Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
FAQs| Sitemap| Weblinks

VwSen-550402/7/Wim/Rd/Ps

Linz, 30.05.2008

 

 

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Leopold Wimmer über den Antrag der R GesmbH,  vertreten durch H Rechtsanwälte GmbH vom 23.5.2008 auf Erlassung einer einstweiligen Verfügung im Vergabeverfahren der L betreffend das Vorhaben "Identitäts- und Kulturentwicklungsprojekt der Unternehmensgruppe S L (U)", zu Recht erkannt:

 

Dem Antrag wird stattgegeben und der Auftraggeberin L die Erteilung des Zuschlags bis zur Entscheidung in diesem Nachprüfungsverfahren, längstens aber bis 23. Juli 2008, untersagt.

 

Rechtsgrundlage:

§§ 1, 2, 8 und 11 Oö. Vergaberechtsschutzgesetz – Oö. VergRSG, LGBl. Nr. 130/2006.

 

Entscheidungsgründe:

 

1. Mit Eingabe vom 23.5.2008 hat die R  GesmbH (im Folgenden: Antragstellerin) einen Antrag auf  Nichtigerklärung der Ausscheidensentscheidung und der Zuschlagsentscheidung vom 16.5.2008  sowie auf Erlassung einer einstweiligen Verfügung, der Auftraggeberin die Zuschlagserteilung bis zur Entscheidung im Nachprüfungsverfahren, zu untersagen bzw die bekannt gegebene Zuschlagsentscheidung auszusetzen, gestellt. Im Übrigen wurde die Zuerkennung der entrichteten Pauschalgebühren beantragt.

 

Begründend führte die Antragstellerin eingangs hiezu aus, dass die Stadtkämmerei/Abt. Haushalt- und Beteiligungsmanagement als vergebende Stelle für die L als Auftraggeberin einen Dienstleistungsauftrag im Unterschwellenbereich ausgeschrieben habe. Das Vergabeverfahren sei im Amtsblatt in der Linzer Presse am 24.1.2008 bekanntgegeben worden. Sowohl in der Bekanntmachung als auch in den Ausschreibungsunterlagen finde sich kein Hinweis auf den geschätzten Auftragswert. Die Angebotsfrist habe am 18.2.2008 geendet und seien zwei Angebote rechtzeitig eingelangt. Im Rahmen der Angebotsöffnung sei für das Angebot der I GmbH ("I") ein Pauschalpreis in Höhe von 152.539,20 Euro und jenes der Antragstellerin in Höhe von 227.736 Euro, jeweils inkl. USt., verlesen worden. Hingegen sei nicht verlesen worden, dass das Angebot der I auch von einer zweiten Rechtsperson, dem Institut für Markenentwicklung, somit von einer Bietergemeinschaft, abgegeben worden sei.

 

Gegenstand der Ausschreibung sei die Erarbeitung eines Maßnahmenplanes zur Weiterentwicklung und Implementierung einer gemeinsamen kulturellen Identität der Unternehmensgruppe S L ("U") auf Basis einer bestehenden Mission bzw eines Leitbildes der U zwecks nachhaltiger Sicherung von Effizienz und Effektivität bzw bestmöglicher Nutzung von Synergien.

Gemäß Teil IV Pkt 2 letzter Absatz der Leistungsbeschreibung (Ausgangssituation) bedarf es "eines gemeinsamen Selbstverständnisses; einer gemeinsamen kulturellen Basis" um Synergien zu erkennen und nachhaltig heben zu können. Daher gelte es, "den fiktiven Konzerngedanken in den Köpfen von Führungskräften und Mitarbeitern noch mehr als bisher zu verankern". Gemäß Pkt 3 der Leistungsbeschreibung umfasse der "Lieferumfang zum Identitäts- und Kulturentwicklungsprojekt" in seiner ersten Phase die Feststellung des Bedarfs, wozu die "Erhebung des Ist-Zustandes hinsichtlich Identifikation und Kultur der U (Methodenauswahl und –durchführung)" zähle. Diese Erhebung sei durch "Untersuchung aller innerhalb der U existierenden Leitbilder", "Befragungen (Tiefeninterviews mit den Vorständen/Geschäftsführern der Unternehmen bzw dem Magistratsdirektor und den Gruppenleitern des Magistrats") sowie durch "schriftliche Befragungen der nachgelagerten Führungseinheiten" durchzuführen. Nach Analyse des Ist-Zustandes seien in der dritten Phase die "Diagnose und die daraus abgeleiteten erforderlichen Schritte zur U-Identitäts-Steigerung an den Projektaufsichtsrat" zu präsentieren. Ebenfalls umfasse die Leistungserbringung eine "Konzeption eines Maßnahmen­planes zur Identitätssteigerung/Kulturentwicklung und Verankerung im Alltag". Mit dem Angebot sei ein Grobkonzept vorzulegen gewesen, in dem die geplante Vorgehensweise und methodischen Ansätze zur Umsetzung des Lieferumfanges ersichtlich sein sollten.

