Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-150635/16/Lg/Hue

Linz, 03.04.2008

 

E r k e n n t n i s

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mit­glied Dr. Ewald Langeder über die Berufung des L G W, N, I, vertreten durch Rechtsanwalt Dr. K & U, F, M, gegen das Straferkenntnis des Bürgermeisters der Stadt Wels vom 15. Jänner 2008, Zl. BG-BauR-7117-2007g Ma, zu Recht erkannt:

I.                  Der (Straf-)Berufung wird Folge gegeben, die Geldstrafe auf 200 Euro und die Ersatzfreiheitsstrafe auf 17 Stunden herabgesetzt. Der Spruch des angefochtenen Bescheides ist dahingehend zu ergänzen, dass nach der Wortfolge "ohne dass die für die Benützung von Autobahnen vorgeschriebene fahrleistungs­abhängige Maut" und vor den Wörtern "entrichtet wurde" das Wort "ordnungsgemäß" eingefügt wird.

II.              Der Beitrag zu den Kosten des erstinstanzlichen Verfahrens ermäßigt sich auf 20 Euro. Ein Beitrag zu den Kosten des Verfahrens vor dem Unabhängigen Verwaltungssenat ist nicht zu leisten.

Rechtsgrundlagen:

zu I: §§ 16 Abs.2, 19, 20, 24 und 51 Verwaltungsstrafgesetz 1991 – VStG iVm. § 66 Abs. 4 Allgemeines Verwal­tungsverfahrens­gesetz 1991 – AVG;

zu II: § 64 Abs.1 und 2 VStG.

 

 

Entscheidungsgründe:

 

1. Mit dem angefochtenen Straferkenntnis wurde über den Berufungswerber (Bw) eine Geldstrafe von 400 Euro bzw. eine Ersatzfreiheitsstrafe von 34 Stunden verhängt, weil er am 17. April 2007 gegen 16.29 Uhr als Lenker eines Kfz mit einem höchsten zulässigen Gesamtgewicht von mehr als 3,5 Tonnen und dem behördlichen Kennzeichen die A25, Mautabschnitt Wels ÖBB – Terminal Wels, bis zu km 14,58 im Gemeindegebiet Wels benützt habe, ohne die fahrleistungsabhängige Maut entrichtet zu haben. Es sei festgestellt worden, dass die Achsenzahl des gegenständlichen Kfz (3) höher gewesen sei als die mit 2 eingestellte Kategorie/Achsenzahl. 

 

2. In der Berufung wurde die Lenkereigenschaft vom Bw wiederum zunächst bestritten und als Beilage die Kopie eines Einkommensnachweises vorgelegt. Mit Schreiben vom 28. März 2008 legte der Bw ein Tatsachengeständnis ab und schränkte die Berufung auf die Strafhöhe ein.

 

3. Aus dem Akt ist ersichtlich:

 

Dem Akt liegt eine Anzeige der ASFINAG vom 10. Juli 2007 zugrunde. Die Lenkeranzeige enthält den gegenständlichen Tatvorwurf. Als Beanstandungsgrund ist angegeben, dass die Achsenzahl des Kraftfahrzeuges mit 3 höher gewesen sei als die mit 2 eingestellte Kategorie/Achsenzahl am Fahrzeuggerät. Gem. § 19 Abs. 4 BStMG sei dem Zulassungsbesitzer am 11. Mai 2007 die Ersatzmaut angeboten, diesem Angebot jedoch nicht (zeitgerecht) entsprochen worden. 

 

Nach Lenkererhebung benannte der Zulassungsbesitzer am 20. August 2007 den Bw als Lenker des gegenständlichen Kfz.

 

Nach Strafverfügung vom 20. August 2007 brachte der Bw vor, dass aus den Unterlagen nicht hervorgehe, dass er die Tat begangen habe. Das Beweisfoto lasse den Fahrer nicht erkennen; der Bw mache von seinem Aussageverweigerungsrecht Gebrauch.  

 

Einer ergänzenden Stellungnahme der ASFINAG vom 10. September 2007, in der auf die Mitwirkungspflicht des Fahrzeuglenkers hingewiesen wird, sind zwei Beweisbilder und eine Einzelleistungsinformation vom Tattag angeschlossen.

 

Dazu bestritt der Bw seine Lenkereigenschaft. Soweit der Arbeitgeber ihn als Lenker benenne, weise er darauf hin, dass er im fraglichen Zeitraum seine Fahrten wiederholt gemeinsam mit einem Freund durchgeführt habe, der gelegentlich Touren für den Bw übernommen habe.

 

Auf Anforderung wurde der Erstbehörde vom Zulassungsbesitzer am 7. November 2007 Kopien der Tachographenscheiben vom 17. und 18. April des gegenständlichen Kfz übermittelt.

