Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-420537/10/BMa/Se

Linz, 21.04.2008

 

E r k e n n t n i s

 

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Mag. Gerda Bergmayr-Mann aus Anlass der Beschwerde des F G, vertreten durch Rechtsanwalt Mag. Dr. B R, S, wegen behaupteter Ausübung unmittelbarer verwaltungs­behördlicher Befehls- und Zwangsgewalt durch Abschiebung in den Kosovo am 18. Jänner 2008 durch der Bezirkshauptmannschaft Vöcklabruck zurechenbare Organe den Beschluss gefasst:

 

 

   I.      Die Beschwerde betreffend die Feststellung der Rechtswidrigkeit der Abschiebung von F G in den Kosovo am 19. Jänner 2008 (gemeint offensichtlich: 18. Jänner 2008) wird mangels eines tauglichen Anfechtungsgegenstandes als unzulässig zurückgewiesen.

 

II.      Der Beschwerdeführer hat dem Bund (Verfahrenspartei: Bezirkshauptmann von Vöcklabruck) Aufwendungen in Höhe von 271,80 Euro als obsiegende Partei binnen 14 Tagen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

 

Rechtsgrundlagen:

Art. 129a Abs.1 Z2 B-VG iVm § 67a Abs.1 Z2 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 (im Folgenden: AVG), BGBl. Nr. 51/1991 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 5/2008; §§ 67c und 79a AVG iVm UVS-Aufwandersatzverordnung 2003, BGBl.Nr. 334/2003

 

Entscheidungsgründe:

 

1.1. Mit der per E-Mail am 28. Jänner 2008 beim Oö. Verwaltungssenat eingebrachten Eingabe vom 27. Jänner 2008 hat F G, geb.   (im Folgenden: Bf), vertreten durch Rechtsanwalt Mag. Dr. B R unter Angabe des Sachverhalts zu seinem Asylverfahren ausgeführt, er habe zum Zeitpunkt der Abschiebung Abschiebeschutz genossen. Die Berufungsfrist des Bescheides vom 17. Jänner 2008 (betreffend die Zurückweisung eines am 3. Jänner 2008 gestellten Asylantrages wegen entschiedener Sache), Zl. 0800.133, sei noch nicht abgelaufen gewesen. Der Rechtsvertreter hätte sicher Berufung, verbunden mit einem Antrag auf Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung der Berufung erstattet und der UBAS hätte innerhalb der ihm gesetzten Frist über diesen Antrag auf Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung zu entscheiden gehabt. Bis zu dieser Entscheidung des UBAS habe der Bf Abschiebeschutz genossen. Durch die Abschiebung sei der Bf in seinem Recht auf ein faires Verfahren verletzt worden, er sei unmenschlich behandelt worden, weil er nunmehr im Kosovo den Bedrohungen, vor denen er geflüchtet sei, ausgesetzt sei.

 

Mit Eingabe vom 12. Februar 2008 wurde ein Schreiben des Unabhängigen Bundesasylsenat vorgelegt, wonach das durch einen Aktenvermerk eingestellte Berufungsverfahren fortgesetzt werde, weil der Bw mit Schriftsatz vom 17. Jänner 2008 einen Sachverhalt, der bis zu diesem Zeitpunkt unwiderlegt gewesen sei, vorgebracht hatte, welcher stichhaltige Gründe für die Annahme geliefert habe, dass der Zurückziehung der Berufung ein Willensmangel zugrunde liege und diese deshalb rechtsunwirksam sei.

 

1.2. Mit Schreiben vom 11. Februar 2008 wurde der bezughabende Verwaltungsakt von der belangten Behörde angefordert und diese eingeladen, eine Gegenschrift zu erstatten.