 

Die Vergabe solle nach dem Bestbieterprinzip erfolgen.  Als Zuschlagskriterien sei der Preis mit 55 % und die Beurteilung des Grobentwurfes durch eine mehrköpfige Jury mit 45 % angegeben worden. Weiters beinhalte die Ausschreibungsunterlage eine Bewertungsmatrix, in welcher das Zuschlags­kriterium "Beurteilung des Grobentwurfes durch eine mehrköpfige Jury" in weitere Sub- bzw Subsubkriterien unterteilt werde. Für das Zuschlagskriterium Preis sei keine Berechnungsformel angegeben worden und fänden sich in den Ausschreibungsunterlagen keine Erläuterungen zu den Sub- bzw. Subsubkriterien.

 

Für den 29.2.2008 sei die Antragstellerin zu einem Aufklärungsgespräch/Hearing eingeladen worden, in dessen Rahmen das Angebot und das darin vorgeschlagene Konzept mündlich vorgestellt worden sei. Die I sei ebenfalls am 29.2.2008 zu einem Aufklärungsgespräch/Hearing gebeten worden.

 

Am 23.4.2008 sei ein Artikel betreffend das gegenständliche Vergabeverfahren in den -Nachrichten veröffentlicht worden, in welchem angegeben worden sei, dass den Zuschlag im vorliegenden Vergabeverfahren die I und das Institut für Markenentwicklung erhalten werde. Bis zum Zeitpunkt der Veröffentlichung der Pressemeldung seien der Antragstellerin keine Informationen über die Bewertung der Angebote  von der Auftraggeberin gegeben worden; insbesondere sei keine Zuschlagsentscheidung bekannt gegeben worden.

 

Die Beschlussfassung im Gemeinderat der S L über die Vergabeentscheidung sei für den 24.4.2008 vorgesehen gewesen – also einen Tag nach Bekanntgabe des Ergebnisses in den OÖN. Als Begründung sei in der Vorlage an den Gemeinderat bezüglich der Beschlussfassung über die Zuschlagsentscheidung im gegenständlichen Verfahren vorgebracht worden, dass diese das beste Preis-Leistungsverhältnis aufweise.

 

Mit Schreiben vom 5.5.2008 sei der Antragstellerin bekannt gegeben worden, dass beabsichtigt sei, den Zuschlag der Arbeits- und Bietergemeinschaft bestehend aus der Fa. I GmbH und dem Institut für Markenentwicklung mit der Begründung erteilen zu wollen, dass für die Zuschlagsentscheidung die Erfüllung der Ausschreibungsbedingungen und die Bewertung der in den Ausschreibungsunterlagen angegebenen (gewichteten) Zuschlagskriterien maßgebend gewesen seien. Die Beurteilung sei nach einer Punktebewertung aufgrund standardisierter Bewertungsblätter erfolgt. Die einzelnen Bieter seien darüber hinaus auch verbal beurteilt worden. Dadurch sei ein Höchstmaß an Objektivität und Nachvollziehbarkeit der Bestbieterent­scheidung erreicht worden.

Der Grund für die Nichtberücksichtigung des Angebots der Antragstellerin liege insbesondere in dem gegenüber dem erfolgreichen Angebot höheren Preis. Das erfolgreiche Angebot sei nachvollziehbar und preisangemessen und weise aufgrund des niedrigeren Preises das beste Preis-Leistungsverhältnis auf.

 

Mit Schreiben vom 7.5.2008 habe die Antragstellerin um Bekanntgabe der Gründe für die Ablehnung ihres Angebots sowie die Merkmale und Vorteile des erfolgreichen Angebots bis zum 8.5.2008, 12.00 Uhr, ersucht. Insbesondere habe sie ersucht, die genauen Angaben über die Bewertung ihres Angebots nach den einzelnen Zuschlagskriterien sowie Ausführungen zu der verbalen Beurteilung ihres Angebots, wie auch des Angebots der erfolgreichen Bieterin, mitzuteilen. Des Weiteren sei um Übermittlung der standardisierten Bewertungsblätter zu ihrem Angebot gebeten worden. Die Antragstellerin habe bis zum 8.5.2008, 12.00 Uhr, keine Antwort erhalten.

