Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-162994/5/Ki/Da

Linz, 25.03.2008

 

E r k e n n t n i s

(Bescheid)

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Mag. Alfred Kisch über die Berufung des Ing. D S, W, E, vom 29. Februar 2008 gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Perg vom 19. Februar 2008, VerkR96-2007, wegen einer Übertretung der StVO 1960 zu Recht erkannt:

 

 

I.                  Aus Anlass der Berufung wird das angefochtene Straferkenntnis ersatzlos behoben. Der Einspruch vom 30. November 2007 gegen die Strafverfügung der Bezirkshauptmannschaft Perg vom 9. November 2007, VerkR96-2007, wird als verspätet eingebracht zurückgewiesen.

 

II.              Es entfällt die Verpflichtung zur Leistung jeglicher Verfahrenskostenbeiträge.

 

 

Rechtsgrundlage:

zu I.: §§ 24, 49 Abs.1 und Abs.3 bzw. 51 VStG iVm § 66 Abs.4 AVG

zu II.: § 66 Abs.1 VStG

 


 

Entscheidungsgründe:

 

1.1. Mit Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Perg vom 19. Februar 2008, VerkR96-2007, wurde über den Berufungswerber gemäß § 99 Abs.3 lit.a. StVO 1960 eine Geldstrafe in Höhe von 50 Euro (Ersatzfreiheitsstrafe 18 Stunden) verhängt, weil er am 16.9.2007, 18:25 Uhr mit dem Fahrzeug "Kennzeichen VB-, Personenkraftwagen M1, Audi, silbergrau" in der Gemeinde St. Nikola an der Donau, Gemeindestraße Ortsgebiet, S vor Haus S Nr., den Straßenzug trotz des deutlich sichtbar aufgestellten Verbotszeichens "Fahrverbot" (in beiden Richtungen), ausgenommen Anlieger, befahren hat, obwohl er nicht unter diese Ausnahme fiel. Er habe dadurch § 52 lit.a Z1 StVO 1960 verletzt. Außerdem wurde er gemäß § 64 VStG zur Leistung eines Beitrages zu den Kosten des Strafverfahrens in Höhe von 5 Euro (10 % der verhängten Geldstrafe) verpflichtet.

 

1.2. Der Rechtsmittelwerber erhob gegen dieses Straferkenntnis am 29. Februar 2008 Berufung und bringt darin im Wesentlichen dem Grunde nach vor, es habe sich um ein "Ausnahmeverhalten" gehandelt.

 

2.1. Die Bezirkshauptmannschaft Perg hat die Berufung ohne Berufungsvorentscheidung dem Unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich mit Schreiben vom 4. März 2008 vorgelegt.

 

2.2. Die Zuständigkeit des Unabhängigen Verwaltungssenates des Landes Oberösterreich ist gemäß § 51 Abs.1 VStG gegeben. Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hatte, da weder eine primäre Freiheitsstrafe noch eine 2.000 Euro übersteigende Geldstrafe verhängt wurde, durch das laut Geschäftsverteilung zuständige Einzelmitglied zu entscheiden.

 

2.3. Die Berufung wurde innerhalb der zweiwöchigen Rechtsmittelfrist per E-Mail bei der Bezirkshauptmannschaft Perg eingebracht und sie ist daher rechtzeitig.

 

2.4. Der Unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Verfahrensakt. Von der Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung wurde abgesehen, weil bereits aus der Aktenlage ersichtlich ist, dass der angefochtene Bescheid aufzuheben ist (§ 51e Abs.2 Z1 VStG).

 

2.5. Aus dem vorliegenden Akt ergibt sich für den Unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich folgender Sachverhalt, der der Entscheidung zu Grunde liegt:

 

Die oben bezeichnete Verwaltungsübertretung wurde dem Berufungswerber von der Bezirkshauptmannschaft Perg mit Strafverfügung vom 9. November 2007, VerkR96-2007, zur Last gelegt, diese Strafverfügung wurde laut Postrückschein durch Hinterlegung (§ 17 Zustellgesetz) zugestellt und ab 15. November 2007 zur Abholung bereitgehalten.

 

Per E-Mail hat Herr Ing. S am 30. November 2007 bei der Bezirkshauptmannschaft Perg gegen diese Strafverfügung einen Einspruch erhoben und es wurde in der Folge seitens der Bezirkshauptmannschaft Perg das nunmehr angefochtene Straferkenntnis erlassen.

 

Auf einen Vorhalt durch die Berufungsbehörde, der Einspruch wäre verspätet erfolgt, führte der Rechtsmittelwerber per E-Mail vom 20. März 2008 aus, dass er bitte, die ihm nun vorgeworfene Fristüberschreitung zu entschuldigen. Er sei der Annahme gewesen, dass die Einspruchsfrist erst mit dem Tag der persönlichen Abholung des Schriftstückes zu laufen beginne und er könne leider nicht mehr nachvollziehen, wann er letztendlich die Strafverfügung übernommen hat. Er arbeite in Amstetten und sei zu Postöffnungszeiten praktisch nie in Waldhausen und er habe so auch nicht unmittelbar nach Hinterlegung des Schriftstückes dieses persönlich abholen können. Auch dürfe er anmerken, dass in der Begründung des Straferkenntnisses vom 19.2.2008 kein Hinweis auf die eintägige Einspruchsfristüberschreitung gemacht worden sei. Er ersuche höflich um Aufhebung der Strafverfügung vom 9.11.2007.