 

Dazu wurde vom Bw – trotz eingeräumter Möglichkeit – keine weitere Stellungnahme abgegeben.

 

Der Akt schließt mit dem angefochtenen Straferkenntnis und der daraufhin eingebrachten Berufung.  

 

4. Der Unabhängige Verwaltungssenat hat darüber erwogen:

 

4.1 Gemäß § 6 BStMG unterliegt die Benützung von Mautstrecken mit mehrspurigen Kraftfahrzeugen, deren höchstzulässiges Gesamtgewicht mehr als 3,5 t beträgt, der fahrleistungsabhängigen Maut.

 

Gemäß § 7 Abs. 1 BStMG ist die Maut durch Einsatz zugelassener Geräte zur elektronischen Entrichtung der Maut im Wege der Abbuchung von Mautguthaben oder der zugelassenen Verrechnung im Nachhinein zu entrichten. Die Autobahnen- und Schnellstraßen-Finanzierungs-Aktiengesellschaft hat zur Mautabwicklung eine in Artikel 2 der Richtlinie 2004/52/EG genannte Technik zu nutzen.

 

Gemäß § 8 Abs. 1 BStMG haben Lenker, soweit sie nicht von anderen in der Mautordnung vorgesehenen Formen der Mautentrichtung Gebrauch machen, vor der Benützung von Mautstrecken ihr Fahrzeug mit Geräten zur elektronischen Entrichtung der Maut auszustatten.

 

Gemäß § 8 Abs. 2 BStMG haben sich Lenker bei Verwendung von Geräten zur elektronischen Entrichtung der Maut vor, während und nach jeder Fahrt auf Mautstrecken der Funktionsfähigkeit dieser Geräte zu vergewissern und Funktionsstörungen unverzüglich zu melden.

 

Punkt 8.2.2 der Mautordnung besagt, dass bei Ausgabe der GO-Box eine Basiskategorie entsprechend der vorhandenen Achsenanzahl des mautpflichtigen Kraftfahrzeuges eingestellt wird (die Basiskategorie stellt die Untergrenze für eine manuelle Umstellung durch den Nutzer dar). Der Kraftzeuglenker hat vor jedem Fahrtantritt die Kategorie entsprechend Punkt 8.2.4.2 zu überprüfen.

 

Nach Punkt 8.2.4.2 der Mautordnung hat sich der Nutzer vor dem Befahren des mautpflichtigen Straßennetzes über die Funktionstüchtigkeit der GO-Box durch einmaliges Drücken (kürzer als zwei Sekunden) der Bedientaste zu vergewissern (Statusabfrage). Diese Überprüfungspflicht umfasst jedenfalls auch die korrekte Deklarierung und Einstellung der Kategorie gemäß Punkt 8.2.2.

 

Gemäß Punkt 7.1 der Mautordnung besteht für ordnungsgemäß zum Mautsystem und mit einem zugelassenen Fahrzeuggerät ausgestattete Kraftfahrzeuge die Möglichkeit der Nachzahlung der Maut im Falle einer Nicht- oder Teilentrichtung der geschuldeten Maut, die auf ein technisches Gebrechen des zugelassenen Fahrzeuggerätes oder des Mautsystems, auf einen zu niedrigen Pre-Pay-Kontostand, ein gesperrtes Zahlungsmittel oder die Verwendung einer falschen (zu niedrigen) Kategorie zurückzuführen ist; dies jedoch ausnahmslos nur wenn alle in der Mautordnung näher definierten Bedingungen erfüllt werden.

 

Gemäß § 20 Abs. 2 BStMG begehen Kraftfahrzeuglenker, die Mautstrecken benützen, ohne die nach § 6 geschuldete fahrleistungsabhängige Maut ordnungsgemäß zu entrichten, eine Verwaltungsübertretung und sind mit Geldstrafe von 400 Euro bis zu 4.000 Euro zu bestrafen.

 

Gemäß § 20 Abs. 3 BStMG werden Übertretungen gem. Abs.1 und Abs.2 straflos, wenn der Mautschuldner fristgerecht die in der Mautordnung festgesetzte Ersatzmaut zahlt.

 

§ 19 BStMG ("Ersatzmaut") bestimmt, dass in der Mautordnung für den Fall der nicht ordnungsgemäßen Entrichtung der Maut eine Ersatzmaut festzusetzen ist, die den Betrag von 300 Euro einschließlich Umsatzsteuer nicht übersteigen darf (Abs. 1).

