Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-150557/9/Re/Hue

Linz, 27.03.2008

 

E R K E N N T N I S

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Werner Reichenberger nach der am 28. November 2007 durchgeführten öffentlichen mündlichen Verhandlung über die Berufung des H R, S, S, vertreten durch Rechtsanwälte  Dr. L J K, Dr. J M,  P, S, gegen den Bescheid des Bezirkshauptmannes von Grieskirchen vom 16. Februar 2007, Zl. BauR96-167-2006, wegen einer Übertretung des Bundesstraßen-Mautgesetzes 2002 (BStMG) zu Recht erkannt:

 

 

I.                  Die Berufung wird abgewiesen und der angefochtene Bescheid mit der Maßgabe bestätigt, als der Spruch des angefochtenen Bescheides abgeändert wird und lautet wie folgt:

 

          "Sie haben am 6. Juni 2006, 6.58 Uhr, auf der A8 bei km 37.400 in Fahrtrichtung Knoten Voralpenkreuz in der Gemeinde Weibern ein          mehrspuriges Kraftfahrzeug (Lastkraftwagen) mit einem höchsten   zulässigen Gesamtgewicht von mehr als 3,5 Tonnen mit dem amtlichen    Kennzeichen   auf dem mautpflichtigen Straßennetz gelenkt, ohne die     fahrleistungsabhängige Maut ordnungsgemäß entrichtet zu haben,    obwohl die Benützung des mautpflichtigen Straßennetzes mit   mehrspurigen Kraftfahrzeugen, deren höchstes zulässiges     Gesamtgewicht mehr als 3,5 Tonnen beträgt, der fahrleistungs­         abhängigen Maut unterliegt. Es wurde festgestellt, dass die Achsenzahl      der Kraftfahrzeuges samt mautrelevanter Achsen höher war als die        eingestellte Kategorie/Achsenzahl am Fahrzeuggerät und dadurch die         fahrleistungsabhängige Maut nicht ordnungsgemäß entrichtet wurde. Anzahl der anhand des Kontrollbildes ermittelten Achsen: 4, eingestellte         Achsenzahl: 3.

 

         Sie haben dadurch folgende Rechtsvorschriften verletzt:

         § 20 Abs. 2 iVm §§ 6, 7 Abs. 1 Bundesstraßen-Mautgesetz 2002 (BStMG).

 

         Wegen dieser Verwaltungsübertretung wird über Sie gem. § 20 Abs. 2       BStMG folgende Strafe verhängt:

         Geldstrafe von 200 Euro,

         falls diese uneinbringlich ist, eine

         Ersatzfreiheitsstrafe von 16 Stunden.

        

         Ferner haben Sie gem. § 64 des Verwaltungsstrafgesetzes (VStG) zu         zahlen:

         20 Euro als Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens, d.s. 10 % der        Strafe.

 

         Der zu zahlende Gesamtbetrag (Strafe/Kosten) beträgt daher 220 Euro."

 

 

II.     Der Berufungswerber hat zusätzlich zu den Kosten des erstinstanzlichen    Verfahrens einen Beitrag zu den Kosten des Verfahrens vor dem        Unabhängigen Verwaltungssenat im Ausmaß von 20 % der     ausgesprochenen Geldstrafe,  das sind 40 Euro, zu leisten.

 

 

Rechtsgrundlage:

Zu  I.:  § 66 Abs.4 AVG iVm §§ 24, 16 Abs.2, 19 VStG.

Zu II.:  §§ 64 ff VStG.

 

 

Entscheidungsgründe:

 

1.     Mit dem angefochtenen Bescheid wurde die in der Strafverfügung vom
29. August 2006, Zl. BauR96-167-2006, verhängte Strafe auf 200 Euro bzw.
16 Stunden Ersatzfreiheitsstrafe herabgesetzt. Diese Strafverfügung besagt, dass der Berufungswerber (Bw) am 6. Juni 2006, 6.58 Uhr, als Lenker des Kfz mit dem amtlichen Kennzeichen  die mautpflichtige A8 bei km 37.400, Gemeinde Weibern, Fahrtrichtung Knoten Voralpenkreuz, benützt habe, ohne die fahrleistungsabhängige Maut ordnungsgemäß entrichtet zu haben, obwohl die Benutzung des mautpflichtigen Straßennetzes mit mehrspurigen Fahrzeugen, deren höchst zulässiges Gesamtgewicht mehr als 3,5 Tonnen beträgt, der fahrleistungsabhängigen Maut unterliege. Es sei festgestellt worden, dass die Achsenzahl des gegenständlichen Kfz (4) höher gewesen sei als die mit 3 eingestellte Kategorie/Achsenzahl.  

