliegt, da das für die elektronische Entrichtung der fahrleistungsabhängigen Maut zwingend vorgeschriebene Fahrzeuggerät (Pre-Pay-GO-Box zur Nummer C) ein ungenügendes Mautguthaben aufwies."

 

II.              Der Berufungswerber hat zusätzlich zu den Kosten des erstinstanzlichen Verfahrens einen Beitrag zu den Kosten des Verfahrens vor dem Unabhängigen Verwaltungssenat in der Höhe von 80 Euro, d.s. 20 % der ausgesprochenen Geldstrafe, zu leisten.

 

 

Rechtsgrundlage:

Zu  I.:  § 66 Abs. 4 AVG iVm §§ 24, 16 Abs. 2, 19 VStG.

Zu II.:  §§ 64 ff VStG.

 

 

 

Entscheidungsgründe:

 

1.     Mit dem angefochtenen Straferkenntnis wurde über den Berufungswerber (Bw) eine Geldstrafe von 400 Euro bzw. eine Ersatzfreiheitsstrafe von 36 Stunden verhängt, weil er als Lenker des Kfz mit dem amtlichen Kennzeichen  und einem höchsten zulässigen Gesamtgewicht von mehr als 3,5 Tonnen am 1. Juni 2006, 18.54 Uhr, die mautpflichtige A8 Innkreisautobahn bei km 70.050 im Gemeindegebiet von St. Marienkirchen bei Schärding benutzt habe, ohne die fahrleistungsabhängige Maut ordnungsgemäß entrichtet zu haben, obwohl die Benützung von mautpflichtigen Straßen mit mehrspurigen Kraftfahrzeugen, deren höchstzulässiges Gesamtgewicht mehr als 3,5 t beträgt, der fahrleistungsabhängigen Maut unterliegt. Die für die elektronische Entrichtung der fahrleistungsabhängigen Maut vorgeschriebene GO-Box habe ein ungenügendes Mautguthaben aufgewiesen. 

 

2.     In der Berufung wird vorgebracht, dass dem Bw die Verwaltungsübertretung nicht als Verschulden angelastet werden könne. Vom früheren Arbeitgeber sei dem Bw bestätigt worden, dass für die gegenständliche Fahrt alle Voraussetzungen erfüllt seien (Frachtdokumente, ordnungsgemäßes Kraftfahrzeug, Mautguthaben usw.). Der Bw habe deshalb davon ausgehen können, dass "alles seine Ordnung hatte". Für ein ungenügendes Mautguthaben sei der Fahrzeughalter zur Verantwortung zu ziehen. Beantragt wird die Einvernahme eines namentlich genannten Zeugen im Rechtshilfeweg zum Beweis dieses Vorbringens und der Tatsache, dass dem Bw kein ausreichendes abbuchbares Mautguthaben für den von ihm gelenkten LKW zur Verfügung gestanden habe.  

Überdies sei die verhängte Geldstrafe zu hoch und es würden folgende Milderungsgründe vorliegen:

·         "der bisher ordentliche Lebenswandel und die Tatsache, dass die Tat mit dem sonstigen Verhalten in Widerspruch steht;

·         die Tat lediglich aus Fahrlässigkeit begangen wurde;

·         die Tat nur aus Unbesonnenheit (Unachtsamkeit) begangen wurde;

·         die Tat mehr durch besonders verlockende Gelegenheit, als mit vorgefasster Absicht begangen wurde;

·         die Tat unter Umständen begangen wurde, die einem Schuldausschließungsgrund oder Rechtfertigungsgrund nahe kommen;

·         es trotz Vollendung der Tat zu keinen Schäden Dritter gekommen ist;

·         sich von der Zufügung eines größeren Schadens, obwohl dazu die Gelegenheit offengestanden wäre, freiwillig Abstand genommen wurde;

·         die Tat schon vor längerer Zeit begangen wurde und seither ein Wohlverhalten vorliegt."

Beantragt wird die ersatzlose Behebung des angefochtenen Straferkenntnisses und die Einstellung des Verwaltungsstrafverfahrens nach Durchführung einer mündlichen Berufungsverhandlung und Abführung der bisher unerledigt gebliebenen Beweisanträge, in eventu die Aussprache einer Ermahnung im Sinne des § 21 VStG bzw. in eventu die Herabsetzung der Geldstrafe auf ein gesetzeskonformes mildes Maß gem. § 20 VStG.

