Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
FAQs| Sitemap| Weblinks

VwSen-162725/2/Kei/Bb/Ps

Linz, 07.04.2008

 

 

 

 

E r k e n n t n i s

 

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich erkennt durch sein Mitglied Dr. Michael Keinberger über die Berufung des Herrn M M, vertreten durch Herrn Rechtsanwalt Mag. K Z, S, H, vom 26.11.2007, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Linz-Land vom 7.11.2007, AZ VerkR96-27536-2007/Ni, wegen Übertretung der Straßenverkehrsordnung 1960 (StVO 1960) und der Verordnung (EWG) Nr. 3821/85, zu Recht:

 

 

I.                  Die Berufung gegen Punkt 1. wird mit der Maßgabe, dass anstelle von "mindestens 28 km/h" gesetzt wird "28 km/h", abgewiesen und das angefochtene Straferkenntnis wird diesbezüglich sowohl hinsichtlich der Schuld als auch der Strafe bestätigt.  

 

Hinsichtlich Punkt 2. wird der Berufung Folge gegeben, dieser Spruchpunkt wird aufgehoben und das Verwaltungsstrafverfahren gemäß § 45 Abs.1 Z1 VStG eingestellt.

 

 

II.              Der Berufungswerber hat für das Verfahren vor der Bezirkshauptmannschaft Linz-Land zu Punkt 1. Verfahrenskosten von 21,80 Euro (= 10 % der verhängten Geldstrafe) zu leisten.    Für das Berufungsverfahren hat er Punkt 1. betreffend einen Kostenbeitrag von 43,60 Euro (= 20 % der verhängten Geldstrafe) zu bezahlen.

 

Betreffend Punkt 2. entfällt die Verpflichtung zur Leistung von jeglichen Verfahrenskostenbeiträgen.

 

 

Rechtsgrundlagen:

zu I: § 66 Abs.4 Allgemeines Verwal­tungsverfahrens­gesetz 1991 – AVG iVm §§ 19, 24, 45 Abs.1 Z1 und 51 Verwaltungsstrafgesetz 1991 – VStG.

zu II: §§ 64 Abs.1 und 2 und 66 Abs.1 VStG.

 

 

Entscheidungsgründe:

 

Zu I.:

 

1. Die Bezirkshauptmannschaft Linz-Land hat über den Berufungswerber das Straferkenntnis vom 7.11.2007, AZ VerkR96-27536-2007/Ni, wie folgt erlassen:

 

"Tatort: Linz, Nebingerstraße, nächst dem Haus Nr. 5

Tatzeit: 23.05.2007, 00.28 Uhr

Fahrzeug: LKW, pol.KZ:, samt Anhänger, pol.KZ:

 

Sie haben als Lenker des oa. LKW`s samt Anhänger zum angeführten Zeitpunkt am angeführten Ort

1.      die zulässige Höchstgeschwindigkeit von 60 km/h durch ein Sattelkraftfahrzeug mit einem höchsten zulässigen Gesamtgewicht von mehr als 7,5 t in der Zeit von 22.00 – 05.00 Uhr um mindestens 28 km/h überschritten, wobei die Überschreitung durch Nachfahrt in gleichbleibendem Abstand festgestellt wurde und

2.      Sie haben nicht alle Schaublätter der erforderlichen Tage (laufende Woche + 15 weitere Tage zurück) mitgeführt bzw. dem Kontrollbeamten vorgelegt.

 

Sie haben dadurch folgende Rechtsvorschriften verletzt:

1.      § 42 Abs.8 StVO 1960 iVm § 99 Abs.2a StVO 1960

2.      Art. 15/7a lit.i EG-VO 3821/85 iVm § 134 Abs.1 KFG

 

Wegen dieser Verwaltungsübertretungen wird über Sie folgende Strafe verhängt:

Geldstrafe von         Falls diese uneinbringlich                        Gemäß                                      ist, Ersatzfreiheitsstrafe von    

 

1. 218,00                72 Stunden                                         § 99 Abs.2a StVO

2. 150,00                72 Stunden                                         § 134 Abs.1 KFG

 

Ferner haben Sie gemäß § 64 des Verwaltungsstrafgesetzes (VStG) zu zahlen:

36,80 Euro als Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens, das sind 10 % der Strafe (je ein Tag Freiheitsstrafe wird gleich 15,00 Euro angerechnet);

Der zuzahlende Gesamtbetrag (Strafe/Kosten/Barauslagen) beträgt daher 404,80 Euro."