 

2.     In der Berufung brachte der Bw vor, dass eine Ermahnung ausreichen würde, da er unbescholten sei und nur ein geringes bzw. überhaupt kein Verschulden vorliege. Weiters sei der Bw insgesamt drei Mal bestraft worden (durch die Bezirkshauptmannschaften Grieskirchen und Linz-Land), weshalb diese drei Delikte  als fortgesetztes Delikt zusammenzufassen seien.

 

Beantragt wurde die Behebung des angefochtenen Bescheides und die Einstellung des Verwaltungsstrafverfahrens nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung, in eventu eine Ermahnung auszusprechen.

 

3. Aus dem Akt ist ersichtlich:

 

Dem Akt liegt eine Anzeige der A vom 17. Juli 2006 zugrunde. Die Lenkeranzeige enthält den gegenständlichen Tatvorwurf. Als Beanstandungsgrund ist angegeben, dass die Achsenzahl des Kraftfahrzeuges mit 4 höher gewesen sei als die mit 3 eingestellte Kategorie/Achsenzahl am Fahrzeuggerät. Gem. § 19 Abs. 4 BStMG sei dem Zulassungsbesitzer am 9. Juni 2006 die Ersatzmaut angeboten, diesem Angebot jedoch nicht (zeitgerecht) entsprochen worden.  

 

Anlässlich der Lenkererhebung teilte der Zulassungsbesitzer mit, dass für den gegenständlichen Lkw insgesamt 9 Ersatzmautaufforderungen wegen falsch eingestellter Achsenkategorie eingelangt seien. Die A habe kulanter Weise auf drei dieser Forderungen verzichtet. Um feststellen zu können, um welche drei Ersatzmautforderungen es sich konkret gehandelt habe, sei man nochmals mit der A in Verbindung getreten. Der Betrag von 550 Euro sei am 2. August 2006 überwiesen worden. Das Ersatzmautangebot zu Delikt-Nr. 961628 sei vom Lenker anlässlich einer A-Kontrolle vor Ort beglichen worden. Der Bw habe deswegen keine Mautprellerei begangen.

Als Beilage wurden Kopien von Teilen von acht schriftlichen Ersatzmautangeboten sowie eine Kopie eines Beleges über drei Ersatzmaut-Gutschriften und eine Kopie über die Bezahlung einer Ersatzmaut und über eine Nachentrichtung der Maut am 14. Juni 2006 angeschlossen.

 

Einer ergänzenden Stellungnahme der A vom 9. August 2006 ist zu entnehmen, dass die Ersatzmaut für das (hier nicht gegenständliche) Delikt Nr. 961628 ordnungsgemäß am 14. Juni 2006 bezahlt worden sei. Bei den vermeintlichen Gutschriften zu den Delikten Nummer 954179, (dem gegenständlichen) 958717, 959450, 959962 und 960288 handle es sich lediglich um Buchungsanzeigen, welche nach Nichtentrichtung des Vergleichsangebotes zur Information übermittelt würden. Für diese Delikte sei die Ersatzmaut verspätet einbezahlt und diese deshalb an den Zulassungsbesitzer rücküberwiesen worden. Auf die Ersatzmautangebote für die Delikte Nummer 959019, 959664 und 960118 sei seitens der A verzichtet worden.

 

Gegen die Strafverfügung vom 29. August 2006 wurde vorgebracht:

"Unser Lenker Herr R H, geb.  hat für eine falsch eingestellte GO-Box 3 Strafanzeigen (BauR96-167-2006, BauR96-169-2006 und BauR96-170-23006) in der Höhe von je € 400,00 erhalten. Weiters erhielten wir für denselben Deliktszeitraum auch von der Bezirkshauptmannschaft Linz-Land und der Bezirkshauptmannschaft Schärding Strafanzeigen. Wir bitten Sie daher im Namen unseres Lenkers einen Teil dieser Strafe aufzuheben bzw zu verringern."