 

3.     Aus dem Akt ist ersichtlich:

 

Dem Akt liegt eine Anzeige der ASFINAG vom 10. Juli 2006 zugrunde. Die Lenkeranzeige enthält den gegenständlichen Tatvorwurf. Demnach habe die GO-Box ein ungenügendes Mautguthaben aufgewiesen. Anlässlich einer zusätzlichen Kontrolle durch ein Mautaufsichtsorgan am 10. Juli 2006 sei der Lenker mündlich zur Zahlung einer Ersatzmaut aufgefordert worden. Dieser Aufforderung sei jedoch nicht entsprochen worden.

 

Von der ASFINAG wurde mittels Schreiben vom 23. August, 25. Oktober und
16. November 2006 zusätzlich ein Beweisfoto und eine Einzelleistungsinformation übermittelt.

 

Nach Strafverfügung vom 26. September 2006 äußerte sich der Bw wie in der später eingebrachten Berufung.

 

Der Akt schließt mit dem angefochtenen Straferkenntnis und der daraufhin eingebrachten Berufung.

 

4. In der öffentlichen mündlichen Verhandlung stellte der Verhandlungsleiter zunächst fest, dass dem Beweisantrag zur Einvernahme des Zeugen A M nicht nachgekommen wurde. Dieser Zeuge wurde namhaft gemacht zum Beweis dafür, dass dem Bw zum Tatzeitpunkt kein ausreichendes abbuchbares Mautguthaben zur Verfügung gestanden sei. Dieses Vorbringen wird von der Berufungsbehörde nicht in Abrede gestellt.

 

Zum Vorwurf der Mautprellerei wegen Weiterführung der gegenständlichen Fahrt durch den Bw, obwohl auf der GO-Box ein nicht ausreichendes Mautguthaben vorhanden war bzw. die erforderlichen Pflichten des Lenkers, stellte der Amtssachverständige fest, dass unter Zugrundelegung des vorliegenden Leistungsverzeichnisses am Tattag um 18.17 Uhr die letzte ordnungsgemäße Abbuchung stattgefunden habe. Für die darauffolgende Abbuchung sei das noch vorhandene Guthaben von 0,46 Euro zu niedrig gewesen. Die deshalb nicht erfolgten Abbuchungen würden dem Lenker durch viermalige Piepssignale bzw. viermaliges Aufblinken der Statusanzeige bei der GO-Box bei jeder Durchfahrt durch ein Mautportal angezeigt. Das Sinken des Guthabens auf unter 30 Euro werde durch zweimalige Pieps- bzw. Blinksignale der GO-Box angezeigt. Dieser Zeitpunkt sei gegenständlich am Tattag um 11.57 gewesen, wobei die erste Nichtabbuchung erst um 18.20 Uhr stattgefunden habe. Innerhalb dieses Zeitraumes sei der Bw permanent beim Durchfahren eines Mautportals darauf aufmerksam gemacht worden, dass sich das Guthaben bei der GO-Box dem Ende zuneige.

Die gegenständlichen Nichtabbuchungen im Pre-Pay-Verfahren seien unter Zugrundenahme des Leistungsverzeichnisses eindeutig auf das aufgebrauchte Guthaben bei der GO-Box zurückzuführen. Solange ein ausreichendes Guthaben vorhanden gewesen sei, seien auch die Abbuchungen einwandfrei durchgeführt worden.

 

Der Vertreter des Bw brachte zunächst vor, dass der Spruch des angefochtenen Straferkenntnisses nicht den Anforderungen des § 44a VStG entspreche, da keine entsprechende fristgerechte Verfolgungshandlung gesetzt worden sei. Weiters werde die Auffassung vertreten, die gesetzte Auffindung des Bw mittels Lenkererhebung gem. § 103 KFG stelle ein rechtswidrig erlangtes Beweismittel dar, das das KFG nicht dazu diene, Gebühren und steuerrechtliche Übertretungen zu erforschen. Im gegenständlichen Strafverfahren laute ja der Vorwurf, dass keine Maut entrichtet worden sei. Zudem werde die Strafhöhe als verfassungswidrig angesehen, da Unverhältnismäßigkeit zwischen der nicht entrichteten Maut und der Strafhöhe vorliege.       

