Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-162990/8/Br/Ps

Linz, 01.04.2008

 

 

 

E R K E N N T N I S

 

 

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich erkennt durch sein Mitglied Dr. Bleier über die Berufung des Herrn E K, geb., J, W, vertreten durch die RAe OG G, K P L, M, L, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Urfahr-Umgebung, vom 6. Februar 2008, Zl.: VerkR96-3489-2006-BS, wegen einer Übertretung nach dem Kraftfahrgesetz 1967,  zu Recht:

 

I.       Der Berufung wird Folge gegeben; die angefochtenen Straferkenntnisse werden behoben und die Verwaltungsstrafver-fahren nach § 45 Abs.1 Z3 VStG eingestellt.

 

II.     Es entfallen sämtliche Verfahrenskostenbeiträge.

 

Rechtsgrundlagen:

Zu I.: § 66 Abs.4 AVG iVm §§  24, 45 Abs.1 Z3, 51 und 51e Abs.1 VStG

Zu II.: § 66 Abs.1 VStG

 

 

 

Entscheidungsgründe:

 

I.1. Die Bezirkshauptmannschaft Urfahr-Umgebung hat über den Berufungswerber  (im Folgenden kurz: Bw) mit dem oben bezeichneten Straferkenntnis wegen Übertretung nach § 103 Abs.1 Z1 iVm § 101 Abs.1 lit.a und    § 82 Abs.5 KFG eine Geldstrafe von 210 Euro und für den Fall der Uneinbringlichkeit eine Ersatzfreiheitsstrafe in der Dauer von 72 Stunden verhängt, weil er als Zulassungsbesitzer des Lastkraftwagens  mit dem Kennzeichen, nicht dafür gesorgt habe, dass das Kraftfahrzeug den kraftfahrrechtlichen Vorschriften entsprochen habe, weil dieses am 1.8.2006 um 12.35 Uhr im Gemeindegebiet Bad Leonfelden auf einer Straße mit öffentlichen Verkehr von H Z gelenkt und dabei festgestellt wurde, dass die höchst zulässige Achslast der zweiten Achse von 11.500 kg um 2.650 kg überschritten wurde.

 

I.2. Die Behörde erster Instanz stützte den Schuldspruch auf die dienstliche Wahrnehmung und das Ergebnis der Feststellung mittels geeichtem Radlastmesser durch ein Organ des Landespolizeikommandos - Verkehrsabteilung.

Sie erblickte keinen Zweifel an der ordnungsgemäßen Durchführung der Verwiegung. Im Übrigen verwies die Behörde erster Instanz auf die einschlägige Judikatur zum Kontrollsystem (Hinweis auf VwGH 26.1.1996, 95/02/0603) und vermeinte dazu, eine bloße Weisung an die Lenker zur Einhaltung der kraftfahrrechtlichen Vorschriften reiche nicht aus.

Zu der vom Berufungswerber gerügten mangelhaften Tatortbezeichnung vermeinte die Behörde erster Instanz alleine durch die genaue Zeitangabe im Wiegeprotokoll und den angefertigten Fotos stehe die Tat unaustauschbar fest, da das gegenständliche Fahrzeug nicht zum selben Zeitpunkt an einem anderen Ort sein habe können.

 

I.3. Der Berufungswerber wendet sich dagegen mit seiner fristgerecht durch die ausgewiesenen Rechtsvertreter erhobenen Berufung.

Im Hinblick auf die Umschreibung des Tatortes wird die Auffassung vertreten, dass mit der auf die "Gemeinde Bad Leonfelden" beschränkt bleibende Tatortbezeichnung den Anforderungen aus § 44a Z1 VStG nicht ausreichend Rechnung getragen wäre und damit eine unverwechselbare Eingrenzung der Tatörtlichkeit nicht feststehe. Der Auffassung der Behörde, das Fahrzeug könne zu einem bestimmten Zeitpunkt immer nur an einem Ort sein, lasse eben keinen Rückschluss auf den Tatort zu. Aus den übermittelten Fotos lasse sich der Tatort  als öffentliche Straße ebenfalls nicht erschließen, wobei dahingestellt sein könne, dass Fotografien zur ordnungsgemäßen Feststellung des Tatortes nicht geeignet seien.

Schon mit diesem Vorbringen ist der Berufungswerber im Recht!