 

In einer späteren Stellungnahme bestritt der Bw, die Verwaltungsübertretung begangen zu haben. U.a. für das gegenständliche Delikt wäre vom Zulassungsbesitzer die Ersatzmaut einbezahlt worden. Mehrere gegen den Bw noch anhängige Verwaltungsstrafverfahren seien noch nicht abgeschlossen. Der Bw habe Ende Mai 2006 das gegenständliche Kfz von einem anderen Fahrer übernommen, weshalb die GO-Box auf die Kategorie 3 eingestellt gewesen sei. Der Bw habe angenommen, dass die Kategorie richtig eingestellt gewesen sei, da der vorherige Lenker mit dem selben Kfz mit Anhänger unterwegs war. Erst anlässlich einer A-Kontrolle am 14. Juni 2006 sei der Bw auf den Umstand einer falsch eingestellten Achsenzahl  aufmerksam geworden. Daraufhin habe der Bw die Achsenzahl sofort richtiggestellt. Die festgestellten Übertretungen zwischen dem 29. Mai 2006 und dem 9. Juni 2006 seien als fortgesetztes Delikt zusammen zu fassen. Nachdem seitens der A auf drei Ersatzmautforderungen verzichtet worden sei, habe der Zulassungsbesitzer die restlichen fünf Ersatzmauten einbezahlt. Diese seien jedoch von der A wegen Verspätung rücküberwiesen worden. Dem Bw sei an der Falscheinstellung der GO-Box kein Verschulden nachzuweisen. Weiters habe der Bw alles Nötige unternommen, dass die Ersatzmaut bezahlt werde. Nach Scheitern von "Vergleichsgesprächen" mit der A seien die Ersatzmauten vom Dienstgeber (Zulassungsbesitzer) bezahlt worden. Falls die Behörde Verschulden des Bw annehmen sollte, sei eine Ermahnung ausreichend, da der Bw unbescholten sei und die (nicht näher aufgezählten) Milderungsgründe die Erschwerungsgründe beträchtlich überwiegen würden. Weiters wurden die Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse dargelegt.

 

Der Akt schließt mit dem angefochtenen Bescheid und der daraufhin eingebrachten Berufung.  

 

Laut telefonischer Auskunft der Erstbehörde vom 9. August 2007 habe sie den Einspruch vom 6. September 2006 lediglich als Einspruch gegen die Strafhöhe gewertet. 

 

Auf Anforderung legte die A mittels E-Mail vom 29. Oktober 2007 dem Unabhängigen Verwaltungssenat zwei Beweisfotos und Einzelleistungsinformationen vor.

 

4. In der öffentlichen mündlichen Verhandlung legte der Verhandlungsleiter die Tatsache der Verbindung der Verwaltungsstrafverfahren mit den Geschäftszahlen VwSen-150551, 150557 und 150558 zu einer mündlichen Verhandlung dar. Kopien der vom Unabhängigen Verwaltungssenat eingeholten Einzelleistungsnachweise über die jeweiligen gegenständlichen Tattage (6., 8. und 9. Juni 2006) wurden dem Vertreter des Bw ausgehändigt.

 

Der Vertreter des Bw brachte vor, dass der Bw aus beruflichen Gründen an der Verhandlung nicht teilnehmen könne und es sich beim gegenständlichen Kfz grundsätzlich um den LKW des Bw handle, mit welchem er regelmäßig unterwegs sei. Während seiner Urlaubstage habe – ohne Wissen des Bw – ein anderer Lenker diesen LKW benutzt, welcher auch eine Veränderung der Achsenzahl bei der GO-Box vorgenommen habe. Der Bw sei deshalb nach seiner Urlaubszeit davon ausgegangen, dass die Achsenzahl nach wie vor unverändert auf "4" eingestellt sei.

Auf die Ausführungen des Bw in Bezug auf das Vorliegen eines fortgesetzten Delikts sei wiederholt hingewiesen. Eine Übertretung des § 8 BStMG bzw. von Punkt 8.2.4.2 der Mautordnung liege nicht vor, da hier lediglich die Verpflichtung der Überprüfung Funktionsfähigkeit der GO-Box nicht jedoch der Überprüfung der Achseinstellung festgelegt sei. Weder im Spruch der Strafverfügung noch im Spruch des angefochtenen Straferkenntnisses sei dem Bw ein Verstoß gegen Punkt 8.2.4.2 der Mautordnung oder des § 8 BStMG vorgeworfen worden, auf diese Details würde erst in der Begründung des Bescheides verwiesen, weshalb Verfolgungsverjährung eingetreten sei.

 

Unbestritten wurde vom Verhandlungsleiter festgestellt, dass die Fahrtroute den Bw als LKW-Lenker der Firma W täglich von S. A in Richtung Schärding und in Suben auf die Innkreisautobahn führt und er dann in Richtung Voralpenkreuz bzw. Westautobahn weiterfährt. Jeweils am Abend des Tages kehrt der Bw auf derselben Route zu seinem Arbeitgeber zurück. Unbestritten ist weiters, dass der Bw gegenständlich mit Anhänger unterwegs gewesen ist und er deshalb die GO-Box auf die Kategorie "4" einzustellen gehabt hätte, wobei lediglich eine Einstellung der Kategorie "3" erfolgt war.