 

2. Der Berufungswerber tritt diesem Straferkenntnis vom 7.11.2007 fristgerecht mit der begründeten Berufung vom 26.11.2007 entgegen (auszugsweise Wiedergabe):

 

"Bezüglich der Geschwindigkeitsüberschreitung wird ausgeführt, dass Herr M diese tatsächlich aus Unwissenheit zu vertreten hat. Erst kurz zuvor hat er bei der Firma B seine Tätigkeit aufgenommen und arbeitete er früher nie in der Nacht als Lkw-Fahrer. Er ging davon aus, dass er 80 km/h fahren durfte.

Die Geschwindigkeitsübertretung wird daher zugestanden, aber ist die über ihn verhängte Geldstrafe völlig überhöht.

 

Hinsichtlich des Nichtmitführens von Schaublättern ist auszuführen, dass Herr M sämtliche Schaublätter von all seinen Fahrten den erhebenden Beamten zur Einsicht vorgelegt hatte.

 

In der Kalenderwoche 20 hat Herr M nur drei Tage (nämlich am 14., am 15. und am 18.05.2007) gearbeitet. Am 17. war ein Feiertag und am 16. hatte er frei. Er konnte daher wie in der Anzeige angeführt, verständlicherweise kein Schaublatt vom 16. den einschreitenden Beamten vorlegen. Dies hat er auch den erhebenden Beamten mitgeteilt.

 

Am Nichtmitführen eines Schaublattes für den 16.5.2007 trifft daher Herrn M kein Verschulden.

 

Herr M ist geschieden und ist für seine geschiedene Gattin und 2 Kinder sorgepflichtig. Durchschnittlich bringt er € 1.200,- monatlich ins Verdienen".

 

3. Die Bezirkshauptmannschaft Linz-Land hat die Berufung samt Verwaltungsstrafakt dem Unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich zur Entscheidung vorgelegt. Eine Berufungsvorentscheidung wurde nicht erlassen. Es ergibt sich daher die Zuständigkeit des Unabhängigen Verwaltungssenates, wobei dieser durch das nach der Geschäftsverteilung zuständige Einzelmitglied zu entscheiden hat (§ 51c VStG).

 

4. Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Verwaltungsstrafakt der Bezirkshauptmannschaft Linz-Land.

Eine öffentliche mündliche Verhandlung entfällt, weil sich der entscheidungswesentliche Sachverhalt aus der Aktenlage ergibt und eine öffentliche mündliche Berufungsverhandlung nicht beantragt wurde (§ 51e Abs.2 ff VStG).  

 

5. Aus dem vorliegenden Akt ergibt sich für den Unabhängigen Verwaltungssenat folgender Sachverhalt, der der Entscheidung zugrunde liegt:

 

Der Berufungswerber lenkte am 23.5.2007 um 00.28 Uhr den Lkw, Kennzeichen und den Anhänger, Kennzeichen, mit einem höchstzulässigen Gesamtgewicht von mehr als 7,5 t, zugelassen auf die Firma B GesmbH, L, in Linz, auf der Nebingerstraße nächst dem Haus Nr. 5. Bei der Nachfahrt durch Exekutivbeamte der Verkehrsstreife des Stadtpolizeikommandos Linz mit dem Funkwagen, BP 4044, in gleichbleibendem Abstand von ca. 300 m wurde mittels Radar überprüften Tachometer festgestellt, dass der Berufungswerber eine Geschwindigkeit von ca. 90 km/h fuhr, was laut Anzeige einer tatsächlichen Fahrgeschwindigkeit von ca. 88 km/h entspricht. Er überschritt somit die von 22.00 Uhr bis 05.00 Uhr für Lastkraftwagen gültige maximale Geschwindigkeit von 60 km/h um 28 km/h. Anlässlich der in der Folge erfolgten polizeilichen Anhaltung in der Nebingerstraße konnte der Berufungswerber im Zuge der durchgeführten Lenker- und Fahrzeugkontrolle den Kontrollorganen letztendlich das Schaublatt für 16.5.2007 nicht vorlegen.

 

6. Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat in rechtlicher Hinsicht darüber wie folgt erwogen:

 

Gemäß § 42 Abs.8 StVO dürfen ab 1. Jänner 1995 Lastkraftfahrzeuge mit einem höchsten zulässigen Gesamtgewicht von mehr als 7,5 t in der Zeit von 22 Uhr bis 5 Uhr nicht schneller als 60 km/h fahren. Die Behörde hat für bestimmte Gebiete, Straßen oder Straßenstrecken durch Verordnung diese erlaubte Höchstgeschwindigkeit zu erhöhen, sofern dadurch nicht der Schutz der Bevölkerung vor Lärm beeinträchtigt wird.

