Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-400783/14/Gf/Mu

Linz, 09.10.2007

 

 

 

E R K E N N T N I S

 

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Grof über die Beschwerde der A D wegen Anhaltung in Schubhaft durch den Bezirkshauptmann von Vöcklabruck zu Recht erkannt:

I. Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

II. Die Beschwerdeführerin hat dem Bund (Verfahrenspartei: Bezirkshauptmann von Vöcklabruck) Kosten in Höhe von insgesamt 271,80 Euro binnen 14 Tagen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Rechtsgrundlage: § 67c Abs. 3 AVG; § 83 FPG; § 79a AVG.

 

Entscheidungsgründe:

 

1.1. Die Beschwerdeführerin, eine Staatsangehörige von Serbien und Montenegro, ist am 17. März 2006 unter Umgehung der Grenzkontrolle in das Bundesgebiet eingereist und hat am selben Tag einen Asylantrag gestellt.

Mit Schreiben des Bundesasylamtes vom 23. März 2006, Zl. 0603.119, wurde ihr gemäß § 29 Abs. 3 Z. 4 des Asylgesetzes, BGBl. Nr. I 100/2005 (im Folgenden: AsylG), mitgeteilt, dass beabsichtigt ist, ihren Asylantrag zurückzuweisen.

1.2. Mit Bescheid des Bezirkshauptmannes von Vöcklabruck vom 27. März 2006, Zl. Sich40-1541-2006, wurde über die Rechtsmittelwerberin gemäß § 76 Abs. 2 Z. 2 des Fremdenpolizeigesetzes, BGBl.Nr. I 100/2005, zuletzt geändert durch BGBl. Nr. I 157/2005 (im Folgenden: FPG), zur Sicherung des Verfahrens zur Erlassung einer Ausweisung und der Abschiebung die Schubhaft verhängt und durch Überstellung in das PAZ Linz sofort vollzogen.

Begründend wurde dazu im Wesentlichen ausgeführt, dass sie einerseits weder über einen Identitätsnachweis noch über gültige Reisedokumente sowie andererseits weder über familiäre Bindungen noch einen Wohnsitz noch über die für einen Aufenthalt erforderlichen finanziellen Mittel verfüge und sie sich - zumal sie sich am 23. März 2006 unrechtmäßig aus der ihr im Zuge der Bundesbetreuung zur Verfügung gestellten Unterkunft entfernt habe - im Hinblick auf die beabsichtigte Abschiebung nicht freiwillig der Fremdenpolizeibehörde zur Verfügung halten werde.

1.3. Dagegen bringt die Beschwerdeführerin vor, dass sie mit der Auflage aus der Bundesbetreuung entlassen worden sei, sich dort täglich zu melden. Diesem Auftrag habe sie auch jeweils entsprochen, mit Ausnahme samstags und sonntags, weil sie davon ausgegangen sei, dass am Wochenende dort kein Dienstbetrieb sei. Als sie sich am folgenden Montag wieder gemeldet habe, sei sie sofort in Schubhaft genommen worden.

Im Übrigen werde sie von einem Bekannten in xx versorgt, dessen ihr schon vom Kosovo her bekannten Sohn sie zu ehelichen beabsichtigt.

Daher wird die kostenpflichtige Feststellung der Rechtswidrigkeit ihrer Anhaltung in Schubhaft beantragt.

1.4. Die belangte Behörde hat den Bezug habenden Akt vorgelegt und eine Gegenschrift erstattet, in der wegen massiven Verstößen gegen die internationale und die österreichische Rechtsordnung sowie wegen der Unmöglichkeit der Anwendung gelinderer Mittel die kostenpflichtige Abweisung der gegenständlichen Beschwerde beantragt wird.

2. Mit Erkenntnis des Oö. Verwaltungssenates vom 30. März 2006, Zl. VwSen-400783/4/Gf/Ga, wurde der Beschwerde stattgegeben und die Anhaltung der Rechtsmittelwerberin in Schubhaft seit dem 27. März 2006, 13.45 Uhr, als rechtswidrig erklärt.

Begründend wurde dazu im Wesentlichen ausgeführt, dass die Behörde gemäß § 76 Abs. 2 Z. 2 FPG auch über einen Asylwerber (als solcher gilt nach § 2 Abs. 14 AsylG ein Fremder ab der Einbringung eines Antrages auf internationalen Schutz - d.i. gemäß § 2 Abs. 1 Z. 13 AsylG das auf welche Weise auch immer artikulierte Ersuchen, sich dem Schutz Österreichs unterstellen zu dürfen - bis zum rechtskräftigen Abschluss, bis zur Einstellung oder bis zur Gegenstandslosigkeit dieses Verfahrens) zum Zweck der Sicherung des Verfahrens einer Ausweisung oder zur Sicherung der Abschiebung die Schubhaft verhängen konnte, wenn gegen ihn nach den Bestimmungen des Asylgesetzes ein Ausweisungsverfahren eingeleitet worden ist. Ein Ausweisungsverfahren gelte nach § 27 Abs. 1 AsylG dann als eingeleitet, wenn im Zulassungsverfahren eine Bekanntgabe dahin, dass beabsichtigt ist, seinen Antrag auf internationalen Schutz zurück- oder abzuweisen, erfolgt sei und das Verfahren vor dem UBAS einzustellen sowie die Entscheidung des Bundesasylamtes mit einer Ausweisung verbunden war. Darüber hinaus sei ein Ausweisungsverfahren gemäß § 27 Abs. 2 und 3 AsylG auch einzuleiten, wenn die bisherigen Ermittlungen die Annahme rechtfertigen, dass der Antrag auf internationalen Schutz zurück- oder abzuweisen sein wird und ein besonderes öffentliches Interesse an einer beschleunigten Durchführung des Verfahrens besteht.