Auf sich bewenden können daher die Ausführungen über die weitere Bemängelung der Umschreibung des Tatbildes an sich, nämlich wodurch der Berufungswerber die ihm angelastete Tat konkret fahrlässig begangen haben sollte.   Der Berufungswerber erblickt auch darin einen Verstoß gegen das Konkretisierungsgebot, dessen Änderung der Berufungsinstanz ebenfalls nicht mehr eröffnet wäre (Hinweis auf VwGH 11.5.1990, 89/18/0175).

 

I.4. Die Behörde erster Instanz hat die Berufung samt Verfahrensakt dem Oö. Verwaltungssenat zur Entscheidung vorgelegt und damit dessen Zuständigkeit begründet. Dieser ist, da keine 2.000 Euro übersteigende Geldstrafe verhängt wurde durch das nach der Geschäftsverteilung zuständige Einzelmitglied zur Entscheidung berufen. Die Durchführung einer öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung schien hier vorerst angesichts der Verantwortung des Bw in Wahrung der gemäß Art. 6 Abs.1 EMRK zu garantierenden Rechte erforderlich (§ 51e Abs.1 VStG).

In Vorbereitung der Berufungsverhandlung wurde jedoch die bereits ab der Anzeige nur auf das gesamte Gemeindegebiet erstreckende Tatortbezeichnung festgestellt.

Ergänzend wurde die gegen den Lenker H Z mit gleichem Datum erlassene Strafverfügung (VerkR96-3468-2006) im Wege der Behörde erster Instanz beigeschafft.

 

I.4.1. Betreffend den entscheidungswesentlichen Sachverhalt ist festzustellen, dass in der Anzeige gegen den Zulassungsbesitzer und in sämtlichen Verfolgungshandlungen als Tatort nur "Gemeinde Bad Leonfelden" aufscheint. Im Gegensatz dazu findet sich im Verfahren gegen den Lenker Z als Tatort "Straßenmeisterei Bad Leonfelden, B126, Weinzierlstraße 33" angeführt.

Warum die exakte Tatortbezeichnung in der offenbar gleichzeitig gegen den Zulassungsbesitzer erstatteten Anzeige seitens der Polizei unterblieben ist, deren Aktenzahl numerisch unmittelbar dahinter liegt, darf als unerfindlich festgestellt werden.

 

I.4.2. Wenn ferner im Tatvorwurf lediglich aufscheint, "der Berufungswerber habe als Zulassungsbesitzer des Lkw nicht Sorge getragen, dass der Zustand des Fahrzeuges den Vorschriften des Kraftfahrgesetzes entsprochen hat", wird damit nicht wirklich klargestellt, welches Fehlverhalten dem Berufungswerber konkret angelastet werden will. Nicht "Sorge tragen" reicht nach allgemeinem Verständnis wohl noch nicht aus, ein strafwürdiges Verhalten in rechtstaatlich gebotener Form (iSd § 44a Z2 VStG)  hinreichend zu umschreiben. Wenn die Behörde erster Instanz offenbar meinte, der Berufungswerber hätte kein Kontrollsystem betrieben, welches geeignet gewesen wäre solche Übertretungen wirkungsvoll hinanzuhalten, wäre damit zumindest das Ungehorsamsdelikt in jener Weise zum Ausdruck gebracht worden, welches einen Beschuldigten in die Lage versetzt sich dagegen auch wirkungsvoll verteidigen zu können. Der lapidare Hinweis nicht Sorge dafür getragen zu haben, dass ein Mitarbeiter keine Überladung durchführt, lässt eine solche Möglichkeit wohl kaum zu.

Aber dies kann letztendlich auf sich bewenden, weil bereits der Tatort nicht ausreichend bestimmt feststeht.

 

I.5. Rechtlich hat der Oö. Verwaltungssenat erwogen:

 

Nach § 32 Abs.2 VStG ist eine Verfolgungshandlung jede von einer Behörde gegen eine bestimmte Person als Beschuldigten gerichtete Amtshandlung (Ladung, Vorführungsbefehl, Vernehmung, Ersuchen um Vernehmung, Auftrag zur Ausforschung, Strafverfügung u. dgl.).......

