Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-550394/6/Kü/Rd/Ba VwSen-550395/6/Kü/Rd/Ba

Linz, 24.04.2008

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Mag. Thomas Kühberger über den Antrag der E B GmbH & Co KG, vertreten durch G K P L Rechtsanwälte OG, M, L,  vom 11. April 2008 auf Nachprüfung der Zuschlagsentscheidung im Vergabeverfahren der S T betreffend das Vorhaben "Flachdachsanierung Bundesschul­zentrum Traun", zu Recht erkannt:

 

I.                  Der Antrag auf Nichtigerklärung der Zuschlagsentscheidung wird zurückgewiesen.

 

II.              Die S T wird verpflichtet, der E B GmbH & Co KG die geleisteten Pauschalgebühren in Höhe von 3.750 Euro binnen 14 Tagen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

 

Rechtsgrundlagen:

zu I.:           §§ 1, 2 und 3 Oö. Vergaberechtsschutzgesetz 2006 – Oö. VergRSG           2006, LGBl. Nr. 130/2006

zu II.:          § 23 Abs.1 Oö. VergRSG 2006

 

Entscheidungsgründe:

 

1. Mit Eingabe vom 11.4.2008, beim Oö. Verwaltungssenat eingelangt am 15.4.2008,  hat die E B GmbH & Co KG (im Folgenden: Antragstellerin) einen Antrag auf Nichtigerklärung der Zuschlagsentscheidung sowie auf Erlassung einer einstweiligen Verfügung, der Auftraggeberin die Zuschlagserteilung bis zur Entscheidung im Nachprüfungsverfahren, zu untersagen, gestellt. Im Übrigen wurde die Zuerkennung der entrichteten Pauschalgebühren in Höhe von  3.750 Euro beantragt.

 

Begründend führte die Antragstellerin eingangs hiezu aus, dass es sich gegenständlich um einen Bauauftrag im Unterschwellenbereich handle. Unter der Pos. 00.1101D der Ausschreibungsunterlage (AU) sei festgehalten, dass die Bestimmungen für Sektorenauftraggeber im Unterschwellenbereich gelten würden. Dies sei aber nicht der Fall, weil die Reparatur einer Schule ausgeschrieben worden sei und sohin keine Sektorentätigkeit vorliege. In der AU seien keine Festlegungen betreffend das Zuschlagsprinzip erfolgt, sodass der Zuschlag dem Angebot mit dem niedrigsten Preis zu erteilen sei.

Am 4.3.2008 habe die Angebotsöffnung stattgefunden und sei die Antragstellerin iSd Ausschreibungsbedingungen als mit dem von ihr ausschreibungs- und vergaberechtskonform fristgerecht eingereichten Angebot  Bestbieter.  Das – nicht ausschreibungskonforme und daher auszuscheidende – Angebot mit dem niedrigsten Preis sei vom Bieter I I-GmbH mit einem Gesamtpreis von brutto 326.313,26 Euro gelegt worden. Das Angebot der Antragstellerin belaufe sich auf brutto 365.794,40 Euro. Das Angebot mit dem nächst höheren Gesamtpreis sei vom Bieter F GmbH & Co KG mit brutto 384.444,32 Euro gelegt worden.

Das Angebot der I I-GmbH sei bezüglich einiger Positionen nicht bzw unvollständig ausgepreist und mit nicht sanierbaren Mängeln behaftet. Es wäre daher auszuscheiden gewesen; stattdessen sei es an dritter Stelle gereiht worden. Die Antragstellerin sei damit aber jedenfalls Billigstbieterin.

Mit Schreiben vom 8.4.2008 sei der Antragstellerin mitgeteilt worden, dass beabsichtigt sei, der F F D D GmbH & Co KG mit einer Auftragssumme von brutto 365.222,10 Euro und damit niedrigsten Preis, den Zuschlag zu erteilen. Das Ende der Stillhaltefrist sei mit 16.4.2008 bekannt gegeben worden.