 

1.3.  Mit Mail vom 14. Februar 2008 (eingelangte beim Oö. Verwaltungssenat am 15. Februar 2008) wurde der angeforderte Fremdenakt übermittelt und ausgeführt, die Beschwerde sei für die belangte Behörde nicht verständlich, weil sich der Bf zur freiwilligen Rückkehr vor dem Verein Menschenrechte deklariert habe und über I freiwillig am 18. Jänner 2007 in sein Heimatland Kosovo mit dem Zielflughafen P zurückgekehrt sei. Es handle sich um keine Abschiebung, daher werde die kostenpflichtige Abweisung vorliegender Maßnahmenbeschwerde beantragt.

 

1.4. Das Vorbringen der Bezirkshauptmannschaft Vöcklabruck anlässlich der Aktenvorlage wurde dem Rechtsvertreter des Bf übermittelt. Dieser führte in seiner Stellungnahme dazu aus, der Bf sei nicht freiwillig in den Kosovo zurückgekehrt. Der Rechtsvertreter habe Akteneinsicht genommen und der Bf habe keine Unterschrift geleistet, mit der er die Freiwilligkeit der Ausreise bestätige. Im Akt liege lediglich ein Schreiben ein, mit welcher die Bezirkshauptmannschaft Vöcklabruck im Schreiben vom 17. Jänner 2008 von einer "überwachten freiwilligen Rückkehr" spreche. Eine überwachte Rückkehr sei keine freiwillige Rückkehr. Die Rückkehrberatung durch Frau V K habe seiner Meinung nach schwerwiegende Mängel aufgewiesen. Um die Freiwilligkeit der Ausreise des Bf beurteilen zu können, werde der Antrag zur Einvernahme von V K vom Verein Menschenrechte Österreich gestellt und auf Einvernahme des Bf. Der Bf habe nur den Eindruck gewinnen können, dass Frau K als hoheitliches Organ tätig gewesen sei und dass die Informationen von Frau K verpflichtenden und objektiven Charakter gehabt hätten. Die Informationen von Frau K hätten den Charakter von Anordnungen bzw. hoheitlichen Charakter gehabt, wie sie den Fremdenbehörden eigen sei. Beim Bf sei jedenfalls der Eindruck entstanden, dass Frau K ein Organ der Fremdenpolizei sei.

Abschließend wurde Kostenersatz in Höhe von 660,80 Euro begehrt.

 

2. Der Unabhängige Verwaltungssenat hat aufgrund der Aktenlage festgestellt, dass sich bereits aus den vorliegenden Eingaben zur gegenständlichen Abschiebung ableiten lässt, dass die Beschwerde im Umfang des Spruchs ohne weiteres Verfahren als unzulässig zurückzuweisen ist.

 

3. Der Unabhängige Verwaltungssenat hat erwogen:

 

3.1.Der Unabhängige Verwaltungssenat geht von folgendem rechtlich relevanten Sachverhalt aus:

 

Der Bf wurde beginnend mit 4. Jänner 2008 in Schubhaft angehalten und am 18. Jänner 2007 um 07.00 Uhr aus dieser entlassen.

Während seiner Schubhaft wurde der Bf von Frau V K vom Verein Menschenrechte Österreich, die kein Behördenorgan ist, beraten.

 

Von I, Internationale Organisation für Migration, erging eine Buchungsbestätigung für den Bf am 16. Jänner 2008 an den Verein Menschenrechte Österreich, Koordination freiwillige Rückkehr, in der auch mitgeteilt wurde, dass der Bf in Wien Schwechat von einem I-Mitarbeiter abgeholt und zum nächsten Flug begleitet werde. Er möge einen Zettel mit der Aufschrift "I" zur besseren Identifizierung in der Hand halten.

Aus einem Schreiben der Bezirkshauptmannschaft Vöcklabruck an das polizeiliche Anhaltezentrum vom 17. Jänner 2008 geht hervor, dass sich der Bf nach erfolgter Rückkehrberatung durch Frau V K vom Verreich Menschenrechte Österreich zu einer freiwilligen Rückkehr in sein Heimatland Serbien entschlossen habe und er von einem Vertreter dieses vorgenannten Vereins im polizeilichen Anhaltezentrum abgeholt und in weiterer Folge zum Flughafen Linz begleitet werde. Die weitere Überwachung der tatsächlichen Ausreise aus dem Bundesgebiet der Republik Österreich wird am Flughafen Wien-Schwechat von Vertretern der I wahrgenommen werden.

