Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-251723/4/Py/Ps

Linz, 17.04.2008

 

 

E R K E N N T N I S

 

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Andrea Panny über die Berufung des Herrn U W, A, H, Deutschland, vom 22. Februar 2008, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Vöcklabruck vom 7. Jänner 2008, AZ: SV96, wegen Übertretungen nach dem Ausländerbeschäftigungsgesetz 1975 (AuslBG), zu Recht erkannt:

 

 

I.                  Der Berufung wird Folge gegeben, das angefochtene Straferkenntnis aufgehoben und das Verwaltungsstrafverfahren eingestellt.

 

II.              Der Berufungswerber hat keinen Beitrag zu den Kosten des Verwaltungsstrafverfahrens zu leisten.

 

Rechtsgrundlagen:

Zu  I.:  § 66 Abs.4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 (AVG), BGBl. Nr. 51/1991 idgF iVm §§ 2, 24, 45 Abs.1 und 51 Verwaltungsstrafgesetz 1991 (VStG), BGBl. Nr. 52/1991 idgF.

Zu II.:  § 66 VStG.

 

 

Entscheidungsgründe:

 

1. Mit Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Vöcklabruck vom 7. Jänner 2008, AZ: SV96, wurden über den Berufungswerber (in der Folge: Bw) gemäß § 3 Abs.1 iVm § 28 Abs.1 Z1 lit.a Ausländerbeschäftigungsgesetz 1975, BGBl. Nr. 218/1975 idgF, drei Geldstrafen in Höhe von je 1.000 Euro verhängt, weil er die drei polnischen Staatsangehörigen

1. B J R, geb. am ,

2. M W, geb. am  und

3. J J S, geb. am ,

vom 25. Jänner 2007 bis 31. Jänner 2007 bis gegen 16.00 Uhr (Zeitpunkt der Kontrolle) auf der Baustelle "Reihenhausanlage R" in S als Bauarbeiter beschäftigt habe, obwohl für die Ausländer weder eine Beschäftigungsbewilligung oder Zulassung als Schlüsselkraft erteilt noch eine Anzeigebestätigung oder eine Arbeitserlaubnis oder ein Befreiungsschein oder eine "Niederlassungsbewilligung – unbeschränkt" oder ein Aufenthaltstitel "Daueraufenthalt-EG" oder ein Niederlassungsnachweis ausgestellt wurde.

 

In der Begründung führt der angefochtene Bescheid unter Wiedergabe des Verfahrensganges und der Rechtslage aus, dass – wie schon in der Anzeige der Finanzbehörde vom 20. Februar 2007 ausführlich dargelegt – die Beschäftigung der drei polnischen Staatsangehörigen zweifelsfrei entgegen den Bestimmungen des AuslBG (weil in arbeitnehmerähnlicher Stellung) erfolgte. Es sei offensichtlich, dass die gewählte Konstruktion dazu dienen sollte, die Beschäftigungspflicht nach dem AuslBG zu umgehen sowie Steuern und Abgaben, die bei einer legalen Beschäftigung der drei polnischen Staatsangehörigen auf den Baustellen des Berufungswerbers in Österreich anfallen würden, zu vermeiden. Als mildernd werde die kurze Zeit der unerlaubten Beschäftigung berücksichtigt, straferschwerende Umstände seien nicht festzustellen, weshalb die Verhängung der gesetzlich vorgesehene Mindeststrafe dem Unrechtsgehalt der Tat und dem Verschulden als angemessen angesehen werde.

 

2. Dagegen richtet sich die rechtzeitig eingebrachte Berufung, in der der Bw  das Vorliegen einer unberechtigten Beschäftigung der drei polnischen Staatsangehörigen bestreitet. Es handle sich bei den im Straferkenntnis angeführten EU-Ausländern nicht um Beschäftigte seines Unternehmens, sondern um Mitgesellschafter einer in Hungen angemeldeten Gesellschaft bürgerlichen Rechts. Der Berufung angefügt ist eine Bescheinigung der Stadt Hungen vom 18. Februar 2008 sowie seine im Verfahren vor der belangten Behörde abgegebene Rechtfertigung vom 17. August 2007.