Kommt es bei einer Verwaltungsübertretung gem. § 20 zu keiner Betretung, so ist die Autobahnen- und Schnellstraßen-Finanzierungs-Aktiengesellschaft ermächtigt, im Falle einer Verwaltungsübertretung gem. § 20 Abs. 1 den Zulassungsbesitzer schriftlich zur Zahlung einer Ersatzmaut aufzufordern, sofern der Verdacht auf automatischer Überwachung beruht, im Falle einer Verwaltungsübertretung gem. § 20 Abs. 2 den Zulassungsbesitzer schriftlich zur Zahlung einer Ersatzmaut aufzufordern, sofern der Verdacht auf automatischer Überwachung oder auf dienstlicher Wahrnehmung eines Organs der öffentlichen Aufsicht beruht. Die Aufforderung hat eine Identifikationsnummer und eine Kontonummer zu enthalten. Ihr wird entsprochen, wenn die Ersatzmaut binnen drei Wochen ab Ausfertigung der Aufforderung dem angegebenen Konto gutgeschrieben wird und der Überweisungsauftrag die automationsunterstützt lesbare, vollständige und richtige Identifikationsnummer enthält (Abs. 4).

Subjektive Rechte des Lenkers und des Zulassungsbesitzers auf mündliche oder schriftliche Aufforderungen zur Zahlung einer Ersatzmaut bestehen nicht (Abs.6).

 

4.2. Im gegenständlichen Fall steht unbestritten fest, dass der Bw eine Mautstrecke ohne ordnungsgemäße Mautentrichtung (nämlich mit falsch eingestellter Achsenzahl bei der GO-Box) benützt und er somit das Tatbild des   § 20 Abs. 2 BStMG verwirklicht hat. Unstrittig ist ferner, dass gem. § 19 Abs. 4 BStMG die Zahlung einer Ersatzmaut angeboten, diesem Angebot jedoch nicht entsprochen wurde. Die Verwirklichung des gegenständlichen Delikts durch den Bw ist unbestritten. Die Berufung wurde mittels Schreiben vom 28. März 2007 auf die Strafhöhe eingeschränkt und die Lenkereigenschaft vom Bw bestätigt.  

 

Dem Bw ist deshalb vorzuwerfen, dass er seinen Pflichten als Fahrzeuglenker nicht nachgekommen ist, da er vor Befahren einer mautpflichtigen Strecke die geänderte Achsenzahl nicht korrekt umgestellt hat bzw. er seiner Verpflichtung zur Überprüfung der eingestellten Kategorie bei der GO-Box iSd Punktes 8.2.2 der Mautordnung vor Beginn jeder Fahrt nicht nachgekommen ist.  

 

Die Tat ist daher dem Bw in objektiver und – da keine Entschuldigungsgründe ersichtlich sind – auch in subjektiver Hinsicht zuzurechnen. Im Zweifel ist zugunsten des Bw von Fahrlässigkeit auszugehen, nämlich in dem Sinne, dass er übersehen hat, die eingestellte Achsenzahl vor jedem Befahren einer Mautstrecke zu überprüfen bzw. korrekt umzustellen.

Zur Bemessung der Strafhöhe ist zu bemerken, dass ohnehin die gesetzliche Mindestgeldstrafe verhängt wurde, weshalb die konkreten Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse des Bw unerheblich sind. Die gesetzliche Mindeststrafe ist aus dem bloßen Grund einer womöglich schlechten finanziellen Situation des Bw nicht unterschreitbar. Dass diese finanzielle Situation durch ein weiteres einschlägiges Verwaltungsstrafen mitbedingt ist, kann sich für den Bw nicht im Sinne eines Arguments für die Unterschreitung der gesetzlich vorgesehenen Mindeststrafe auswirken. Im Hinblick jedoch darauf, dass zur Unbescholtenheit und dem Tatsachengeständnis als weiterer Milderungsgrund die wenigstens teilweise Mautentrichtung tritt (ein Umstand, der auch nach der Mautordnung die Höhe der Ersatzmaut beeinflusst und der regelmäßig zum Aufgriff der Täter führt), erscheint es vertretbar unter Anwendung des außerordentlichen Milderungsrechts (§ 20 VStG) die Strafe auf die Hälfte herabzusetzen. Die Tat bleibt aber nicht so weit hinter dem deliktstypischen Unrechts- und Schuldgehalt zurück, dass eine Anwendung des § 21 Abs. 1 VStG gerechtfertigt wäre. Der Unrechtsgehalt einer Fehleinstellung der Achsenzahl ist als deliktstypisch einzustufen. Die Vorsorge für die korrekte Einstellung der GO-Box stellt im gegebenen Zusammenhang die zentrale Lenkerpflicht dar.

Da der Straftatbestand des § 20 Abs. 2 BStMG auf eine nicht ordnungsgemäß entrichtete Maut abstellt, war der Spruch des angefochtenen Straferkenntnis im Hinblick auf § 44a VStG entsprechend zu ergänzen, zumal in der verfolgungsverjährungsunterbrechenden Strafverfügung der Tatvorwurf im korrekten Umfang umschrieben wurde.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 180 Euro zu entrichten.

Dr. Ewald Langeder

 

 

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