 

Die Antragstellerin habe in weiterer Folge einen Nachprüfungsantrag beim Oö. Verwaltungssenat eingebracht. Später am Tag der Einbringung habe die Antragstellerin ein Schreiben der Auftraggeberin mit folgendem Inhalt erhalten:

"In unserem Schreiben vom 5.5.2008 haben wir Ihnen die Zuschlagsentscheidung gemäß § 131 Bundesvergabegesetz 2006 mit den darin vorgesehenen Mindestinhalten rechtmäßig mitgeteilt".

Der Antragstellerin sei des Weiteren Einsicht in die ihr Angebot betreffenden Teile der Niederschrift über die Angebotsprüfung vom 21.3.2008 gewährt worden, welche dem Schreiben als Anlage beigelegt worden sei. In der Niederschrift über die Angebotsprüfung sei unter Pkt 4 "Ausscheiden von Angeboten" festgehalten worden: "Es waren keine Angebote nach § 129 BVergG 2006 auszuscheiden". Dementsprechend sei das Angebot der Antragstellerin auch einer Bewertung nach den Zuschlagskriterien unterzogen worden. Unter Pkt 5b) der Angebotsniederschrift sei erstmals die Berechnungsformel angegeben worden, anhand welcher die Bepunktung der Angebote in preislicher Hinsicht durchgeführt worden sei. In der Ausschreibungsunterlage finde sich diese Berechnungsformel nicht.

 

Mit Bescheid vom 15.5.2008 habe der Oö. Verwaltungssenat dem Antrag der Antragstellerin auf Erlassung einer einstweiligen Verfügung stattgegeben und der Auftraggeberin untersagt, den Zuschlag im gegenständlichen Vergabeverfahren zu erteilen.

 

Am 16.5.2008 habe die Antragstellerin erneut ein Schreiben der Auftraggeberin – datiert mit 13.5.2008 -  erhalten, mit welchem die Zuschlagsentscheidung neu bekannt gegeben und das Angebot der Antragstellerin ausgeschieden worden sei. Des Weiteren sei die Stillhaltefrist mit 26.5.2008 angegeben worden. Der Inhalt der neuen Zuschlagsentscheidung unterscheide sich von dem Inhalt der Zuschlagsentscheidung vom 5.5.2008 insbesondere darin, dass der Satz "Der Grund für die Nichtberücksichtigung Ihres Angebotes liege insbesondere in dem gegenüber dem erfolgreichen Angebot höheren Preis" in der "neuen" Zuschlagsentscheidung nicht mehr enthalten sei und das Ausscheiden des Angebots der Antragstellerin mitgeteilt worden sei.

 

Von der Antragstellerin wurde weiters hinsichtlich der Zulässigkeit der Anträge ausgeführt, dass es der Auftraggeberin untersagt worden sei, im gegenständlichen Vergabeverfahren den Zuschlag zu erteilen. Das Verfahren befinde sich daher im Stadium vor Zuschlagserteilung, sodass der Oö. Verwaltungssenat nicht nur zur Erlassung einer einstweiligen Verfügung, sondern auch zur Nichtigerklärung gesondert anfechtbarer Entscheidungen der Auftraggeberin zuständig sei. Bei der Zuschlagsentscheidung handle es sich um die nicht verbindliche Absichtserklärung des Auftraggebers, welchem Bieter der Zuschlag erteilt werden solle. Der Auftraggeber könne diese Erklärung daher jederzeit abändern oder zurücknehmen. Die Zurücknahme einer Zuschlagsentscheidung könne nach Rechtsprechung des VwGH auch durch die Erlassung einer weiteren Zuschlagsentscheidung im selben Vergabeverfahren erfolgen, weil der Auftraggeber damit klar zum Ausdruck bringe, an der früheren Zuschlagsentscheidung nicht mehr festzuhalten. Der VwGH habe ausgesprochen, dass eine weitere Zuschlagsentscheidung im selben Verfahren der früheren Zuschlagsentscheidung "den Boden entzieht".

