Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
FAQs| Sitemap| Weblinks

VwSen-521828/13/Bi/Se

Linz, 02.05.2008

 

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Mag. Karin Bissenberger über die Berufung des Herrn Mag. F R, G, vom 10. Dezember 2007 gegen den Bescheid des Bezirkshauptmannes von Gmunden vom 27. November 2007, VerkR22-2005, wegen Abweisung des Antrages auf Erteilung einer Lenkberechtigung für die Klassen A und B, zu Recht erkannt:

 

 

     Der Berufung wird insofern Folge gegeben, als der angefochtene Bescheid behoben und festgestellt wird, dass der Berufungswerber zum Lenken von Kraftfahrzeugen der Klassen A und B gesundheit­lich geeignet ist unter der Auflage halbjährlicher Kontrolluntersuchungen insofern, als er jeweils unaufgefordert und auf eigene Kosten eine Bestätigung eines Facharztes für Neurologie und Psychiatrie darüber vorzulegen hat, dass keine verkehrsrelevanten Persönlichkeitsas­pekte von der bei ihm diagnostizierten wahnhaften Störung betroffen sind.

 

Rechtsgrundlage:

§ 66 Abs.4 und 67a AVG

 

Entscheidungsgründe:

 

 

1. Mit dem oben angeführten Bescheid wurde der Antrag des Berufungswerbers (Bw) vom 14. August 2007 auf Erteilung einer Lenkberechtigung für die Klassen A und B gemäß §§ 3 Abs.1 Z3 und 8 FSG iVm § 3 Abs.1 Z3 und 13 FSG-GV abgewiesen.

Die Zustellung des Bescheides erfolgte mit 29. November 2007.

 

2. Dagegen wendet sich die vom Bw fristgerecht eingebrachte Berufung, die seitens der Erstinstanz ohne Berufungsvorentscheidung dem Unabhängigen Ver­wal­tungs­senat des Landes Oberösterreich vorgelegt wurde, der durch das nach der Geschäftsver­teilung zuständige Einzelmitglied zu entscheiden hat (§ 67a Abs.1 2. Satz  AVG). Die Anberaumung einer öffentlichen mündlichen Berufungs­verhandlung erübrigte sich (§ 67d Abs.1 AVG). 

 

3. Der Bw macht im Wesentlichen geltend, seine bisherigen Argumente seien nicht beachtet worden. So sei das Führerscheinverfahren mit einer angedrohten Verhaftungslüge eingeleitet worden und unzählige oberösterreichische Ärzte hätten sich geweigert, ein Gutachten zu erstellen. Er weise darauf hin, dass der erste Psychiater am 28. August 2007 ausgesagt habe, dass er nie eine Befristung ausgesprochen habe. Diese Befristung sei von der Erstinstanz entgegen dem Facharztgutachten eigenmächtig "erfunden" worden.

 

4. Der Unabhängige Verwaltungssenat hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den von der Erstinstanz vorgelegten Verfahrensakt sowie in die beim UVS OÖ. vorliegenden Verfahrensakten.

Daraus lässt sich ersehen, dass mit Bescheid der Erstinstanz vom 12. September 2005, VerkR22-2005, dem Bw mit diesem Tag zur GZ VerkR20-2005, eine Lenkberechtigung für die Klassen A und B, befristet bis 2. September 2007 und unter der Auflage, Nachweise über psychiatrisch-fach­ärzt­liche Untersuchungen im Abstand von sechs Monaten, gerechnet ab 2. September 2005, der Erstinstanz unaufgefordert vorzulegen, und mit dem Hin­weis, einem ev. Antrag auf Verlängerung (Wiedererteilung) der Lenkbe­rechtigung ein Gutachten eines Facharztes für Neurologie und Psychiatrie anzuschließen, erteilt wurde. Der Bescheid hat seine medizinische Grundlage im amtsärztlichen Gutachten gemäß § 8 FSG der Amtsärztin Dr. I P, die die FA-Stellungnahme Dris E D, Facharzt für Psychiatrie und Neurologie in Gmunden, vom 4. Mai 2005 wiedergibt, in der dieser zusammenfassend ausführt: "Der Bw ist aus psychiatrischer Sicht geeignet, Kraftfahrzeuge der Gruppen A und B zu lenken unter folgenden Auflagen: 1. fachärztliche Kontrolle 2x jährlich, 2. befristet auf zwei Jahre."