Im vorliegenden Fall habe zwar das Bundesasylamt der Beschwerdeführerin mit Schreiben vom 23. März 2006, Zl. 0603.119, gemäß § 29 Abs. 3 Z. 4 AsylG mitgeteilt, dass beabsichtigt sei, ihren Asylantrag zurückzuweisen, weil seit demselben Tag Dublin-Konsultationen mit den Staaten Ungarn und Slowenien, über die die Rechtsmittelwerberin vermeintlich in das Bundesgebiet eingereist ist, geführt werden.

Eine auf Einstellung lautende Entscheidung des Unabhängigen Bundesasylsenates -wie dies § 27 Abs. 1 AsylG als zusätzliche Voraussetzung fordert - sei jedoch ebenso wenig vorgelegen wie ein besonderes öffentliches Interesse an einer beschleunigten Durchführung des Verfahrens i.S.d. § 27 Abs. 2 und 3 AsylG; Letzteres gehe weder aus dem vorgelegten Akt hervor noch sei Derartiges von der belangten Behörde im Schubhaftbescheid oder in ihrer Gegenschrift behauptet worden.

Im Ergebnis sei damit aber jedenfalls zum Zeitpunkt der Inschubhaftnahme der Rechtsmittelwerberin kein Ausweisungsverfahren i.S.d. § 27 AsylG eingeleitet gewesen.

Die explizit auf § 76 Abs. 2 Z. 2 FPG gestützte Anordnung der Schubhaft erweise sich somit schon aus diesem Grund als rechtswidrig.

3.1. Dagegen hat die Sicherheitsdirektion für das Bundesland Oberösterreich eine Amtsbeschwerde erhoben.

3.2. Mit Erkenntnis vom 30. August 2007, Zl. 2006/21/0101-6, hat der Verwaltungsgerichtshof dieser Beschwerde stattgegeben und das h. Erkenntnis vom 30. März 2006 wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Begründend wird dazu im Wesentlichen ausgeführt, dass – wie sich aus der Regierungsvorlage zu den §§ 24 und 27 AsylG ergebe – der "Gesetzgeber" (als solcher wird offenbar die Bundesregierung angesehen !) entgegen dem Verbindungswort "und" zweifellos die Absicht verfolgt habe, die Tatbestände der Z. 1 und der Z. 2 des § 27 AsylG jeweils für sich allein ausreichen zu lassen, um die Rechtsfolge der Einleitung eines Ausweisungsverfahrens eintreten zu lassen.

4.1. An diese Rechtsansicht ist der Oö. Verwaltungssenat im fortgesetzten Verfahren gemäß § 63 Abs. 1 VwGG gebunden, sodass im gegenständlichen Fall davon auszugehen ist, dass zum Zeitpunkt der Inschubhaftnahme der Rechtsmittelwerberin bereits ein Ausweisungsverfahren eingeleitet war.

Damit lagen aber die Voraussetzungen für die Verhängung der Schubhaft gemäß § 76 Abs. 2 Z. 2 FPG vor.

4.2. Auf Grund des Umstandes, dass die Beschwerdeführerin weder über einen Identitätsnachweis noch über gültige Reisedokumente sowie andererseits weder über familiäre Bindungen noch einen Wohnsitz im Inland noch über die für einen Aufenthalt erforderlichen finanziellen Mittel verfügte und sie sich zudem unrechtmäßig aus der ihr im Zuge der Bundesbetreuung zur Verfügung gestellten Unterkunft entfernt hat, stellte sich die von der belangten Behörde getroffene Prognoseentscheidung, dass sie sich im Fall der zwangsweisen Durchsetzung der Ausweisung einem behördlichen Zugriff entziehen wird, offensichtlich nicht als unvertretbar dar.

Das bloß behauptete, im Übrigen aber jedenfalls nicht dahin näher belegte Vorbringen der Rechtsmittelwerberin, dass sie von einem Bekannten in rechtsverbindlicher Weise unterstützt werde, war demgegenüber nicht geeignet, diese Annahme in einer derart überzeugenden Weise zu entkräften, dass sichergestellt gewesen wäre, dass anstelle der Schubhaftverhängung die Anwendung gelinderer Mittel bewirkt hätte, dass sie zum Zeitpunkt der zwangsweisen Durchführung der Ausweisung im Wege der Abschiebung tatsächlich für die Behörde greifbar gewesen wäre.

4.3. Die gegenständlichen Beschwerde war daher gemäß § 83 FPG i.V.m. § 67c Abs. 3 AVG im Ergebnis als unbegründet abzuweisen.

5. Bei diesem Verfahrensergebnis war dem Bund als Rechtsträger der belangten Behörde gemäß § 79a Abs. 1, Abs. 3 und Abs. 4 Z. 3 AVG i.V.m. § 1 Z. 3 und 4 der Aufwandsersatzverordnung, BGBl.Nr. II 334/2003, antragsgemäß Kosten in Höhe von insgesamt 271,80 Euro (Vorlageaufwand: 51,50 Euro; Schriftsatzaufwand: 220,30 Euro) zuzusprechen.

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 180 Euro zu entrichten.

 

 

Dr. G r o f

 

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