 

Der Vertreter des Bw brachte weiters vor, dass es sich bei der Mautordnung nicht um eine gesetzliche Vorschrift sondern lediglich um eine A-Regelung betreffend die Benützung von Mautstrecken handle. Es sei deshalb fraglich, ob eine Übertretung der Mautordnung tatsächlich einen verwaltungsstrafrechtlich relevanten Sachverhalt darstellen könne.

 

Beantragt wurde wie bisher.

 

5. Der Unabhängige Verwaltungssenat hat darüber erwogen:

 

5.1 Gemäß § 6 BStMG unterliegt die Benützung von Mautstrecken mit mehrspurigen Kraftfahrzeugen, deren höchstzulässiges Gesamtgewicht mehr als 3,5 t beträgt, der fahrleistungsabhängigen Maut.

 

Gemäß § 7 Abs. 1 BStMG ist die Maut durch Einsatz zugelassener Geräte zur elektronischen Entrichtung der Maut im Wege der Abbuchung von Mautguthaben oder der zugelassenen Verrechnung im Nachhinein zu entrichten. Die Autobahnen- und Schnellstraßen-Finanzierungs-Aktiengesellschaft hat zur Mautabwicklung eine in Artikel 2 der Richtlinie 2004/52/EG genannte Technik zu nutzen.

 

Gemäß § 8 Abs. 1 BStMG haben Lenker, soweit sie nicht von anderen in der Mautordnung vorgesehenen Formen der Mautentrichtung Gebrauch machen, vor der Benützung von Mautstrecken ihr Fahrzeug mit Geräten zur elektronischen Entrichtung der Maut auszustatten.

 

Gemäß § 8 Abs. 2 BStMG haben sich Lenker bei Verwendung von Geräten zur elektronischen Entrichtung der Maut vor, während und nach jeder Fahrt auf Mautstrecken der Funktionsfähigkeit dieser Geräte zu vergewissern und Funktionsstörungen unverzüglich zu melden.

 

Punkt 8.2.2 der Mautordnung besagt, dass bei Ausgabe der GO-Box eine Basiskategorie entsprechend der vorhandenen Achsenanzahl des mautpflichtigen Kraftfahrzeuges eingestellt wird (die Basiskategorie stellt die Untergrenze für eine manuelle Umstellung durch den Nutzer dar). Der Kraftzeuglenker hat vor jedem Fahrtantritt die Kategorie entsprechend Punkt 8.2.4.2 zu überprüfen.

 

Nach Punkt 8.2.4.2 der Mautordnung hat sich der Nutzer vor dem Befahren des mautpflichtigen Straßennetzes über die Funktionstüchtigkeit der GO-Box durch einmaliges Drücken (kürzer als zwei Sekunden) der Bedientaste zu vergewissern (Statusabfrage). Diese Überprüfungspflicht umfasst jedenfalls auch die korrekte Deklarierung und Einstellung der Kategorie gemäß Punkt 8.2.2.

 

Gemäß Punkt 7.1 der Mautordnung besteht für ordnungsgemäß zum Mautsystem und mit einem zugelassenen Fahrzeuggerät ausgestattete Kraftfahrzeuge die Möglichkeit der Nachzahlung der Maut im Falle einer Nicht- oder Teilentrichtung der geschuldeten Maut, die auf ein technisches Gebrechen des zugelassenen Fahrzeuggerätes oder des Mautsystems, auf einen zu niedrigen Pre-Pay-Kontostand, ein gesperrtes Zahlungsmittel oder die Verwendung einer falschen (zu niedrigen) Kategorie zurückzuführen ist; dies jedoch ausnahmslos nur wenn alle in der Mautordnung näher definierten Bedingungen erfüllt werden.

 

Gemäß § 20 Abs. 2 BStMG begehen Kraftfahrzeuglenker, die Mautstrecken benützen, ohne die nach § 6 geschuldete fahrleistungsabhängige Maut ordnungsgemäß zu entrichten, eine Verwaltungsübertretung und sind mit Geldstrafe von 400 Euro bis zu 4.000 Euro zu bestrafen.

 

Gemäß § 20 Abs. 3 BStMG werden Übertretung gem. Abs. 1 und Abs. 2 straflos, wenn der Mautschuldner fristgerecht die in der Mautordnung festgesetzte Ersatzmaut zahlt.