Der Bw hat diese Nachweise über FA-Untersuchungen bis zum Ablauf der Befristung im Jahr 2007 nie erbracht und im daraufhin seitens der Erstinstanz eingeleiteten Verwaltungsstrafverfahren eingewendet, der Facharzt habe sich geweigert, solche Untersuchungen durchzuführen. Das hat Dr. D im Berufungsverfahren VwSen-162964 schriftlich bestätigt und darauf hingewiesen, der Bw habe ihn Ende April oder Anfang Mai 2006 in der Ordination in schrift­licher Form der Begehung von Verbrechen bezichtigt und ihn durch fremden­feind­liche Äußerungen beleidigt und er habe ihn daraufhin aus der Ordination geworfen und ihm Hausverbot erteilt. Das Verwaltungsstrafverfahren wegen des Vorwurfs einer Verwaltungsübertretung gemäß §§ 37 Abs.1 FSG iVm dem Bescheid der BH Gmunden vom 12. September 2005, VerkR22-2005, wurde mit Erkenntnis des UVS vom 3. September 2007, VwSen-161964/6/Bi/Hu, eingestellt, weil inzwischen die Lenkberechtigung abgelaufen war und der Bw gemäß dem in Rechtskraft erwachsenen Bescheid vom 9. September 2005 ohnehin für die Wiedererteilung einer Lenkberechtigung die oben genannte FA-Stellungnahme vorzulegen hatte.

 

Der Bescheid der Erstinstanz vom 11. September 2007, VerkR22-1-2005, mit dem der Antrag des Bw auf Ausstellung einer Bestätigung gemäß § 8 Abs.5 FSG abgewiesen worden war, wurde mit Erkenntnis des UVS vom 19. Oktober 2007, VwSen-521737/2/Bi/Se, mangels Feststellung der gesundheit­lichen Eignung des Bw – außer der FA-Stellungnahme Dris D vom 4. Mai 2005 liegt dazu nichts vor – bestätigt.

 

Der Bw hat vor Ablauf der Befristung um Verlängerung (Wiedererteilung) seiner Lenkberechtigung angesucht, konnte jedoch zunächst die geforderte FA-Stellung­nahme, die zur Erstellung des amtsärztlichen Gutachtens gemäß § 8 FSG unum­gänglich ist, nicht vorlegen mit der Begründung, zahlreiche von ihm aufgesuchte Fachärzte hätten ihm eine solche Stellungnahme verweigert.  

 

Nach entsprechender Untersuchung am 25. Februar 2008 erstattete Herr Univ.Prof. Dr. E D, FA für Neurologie und Psychiatrie in Wels, das neurologische und psychiatrische Gutachten vom 27. März 2008, in dem er anhand der ihm vorliegenden Unterlagen des WJ-KH aus den Jahren 2002 (Entlassungsdiagnose: anhaltende wahnhafte Störung F22.8) und 2003 (Entlassungsdiagnose: anhaltende wahnhafte Störung, Anpassungsstörung, kur­ze depressive Reaktion) und der psychiatrischen Stellungnahme Dris Schaller aus dem Jahr 2002 (kein Einwand gegen das Lenken eines Pkw) sowie von Bw selbst vorgelegten Unterlagen zusammenfassend aus­führte:

"Beim Betroffenen besteht eine anhaltende wahnhafte Störung. Diese bezieht sich ganz speziell auf den seinerzeitigen Bootsunfall und die angeblich nicht fest­gestellten Unfallfolgen. Andere Bereiche sind von seiner wahnhaften Störung nicht betroffen bzw. eingeschlossen.

Es ist demnach äußerst unwahrscheinlich, dass er im Straßenverkehr und beim Lenken eines Pkw aufgrund irgendwelcher wahnhaften Ideen Handlungen setzt, die ihn selbst oder andere gefährden würden.