 

Artikel 15 Abs.7a lit.i der Verordnung (EWG) Nr. 3821/85 in der Fassung der Verordnung (EWG) Nr. 561/2006 lautet:

Lenkt der Fahrer ein Fahrzeug, das mit einem Kontrollgerät gemäß Anhang I ausgerüstet ist, so muss er den Kontrollbeamten auf Verlangen jederzeit Folgendes vorlegen können:

Die Schaublätter für die laufende Woche und die vom Fahrer in den vorangegangen 15 Tagen verwendeten Schaublätter.

 

Das Nachfahren mit einem Dienstfahrzeug und das Ablesen der Geschwindigkeit von dessen Tachometer stellt grundsätzlich ein taugliches und zulässiges Beweismittel zur Feststellung einer von einem Fahrzeug eingehaltenen Fahrgeschwindigkeit dar. Voraussetzung hiefür ist jedoch, dass das Nachfahren über eine Strecke und über eine Zeitspanne erfolgt, die lange genug sind, um die Einhaltung etwa derselben Geschwindigkeit wie der des beobachteten Fahrzeuges prüfen und sodann das Ablesen der eigenen Geschwindigkeit ermöglichen zu können. Eine Beobachtungsstrecke von ca. 100 m wird für ausreichend erachtet. Bei einem entsprechenden Ausmaß der festgestellten Geschwindigkeitsüberschreitung kommt dem Umstand, dass der Tachometer des Dienstfahrzeugs nicht geeicht war, keine Bedeutung zu (vgl. z.B. VwGH 30.5.2007, 2003/03/0155).

 

Die vorgeworfene Verwaltungsübertretung nach § 42 Abs.8 StVO ergibt sich insbesondere aus der unbedenklichen Anzeige vom 24.5.2007. Den erhebenden Polizeibeamten muss zugemutet werden, eine Nachfahrt mit einem Dienstwagen in gleichbleibendem Abstand über eine bestimmte Wegstrecke durchzuführen und dabei die auf dem Tachometer angezeigte Geschwindigkeit abzulesen. Der Berufungswerber hat diese Übertretung auch nicht bestritten, sondern in der Berufung diese ausdrücklich eingestanden, sodass diese sowohl in objektiver als auch in subjektiver Hinsicht als erwiesen anzusehen war.

 

Es blieb durch den Berufungswerber auch unbestritten, das er das Schaublatt vom 16.5.2007 zum Kontrollzeitpunkt nicht mitgeführt und den Kontrollbeamten auf deren Verlangen nicht ausgehändigt hat. Er behauptet allerdings, an diesem Tag frei gehabt zu haben, sodass er auch kein Schaublatt habe vorlegen können. Zusammengefasst bringt er damit vor, am 16.5.2007 kein Fahrzeug mit Kontrollgerät gelenkt zu haben. Seine Behauptungen hat er durch die Vorlage eines sogenannten "Wochenberichtes" untermauert. Laut diesem Bericht habe der Berufungswerber offenbar am 16.5.2007 frei gehabt.

 

Zusammenfassend ergibt sich, dass der Tatvorwurf zwar nicht zwingend zu Unrecht erfolgt sein muss, aber mangels gegenteiliger Anhaltspunkte im Verfahrensakt, nicht gesichert ist und dem Berufungswerber nicht zweifelsfrei erwiesen werden kann, dass er tatsächlich im fraglichen und ihm vorgeworfenen Zeitraum als Fahrer beschäftigt war und ein Fahrzeug mit Kontrollgerät gelenkt hat. Er konnte damit das entsprechende Schaublatt auch nicht vorlegen. Es war folglich nach dem Grundsatz "in dubio pro reo" zu entscheiden und das Verwaltungsstrafverfahren betreffend Punkt 2. des angefochtenen Straferkenntnisses gemäß § 45 Abs.1 Z1 VStG einzustellen.