 

Bei der Angebotseröffnung sei  ein bevollmächtigter Vertreter der F F D D GmbH & Co KG anwesend gewesen. Aus der Niederschrift der Angebotsöffnung sei zu entnehmen, dass das Angebot der F F D D GmbH & Co KG mit 384.444,32 Euro verlesen worden sei. Dies habe der bevollmächtigter Vertreter zur Kenntnis genommen und nicht dagegen remonstriert.

 

In der Folge sei der Antragstellerin bekannt geworden, dass  der mit der Planung und Erstellung des Bauvorhabens beauftragte allgemein gerichtlich beeidete Sachverständige F W der Auftraggeberin mitgeteilt habe, dass eine technische Überprüfung und Nachrechnung der Offerte ergeben habe, dass die F F D D GmbH & Co KG Bestbieter wäre, weil sie zu einem Bruttopreis von 365,222,10 Euro angeboten habe. Auf dem Angebot der präsumtiven Zuschlagsempfängerin vom 3.3.2008, bei dem ursprünglich die Gesamtangebotssumme auf 384.444,32 Euro lautete, befinde sich nunmehr ein Vermerk, der bei der Verlesung am 4.3.2008 noch nicht vorhanden gewesen sei. Dieser sei augenscheinlich nachträglich gesetzt worden, weil er mit einem anderen Schreibutensil geschrieben worden sei und ein anderes Schriftbild aufweise. Es finde sich nunmehr neben dem mit 384.444,32 Euro angeführten Bruttopreis der Vermerk "minus 5% Nachlass" und darunter unter der Position "Anbotssumme überprüft" der Betrag von brutto 365.222,10 Euro. Auf der nachfolgenden Seite, die die Zusammenstellung aufweise, seien ebenfalls nachträglich handschriftliche Vermerke angebracht worden, die bei Anbotseröffnung nicht vorhanden gewesen seien.

 

Dass die präsumtive Zuschlagsempfängerin von der Bruttoauftragssumme von 384.444,32 Euro einen 5%igen Nachlass gewähre, sei bei der Anbotsöffnung nicht verlesen worden. Es sei lediglich der Bruttoangebotsbetrag von 384.444,32 Euro verlesen worden und habe auch der anwesende bevollmächtigte Vertreter den verlesenen Betrag nicht als unrichtig gerügt.

 

Die Antragstellerin erachte sich in ihrem Recht auf Abwicklung eines vergaberechtskonformen Vergabeverfahren, auf Gleichbehandlung im Vergabeverfahren, auf Einhaltung jener vergabespezifischer Normen, die den Bieter vor Schäden schützen soll, auf vollständige und vergaberechtskonforme Angebotsprüfung sowie auf vergaberechtskonforme Beendigung des Vergabeverfahrens und im Recht auf Zuschlagserteilung, als verletzt.

 

Durch die beabsichtigte Zuschlagserteilung drohe der Antragstellerin ein Schaden in Höhe von ca 36.030,74 Euro für den entgangenen Gewinn sowie 18.000 Euro für bisher angefallene Projektkosten (Angebotslegung und Rechtsberatung), aber auch der Verlust eines Referenzprojektes.

Weiters wurde von der Antragstellerin ihr Interesse am Vertragsabschluss dargestellt.

 

Als Gründe für die Rechtswidrigkeit der Zuschlagsentscheidung führt die Antragstellerin die Angebotskorrektur nach Abgabetermin sowie die nicht verlesene Angabe des 5%igen Preisnachlasses an und begründet dies damit, dass nach Ablauf der Angebotsfrist einlangende Angebote als verspätet eingelangt zu kennzeichnen und auszuscheiden seien. Zum Zeitpunkt der Angebotsöffnung habe die F D D GmbH & Co KG ein Angebot mit einem Bruttopreis von 384.444,32 Euro gelegt. Die spätere nach dem Zeitpunkt der Angebotseröffnung vorgenommene Korrektur eines Angebotes um den zusätzlich gewährten 5%igen Rabatt sei unzulässig und wirkungslos.