Es kann demnach befürwortet werden, Herrn Mag. R trotz dieser psychia­trischen Erkrankung den Führerschein zu belassen. Kontrollen sind jedoch in Abständen notwendig."

 

Nachdem der Bw eine amtsärztliche Untersuchung sowie eine solche beim Gemein­de­arzt rigoros abgelehnt hat, erging auf Grundlage der obigen Ausführungen Dris D das Gutachten gemäß § 8 FSG der Amtsärztin Dr. E W, Amt der Oö. Landesregierung, Abteilung Gesundheit, vom 23. April 2008, in dem diese unter Bezugnahme auf Leitlinien des BMVIT für die gesundheitliche Eignung von Kraftfahrzeuglenkern davon ausgeht, dass bei affektiven Störungen grundsätzlich dann von einer Eignung zum Lenken von Kraft­fahrzeugen der Gruppe 1 ausgegangen werden kann, wenn eine befür­wortende Stellungnahme eines Facharztes für Psychiatrie vorliegt, in der auch eine ausreichende Complience und Krankheitseinsicht des Patienten festgestellt wurde und bei rezidivierendem oder chronischem Verlauf fortlaufende Behand­lungs­bestätigungen, ausgestellt durch einen Facharzt für Psychiatrie, der Behörde vorgelegt werden sowie amtsärztliche Nachuntersuchungen im Abstand von maximal 5 Jahren stattfinden. Beim Bw, der eine amtsärztliche Untersuchung abgelehnt habe, ergäben sich keine Anhaltspunkte dafür, dass eine regelmäßige Behandlung erfolgt oder eine Konsolidierung des Beschwerdebildes laut der im Gutachten Prof. Dr. D dokumentierten Beschreibung des statio­nären Aufenthalts des Bw im WJ-KH Linz eingetreten sei. Dem Bw wäre damit bei Erteilung einer Lenkberechtigung die Vorlage von Bestätigungen über regel­mäßige fachärztliche Behandlungen und Therapie mit besonderem Augenmerk darauf, dass in regelmäßigen Kontrollabständen (zB sechs Monate)  als Auflage fach­ärztlich bestätigt wird, dass keine verkehrsrelevanten Persönlichkeitsaspekte von der wahnhaften Störung betroffen sind, als Auflage vorzuschreiben. Außer­dem wäre eine Nachuntersuchung nach maximal fünf Jahren erforderlich.

 

In rechtlicher Hinsicht hat der Unabhängige Verwaltungssenat erwogen:

Gemäß § 3 Abs. 1 Z3 FSG darf eine Lenkberechtigung nur Personen erteilt werden, die gesundheitlich geeignet sind, ein Kraftfahrzeug zu lenken.

Gemäß § 5 Abs.5 FSG ist die Lenkberechtigung, so weit dies aufgrund des ärzt­lichen Gutachtens oder wegen der Art der Lenkberechtigung nach den Erforder­nissen der Verkehrssicherheit nötig ist, unter entsprechenden Befrist­ungen, Auflagen oder zeitlichen, örtlichen oder sachlichen Beschränkungen der Gültigkeit zu erteilen.

Gemäß § 3 Abs.1 FSG-GV gilt als zum Lenken von Kraftfahrzeugen einer bestimmten Fahrzeugklasse iSd § 8 FSG ua gesundheitlich geeignet, wer für das sichere Beherrschen dieser Kraftfahrzeuge und das Einhalten der für das Lenken dieser Kraftfahrzeuge geltenden Vorschriften die nötige körperliche und psy­chi­sche Gesundheit besitzt... Kraftfahrzeuglenker müssen die für ihre Gruppe erforder­lichen gesundheitlichen Voraussetzungen gemäß den nachfolgen­den Bestimmungen erfüllen. Um die gesundheitliche Eignung nachzuweisen, ist der Behörde ein ärztliches Gutachten Gemäß § 8 FSG vorzulegen.