Im Sinne dieser Rechtsprechung sei durch die Erlassung der Zuschlagsentscheidung vom 13.5.2008, eingegangen bei der Antragstellerin am 16.5.2008, die Zuschlagsentscheidung vom 5.5.2008 seitens der Auftraggeberin zurückgenommen worden.

 

Dass mit Schreiben vom 13.5.2008 eine neue Zuschlagsentscheidung erlassen worden sei, ergebe sich insbesondere aus der Festlegung der neuen Stillhaltefrist mit 26.5.2008, aber auch aus dem im Schreiben vom 13.5.2008 mitgeteilten Ausscheiden des Angebots der Antragstellerin. Das erste Nachprüfungsverfahren mit der GZ: VwSen-550397/4/Wim/Rd/Ps gehe aufgrund der Rücknahme der bekämpften Zuschlagsentscheidung ins Leere, wodurch die Antragstellerin jedoch klaglos gestellt worden sei. Es werde daher die zu GZ: VwSen-550397/4/Wim/Rd/Ps beantragte Nichtigerklärung der Zuschlagsentscheidung vom 5.5.2008 unter Zuspruch des Ersatzes der Pauschalgebühren zurückzuweisen sein.

 

Das Ausscheiden des Angebots verwundere, da im Angebotsprüfbericht der Auftraggeberin ausdrücklich festgehalten werde, dass es hinsichtlich des Angebots der Antragstellerin keinen Ausscheidungsgrund gebe und dieses auch gesetzeskonform einer Bewertung nach den Zuschlagskriterien unterzogen worden sei. Der nun nach Einleitung des Nachprüfungsverfahrens aus dem Hut gezauberte Ausscheidensgrund sei ganz offensichtlich dadurch motiviert, die Antragstellerin ihres Rechts zur Anfechtung und Überprüfung der Zuschlagsentscheidung zu benehmen. Damit werde belegt, dass eine ordnungsgemäße und gesetzeskonforme Vorgangsweise bei der Prüfung der Angebote nicht eingehalten worden sei. Somit werde mit diesem Nachprüfungsantrag die am 16.5.2008 bekannt gegebene Zuschlagsentscheidung  sowie die Ausscheidensentscheidung angefochten. Die Einleitung des Nachprüfungsverfahrens sei iSd Bestimmungen des § 4 Abs.2 Z5 Oö. VergRSG rechtzeitig erfolgt.       

 

Durch die Rechtswidrigkeit der bekämpften Zuschlagsentscheidung sowie der Ausscheidensentscheidung  erachte sich die Antragstellerin in ihren Rechten auf

-        Teilnahme an einem vergaberechtskonformen Vergabeverfahren;

-        Nicht-Ausscheiden ihres Angebots;

-        Bewertung ihres Angebots;

-        Ausscheiden des Angebots der präsumtiven Zuschlagsempfängerin;

-        eine zu ihren Gunsten lautende Zuschlagsentscheidung mit nachfolgender          Zuschlagserteilung;

-        eine vergaberechtskonforme Bestbieterermittlung;

-        eine Vergabe zu angemessenen Preisen;

-        Durchführung eines transparenten Vergabeverfahrens;

-        Gleichbehandlung und Nichtdiskriminierung;

-        ordnungsgemäße und rechtskonforme Durchführung, Fortsetzung und         Beendigung des Vergabeverfahrens sowie

 -       Widerruf des gegenständlichen Vergabeverfahrens

verletzt.

 

Zum Schaden wurde ausgeführt, dass die Auftraggeberin bei vergaberechtskonformer Vorgangsweise das nunmehr für die Zuschlagserteilung vorgesehene Angebot der I und des Instituts für Markenentwicklung gemäß § 129 Abs.1 Z7 BVergG hätte ausscheiden und das Angebot der Antragstellerin für die Zuschlagserteilung vorsehen müssen. Durch die Rechtswidrigkeit der Zuschlagsentscheidung drohe der Antragstellerin ein unwiederbringlicher Schaden durch den Entgang des gebührenden Auftrags, damit ein Gewinnentgang in Höhe von branchenüblichen zumindest 10% der Auftragssumme, sowie dass bereits ein Aufwand in der Höhe von ca. 18.600 Euro getätigt worden sei, der durch die beabsichtigte Zuschlagserteilung frustriert zu werden drohe. Zudem drohe der Verlust eines Referenzprojektes.