Mit Schreiben vom 21. Jänner 2008 bestätigte I dem Bundesministerium für Inneres die Ausreise des Bf am 18. Jänner 2008 unter Gewährung von Rückkehrhilfe aus dem Bundesgebiet.

 

Der entscheidungswesentliche Sachverhalt ergibt sich aus dem vorgelegten Akt. Soweit vom Rechtsmittelwerber ins Treffen geführt wird, er sei nicht freiwillig ausgereist, sondern habe den Eindruck gehabt, V K sei ein Behördenorgan, ist dem entgegenzuhalten, dass es zur Qualifikation, ob eine Tätigkeit eine behördliche ist, nicht auf den subjektiven Eindruck des Rechtsmittelwerbers ankommt.  

 

4.2 In rechtlicher Hinsicht hat der Unabhängige Verwaltungssenat erwogen:

Gemäß Art. 129a Abs.1 Z2 B-VG iVm § 67a Abs.1 Z2 AVG erkennen die Unabhängigen Verwaltungssenate über Beschwerden von Personen, die behaupten durch Ausübung unmittelbarer Befehls- und Zwangsgewalt in ihren Rechten verletzt zu sein (sogenannte Maßnahmenbeschwerden), ausgenommen Finanzstrafsachen des Bundes.

 

Die Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt setzt nach der Judikatur der Gerichtshöfe öffentlichen Rechts die unmittelbare Anwendung physischen Zwangs oder die Erteilung eines Befehls mit unverzüglichem Befolgungsanspruch voraus (vgl. VwGH 14.12.1993, 93/05/0191; VfSlg. 11935/1988; VfSlg. 10319/1985; VfSlg. 9931/1984 und 9813/1983). Die bloße Untätigkeit einer Behörde erfüllt diesen Begriff nicht (vgl. VfSlg. 9813/1983; VfSlg. 9931/1984; VfSlg. 10319/1985; VfSlg. 11935/1988). Für die Ausübung von Zwangsgewalt ist im Allgemeinen ein positives Tun begriffsnotwendig (vgl. VwGH 25.4.1991, 91/06/0052; VwSlg. 9461 A 1977; VfSlg. 6993/1973; VfSlg. 4696/1964).

Voraussetzung für die Zulässigkeit einer sogenannten Maßnahmenbeschwerde ist daher, dass gegen den Bf physischer Zwang ausgeübt wurde oder die unmittelbare Ausübung physischen Zwangs bei Nichtbefolgung eines Befehls droht (vgl. mwN Walter/Mayer, Bundesverfassungsrecht9 Rz. 610).

 

Entscheidend ist dabei, dass es sich um einen Hoheitsakt einer Verwaltungsbehörde handelt, mit dem in die Rechte von individuellen natürlichen oder juristischen Personen eingegriffen wird, ohne dass ein Bescheid erlassen wird (vgl. Köhler in Korinek/Holoubeck [Hrsg], Österreichisches Bundesverfassungsrecht, Rz 45 f zu Art.129a B-VG).

 

Nach höchstgerichtlicher Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes zum FrG 1992, die auch auf das Fremdenpolizeigesetz 2005 – FPG, BGBl. I Nr. 100/2005, zuletzt geändert durch das Bundesgesetz BGBl. I Nr. 4/2008 anzuwenden sein wird, stellt die Abschiebung eines Fremden gemäß § 46 FPG 2005 keine (bescheidmäßig zu verfügende) Vollstreckungsverfügung dar. Vielmehr handelt es sich bei der Abschiebung um eine "Anwendung unmittelbaren Zwangs in Form einer bestimmten Maßnahme tatsächlicher Art" (vgl. VfSlg. 13.885/1994).