Gemäß § 13 Abs.1 FSG-GV gelten als ausreichend frei von psychischen Krankheiten iSd § 3 Abs.1 Z1 FSG Personen, bei denen keine Erscheinungsfor­men von solchen Krankheiten vorliegen, die eine Beeinträchtigung des Fahrver­haltens erwarten lassen. Wenn sich aus der Vorgeschichte oder bei der Unter­suchung der Verdacht einer psychischen Erkrankung ergibt, die die psychische Eignung zum Lenken eines Kraftfahrzeuges einschränken oder ausschließen würde, ist eine psychiatrische Stellungnahme beizubringen, die die kraftfahr­spezifischen Leistungsfunktionen mitbeurteilt.  Gemäß Abs.2 darf Personen, bei denen 4. eine schwere persön­lich­keitsbedingte Störung des Urteilsvermögens, des Verhaltens und der Anpassung besteht, eine Lenkberechtigung nur dann erteilt oder belassen wer­den, wenn das ärztliche Gutachten auf Grund einer psychiatrischen fachärzt­lichen Stellung­nahme, in der die kraftfahrspezifischen Leistungsfunktionen mitbeurteilt werden, die Eignung betätigt.

 

Auf Grundlage des Gutachtens Prof. D sowie der Ausführungen Dris Wimbauer war seitens des UVS davon auszugehen, dass bei Bw die gesund­heitliche Eignung zum Lenken von Kraftfahrzeugen für die Klassen A und B unter der obigen Auflage gegeben ist.

Die Vorlage der in sechsmonatigen Abständen vorzuschreibenden Bestätigungen sind ab dem Datum des vorliegenden FA-Gutachtens zu berechnen.

 

Die Empfehlung der zeitlichen Befristung der Lenkberechtigung stammt nicht vom Facharzt, sondern von der Amtsärztin und ist auch in diesem gesundheits­bezogenen Licht zu sehen. Die kritiklose Übernahme des Begriffs "Befristung" samt den damit verbundenen Folgen würde hier jedoch der ständigen Recht­sprechung des Verwaltungsgerichtshofes eklatant widersprechen.

Gemäß § 3 Abs.5 FSG-GV kann Personen mit einer fortschreitenden Erkrankung eine Lenkberechtigung befristet erteilt oder belassen werden unter der Auflage ärztlicher Kontrolluntersuchungen und amtsärztlicher Nachuntersuchungen. Die Auflage kann aufgehoben werden, sobald sich die Erkrankung oder Behinderung stabilisiert hat.

Die Notwendigkeit von Nachuntersuchungen iSd § 8 Abs.3 Z2 FSG ist nur dann gegeben, wenn eine "Krankheit" festgestellt wurde, bei der ihrer Natur nach mit einer zum Verlust oder zur Einschränkung der Eignung zum Lenken von Kraft­fahr­zeugen führenden Verschlechterung gerechnet werden muss. Es bedarf daher konkreter Sachverhaltsfeststellungen darüber, dass die gesundheitliche Eignung zwar noch in ausreichendem Maß für bestimmte Zeit vorhanden ist, aber eine gesundheitliche Beeinträchtigung besteht, nach deren Art in Zukunft mit einer die Eignung zum Lenken von Kraftfahrzeugen ausschließenden oder einschränkenden Verschlechterung gerechnet werden muss (vgl VwGH 18.1.2000, 99/11/0266; 24.4.2001, 2000/11/0337; 24.11.2005, 2004/11/0121, ua).

Aus der Sicht es UVS war die Befristung der Lenkberechtigung deshalb entbehrlich, weil Prof. D in seinem Gutachten ausführt, dass von der anhaltenden wahnhaften Störung andere Bereiche, die sich nicht auf den Vorfall 2002 und die Folgen beziehen, nicht betroffen oder eingeschlossen sind.

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

Im gegenständlichen Verfahren sind Stempelgebühren in Höhe von 13,20 Euro angefallen.

 

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsge­richtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 180 Euro zu entrichten.

 

 

 

Mag. Bissenberger

 

 

 

Beschlagwortung:

Lenkerberechtigung unter Auflage

 

 

DruckersymbolSeite drucken
Seitenanfang Symbol Seitenanfang
www.uvs-ooe.gv.at| Impressum