Bei der Umschreibung der für eine Verfolgungshandlung wesentlichen Kriterien in § 32 Abs.2 VStG hat sich die Verfolgungshandlung nicht nur gegen eine bestimmte physische Person als Beschuldigten, sondern auch auf eine bestimmte Tatzeit in einem ausreichend zu konkretisierenden Tatort und sämtlicher Tatbestandselemente der durch die Tat verletzten Verwaltungsvorschrift im Sinne des § 44a Z2 VStG beziehen muss, zu richten (VwGH 16.1.1987, 86/18/0073 u. VwGH 16.1.1987, 86/18/0077).

Von einer unverwechselbaren Umschreibung des Tatortes kann hier daher nicht die Rede sein (vgl. VwGH 16.12.998, 98/03/0211). Diesen nun im Rahmen des Berufungsverfahrens in Anlehnung an jene Umschreibung wie sie gegen den Lenker erfolgte würde eine unzulässige Auswechslung wesentlicher Teile des Sachverhaltes nach Ablauf der Verjährungsfrist zum Inhalt haben (VwGH 3.9.2003, 2002/03/0070 mit Hinweis auf VwGH 12.12.2001, Zl. 99/03/0006). Der Berufungswerber ist daher alleine schon mit diesem Hinweis im Recht.

Die Berichtigung eines Tatbestandmerkmales durch die Berufungsbehörde würde voraussetzen, dass innerhalb der Verfolgungsverjährungsfrist des § 31 Abs.2 VStG eine entsprechende Verfolgungshandlung hinsichtlich dieses Merkmals erfolgt wäre (VwGH 24.9.1997, 97/03/0113). Eine solche liegt hier im gesamten Verfahrensakt nicht vor (vgl. auch VwGH 18.3.1998, 96/09/0246, sowie 12. Dezember 2001, Zl. 99/03/0006 mit Hinweis auf VwGH 3.9.2003, 2002/03/0070).

Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (vgl. ua VwGH [verst. Sen.] v. 13. Juni 1984, Slg. Nr. 11.894/A) ist dem Ziel der Vorschrift des § 44 a Z1 VStG dann entsprochen, wenn a) im Spruch des Straferkenntnisses dem Beschuldigten die Tat in so konkretisierter Umschreibung vorgeworfen ist, dass er in die Lage versetzt wird, auf den konkreten Tatvorwurf bezogene Beweise anzubieten, um eben diesen Tatvorwurf zu widerlegen und b) der Spruch geeignet ist, den Beschuldigten rechtlich davor zu schützen, wegen des selben Verhaltens nochmals zur Verantwortung gezogen zu werden.

Als beispielhaft hat der Verwaltungsgerichtshof etwa zur Tatortumschreibung im Rahmen einer Geschwindigkeitsüberschreitung festgehalten, dass selbst unter Berücksichtigung eines auf einer Wegstrecke begangenen Deliktes, wo als Tatort nicht ein bestimmter Punkt, sondern nur eine bestimmte (Fahr-)Strecke in Betracht kommt, selbst die Divergenz zwischen den Tatortangaben im Spruch und in der Begründung des angefochtenen Bescheides nicht als unwesentlich angesehen werden kann, weil aus den vorliegenden unterschiedlichen Straßenkilometerangaben nicht dieselbe bestimmte (Fahr-)Strecke abgeleitet werden könne (VwGH 5.11.1997, 97/03/0105, mit Hinweis auf VwGH 20.3.1996, Zl. 96/03/0040). Damit erweist sich die Sichtweise der Behörde erster Instanz, wonach das Fahrzeug zur fraglichen Zeit nur an einem Ort gewesen sein konnte, rechtlich als verfehlt.

 

I.6. Die bereits anberaumt gewesene Berufungsverhandlung war daher wieder abzuberaumen, wobei  die Stichhaltigkeit des Tatvorwurfes betreffend das Kontrollsystem auf sich bewenden bleiben muss. Im erstinstanzlichen Verfahren finden sich diesbezüglich keine inhaltlichen Feststellungen darüber, welche Mängel dieses System aufgewiesen haben sollte um den Schuldspruch zu tragen.

Das Verwaltungsstrafverfahren war demnach gemäß § 45 Abs.1 Z3 VStG einzustellen.

 

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungs­gerichts­hof erhoben werden; diese muss – von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen – jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 180  Euro zu entrichten.

 

 

Dr.  B l e i e r

 

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