 

Die Antragstellerin verweist auf § 118 Abs.5 BVergG und führt aus, dass die Nichtverlesung von wesentlichen Angebotsteilen dazu führe, dass dem betroffenen Angebot der Zuschlag nicht erteilt werden dürfe. Dies gelte nach ständiger Rechtsprechung insbesondere für nicht verlesene Preise. Ein aus welchem Grund auch immer nicht verlesenes Angebot sei gleichsam vergaberechtlich nicht existent. Zwar werde die zivilrechtliche Wirksamkeit des Angebots durch einen Verlesungsmangel nicht beeinträchtigt, eine unterbliebene Verlesung wesentlicher Angebotsteile stelle aus vergaberechtlicher Sicht jedoch einen schweren unbehebbaren Mangel dar. Die im Einzelnen zu verlesenden Angaben sind detailliert im Protokoll von der Angebotseröffnung angeführt (insbesondere Name und Geschäftssitz des Bieters, bestimmte Preisangaben, wesentliche Vorbehalte und Erklärungen der Bieter). Dass die präsumtive Zuschlagsempfängerin vom Bruttoangebotspreis von 384.444,32 Euro noch zusätzlich einen 5%igen Nachlass gewähre, sei bei der Angebotsöffnung nicht verlesen worden.  Dies gehe auch aus dem Protokoll eindeutig hervor. Es handle sich dabei um einen nicht sanierungsfähigen Mangel und bestehe kein Zweifel daran, dass ein 5%iger Preisnachlass zu den wesentlichen, also verlesungspflichtigen Angebotsteilen zähle. Diese Auffassung werde auch vom Verwaltungsgerichtshof geteilt.

 

Es wäre daher die F F D D GmbH & Co KG mit dem offengelegten und verlesenen Bruttoangebotspreis von 384.444,32 Euro nicht Billigstbietern, sondern wäre an zweiter Stelle hinter der Antragstellerin zu reihen gewesen.

 

2. Mit Schreiben vom 22. April 2008 teilte die Auftraggeberin mit, dass sie die mit Schreiben vom 8. April 2008 an die Bieter bekannt gegebene Zuschlagsentscheidung zugunsten der F F D D GmbH & Co KG widerruft. Sämtliche Bieter wurden über diese Entscheidung informiert.

 

3. Der Unabhängige Verwaltungssenat hat erwogen:

 

3.1. Gemäß § 1 Abs.1 Oö. Vergaberechtsschutzgesetz (Oö. VergRSG) regelt dieses Landesgesetz den Rechtsschutz gegen Entscheidungen der Auftraggeber in Verfahren nach den bundesrechtlichen Vorschriften auf dem Gebiet des öffentlichen Auftragswesen (Vergabeverfahren), die gemäß Art.14b Abs.2 Z2 B-VG in den Vollzugsbereich des Landes fallen.

 

Gemäß Art.14b Abs.2 Z2 lit.a B-VG ist die Vollziehung Landessache hinsichtlich der Vergabe von Aufträgen durch die Gemeinde. Das gegenständliche Nachprüfungsverfahren unterliegt daher den Bestimmungen des Oö. VergRSG 2006.

 

Gemäß § 2 Abs.1 Oö. VergRSG obliegt dem Unabhängigen Verwaltungssenat die Gewährung von Rechtsschutz gemäß § 1 Abs.1 leg.cit.

 

3.2.  Gemäß § 2 Abs.3 Oö. VergRSG ist der Unabhängige Verwaltungssenat bis zur Zuschlagsentscheidung bzw. bis zum Widerruf eines Vergabeverfahrens zum Zweck der Beseitigung von Verstößen gegen die bundesgesetzlichen Vorschriften auf dem Gebiet des öffentlichen Auftragswesens und die dazu ergangenen Verordnungen oder von Verstößen gegen unmittelbar anwendbares Gemeinschaftsrecht zuständig zur Erlassung einstweiliger Verfügungen sowie zur Nichtigerklärung gesondert anfechtbarer Entscheidungen (§ 2 Z16 lit.a BVergG 2006) des Auftraggebers bzw. der Auftraggeberin im Rahmen der vom Antragsteller bzw. der Antragstellerin geltend gemachten Beschwerdepunkte.