 

Folge der UVS dem Vorbringen der Antragstellerin, dass eine ordnungsgemäße und nachvollziehbare Bestbieterermittlung auf Grundlage der in der Ausschreibungsunterlage angegebenen Zuschlagskriterien nicht möglich sei, dann wäre die Ausschreibung zwingend zu widerrufen. Der Schaden bestünde in diesem Fall darin, dass die Antragstellerin an der neuen Ausschreibung aufgrund der beabsichtigten Zuschlagserteilung an die I und das Institut für Markenentwicklung nicht teilnehmen könne.

 

Die Antragstellerin habe zum einen durch die Legung des Angebots ihr maßgebliches Interesse am Vertragsabschluss dargelegt und zum anderen durch die Bekämpfung der rechtswidrigen Zuschlagsentscheidung jedenfalls ein ausreichendes Interesse manifestiert.

 

Zur Rechtswidrigkeit der Ausscheidensentscheidung wurde detailliert vorgebracht, dass im am 29.2.2008 stattgefundenen Aufklärungsgespräch klargestellt worden sei, dass sich das Angebot der Antragstellerin inklusive sämtlicher Spesen verstehe und die Allgemeinen Geschäftsbedingungen der S L (AGB S L) anerkannt und das Angebot danach erstellt worden sei. Da die Antragstellerin sohin in Übereinstimmung mit den Ausschreibungsunterlagen ein Angebot unter Berücksichtigung der AGB S L gelegt habe, liegen keine Widersprüche zu den Ausschreibungsbedingungen vor, weshalb das Angebot zu Unrecht ausgeschieden worden sei.  

 

Als Gründe für Rechtswidrigkeit der Zuschlagsentscheidung führt die Antragstellerin ebenfalls detailliert die rechtswidrige Angebotseröffnung, die rechtswidrige Vorabveröffentlichung des Vergabevorschlages, die Unrichtigkeit und Unvollständigkeit des Vergabevorschlages und der dadurch bewirkten Falschinformation des Gemeinderates, die rechtswidrige Mitteilung der Zuschlagsentscheidung, die Ausschreibungswidrigkeit des Angebots des vermeintlichen Bestbieters sowie die rechtswidrige Bestbieterermittlung ins Treffen.

 

Im Antrag auf Erlassung einer einstweiligen Verfügung verweist die Antragstellerin auf die Ausführungen zum Hauptantrag. Der Oö. Verwaltungssenat habe im Nachprüfungsverfahren betreffend die Nichtigerklärung der Zuschlagsentscheidung vom 5.5.2008 bereits eine einstweilige Verfügung erlassen und würden für die neue Zuschlagsentscheidung die vom Oö. Verwaltungssenat bereits vorgenommenen Abwägungen gelten, weshalb auch im gegenständlichen Verfahren dem Antrag auf Erlassung einer einstweiligen Verfügung stattzugeben wäre. Durch die neue Zuschlagsentscheidung sei auch ein einstweiliger Rechtsschutz bis zu einer Entscheidung in diesem Nachprüfungsverfahren erforderlich. Die Interessen der Antragstellerin an der Erlassung einer einstweiligen Verfügung überwiegen jedenfalls deshalb, da ein besonderes öffentliches Interesse an der sofortigen Auftragsvergabe nicht ersichtlich sei und die Auftraggeberin einem allfälligen bestehenden Interesse an einer möglichst raschen Vergabe durch eine zeitgerechte – und etwaige Verzögerungen berücksichtigende – Ausschreibung Rechnung tragen hätte können und ein diesbezügliches Unterlassen zu Lasten der Auftraggeberin gehe. Es überwiege daher das Interesse der Antragstellerin auf Beseitigung der im gegenständlichen Verfahren von der Auftraggeberin zu verantwortenden Vergabeverstöße bei weitem.

    

2. Der Oö. Verwaltungssenat hat die L, pA Magistrat der L sowie pA Stadtkämmerei, Abt. Haushalts- und Beteiligungsmanagement als Auftraggeberin am Nachprüfungs­verfahren beteiligt.