 

§ 19 BStMG ("Ersatzmaut") bestimmt, dass in der Mautordnung für den Fall der nicht ordnungsgemäßen Entrichtung der Maut eine Ersatzmaut festzusetzen ist, die den Betrag von 300 Euro einschließlich Umsatzsteuer nicht übersteigen darf (Abs. 1).

Kommt es bei einer Verwaltungsübertretung gem. § 20 zu keiner Betretung, so ist die Autobahnen- und Schnellstraßen-Finanzierungs-Aktiengesellschaft ermächtigt, im Falle einer Verwaltungsübertretung gem. § 20 Abs. 1 den Zulassungsbesitzer schriftlich zur Zahlung einer Ersatzmaut aufzufordern, sofern der Verdacht auf automatischer Überwachung beruht, im Falle einer Verwaltungsübertretung gem.       § 29 Abs. 2 den Zulassungsbesitzer schriftlich zur Zahlung einer Ersatzmaut aufzufordern, sofern der Verdacht auf automatischer Überwachung oder auf dienstlicher Wahrnehmung eines Organs der öffentlichen Aufsicht beruht. Die Aufforderung hat eine Identifikationsnummer und eine Kontonummer zu enthalten. Ihr wird entsprochen, wenn die Ersatzmaut binnen drei Wochen ab Ausfertigung der Aufforderung dem angegebenen Konto gutgeschrieben wird und der Überweisungsauftrag die automationsunterstützt lesbare, vollständige und richtige Identifikationsnummer enthält (Abs. 4).

Subjektive Rechte des Lenkers und des Zulassungsbesitzers auf mündliche oder schriftliche Aufforderungen zur Zahlung einer Ersatzmaut bestehen nicht (Abs. 6).

 

5.2. Im gegenständlichen Fall steht unbestritten fest, dass der Bw eine Mautstrecke ohne ordnungsgemäße Mautentrichtung (nämlich mit falsch eingestellter Achsenzahl bei der GO-Box) benützt hat. Unstrittig ist ferner, dass gem. § 19 Abs. 4 BStMG die Zahlung einer Ersatzmaut angeboten worden ist.

 

Der Bw bringt vor, dass vom Arbeitgeber (Zulassungsbesitzer) am 2. August 2006  die Ersatzmaut einbezahlt worden sei. Dazu ist festzuhalten, dass der Zulassungsbesitzer gegenständlich bereits am 13. Juni 2006 zur Zahlung der Ersatzmaut aufgefordert worden ist. Das Datum 13. Juni 2006 ergibt sich nicht nur aus den Angaben der A in der Anzeige sondern auch aus der vom Bw vorgelegten Kopie des Ersatzmautangebots. Mit einer Einbezahlung der Ersatzmaut am 2. August 2006 wurde die gesetzlich vorgesehene dreiwöchige Frist für die Bezahlung der Ersatzmaut (gerechnet ab Ausfertigung am 13. Juni 2006) offensichtlich (wesentlich) überschritten, weshalb der Geldbetrag von der A zurücküberwiesen wurde. Dass der Bw (bzw. der Zulassungsbesitzer) irrtümlich davon ausging, Zwischenkorrespondenzen mit der A würden die Frist hemmen oder unterbrechen und sich der Bw auf die fristgerechte Einzahlung der Ersatzmaut durch den Arbeitgeber verlassen hat, ändert nichts an der Tatsache, dass dieses Fristversäumnis den Strafausschließungsgrund der (rechtzeitigen) Ersatzmautentrichtung nicht zustande kommen ließ.

Im Übrigen ist darauf hinzuweisen, dass weder dem Fahrzeuglenker noch dem Zulassungsbesitzer das Recht auf Übermittlung einer Aufforderung zur Zahlung einer Ersatzmaut zukommt (idS klarstellend die EB, 1262 Blg. NR 22 GP, S. 5, iVm § 19 Abs. 6 BStMG).

 

Der Bw geht von der Auffassung aus, dass es sich bei den Verwaltungsübertretungen vom 6. Juni 2006, 6.58 Uhr, 8. Juni 2006, 7.30 Uhr, und
9. Juni 2006, 6.54 Uhr, um ein fortgesetztes Delikt handelt und diese deshalb zu einer Tateinheit zusammenzufassen sind.

Ein fortgesetztes Delikt ist dann gegeben, wenn eine Mehrheit von an sich selbständigen, nacheinander gesetzten Handlungen, deren jede für sich den Tatbestand desselben Delikts erfüllt, durch ein gemeinsames Band zu einer rechtlichen Einheit verbunden ist. Die Einzelhandlungen müssen in einem zeitlichen Zusammenhang stehen, wobei sie nicht durch einen großen Zeitraum unterbrochen werden dürfen (vgl. VwGH 2003/05/0201 v. 18.3.2004).