 

3. Die Bezirkshauptmannschaft Vöcklabruck als belangte Behörde hat mit Schreiben vom 13. März 2008 die Berufung samt dem bezughabenden Verwaltungsstrafakt zur Berufungsentscheidung vorgelegt. Da keine 2.000 Euro übersteigende Geldstrafe verhängt wurde, ist der Unabhängige Verwaltungssenat zur Entscheidung durch sein nach der Geschäftsverteilung zuständiges Mitglied berufen (§ 51c VStG).

 

4. Der Unabhängige Verwaltungssenat hat Beweis erhoben durch Akteneinsicht. Da bereits aufgrund der Aktenlage feststeht, dass der angefochtene Bescheid aufzuheben ist, entfiel gemäß § 51e Abs.2 Z1 VStG die Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung.

 

4.1. Der Unabhängige Verwaltungssenat geht bei seiner Entscheidung von folgendem Sachverhalt aus:

 

Der Berufungswerber ist Gesellschafter der GbR R, S, W und W mit Betriebssitz in Deutschland, H, A.

 

Am 29. Jänner 2007 erteilte Frau A W, T, G, Deutschland, der Firma U W GbR , A, H, einen Auftrag betreffend die Montage von Haustüren, Fenstern und Rollläden, Maurerarbeiten, Mängelbeseitigung und Restarbeiten beim Reihenhausneubau Haus 1 in der R in S.

 

Am 31. Jänner 2007 wurden anlässlich einer Kontrolle nach dem AuslBG die polnischen Staatsangehörigen J J S, geb. am , B J R, geb. am und M W, geb. am , auf dieser Baustelle in Schwanenstadt bei Maurerarbeiten ohne arbeitsmarkrechtliche Bewilligungen angetroffen.

 

4.2. Dieser Sachverhalt ergibt sich aus dem vorliegenden Verwaltungsstrafakt und den darin einliegenden Urkunden, insbesondere dem Auftragsschreiben der Frau A W an die U W GbR vom 29. Jänner 2007. Dass die  in Deutschland ansässige Firma U W & B R & M W & J S GbR die gegenständlichen Arbeiten in S durchzuführen beabsichtigte, geht auch aus dem vom Bw namens der U W & B R & M W & J S GbR an die Zentrale Koordinationsstelle für die Kontrolle illegaler Ausländerbeschäftigung, Wien, gerichteten Schreiben vom 24. Jänner 2007 hervor.

 

Aus allen Urkunden ist ersichtlich, dass die mit der gegenständlichen Baustelle und der Tätigkeit der drei polnischen Staatsangehörigen im Zusammenhang stehenden Agenden vom Sitz der Firma U W & B R & M W & J S GbR in Deutschland aus getroffen wurden.

 

5. Der Unabhängige Verwaltungssenat hat erwogen:

 

5.1. Gemäß § 3 Abs.1 Ausländerbeschäftigungsgesetz (AuslBG), BGBl. Nr. 218/1975 idgF darf ein Arbeitgeber, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, einen Ausländer nur beschäftigen, wenn ihm für diesen eine Beschäftigungsbewilligung, eine Zulassung als Schlüsselkraft oder eine Entsendebewilligung erteilt oder eine Anzeigebestätigung ausgestellt wurde, oder wenn der Ausländer eine für diese Beschäftigung gültige Arbeitserlaubnis oder einen Befreiungsschein oder eine "Niederlassungsbewilligung – unbeschränkt" oder einen Aufenthaltstitel "Daueraufenthalt-EG" oder einen Niederlassungsnachweis besitzt.