 

5. Der Unabhängige Verwaltungssenat hat darüber erwogen:

 

5.1 Gemäß § 6 BStMG unterliegt die Benützung von Mautstrecken mit mehrspurigen Kraftfahrzeugen, deren höchstzulässiges Gesamtgewicht mehr als 3,5 t beträgt, der fahrleistungsabhängigen Maut.

 

Gemäß § 7 Abs. 1 BStMG ist die Maut durch Einsatz zugelassener Geräte zur elektronischen Entrichtung der Maut im Wege der Abbuchung von Mautguthaben oder der zugelassenen Verrechnung im Nachhinein zu entrichten. Die Autobahnen- und Schnellstraßen-Finanzierungs-Aktiengesellschaft hat zur Mautabwicklung eine in Artikel 2 der Richtlinie 2004/52/EG genannte Technik zu nutzen.

 

Gemäß § 8 Abs. 1 BStMG haben Lenker, soweit sie nicht von anderen in der Mautordnung vorgesehenen Formen der Mautentrichtung Gebrauch machen, vor der Benützung von Mautstrecken ihr Fahrzeug mit Geräten zur elektronischen Entrichtung der Maut auszustatten.

 

Gemäß § 8 Abs. 2 BStMG haben sich Lenker bei Verwendung von Geräten zur elektronischen Entrichtung der Maut vor, während und nach jeder Fahrt auf Mautstrecken der Funktionsfähigkeit dieser Geräte zu vergewissern und Funktionsstörungen unverzüglich zu melden.

 

Punkt 8.2.4.2 der Mautordnung besagt u.a., dass der Kraftfahrzeuglenker im eigenen Ermessen und in eigener Verantwortung für ein rechtzeitiges Wiederaufladen des Mautguthabens zu sorgen hat.

 

Gemäß Punkt 8.2.4.3.1 der Mautordnung gelten folgende Signale als Information für den jeweiligen Nutzer:

Ein kurzer Signalton: Die Mautentrichtung wird auf Basis der eingestellten Kategorie bestätigt.

Zwei kurze Signaltöne: Die Mautentrichtung hat auf Basis der eingestellten Kategorie ordnungsgemäß stattgefunden, aber das Mautguthaben (nur im Pre-Pay-Verfahren) ist unter den Grenzwert in der Höhe von 30 Euro gefallen (der Nutzer hat für eine rechtzeitige Aufbuchung von Mautwerten zu sorgen), das Mautguthaben verfällt innerhalb der nächsten zwei Monate (nur im Pre-Pay-Verfahren), oder die GO-Box wird zur Kontrolle (zum ASFINAG Maut Service Center oder an die nächste GO Vertriebsstelle) zurückgerufen.

 

Gemäß Punkt 8.2.4.3.2 der Mautordnung sind vier kurze Signal-Töne vom Nutzer zu beachtende akustische Signale: Es hat keine Mautentrichtung stattgefunden, weil insbesondere vom Nutzer Bestimmungen der Mautordnung Teil B nicht beachtet wurden, oder bei GO-Box Sperre aufgrund technischer Mängel bzw. festgestellter Unregelmäßigkeiten im Zusammenhang mit der Mauteinhebung. In diesem Fall hat dann jeder Nutzer seiner Nachzahlungsverpflichtung im Sinne von Punkt 7.1 im vollen Umfang nachzukommen, andernfalls der Tatbestand der Mautprellerei gemäß Punkt 10 verwirklicht wird.

 

Gemäß § 20 Abs. 2 BStMG ("Mautprellerei") begehen Kraftfahrzeuglenker, die Mautstrecken benützen, ohne die nach § 6 geschuldete fahrleistungsabhängige Maut ordnungsgemäß zu entrichten, eine Verwaltungsübertretung und sind mit Geldstrafe von 400 Euro bis 4.000 Euro zu bestrafen.

 

Gemäß § 20 Abs. 3 BStMG wird eine Übertretung gemäß § 20 Abs. 2 BStMG straflos, wenn der Mautschuldner fristgerecht die in der Mautordnung festgesetzte Ersatzmaut bezahlt.