 

Aus den vorliegenden Einzelleistungsinformationen von diesen Tattagen ergibt sich verfahrensrelevant folgendes Bild:

 

6. Juni 2006:                           erstmalige Auffahrt auf das mautpflichtige Straßennetz an                                     diesem Tag und Beginn mit der (gegenständlichen)                                               Deliktsverwirklichung um etwa 6.35 Uhr bei Schärding                                 Suben – Ort im Innkreis und Durchfahrt bis ca. 8.07 Uhr                                   nach Oed – Amstetten West mit Abschluss des Delikts                                  durch Abfahrt von der Autobahn.       

                           

8. Juni 2006:                           erstmalige Auffahrt auf das mautpflichtige Straßennetz an                                     diesem Tag und Beginn mit der Deliktsverwirklichung um                                      etwa 6.51 Uhr bei Schärding Suben – Ort im Innkreis und                                     Durchfahrt bis ca. 8.11 Uhr mit Abschluss des Delikts in                                      Linz Wiener Straße – Linz          VOEST durch Abfahrt vom                                    mautpflichtigen Straßennetz.

                                     

9. Juni 2006:                           erstmalige Auffahrt auf das mautpflichtige Straßennetz an                                     diesem Tag und Beginn mit der Deliktsverwirklichung um                                      etwa 6.32 Uhr bei Schärding Suben – Ort im Innkreis und                                     Durchfahrt bis ca. 8.14 Uhr mit Abschluss des Delikts in                                      Amstetten Ost – Ybbs Wieselburg durch Abfahrt vom                              mautpflichtigen Straßennetz.

 

Von einem fortgesetzten Delikt kann – abgesehen davon, dass diesfalls Vorsatz vorliegen müsste, was gegenständlich nicht anzunehmen ist – aber jedenfalls dann nicht ausgegangen werden, wenn der Bw – wie im gegenständlichen Fall – durch Abfahren vom mautpflichtigen Straßennetz das jeweilige Delikt abgeschlossen hat. Jedes Abfahren von der Autobahn ermöglicht nicht nur das An- bzw. Abhängen von Anhängern etc. sondern macht deshalb ggf. eine Umstellung (bzw. jedenfalls eine Kontrolle) der eingestellten Achsenzahl bei der GO-Box erforderlich. Mit jeder neuerlichen Auffahrt auf eine mautpflichtige Strecke beginnt somit eine neuerliche Deliktsverwirklichung. Dies insbesondere im Hinblick darauf, dass der Lenker gem.    § 8 Abs. 2 BStMG iVm Punkt 8.2.4.2 der Mautordnung vor jeder Fahrt u.a. die richtig eingestellte Kategorie (Achsenzahl) zu überprüfen hat. Der Deliktsbildungszeitraum umfasst somit am 6. Juni 2006 zumindest die zurückgelegte Mautstrecke zwischen 6.35 Uhr und 8.07 Uhr, am 8. Juni 2006 zumindest die zurückgelegte Mautstrecke zwischen 6.51 Uhr und 8.11 Uhr und am 9. Juni 2006 zumindest die zurückgelegte Mautstrecke zwischen 6.32 Uhr und 8.14 Uhr, da jeweils zuvor auf das mautpflichtige Straßennetz aufgefahren bzw. danach dieses wieder verlassen wurde, wie sich u.a. aus der den vorliegenden Einzelleistungsinformationen ersichtlichen Fahrtrichtungen ergibt. 

 

Wenn durch die Begehung von gleichen Übertretungshandlungen zu verschiedenen Zeitpunkten jeweils eine Verwaltungsübertretung begangen wird (kein fortgesetztes Delikt vorliegt), hat die Behörde für jedes Delikt eine gesonderte Strafe auszusprechen. Bei Nichtbeachtung dieser Vorschrift ist der Bescheid mit einer Rechtswidrigkeit des Inhaltes behaftet (vgl. VwGH 2005/02/0015 v. 15.4.2005). Folgerichtig waren gegen den Bw unter Anwendung des Kumulationsprinzips (§ 22 VStG) für die Verwaltungsübertretungen anlässlich der gegenständlichen Fahrten am 6., 8. und 9. Juni 2006 mehrere Verwaltungsstrafverfahren durchzuführen. Es ist in diesem Zusammenhang auch darauf hinzuweisen, dass auch bei der Annahme von Vorsatz die einzelnen Fahrten nicht als fortgesetztes Delikt zusammenzufassen wären, da – wie bereits ausgeführt wurde – vor jedem (neuerlichen) Befahren einer Mautstrecke die Lenkerverpflichtungen schlagend werden.