 

Gemäß § 5 Abs.2 Oö. VergRSG 2006 ist ein Nachprüfungsantrag jedenfalls unzulässig, wenn

1.      er sich nicht gegen eine gesondert anfechtbare Entscheidung richtet,

2.      er nicht innerhalb der Fristen des § 4 gestellt wird oder

3.      er trotz Aufforderung zur Verbesserung nicht ordnungsgemäß vergebührt    wurde.

 

Gemäß § 2 Z16 lit.a sublit.aa BVergG 2006 stellt die Zuschlagsentscheidung im offenen Verfahren eine gesondert anfechtbare Entscheidung dar.

Die Zuschlagsentscheidung ist unter Zugrundelegung der Definition in § 2 Z48 BVergG 2006 als vorläufige Wissenserklärung iSe Nachricht über die Tatsache zu werten, an welchen Bieter die Erteilung des Zuschlags vorgesehen ist und enthält diese keine auf den Eintritt von Rechtsfolgen gerichtete Willenserklärung. Eine solche entfaltet somit keine Bindungswirkung und sind aus dieser auch keine zivilrechtlichen Ansprüche ableitbar. Eine Änderung oder Richtigstellung dieser Wissenserklärung durch den Auftraggeber ist daher bis zum Vertragsabschluss und damit bis zur Zuschlagserteilung zulässig (vgl. Möslinger-Gehmayr in Schramm/Aicher/Fruhmann/Thienel Bundesvergabegesetz 2002 – Kommentar, RZ 79 zu § 166).

 

Der gegenständliche Antrag richtet sich gegen die Zuschlagsentscheidung vom 8. April 2008. Diese Zuschlagsentscheidung wurde von der Auftraggeberin mit Schreiben vom 22. April 2008 widerrufen und somit zurückgenommen. Im Hinblick auf die obigen Ausführungen war dies zulässig. Andererseits bewirkt diese Zurücknahme, dass im gegenständlichen Nachprüfungsverfahren die gesondert anfechtbare Entscheidung weggefallen ist und diese deswegen keinen zulässigen Anfechtungsgegenstand im Sinne des § 5 Abs.2 Oö. VergRSG 2006 mehr bilden kann. Der gegenständliche Antrag ist im Laufe des Nachprüfungsverfahrens durch den Widerruf der Zuschlagsentscheidung unzulässig geworden, weshalb dieser zurückzuweisen war.

 

4. Gemäß § 23 Abs.1 Oö. VergRSG 2006 hat der Antragsteller bzw die Antragstellerin, der bzw die vor dem unabhängigen Verwaltungssenat wenn auch nur teilweise obsiegt, Anspruch auf Ersatz der gemäß § 22 entrichteten Gebühren durch den Auftraggeber bzw die Auftraggeberin. Der Antragsteller bzw die Antragstellerin hat ferner Anspruch auf Ersatz der entrichteten Gebühren, wenn er bzw sie während des anhängigen Verfahrens klaglos gestellt wird.

 

Durch die Zurücknahme der angefochtenen Zuschlagsentscheidung im laufenden Nachprüfungsverfahren durch die Auftraggeberin wurde die Antragstellerin insofern klaglos gestellt. Im Sinne der Bestimmung des § 23 Abs.1 zweiter Satz Oö. VergRSG 2006 war daher der Antragstellerin der Ersatz der entrichteten Pauschalgebühren in Höhe von 3.750 Euro (2.500 Euro für den Nachprüfungsantrag und 1.250 Euro für den Antrag auf Erlassung einer einstweiligen Verfügung) zuzuerkennen.

 

Im gegenständlichen Verfahren sind Stempelgebühren in der Höhe von 26 Euro angefallen. Ein entsprechender Zahlschein liegt bei.

 

Es war somit wie im Spruch zu entscheiden. 

 

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen  diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichts­hof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 180 Euro  zu entrichten.

 

 

 

 

Mag. Thomas Kühberger 

 

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