Am 26.5.2008 teilte die Auftraggeberin in ihrer Stellungnahme zur einstweiligen Verfügung mit, dass sie durch das Präsidium, Personal und Organisation, Abt. Verfassung, rechtlich vertreten sei. Eingangs wurde die Struktur der U näher erläutert. Der Auftraggeberin drohe durch die Erlassung einer einstweiligen Verfügung unter dem Gesichtspunkt, dass mit dem Näherrücken des 1.1.2009 eine zunehmende Konzentration von sachlichen und personellen Kapazitäten der Netzwerkpartner auf Kulturhauptstadt-Agenden einhergehe, ein wirtschaftlicher Nachteil. Mit zunehmendem Zeitverlauf würden ergo dessen für eine zweckentsprechende Betreuung und Abwicklung des ausgeschriebenen Identitäts- und Kulturentwicklungsprojektes keine ausreichenden Ressourcen mehr zur Verfügung stehen, was (bei sonst möglichem Scheitern des ausgeschriebenen Projekts) mit allen damit verbundenen organisatorischen Schwierigkeiten und wirtschaftlich-finanziellen Aufwänden auszugleichen sein würde.  Den Interessen der Antragstellerin auf Erlassung einer einstweiligen Verfügung würden daher jedenfalls gleichwertige Interessen der Auftraggeberin gegenüberstehen.

 

Die Erlassung einer einstweiligen Verfügung würde nicht nur in die wirtschaftlichen Interessen der Auftraggeberin, sondern im Hinblick auf die Bedeutung der U auch in Interessen der Öffentlichkeit (effizientes und effektives Funktionieren des U-Netzwerkes und dadurch optimale Leistungserbringen für die L Bevölkerung in allen servicierten Bereichen) eingreifen. Solange die beschriebene Idee (Geisteshaltung) der Netzwerkbildung nicht durch einen integrativen Prozess der zur Diskussion stehenden Art greif- und umsetzbar wird, könnten die erwarteten synergetischen Effekte, sprich Steigerung von Effizienz und Effektivität der Leistungserbringung für die Bevölkerung nicht im wünschenswerten Ausmaß wirksam werden.  Weiters wurde festgehalten, dass die Erlassung einer einstweiligen Verfügung jedenfalls auch in die berechtigten Interessen des mit diesem Vergabeverfahren ermittelten Bestbieters eingreifen würde. Es werde daher beantragt, von der Erlassung einer einstweiligen Verfügung abzusehen und einen Gebührenersatzanspruch abzuweisen.   

 

3.  Der Unabhängige Verwaltungssenat hat erwogen:

 

3.1. Gemäß § 1 Abs.1 Oö. Vergaberechtsschutzgesetz (Oö. VergRSG) regelt dieses Landesgesetz den Rechtsschutz gegen Entscheidungen der Auftraggeber in Verfahren nach den bundesrechtlichen Vorschriften auf dem Gebiet des öffentlichen Auftragswesen (Vergabeverfahren), die gemäß Art.14b Abs.2 Z2 B-VG in den Vollzugsbereich des Landes fallen.

 

Gemäß  Art.14b Abs.2 Z2 lit.a B-VG ist die Vollziehung Landessache hinsichtlich der Vergabe von Aufträgen durch das Land, die Gemeinden und die Gemeindeverbände. Das gegenständliche Nachprüfungsverfahren unterliegt daher den Bestimmungen des Oö. VergRSG.

 

Gemäß § 2 Abs.1 Oö. VergRSG obliegt dem Unabhängigen Verwaltungssenat die Gewährung von Rechtsschutz gemäß § 1 Abs.1 leg.cit.

 

3.2.  Gemäß § 2 Abs.3 Oö. VergRSG ist der Unabhängige Verwaltungssenat bis zur Zuschlagsentscheidung bzw. bis zum Widerruf eines Vergabeverfahrens zum Zweck der Beseitigung von Verstößen gegen die bundesgesetzlichen Vorschriften auf dem Gebiet des öffentlichen Auftragswesens und die dazu ergangenen Verordnungen oder von Verstößen gegen unmittelbar anwendbares Gemeinschaftsrecht zuständig zur Erlassung einstweiliger Verfügungen sowie zur Nichtigerklärung gesondert anfechtbarer Entscheidungen (§ 2 Z16 lit.a BVergG 2006) des Auftraggebers bzw. der Auftraggeberin im Rahmen der vom Antragsteller bzw. der Antragstellerin geltend gemachten Beschwerdepunkte.

 

Der gegenständliche Antrag ist rechtzeitig und zulässig. Aufgrund der Höhe des Auftragswertes des ausgeschriebenen Dienstleistungsauftrags sind die Bestimmungen für den Unterschwellenbereich anzuwenden.

 

3.3.   Gemäß § 8 Abs.1 Oö. VergRSG hat der Unabhängige Verwaltungssenat auf Antrag durch einstweilige Verfügung unverzüglich vorläufige Maßnahmen anzuordnen, die nötig und geeignet scheinen, um eine durch die behauptete Rechtswidrigkeit einer gesondert anfechtbaren Entscheidung entstandene oder unmittelbar drohende Schädigung von Interessen des Antragstellers bzw. der Antragstellerin zu beseitigen oder zu verhindern.