 

Der Ansicht des Bw, weder in § 8 BStMG noch in Punkt 8.2.4.2 der Mautordnung sei eine Überprüfungspflicht der Achseinstellung normiert, wobei es sich bei der Mautordnung nicht um eine gesetzliche Vorschrift sondern lediglich um eine A-Regelung betreffend der Mautstreckenbenützung handle, ist zunächst der Wortlaut von Punkt 8.2.4.2 der Mautordnung entgegenzuhalten, wonach sich der Lenker vor dem Befahren des mautpflichtigen Straßennetzes über die Funktionstüchtigkeit der GO-Box durch einmaliges Drücken der Bedientaste zu vergewissern hat und diese Überprüfungspflicht jedenfalls auch die korrekte Deklarierung und Einstellung der Kategorie umfasst.

Zur rechtlichen Stellung der Mautordnung ist der Ansicht des Bw § 14 iVm § 15 Abs. 1 Ziffer 6 BStMG entgegenzuhalten, dass die ASFINAG in der Mautordnung Festlegungen über Bestimmungen über die den Kraftfahrzeuglenker bei der Verwendung der Geräte und beim Auftreten von Funktionsstörungen treffenden Pflichten (§ 8 leg.cit.) zu treffen hat. Aus diesen Gesetzesstellen ergibt sich somit in einer für den Gesetzesanwender eindeutigen Weise, dass es weiterer Festlegungen u.a. über die konkreten Lenkerpflichten bedurfte und hierfür die Erlassung einer Mautordnung vorgesehen war, aus welcher ersehen werden könne, was unter einer "ordnungsgemäß" entrichteten Maut iSd § 20 BStMG zu verstehen ist. Die A wurde somit im Rahmen der im Gesetz angeführten Regelungen zur Erlassung einer Verordnung zwecks Schaffung einheitlicher Bedingungen für die Benützung der Mautstrecken ermächtigt. Insoweit wurde die A mit einer hoheitlichen Aufgabe betraut und ist in diesem Umfange als sogenanntes beliehenes Unternehmen zu qualifizieren. Die von der A iSd Verordnungsermächtigung erlassene Mautordnung trifft für den allgemein bestimmten Adressatenkreis der Benützer mautpflichtiger Bundesstraßen unmittelbar verbindliche Regelungen und ist damit – insbesondere im Hinblick auf den Wortlaut der sie betreffenden gesetzlichen Regelungen – als Durchführungsverordnung im Sinne des Art. 18 Abs. 2 B-VG zu qualifizieren (siehe zur vergleichbaren Rechtslage  u.a. VwGH 2001/06/0173 v. 18.6.2003).

Daraus ergibt sich, dass die Nichteinhaltung der Bestimmungen der Mautordnung iVm § 20 BStMG das Delikt der "Mautprellerei" und damit eine Verwaltungsübertretung darstellt, die durch die Bezirksverwaltungsbehörden zu ahnden ist.

 

Wenn der Bw vermeint, weder im Spruch der Strafverfügung noch im Spruch des angefochtenen Straferkenntnisses sei ein Verstoß von § 8 BStMG oder Punkt 8.2.4.2 der Mautordnung vorgeworfen worden, weshalb Verfolgungsverjährung (gemeint wohl in Zusammenhang mit § 44a VStG) eingetreten sei, ist zu entgegnen, dass die Mautordnung definiert, was "ordnungsgemäße Mautentrichtung" iSd § 20 BStMG bedeutet. Aus Punkt 8.2.4.2 der Mautordnung ergibt sich, dass die Deklarierung und Einstellung der Achsenzahl (Kategorie) entsprechend zu erfolgen hat. Geschieht dies – wie im gegenständlichen Fall –  nicht, ist die Maut nicht ordnungsgemäß – weil nicht nach der zutreffenden Kategorie – entrichtet. Der Unabhängige Verwaltungssenat ist deshalb der Auffassung, dass mit dem Begriff "ordnungsgemäß" im Spruch der Tatbestand des § 20 BStMG in einer den Erfordernissen des § 44a VStG genügenden Weise angesprochen ist und es – im Spruch – keiner näheren Erläuterung bedarf, auf welche konkreten Vorgänge bzw. Maßnahmen (z.B. Nichtüberprüfung der Achseinstellung bei der GO-Box) die nicht ordnungsgemäße Mautentrichtung beruht. Verfolgungsverjährung ist somit nicht eingetreten. Ergänzend ist anzuführen, dass die anzuwendende Strafbestimmung auf die geschuldete und nicht ordnungsgemäß entrichtete Maut und nicht auf die detaillierte Lenkerpflicht des § 8 BStMG abzielt.