 

Im konkreten Fall wurde der Bf aber, bevor er sich auf den Weg in den Kosovo begab, aus der Schubhaft entlassen und von einem Mitarbeiter des Vereins Menschenrechte Österreich, der kein Organ der Hoheitsverwaltung ist, zum Flughafen Linz-Hörsching begleitet.

Die Mitarbeiter dieses Vereins agieren damit – mangels Behördenqualität - auch nicht hoheitlich. Ebenso mangelt es dem I, dessen Mitarbeiter die Ausreise des Bf in Wien-Schwechat beobachtet und darüber berichtet haben, an Behördenqualität.

Es kann daher nicht davon ausgegangen werden, dass der Bf aufgrund eines Hoheitsakts einer Verwaltungsbehörde ausgereist ist und damit von Behördenseite eine rechtswidrige Abschiebung durchgeführt worden war.

 

Zum Beschwerdevorbringen, der Rechtsmittelwerber sei durch die Rückkehrberaterin nicht mängelfrei beraten worden und Frau K sei einzuvernehmen, um die Freiwilligkeit der Ausreise des Bf beurteilen zu können, wird nochmals auf die Feststellungen verwiesen, wonach sich der Bf zum Zeitpunkt der Ausreise nicht mehr in behördlicher Obhut befunden hat. Ein (allfälliger) Mangel der Rückkehrberatung ist kein hoheitlicher Akt und damit keiner Behörde zurechenbar.

Der Unabhängige Verwaltungssenat aber hat keine Kompetenzen zur Überprüfung privater Akte oder Beziehungen.

 

5. Im Ergebnis war damit die Beschwerde – mangels Vorhandenseins eines hoheitlichen Aktes bei der Ausreise des Bf und damit mangels eines tauglichen Anfechtungsgegenstandes - als unzulässig zurückzuweisen.

 

6. Bei diesem Verfahrensergebnis ist gemäß § 79a Abs.3 AVG die belangte Behörde als obsiegende Partei anzusehen. Es war daher dem Bund als dem Rechtsträger, für den die belangte Behörde eingeschritten ist, auf Antrag (die belangte Behörde hat in ihrer Gegenschrift die kostenpflichtige Abweisung beantragt ) Aufwandersatz gemäß § 79a AVG zuzusprechen.

 

Nach § 1 Z3 UVS-Aufwandersatzverordnung 2003 beträgt der Vorlageaufwand 51,50 Euro und nach § 1 Z4 der Schriftsatzaufwand 220,30 Euro. Dem Bund war daher ein Ersatz in der Höhe von 271,80 Euro zuzusprechen.

 

Analog dem § 59 Abs.4 VWGG 1985 war eine Leistungsfrist von 2 Wochen festzusetzen, zumal das Schweigen des § 79a AVG 1991 nur als planwidrige Lücke aufgefasst werden kann, sollte doch die Neuregelung idF BGBl Nr. 471/1995 im Wesentlichen eine Angeleichung der Kostentragungsbestimmungen an das VwGG bringen (vgl. Erl zur RV, 130 Blg NR 19.GP, 14 f).

 

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

1.       Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungs­gerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 180 Euro zu entrichten.

2.       Im gegenständlichen Verfahren sind Bundesstempelgebühren in Höhe von  13,20 Euro für die Beschwerde und von je 3,60 Euro für 2 Bögen Beilagen, insgesamt daher von 20,40 Euro angefallen; ein entsprechender Zahlschein liegt bei.

 

 

Mag. Bergmayr-Mann

Beachte:

Beschwerde gegen vorstehende Entscheidung wurde abgelehnt.

VfGH vom 27.04.2010, Zl.: B 1133/08-8

Beachte:

Beschwerde gegen vorstehende Entscheidugn wurde abgelehnt;

VwGH vom 20.10.2011, Zl. 2010/21/0302-8 (vormals 2010/17/0108)

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