 

Gemäß § 11 Abs.1 leg.cit. hat der Unabhängige Verwaltungssenat vor Erlassung einer einstweiligen Verfügung die voraussehbaren Folgen der zu treffenden Maßnahme für alle möglicherweise geschädigten Interessen des Antragstellers bzw. der Antragstellerin, der sonstigen Bewerber oder Bieter bzw. Bewerberinnen oder Bieterinnen und des Auftraggebers bzw. der Auftraggeberin sowie ein allfälliges besonderes öffentliches Interesse an der Fortführung des Vergabeverfahrens gegeneinander abzuwägen. Ergibt diese Abwägung ein Überwiegen der nachteiligen Folgen einer einstweiligen Verfügung, ist der Antrag auf ihre Erlassung abzuweisen.

 

Gemäß § 11 Abs.3 leg.cit. ist in einer einstweiligen Verfügung die Zeit, für welche diese Verfügung getroffen wird, zu bestimmen. Die einstweilige Verfügung tritt nach Ablauf der bestimmten Zeit, spätestens jedoch mit der Entscheidung über den Antrag auf Nichtigerklärung, in dem die betreffende Rechtswidrigkeit geltend gemacht wird, außer Kraft.

 

3.4.  Bereits zu der vorausgegangenen sinngemäßen Regelung des Bundes­vergabe­gesetzes 1997 führte Elsner, Vergaberecht (1999), auf Seite 86 aus: Die Entscheidung hängt von einer Abwägung der möglicherweise geschädigten Interessen des Antragstellers und einem allfälligen besonderen öffentlichen Interesse an der Fortführung des Vergabeverfahrens ab. Dabei muss es sich um ein "besonderes" öffentliches Interesse handeln. Es wird nämlich (hoffentlich) bei jeder öffentlichen Auftragsvergabe ein öffentliches Interesse an der Fortführung des Vergabeverfahrens und Vergabe eines Auftrages bestehen. Aber auch daran, dass Vergabeverfahren fehlerfrei ablaufen, besteht öffentliches Interesse. Eine Nichterlassung einstweiliger Verfügungen wird daher nur bei sonstiger Gefahr für Leib und Leben und besonderer Dringlichkeit zulässig sein. Dies ist insbesondere dann der Fall, wenn besondere Interessen der Daseinsvorsorge gefährdet würden.

 

Art.2 Abs.4 Satz 1 der Rechtsmittelrichtlinie darf nicht fälschlicherweise so ausgelegt werden, dass der vorläufige Rechtsschutz regelmäßig leerläuft. Mit diesem Interesse ist nicht das bei jeder Auftragsvergabe bestehende öffentliche Interesse an der zügigen Abwicklung gemeint. Nach der Beschlusspraxis des EuGH kommt es in der Interessensabwägung maßgeblich darauf an, wer durch sein Verhalten die besondere Dringlichkeit der Auftragsvergabe verursacht hat. Für die öffentlichen Auftraggeber ergibt sich daraus eine echte Obliegenheit zu rechtzeitig geplanten und durchgeführten Beschaffungsvorgängen. Das Rechtsschutzinteresse des diskriminierten Bieters kann insoweit nur vom vorrangigen Schutz überragend wichtiger Rechtsgüter der Allgemeinheit zurückgedrängt werden (vgl. Schenk, Das neue Vergaberecht, 1. Auflage 2001, S. 172f).

 

Auch der Verfassungsgerichtshof hat insbesondere in seiner Entscheidung zu Zl. B 1369/01 vom 15.10.2001 ein öffentliches Interesse im Hinblick auf das Postulat effizienten Einsatzes öffentlicher Mittel in der Sicherstellung einer Auftragserteilung an den tatsächlichen Bestbieter gesehen, dem die Nachprüfung des Vergabe­verfahrens letztlich dienen soll.