 

§ 19 BStMG ("Ersatzmaut") bestimmt, dass in der Mautordnung für den Fall der nicht ordnungsgemäßen Entrichtung der Maut eine Ersatzmaut festzusetzen ist, die den Betrag von 300 Euro einschließlich Umsatzsteuer nicht übersteigen darf (Abs. 1).

Kommt es bei einer Verwaltungsübertretung gemäß § 20 Abs. 2 zu keiner Betretung, so sind die Mautaufsichtsorgane ermächtigt, anlässlich einer Kontrolle der ordnungsgemäßen Entrichtung der Maut jenes Fahrzeug, mit dem die Tat begangen wurde, den Zulassungsbesitzer, sofern der Verdacht einer Verwaltungsübertretung gemäß § 20 Abs. 2 auf automatischer Überwachung oder auf dienstlicher Wahrnehmung eines Organes der öffentlichen Aufsicht beruht und die Tat nicht bereits verjährt ist. Die Aufforderung ist an den Lenker zu richten, der bei der Leistung der Ersatzmaut als Vertreter des Zulassungsbesitzers fungiert. Ihr wird entsprochen, wenn der Lenker unverzüglich die Ersatzmaut zahlt. Hierüber ist eine Bescheinigung auszustellen (Abs. 5).

Subjektive Rechte des Lenkers und des Zulassungsbesitzers auf mündliche oder schriftliche Aufforderungen zur Zahlung einer Ersatzmaut bestehen nicht (Abs. 6).

 

Gemäß § 64 VStG ist in jedem Straferkenntnis und in jeder Entscheidung eines unabhängigen Verwaltungssenates, mit der ein Straferkenntnis bestätigt wird, auszusprechen, dass der Bestrafte einen Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens zu leisten hat (Abs. 1).

Dieser Beitrag ist für das Verfahren erster Instanz mit 10 % der verhängten Strafe, für das Berufungsverfahren mit weiteren 20 % der verhängten Strafe, mindestens jedoch mit je 1,50 Euro zu bemessen; bei Freiheitsstrafen ist zur Berechnung der Kosten ein Tag Freiheitsstrafe gleich 15 Euro anzurechnen. Der Kostenbeitrag fließt der Gebietskörperschaft zu, die den Aufwand der Behörde zu tragen hat (Abs. 2).

 

5.2. Im gegenständlichen Fall steht unbestritten fest, dass der Bw der Lenker des gegenständlichen Kfz war, die Maut nicht ordnungsgemäß entrichtet und dem Zulassungsbesitzer gem. § 19 Abs. 5 BStMG mündlich die Ersatzmaut angeboten, diesem Angebot jedoch nicht  entsprochen wurde.

 

Eine Einvernahme des angebotenen Zeugen war – wie bereits in der öffentlichen mündlichen Verhandlung dargelegt wurde – entbehrlich, da der Unabhängige Verwaltungssenat die diesbezüglichen Vorbringen des Bw nicht anzweifelt.

 

Wenn der Bw vorbringt, er habe von seinem ehemaligen Arbeitgeber die Bestätigung erhalten, dass der gegenständliche LKW sämtliche Voraussetzungen für die Fahrt aufweise und deshalb der Arbeitgeber für die Verwaltungsübertretung verantwortlich sei, ist ihm zu entgegnen, dass gem. Punkt 8.2.4.2 der Mautordnung der Kraftfahrzeuglenker in eigener Verantwortung für ein rechtzeitiges Wiederaufladen des Mautguthabens zu sorgen und die von der GO-Box abgegebenen Signaltöne gem. Punkt 8.2.4.3 der Mautordnung zu beachten hat (Lenkerpflicht). Der Bw hat – unbestritten – die von der GO-Box abgegebene Signaltöne (zwei kurze Signaltöne bei Fallen des Guthabens unter 30 Euro und vier Signaltöne bei Nichtabbuchung der Maut) nicht beachtet und ist deshalb seinen Lenkerpflichten nicht nachgekommen. Zudem wurde dieser Sachverhalt auch vom Amtssachverständigen in der öffentlichen mündlichen Verhandlung näher dargelegt und bestätigt. Der Unabhängige Verwaltungssenat hegt an der Richtigkeit, Vollständigkeit und Schlüssigkeit der gutachtlichen Stellungnahme des Amtssachverständigen, der der Bw auch nicht auf gleicher fachlicher Ebene entgegengetreten ist, keinerlei Zweifel.