 

3. In der Sache selbst hat der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich wie folgt erwogen:

 

Gemäß § 49 Abs.1 VStG kann der Beschuldigte gegen die Strafverfügung binnen zwei Wochen nach deren Zustellung Einspruch erheben und dabei die seiner Verteidigung dienlichen Beweismittel vorbringen.

 

Gemäß § 49 Abs.3 VStG ist die Strafverfügung dann zu vollstrecken, wenn der Einspruch nicht oder nicht rechtzeitig erhoben wird.

 

Gemäß § 17 Abs.1 Zustellgesetz (in der zur Zeit der Erlassung der Strafverfügung geltenden Fassung) ist das Schriftstück, kann die Sendung an der Abgabestelle nicht zugestellt werden und hat der Zusteller Grund zur Annahme, dass sich der Empfänger oder ein Vertreter im Sinne des § 13 Abs.3 regelmäßig an der Abgabestelle aufhält, im Falle der Zustellung durch die Post beim zuständigen Postamt in allen anderen Fällen aber beim zuständigen Gemeindeamt oder bei der Behörde, wenn sie sich in der selben Gemeinde befindet, zu hinterlegen.

 

Gemäß § 17 Abs.3 Zustellgesetz (in der bezeichneten Fassung) ist die hinterlegte Sendung mindestens zwei Wochen zur Abholung bereitzuhalten. Der Lauf dieser Frist beginnt mit dem Tag, an dem die Sendung erstmals zur Abholung bereitgehalten wird. Hinterlegte Sendungen gelten mit dem ersten Tag dieser Frist als zugestellt. Sie gelten nicht als zugestellt, wenn sich ergibt, dass der Empfänger oder dessen Vertreter im Sinne des § 13 Abs.3 wegen Abwesenheit von der Abgabestelle nicht rechtzeitig vom Zustellvorgang Kenntnis erlangen konnte, doch wird die Zustellung an dem der Rückkehr an die Abgabestelle folgenden Tag innerhalb der Abholfrist wirksam, an dem die hinterlegte Sendung behoben werden könnte.

 

Die ursprüngliche Strafverfügung wurde laut Postrückschein ab 15. November 2007 zur Abholung bereit gehalten und sie gilt daher, da kein Zustellmangel festgestellt werden kann, mit diesem Datum als zugestellt. Der Einwand des Berufungswerbers, er arbeite in Amstetten und habe daher nicht die Möglichkeit gehabt, unmittelbar nach Hinterlegung des Schriftstückes dieses persönlich abzuholen, steht dem nicht entgegen. Eine vorübergehende Abwesenheit im Sinne des § 17 Abs.3 Zustellgesetz liegt nämlich laut Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nur dann vor, wenn der Empfänger dadurch gehindert ist, Zustellvorgänge im Bereich des Zustellortes wahrzunehmen, wie z.B. im Fall einer Reise, eines Urlaubes oder eines Krankenhausaufenthaltes. Die berufliche Abwesenheit von der Wohnung während des Tages ist keine vorübergehende Abwesenheit (siehe VwGH 94/10/0022 vom 20. Juli 1994 u.a.).

 

Es begann demnach die gemäß § 49 Abs.1 VStG mit 2 Wochen bemessene Einspruchsfrist am 15. November 2007 zu laufen und endete sohin am 29. November 2007. Trotz ordnungsgemäßer Rechtsmittelbelehrung wurde der Einspruch jedoch erst am 30. November 2007 per E-Mail eingebracht. Im Hinblick darauf, dass der Einspruch nicht rechtzeitig erhoben wurde, wurde die Strafverfügung rechtskräftig und es hätte die Erstbehörde den Einspruch als verspätet eingebracht zurückweisen müssen, offensichtlich wurde seitens der Bezirkshauptmannschaft Perg diese Verspätung irrtümlich nicht beachtet. Die Erlassung eines weiteren Straferkenntnisses in der selben Angelegenheit war demnach nicht zulässig.

 

Ist eine Strafverfügung infolge Versäumung der Einspruchsfrist in Rechtskraft erwachsen, so steht der Durchführung eines Ermittlungsverfahrens in der selben Verwaltungsstrafsache und der Erlassung eines Straferkenntnisses in dieser als Folge der Rechtskraft das Wiederholungsverbot (ne bis in idem) entgegen und es ist dieser Umstand in jeder Lage des Verfahrens wahrzunehmen (vgl. VwGH 91/19/0322 vom 17. Februar 1992 u.a.). Erlässt die Behörde dessen ungeachtet in der selben Verwaltungsstrafsache erneut einen Bescheid, so ist dieser mit Rechtswidrigkeit des Inhaltes belastet. Dieser Rechtslage zufolge musste die erkennende Berufungsbehörde diesen Umstand aufgreifen und das angefochtene Straferkenntnis in Beachtung des Grundsatzes "ne bis in idem" ersatzlos beheben. Die formelle Zurückweisung des Einspruches gegen die Strafverfügung im Berufungsverfahren erfolgte in Entsprechung der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes (vgl. VwGH 96/03/0045 vom 18. September 1996).

 

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

 

4. Der Kostenausspruch stützt sich auf die im Spruch angeführte gesetzliche Bestimmung.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 180 Euro zu entrichten.

 

Mag. Alfred Kisch

Beschlagwortung:

Rechtskraft einer Strafverfügung steht weiteren Ermittlungsverfahren bzw. Erlassung eines Straferkenntnisses entgegen; dieser Umstand ist allenfalls auch im Berufungsverfahren wahrzunehmen.

 

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