 

Unbeschadet der vorherigen Ausführungen ist festzustellen, dass die belangte Behörde im Spruch der verfolgungsverjährungsunterbrechenden Strafverfügung zusätzlich ausgeführt hat, dass die Achsenzahl des gegenständlichen Kfz mit "4" höher war als die mit "3" eingestellte Kategorie am Fahrzeuggerät, was – bei Annahme von Fahrlässigkeit – eine entsprechende Nichtüberprüfung der Kategorie bei der GO-Box impliziert.  

 

Es ist in diesem Zusammenhang aber darauf hinzuweisen, dass die belangte Behörde den unter Punkt 3. zitierten Wortlaut des Einspruches gegen die Strafverfügung vom 29. August 2006 als Rechtsmittel lediglich gegen die Strafhöhe interpretiert und deshalb im Spruch des angefochtenen Bescheides im Hinblick auf   § 44a VStG weder die begangene Tat, noch Tatzeit- oder –ort oder die verletzte Rechtsvorschrift bzw. die maßgeblichen Bestimmungen zur Strafbemessung angegeben hat. Diese Angaben finden sich jedoch in der verfolgungsverjährungsunterbrechenden Strafverfügung, weshalb der Spruch des bekämpften Bescheides zu ergänzen war (vgl. Thienel, Verwaltungsverfahrensrecht, 2. Auflage, S. 223).    

 

Die Tat ist daher dem Bw in objektiver und – da keine Entschuldigungsgründe ersichtlich sind – auch in subjektiver Hinsicht zuzurechnen. Im Zweifel ist zugunsten des Bw von Fahrlässigkeit auszugehen, nämlich in dem Sinne, dass er übersehen hat, die eingestellte Achsenzahl vor Befahren einer Mautstrecke zu überprüfen bzw. korrekt umzustellen.

 

Zur Bemessung der Strafhöhe ist zu bemerken, dass im angefochtenen Bescheid ohnehin die gesetzlich vorgesehene Mindestgeldstrafe um die Hälfte unterschritten und § 20 VStG (außerordentliches Milderungsrecht) angewendet wurde. Eine weitere Herabsetzung der Strafe ist rechtlich nicht mehr möglich. Die Tat bleibt auch nicht so weit hinter dem deliktstypischen Unrechts- und Schuldgehalt zurück, dass eine Anwendung des § 21 Abs. 1 VStG gerechtfertigt wäre. Der Unrechtsgehalt einer Fehleinstellung der Achsenzahl und der dadurch begangenen Mautprellerei ist als deliktstypisch einzustufen. Der Schuldgehalt in Form der fahrlässigen Nichtüberprüfung der GO-Box ist nicht als geringfügig einzustufen, da die Vorsorge für die korrekte Einstellung der GO-Box im gegebenen Zusammenhang vor jedem Befahren einer Mautstrecke die zentrale Lenkerpflicht darstellt, weshalb die vom Bw ins Treffen geführte Unkenntnis über eine Verstellung der Kategorie bei der GO-Box während seines Urlaubs durch einen anderen Lenker nicht entschuldigend wirkt. Dazu kommt, dass nach eigenem Vorbringen der Bw das gegenständliche Delikt in mehreren vergleichbaren Fällen (und wie aus der Aktenlage ersichtlich: an verschiedenen Tagen) begangen hat, was auf einen gewissen Mangel im Bemühen bei der Einhaltung der Sorgfaltspflicht schließen lässt und sohin den Grad des Verschuldens mitbestimmt. Der Umstand, dass die A auf Ersatzmautforderungen verzichtet hat, kann sich nicht strafmildernd auswirken.

 

Im Übrigen ist der Bw darauf hinzuweisen, dass die im Einspruch gegen die Strafverfügung vom 29. August 2006 formulierte Begründung durchaus den Schluss zulassen könnte, es handle sich lediglich um ein Rechtsmittel gegen die Strafhöhe. Um dem Bw jedoch eine Erörterung seiner (nach Ablauf der Rechtsmittelfrist) vorgebrachten Argumente zu ermöglichen, ist der Unabhängige Verwaltungssenat – im Zweifel und nicht zu Lasten des Bw – von einem Gesamteinspruch gegen die Strafverfügung ausgegangen.

 

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen  diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichts­hof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 180 Euro zu entrichten.

 

 

Dr. Reichenberger

 

 

 

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