Linz, 22.04.2008
E R K E N N T N I S
Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Mag. Karin Bissenberger über die Berufung der Frau e R, W, vertreten durch RAe Dr. Roland Gabl, Dr. J K, Mag. H P, Mag. H L, L, vom 2. April 2008 gegen den Bescheid des Polizeidirektors von Linz vom 28. März 2008, Cst-39728/07, wegen einer Abweisung des Antrages auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand in Angelegenheit des Vorwurfs einer Übertretung der StVO 1960, zu Recht erkannt:
Die Berufung wird abgewiesen und der angefochtene Bescheid bestätigt.
Rechtsgrundlage:
§ 66 Abs.4 AVG iVm §§ 24 und 51 Abs.1 VStG
Entscheidungsgründe:
1. Mit dem oben bezeichneten Bescheid wurde der Antrag der Berufungswerberin (Bw) vom 20. Februar 2008 auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gemäß § 24 VStG iVm § 71 Abs.1 Z1 AVG als unbegründet abgewiesen und der gleichzeitig eingebrachte Einspruch gegen die Strafverfügung vom 29. November 2007 wegen Übertretung der StVO 1960 als verspätet zurückgewiesen.
2. Dagegen hat die Bw fristgerecht Berufung eingebracht, die seitens der Erstinstanz ohne Berufungsvorentscheidung dem Unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich vorgelegt wurde. Da in der zugrundeliegenden Strafverfügung keine 2.000 Euro übersteigende Geldstrafe verhängt worden war, war durch das nach der Geschäftsverteilung zuständige Einzelmitglied zu entscheiden (§ 51c VStG). Die Anberaumung einer öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung erübrigte sich (§ 51e Abs.3 Z1 und 4 VStG).
3. Die Bw macht im Wesentlichen geltend, sie habe den Einspruch fristgerecht zur Post gegeben, allerdings nicht eingeschrieben. Der Einspruch sei offenbar bei der Erstinstanz nicht angekommen. Es handle sich bei der nicht eingeschriebenen Postaufgabe um einen minderen Grad des Versehens, einen Fehler, der gelegentlich selbst einem genauen und gut organisierten Menschen unterlaufe. Bescheinigt werden müsse nur die rechtzeitige Postaufgabe, nicht auch das Einlangen des Schriftstückes. Die Post gelte als zuverlässig, daher sei der Verlust des Schriftstückes unvorhersehbar gewesen. Die Unterlassung der Versendung mit Einschreiben sei ihr daher nicht vorzuwerfen, der Wiedereinsetzungsantrag sei zu Unrecht abgewiesen worden. Beantragt wird Wiedereinsetzung, in eventu Bescheidaufhebung und Rückverweisung an die Erstinstanz.
4. Der Unabhängige Verwaltungssenat hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Verfahrensakt der Erstinstanz.
Daraus geht hervor, dass die Bw seitens der Erstinstanz mit Strafverfügung vom 29. November 2007, AZ.S 0, einer Verwaltungsübertretung gemäß §§ 24 Abs.1 lit.a iVm 99 Abs. 3 lit.a StVO 1960 beschuldigt wurde. Die Strafverfügung wurde laut Rückschein der Bw persönlich am 11. Dezember 2007 zugestellt.
Mit Fax vom 20. Februar 2008 stellte die Bw einen Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand, weil sie durch Zustellung einer Mahnung am 6. Februar 2008 davon Kenntnis erlangt habe, dass der Einspruch nicht bei der Behörde angekommen sei. Der Einspruch müsse bei der Post oder bei der Behörde in Verlust geraten sein. Angeboten wurden im Antrag als Beweismittel "Urkunden und PV". Gleichzeitig mit dem Antrag auf Wiedereinsetzung wurde nochmals Einspruch gegen die genannte Strafverfügung erhoben; weiters wurde die Zuerkennung einer aufschiebenden Wirkung beantragt.
In rechtlicher Hinsicht hat der Unabhängige Verwaltungssenat erwogen:
Gemäß § 71 Abs. 1 Z. 1 AVG ist gegen die Versäumung einer Frist oder einer mündlichen Verhandlung auf Antrag der Partei, die durch die Versäumung einen Rechtsnachteil erleidet, die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu bewilligen, wenn die Partei glaubhaft macht, dass sie durch ein unvorhergesehenes oder unabwendbares Ereignis verhindert war, die Frist einzuhalten oder zur Verhandlung zu erscheinen und sie kein Verschulden oder nur ein minderer Grad des Versehens trifft.
Die Bw hat behauptet, zu einem Zeitpunkt, als sie noch nicht rechtsfreundlich vertreten war, selbst fristgerecht Einspruch gegen die am 11. Dezember 2007 zugestellte Strafverfügung erhoben, diesen aber nicht eingeschrieben aufgegeben zu haben. Ein Einspruch ist nie bei der Erstinstanz eingelangt. Die Bw kann ihre Behauptung in keiner Weise glaubhaft machen, die im Antrag angekündigte Vorlage von Urkunden als Beweis für die Behauptung ist nicht möglich. Sie beruft sich auf die Rechtsprechung des VwGH, wonach ein Nichtankommen von der Post übergebenen Sendungen innerhalb Österreichs ein außergewöhnliches, jedenfalls unvorhersehbares Ereignis darstellt.
Nach der Rechtsprechung des VwGH ist ein Ereignis dann als "unabwendbar" anzusehen, wenn sein Eintritt objektiv von einem Durchschnittsmenschen nicht verhindert werden kann; "unvorhergesehen" ist es, wenn die Partei es tatsächlich nicht miteinberechnet hat und sein Eintritt auch unter Bedachtnahme auf zumutbare Aufmerksamkeit und Voraussicht nicht erwartet werden konnte (vgl E 10.10.1991, 91/06/0162; ua).
Dass nicht eingeschrieben aufgegebene Schriftstücke nicht beim Adressaten ankommen, ist in Österreich zwar selten, aber nicht gänzlich auszuschließen. Die rechtzeitige Aufgabe eines fristgebundenen Rechtsmittels ist für den Rechtsmittelwerber in einem Verwaltungsstrafverfahren essentiell, weshalb er im Hinblick auf die zumutbare Aufmerksamkeit und Vorsicht auch diesen, wenn auch seltenen Fall in sein Handeln miteinbeziehen muss, weil er nämlich ohne eingeschriebene Aufgabe des Einspruchs die fristgerechte Erhebung des Rechtsmittels nicht glaubhaft machen, geschweige denn beweisen kann. Abgesehen davon, dass hier weder von einem (gänzlich) unvorhergesehenen noch von einem unabwendbaren Ereignis auszugehen ist, besteht keinerlei Hinweis darauf, dass die Bw innerhalb der Rechtsmittelfrist überhaupt Einspruch erhoben hat. Die im Antrag geschilderten Beweggründe, nämlich der Ärger über ihren mittlerweile geschiedenen Gatten, lassen durchaus offen, dass sie solches nur aus Zweckmäßigkeitsüberlegungen hinterher behauptet hat.
Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.
Rechtsmittelbelehrung:
Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.
Hinweis:
Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 180 Euro zu entrichten.
Mag. Bissenberger
Beschlagwortung:
Erhebung eines Einspruchs behauptet -> WE Gründe liegen nicht vor -> Abweisung bestätigt