Das diesbezügliche Vorbringen entschuldigt den Bw deshalb nicht.

 

Einer gegebenenfalls vorliegenden Unkenntnis der Regelungen über die Mautpflicht ist die ständige Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (vgl. Zl. 97/06/0224 v. 18.12.1997) entgegenzuhalten, wonach auch für ausländische Kraftfahrer die Verpflichtung besteht, sich über die Rechtsvorschriften, die er bei der Teilnahme am Straßenverkehr in Österreich zu befolgen hat, ausreichend zu unterrichten.

 

Der Bw vermeint, die durch die Erstbehörde durchgeführte Lenkererhebung gem.     § 103 KFG sei ein rechtswidrig erlangtes Beweismittel, da das KFG nicht dazu diene, Gebühren oder steuerrechtliche Übertretungen zu erforschen, zumal dem Bw vorgeworfen werde, er habe keine Maut entrichtet. Dem ist zunächst zu entgegnen, dass dem Bw richtigerweise vorgeworfen wird, er habe die fahrleistungsabhängige Maut nicht ordnungsgemäß entrichtet und dies eine Verwaltungsübertretung gem.    § 20 Abs. 2 BStMG darstellt. Von einer "steuerrechtlichen Übertretung" o.ä. kann demnach beim gegenständlichen Fall keine Rede sein. Zudem kann eine Lenkeranfrage auch einem anderen Zweck als dem der Ausforschung eines Straßenverkehrstäters dienen (vgl. neben vielen VwGH 89/18/0055 v. 7.7.1989 und VwGH 2000/02/0322 v. 28.2.2003). Schließlich wird noch darauf hingewiesen, dass auch mit § 30 BStMG ein Zusammenhang zwischen dem KFG und dem Vollzug des BStMG normiert wurde. 

Das diesbezügliche Vorbringen des Bw geht deshalb ins Leere.

 

Der Bw bringt vor, für den im angefochtenen Straferkenntnis formulierten Spruch liege keine rechtzeitige Verfolgungshandlung vor, weshalb dieser nicht den Bestimmungen des § 44a VStG entspreche. Dazu ist festzuhalten, dass der Tatvorwurf im Spruch  in der verfolgungsverjährungsunterbrechenden Strafverfügung im Hinblick auf § 44a VStG alle Tatbestandsmerkmale der einschlägigen Strafnorm, nämlich des § 20 Abs. 2 BStMG, anspricht und ausreichend konkretisiert. Damit ist die im Spruch derselben gewählte Formulierung ausreichend, um den Bestraften in die Lage zu versetzen, auf den konkreten Tatvorwurf bezogene Beweise anzubieten und ihn rechtlich davor zu schützen, wegen desselben Verhaltens nochmals zur Verantwortung gezogen zu werden (so die "Standardformel" der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes). Einer Aufnahme von Elementen weiterer Tatbestände in den Spruch des angefochtenen Straferkenntnisses hätte es zwar nicht bedurft, macht aber den Spruch des angefochtenen Bescheides nicht rechtswidrig, zumal es sich nur um klarstellende Ergänzungen des in der Strafverfügung umschriebenen Tatvorwurfes handelt. Verfolgungsverjährung bzw. ein den Anforderungen des § 44a VStG nicht entsprechender Tatvorwurf liegt gegenständlich somit nicht vor. Allerdings musste der Mangel einer unrichtigen Ergänzung durch den Teilsatz "wobei in Bezug auf diese Fahrt im Zuge einer Kontrolle durch Mautaufsichtsorgane am 10.07.2006 um 07.56 Uhr festgestellt wurde" im Spruch des bekämpften Bescheides gestrichen werden, da die gegenständliche Verwaltungsübertretung am 1. Juni 2006 um 18.54 Uhr durch die automatische Überwachung des Mautsystems festgestellt wurde und am 10. Juli 2006 lediglich nur mehr ein (nachträgliches) mündliches Ersatzmautangebot gem. § 19 Abs. 5 BStMG erfolgt ist (vgl. Thienel, Verwaltungsverfahrensrecht, 2. Auflage, S. 223).    