 

Nach § 2 Abs.2 AuslBG gilt als Beschäftigung die Verwendung

a)    in einem Arbeitsverhältnis,

b)    in einem arbeitnehmerähnlichen Verhältnis,

c)     in einem Ausbildungsverhältnis, einschließlich der Tätigkeit nach § 3 Abs.5 leg.cit,

d)    nach den Bestimmungen des § 18 leg.cit. oder

e)    überlassener Arbeitskräfte im Sinn des § 3 Abs.4 des Arbeitskräfteüberlassungsgesetzes, BGBl. Nr. 196/1988.

 

Gemäß § 2 Abs.1 VStG sind, sofern die Verwaltungsvorschriften nicht anderes bestimmen, nur die im Inland begangenen Verwaltungsübertretungen strafbar.

 

Nach § 2 Abs.2 VStG ist eine Übertretung im Inland begangen, wenn der Täter im Inland gehandelt hat oder hätte handeln sollen oder wenn der zum Tatbestand gehörende Erfolg im Inland eingetreten ist.

 

Dem Berufungswerber wird von der Erstbehörde vorgeworfen, er habe drei polnische Staatsangehörige entgegen der Bestimmungen des Ausländerbeschäftigungsgesetzes auf der Baustelle "Reihenhausanlage R" in S als Bauarbeiter beschäftigt, ohne im Besitz der erforderlichen arbeitsmarktrechtlichen Papiere gewesen zu sein.

 

Entsprechend der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes ist im Falle von Übertretungen des § 28 AuslBG im Zweifel der Sitz des Unternehmens des Arbeitgebers der Tatort, denn dort wird in der Regel auch die gegebenenfalls nach diesem Gesetz verpönte Beschäftigung ausländischer Arbeitskräfte eingegangen bzw. wäre von dort aus die allenfalls erforderliche Beschäftigungsbewilligung zu beantragen (vgl. VwGH vom 15.09.1994, Zl. 94/09/0140 und vom 19.01.1995, Zl. 94/09/0258).

 

Aufgrund der Aktenlage kann als erwiesen angenommen werden, dass alle mit der Abwicklung der gegenständlichen Baustelle und der Tätigkeit der drei ausländischen Staatsangehörigen getroffenen Entscheidungen vom Betriebssitz in Deutschland aus erfolgten und dieser Betriebssitz daher auch jener Ort ist, von welchem aus die allenfalls erforderlichen Beschäftigungsbewilligungen hätten beantragt werden müssen (vgl. VwGH vom 19.12.2002, Zl. 2001/09/0080). Als Tatort im Sinn der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes kommt daher nur der Firmensitz der GbR in Deutschland in Betracht. Von dort aus hätte der Berufungswerber die erforderlichen arbeitsmarktrechtlichen Bewilligungen für die Arbeitsleistung der Arbeiter bzw. einen Feststellungsbescheid, mit dem durch die regionale Geschäftsstelle des Arbeitsmarktservice ausgesprochen wird, dass die Gesellschafter einen wesentlichen Einfluss auf die Geschäftsführung der Gesellschaft tatsächlich persönlich ausüben, beantragen müssen. Daher kann im gegenständlichen Fall als Tatort iSd § 2 Abs.2 VStG nur der Sitz der Firma des Berufungswerbers in Deutschland angenommen werden.

 

Nach den Regelungen des § 2 Abs.1 VStG sind jedoch nur im Inland begangene Verwaltungsübertretungen strafbar. Eine ausdrückliche gesetzliche Sonderregelung, wie im § 2 Abs.1 erster Halbsatz VStG verlangt, ist dem Ausländerbeschäftigungsgesetz nicht zu entnehmen. Eine Bestrafung des Berufungswerbers scheidet daher mangels Tatort im Inland aus. Aus diesem Grunde war der Berufung stattzugeben und das gegenständliche Verwaltungsstrafverfahren einzustellen.

 

6. Aufgrund der Einstellung des Strafverfahrens entfällt gemäß § 66 Abs.1 VStG auch die Verpflichtung zur Leistung von Beiträgen zu den Kosten des Strafverfahrens.

 

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 180 Euro zu entrichten.

 

 

 

 

Dr. Andrea Panny

 

 

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