 

3.5. In Anbetracht der Tatsache, dass es sich beim gegenständlichen Vorhaben nicht um eine vordringliche Leistungserbringung handelt, kann daraus geschlossen werden, dass eine Gefährdung von Leib und Leben nicht aktuell ist. Auch trifft die Auftraggeberin im Hinblick auf die Rechtsnatur des Provisorialverfahrens und auf die allgemeine Mitwirkungspflicht der Parteien im Verwaltungsverfahren die Behauptungslast betreffend die gegen die Erlassung einer einstweiligen Verfügung sprechenden Interessen. Die Auftraggeberin hat weitere im Verfahren konkrete, mit der Erlassung der beantragten einstweiligen Verfügung drohende Nachteile nicht dargelegt, sodass davon auszugehen ist, dass die nachteiligen Folgen des vorläufigen Zuschlagsverbotes nicht überwiegen und daher dem Antrag stattzugeben ist (vgl. BVA 1.12.2000, N-56/00-9).

So hat sie selbst nur ausgeführt, dass den Interessen der Antragstellerin auf Erlassung einer einstweiligen Verfügung nur gleichwertige Interessen der Auftraggeberin gegenüberstehen. Allenfalls mangelnde Kapazitäten oder Ressourcen bei verzögerter Auftragserteilung vermögen keine so gravierenden Gründe darstellen, die die Nichterlassung einer einstweiligen Verfügung rechtfertigen könnten. Solchen Auswirkungen hätte die Auftraggeberin bei entsprechender zeitlicher und organisatorischer Planung entgegenwirken können.

 

Die Antragstellerin hat denkmöglich ausgeführt, dass ihr durch die behauptete Rechtswidrigkeit der Entgang des Auftrages droht, sohin ein Schaden, der nur durch die vorläufige Untersagung der Zuschlagserteilung abgewendet werden kann. Abgesehen von dem vorausgesetzten öffentlichen Interesse an der Vergabe des gegenständlichen Auftrages ist aber ein darüber hinausgehendes besonderes öffentliches Interesse an der Fortführung des Vergabeverfahrens weder durch die Auftraggeberin vorgebracht worden noch dem Unabhängigen Verwaltungssenat zur Kenntnis gelangt. Vielmehr ist bei der Interessensabwägung iSd Judikatur des Verfassungsgerichtshofes zu berücksichtigen, dass die Auftraggeberin ein Interesse an einem rechtmäßigen Vergabeverfahren haben muss. Darüber hinaus ist auf die Rechtsprechung der Vergabe­kontrollinstanzen, dass ein öffentlicher Auftraggeber bei der Erstellung des Zeitplanes für eine Auftragsvergabe die Möglichkeit von Nachprüfungsverfahren und die damit einhergehende Verzögerung ins Kalkül zu ziehen hat, zu verweisen. Dass sich durch die Erlassung einer einstweiligen Verfügung eine Verzögerung der Bedarfsdeckung und ein organisatorischer und finanzieller Mehraufwand ergeben können, liegt in der Natur der Sache. Da - wie bereits erwähnt - kein darüber hinausgehendes besonderes öffentliches Interesse an einem möglichst raschen Vertragsabschluss geltend gemacht wurde und auch nicht auf der Hand liegt, war dem Antrag stattzugeben.

 

Die im Vorbringen der Antragstellerin behaupteten Rechtswidrigkeiten sind zumindest denkmöglich. Eine Überprüfung, ob die behaupteten Rechtswidrig­keiten auch tatsächlich vorliegen, war im Rahmen des Provisorialverfahrens nicht durchzuführen.

 

Die Dauer der Aussetzung der Zuschlagserteilung ergibt sich aus § 11 Abs.3 Oö. VergRSG iVm § 20 Abs.1 Oö. VergRSG.

Gemäß § 20 Abs.1 Oö. VergRSG ist über Anträge auf Nichtigerklärung von Entscheidungen eines Auftraggebers bzw. eine Auftraggeberin unverzüglich, spätestens aber zwei Monate nach Einlangen des Antrages zu entscheiden.

 

Für den gegenständlichen Fall bedeutet dies, dass für den  Unabhängigen Verwaltungssenat somit die Möglichkeit besteht, die Aussetzung der Zuschlags­erteilung für zwei Monate auszusprechen.

 

Die einstweilige Verfügung ist gemäß § 11 Abs.4 Oö. VergRSG sofort vollstreckbar.

 

4. Im gegenständlichen Verfahren sind Stempelgebühren in der Höhe von 13,20 Euro angefallen. Ein entsprechender Zahlschein liegt bei.

 

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen  diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichts­hof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 180 Euro (ab 1. Juli 2008: 220 Euro) zu entrichten.

 

 

Dr. Leopold Wimmer 

 

DruckersymbolSeite drucken
Seitenanfang Symbol Seitenanfang
www.uvs-ooe.gv.at| Impressum