 

Wenn der Bw gegen die gesetzliche Mindestgeldstrafe – vom Unabhängigen Verwaltungssenat nicht geteilte – verfassungsrechtliche Bedenken hegt, ist er auf den dafür vorgesehenen Rechtsweg zu verweisen. In diesem Zusammenhang wird auch auf die Entscheidungen des Verfassungsgerichtshofes v. 26.9.2006, Zl.
B 1140/06-6, und v. 1.12.2005, Zl. G 197/04, hingewiesen.

 

Die Tat ist daher dem Bw in objektiver und – da keine Entschuldigungsgründe ersichtlich sind – auch in subjektiver Hinsicht zuzurechnen. Nicht entschuldigend würde eine eventuelle Unkenntnis der Gebrauchvorschriften für die GO-Box wirken. Der Lenker ist verpflichtet, sich mit den rechtlichen und faktischen Voraussetzungen der legalen Benützung mautpflichtiger Strecken auf geeignete Weise vertraut zu machen. Die Nichtentrichtung der Maut am Tattag ist dem Bw – unbestritten – durch die akustischen Signale der GO-Box zur Kenntnis gelangt bzw. hätte ihm bei gehöriger Aufmerksamkeit zur Kenntnis gelangen müssen. Es wurde zugunsten des Bw von Fahrlässigkeit ausgegangen, und zwar in dem Sinne, dass er die akustischen Signale der GO-Box (viermaliges Piepsen bei jeder Durchfahrt eines Mautportals bei Nichtentrichtung der Maut) nicht beachtet, dadurch nicht für ein ausreichendes Guthaben Vorsorge getroffen und auch keine Nachentrichtung der Maut iSv Punkt 7.1 der Mautordnung initiiert hat.

 

Zur Bemessung der Strafhöhe ist zu bemerken, dass im angefochtenen Straferkenntnis ohnehin die gesetzlich vorgesehene Mindeststrafe verhängt wurde. Mildernd wirkt lediglich die Unbescholtenheit. Überwiegende Milderungsgründe iSd  § 20 VStG sind nicht ersichtlich. Zu dem auf eine Anwendung des § 20 VStG abzielenden Katalogs von Milderungsgründen im Berufungsschreiben des Vertreters des Bw ist zu bemerken, dass es sich bei § 20 VStG, wie der Titel dieser Bestimmung schon sagt, um eine "außerordentliche" Milderung der Strafe handelt. Eine solche "außerordentliche" Milderung ist dann nicht gerechtfertigt, wenn Milderungsgründe behauptet werden, die sich, zumal bei ausländischen Kraftfahrern, geradezu regelmäßig geltend machen lassen, sodass über § 20 VStG die gesetzliche Mindeststrafe in der Praxis unterlaufen würde.

Die vom Bw geltend gemachten Milderungsgründe sind zwar zahlreich, fallen jedoch insgesamt nicht so ins Gewicht, dass von einem Überwiegen im Sinne des § 20 VStG gesprochen werden könnte: Die fahrlässige Tatbegehung stellt eine gewöhnliche und ausreichende Schuldform dar (§ 5 Abs. 1 VStG). Die Unbesonnenheit, die verlockende Gelegenheit und die Nichtbeschädigung Dritter stellen normale Begleitumstände der Tatbegehung dar, denen kein erheblicher Milderungseffekt zukommen kann. Inwiefern die freiwillige Abstandnahme von weitergehenden Schadenszufügungen mildernd zum Tragen kommen könnte, ist nicht ersichtlich. Das Wohlverhalten vor und nach der Tat ist zwar lobenswert, jedoch nicht bedeutsam, dass, auch in Verbindung mit den sonstigen Umständen, eine Anwendung des § 20 VStG gerechtfertigt wäre.

Die Tat bleibt auch nicht so weit hinter dem deliktstypischen Unrechts- und Schuldgehalt zurück, dass eine Anwendung des § 21 Abs. 1 VStG gerechtfertigt wäre. Insbesondere ist der Schuldgehalt nicht gering zu veranschlagen, da gegenständlich die Vorsorge für ein ausreichendes Mautguthaben die zentrale Lenkerpflicht darstellt.

 

Insgesamt war daher auf Grund der dargestellten Sach- und Rechtslage wie im Spruch zu entscheiden.

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen  diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichts­hof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 180 Euro zu entrichten.

 

Dr. Reichenberger

 

 

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