 

Im Übrigen ist festzuhalten, dass der Spruch des angefochtenen Straferkenntnisses mangelhaft erscheint, da nicht abzuleiten ist, welche Schaublätter der Berufungswerber nun tatsächlich nicht mitgeführt und den Kontrollbeamten auf deren Verlangen nicht ausgehändigt hat. Aus der diesbezüglichen Anzeige ergibt sich, dass der Berufungswerber lediglich das Schaublatt vom 16.5.2007 nicht vorgewiesen habe, dem Berufungswerber wurde jedoch zur Last gelegt, nicht alle Schaublätter der erforderlichen Tage (laufende Woche und weitere 15 Tage zurück) nicht mitgeführt bzw. dem Kontrollbeamten ausgehändigt zu haben.

 

Strafbemessung zu Punkt 1.:

 

Gemäß § 19 Abs.1 VStG ist Grundlage für die Bemessung der Strafe stets das Ausmaß der mit der Tat verbundenen Schädigung oder Gefährdung derjenigen Interessen, deren Schutz die Strafdrohung dient, und der Umstand, inwieweit die Tat sonst nachteilige Folgen nach sich gezogen hat.

 

Gemäß § 19 Abs.2 VStG sind im ordentlichen Verfahren überdies die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen. Auf das Ausmaß des Verschuldens ist besonders Bedacht zu nehmen. Unter Berücksichtigung der Eigenart des Verwaltungsstrafrechtes sind die Bestimmungen der §§ 32 bis 35 des Strafgesetzbuches sinngemäß anzuwenden. Die Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse des Beschuldigten sind bei der Bemessung von Geldstrafen zu berücksichtigen.

 

§ 99 Abs.2a StVO lautet:

Eine Verwaltungsübertretung begeht und ist mit einer Geldstrafe von 218 Euro bis 2.180 Euro, im Fall ihrer Uneinbringlichkeit mit Arrest von 48 Stunden bis sechs Wochen zu bestrafen, wer als Lenker eines Fahrzeuges gegen die Fahrverbote des § 42 oder einer auf Grund des § 42 erlassenen Fahrverbotsverordnung verstößt.

 

Der Berufungswerber verfügt – gemäß seinen Angaben – über ein durchschnittliches monatliches Einkommen von ca. 1.200 Euro, besitzt offenbar kein Vermögen und hat Sorgepflichten für seine geschiedene Gattin und zwei Kinder.  

 

Er weist dem beigelegten Verwaltungsvorstrafenauszug nach mehrere rechtskräftige Verwaltungsübertretungen – jedoch keine einschlägige - auf. Er war zum Vorfallszeitpunkt nicht mehr unbescholten, weshalb ihm der Strafmilderungsgrund der Unbescholtenheit nicht zuerkannt werden kann. Ein Erschwerungsgrund liegt nicht vor.

 

Bei der von der Erstinstanz verhängten Geldstrafe von 218 Euro handelt es sich um die gesetzlich vorgesehene Mindeststrafe, sodass eine Herabsetzung nicht in Betracht kommen kann.

 

Eine Unterschreitung der gesetzlichen Mindeststrafe im Wege der außerordentlichen Strafmilderung nach § 20 VStG war mangels vorhandener Milderungsgründe nicht möglich. Die Anwendung dieser Bestimmung wäre nur dann zulässig, wenn entweder der Beschuldigte ein Jugendlicher wäre oder die Milderungsgründe die Erschwerungsgründe beträchtlich überwiegen würden. Das Verfahren hat auch keine Hinweise auf ein bloß geringfügiges Verschulden im Sinne des § 21 VStG ergeben.

 

Die verhängte Mindeststrafe entspricht dem Unrechtsgehalt der gegenständlichen Übertretung und dem Verschulden des Berufungswerbers. Als Kraftwagenlenker hat er sich über die diesbezüglich relevanten Bestimmungen – falls ihm diese nicht bekannt sein sollten – zu informieren bzw. sich entsprechende Kenntnisse darüber zu verschaffen.

In Anbetracht der dargelegten Erwägungen erachtet der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich, dass die durch die Bezirkshauptmannschaft Linz-Land festgesetzte Strafe den Kriterien des § 19 VStG entspricht und auch  tat- und schuldangemessen ist.  

 

Es war folglich spruchgemäß zu entscheiden.

 

Zu II.:

 

Die Entscheidung über die Verfahrenskosten stützt sich auf die im Spruch angeführten gesetzlichen Bestimmungen.

 

 

Rechtsmittelbelehrung:

 

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

Hinweis:

 

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 180 Euro zu entrichten.

 

 

Dr.  Michael  K e i n b e r g e r

 

DruckersymbolSeite drucken
Seitenanfang Symbol Seitenanfang
www.uvs-ooe.gv.at| Impressum