Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-101842/14/Br

Linz, 30.06.1994

VwSen - 101842/14/Br Linz, am 30. Juni 1994

DVR.0690392

Erkenntnis

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich erkennt durch sein Mitglied Dr.Bleier über die Berufung des Herrn Christian R, gegen das Straferkenntnis des Magistrates der Landeshauptstadt Linz - Bezirksverwaltungsamt, vom 18. Februar 1994, Zl. 101-5/3, Schlußvermerk: RADDA/BZVA/SV 18.2.94, wegenÜbertretung der StVO 1960 zu Recht:

I. Der Berufung wird Folge gegeben; das angefochtene Straferkenntnis wird behoben und das Verwaltungsstrafverfahren eingestellt.

Rechtsgrundlage:

§ 66 Abs. 4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz, BGBl.Nr. 51/1991, zuletzt geändert durch BGBl.Nr. 866/1992 - AVG iVm § 19 Abs.1 und 2, § 24, § 45 Abs.1 Z3, § 51 Abs.1 und § 51e Abs.1, § 51i Verwaltungsstrafgesetz, BGBl. Nr. 52/1991, zuletzt geändert durch BGBl.Nr. 666/1993 - VStG.

II. Es entfallen sämtliche Verfahrenskostenbeiträge. Rechtsgrundlage:

§ 65 und § 66 VStG.

E n t s c h e i d u n g s g rü n d e :

1. Der Magistrat der Landeshauptstadt Linz - Bezirksverwaltungsamt hat mit dem Straferkenntnis vom 18. Februar 1994, Zl.101-5/3, Schlußvermerk, RADDA/BZVA/SV 18.2.94, wegen der Übertretungen nach § 82 Abs.1 iVm § 99 Abs.3 lit.d StVO 1960 in 257 Fällen über den Berufungswerber Geldstrafen von je 1.000 S und für den Nichteinbringungsfall je einen Tag Ersatzfreiheitsstrafe verhängt, weil er es als bestellter verantwortlicher Beauftragter der zur Vertretung nach außen Berufener der D zu verantworten habe, daß a) am 19. Februar 1993, b) am 22. Februar 1993 bis zur Entfernung durch Bedienstete der Stadt Linz an den nachstehend Standorten (siehe unten) im Linzer Stadtgebiet Plakate im Ausmaß von 59 x 42 cm angebracht wurden, ohne daß eine straßenpolizeiliche Bewilligung zu dieser Benützung einer Straße zu einem verkehrsfremden Zweck im Sinne des § 82 Abs.1 StVO 1960 vorgelegen wäre.

1.1. Begründend hat die Erstbehörde ausgeführt, daß 2. In der dagegen fristgerecht erhobenen 3. Die Erstbehörde hat den Akt zur Berufungsentscheidung vorgelegt; somit ist die Zuständigkeit des unabhängigen Verwaltungssenates gegeben. Dieser ist, da in den jeweiligen Punkten jeweils keine 10.000 Sübersteigende Strafe verhängt worden ist, durch das nach der Geschäftsverteilung zuständige Mitglied zur Entscheidung berufen. Weil teilweise auch der Sachverhalt bestritten wurde, war eine öffentliche mündliche Verhandlung durchzuführen gewesen (§ 51e Abs.1 VStG).

4. Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Verwaltungsstrafakt des Magistrates der Landeshauptstadt Linz - Bezirksverwaltungsamt, Zl. 101-5/3, welchem die Berufungsschrift des Berufungswerbers beigeschlossen ist.

5. Rechtlich ist hiezu auszuführen:

5.1. Zur Frage der Zuständigkeit:

5.1.1. Örtlich zuständig ist die Behörde, in deren Sprengel die Verwaltungsübertretung begangen worden ist, auch wenn der zum Tatbestand gehörende Erfolg in einem anderen Sprengel eingetreten ist (§ 27 Abs.1 VStG). Für den Bereich des VStG kommt es auch in Sachen, die sich auf den Betrieb einer Unternehmung beziehen, für die örtliche Zuständigkeit der einschreitenden Behörde grundsätzlich nicht auf den Ort, an dem das Unternehmen betrieben wird, an (VwGH 21.11.1984, 81/11/0077). 5.1.2. Die in der Stellungnahme des Berufungswerbers vom 13. Juli 1993 vertretene Rechtsansicht, die dem Beschuldigten zur Last gelegte Tat (bzw. Unterlassung) könne nur in Wien erfolgt sein, ist daher unzutreffend.

5.2. Das Anbringen der "DIVA-Plakate" hat der Berufungswerber als bestellter verantwortlicher Beauftragter der zur Vertretung nach außen Berufene der Firma R zu verantworten. Diesbezüglich ist der Erstbehörde bei der Spruchabfassung im Straferkenntnis ein Fehler unterlaufen, indem, im Gegensatz zurübrigen Bezeichnung im Akt, unzutreffener Weise der Gesellschafternahme "Geringer" hinzugefügt worden war. Dies vermag jedoch einen rechtlich relevanten Mangel nicht begründen, weil im Hinblick auf das in diesem Zusammenhang funktionale Tätigwerden des Berufungswerbers jedenfalls von einer tauglichen Verfolgungshandlung umfaßt ist.

Zumal ferner sowohl Produkte der einen (hier: DIVA-Plakate) und der anderen Firma (EGO-Plakate) in dieser Weise an Verkehrszeichen fixiert worden waren, liegt aus dieser Sicht weder eine Doppelbestrafung noch völlig gleichlautende Erkenntnisse vor. 5.3. Das Anbringen von 59 x 42 cm großen und darüber hinaus durch ihre Text und Bildgestaltung augeflälligen Werbetafeln an den Ständern von Verkehrszeichen, dient zweifelsfrei verkehrsfremden Zwecken, indem dadurch objektiv dem Straßenverkehrsgeschehen Aufmerksamkeit entzogen werden kann (VwGH 11.11.1992, Zl. 92/02/0188). Der Schutzweck des § 82 Abs.1 StVO 1960 liegt in der Gewährleistung der Sicherheit und Leichtigkeit des Verkehrs auf den Straßen und Wegen. Die Auslegung dieser Bestimmung fände dort ihre Schranke, wo die "Sorge um die Sicherheit und Leichtigkeit des Verkehrs auf Straßen und Wegen" aufhört (VwGH 28.4.1993, Zl. 92/02/0204). 5.3.1. Wenn der Berufungswerber unter Hinweis auf § 48 Mediengesetz vermeint, daß es zum Aufhängen, Anschlagen und Auflegen eines Druckwerkes an einen öffentlichen Ort keiner behördlichen Bewilligung bedürfte, weil es sich bei den Plakaten - ungeachtet auch einer allfälligen Werbewirkung - um Druckwerke handle, sodaß die Verbotsbestimmung des § 82 Abs.1 StVO 1960 eben nicht auf das Anbringen von Plakaten und sonstigen Druckschriften zur Anwendung komme. Diese Ansicht muß schon deshalb ins Leere gehen, weil damit wohl alles was in Bild und Textform in Form von augenfälligen Aufmachungen an die Íffentlichkeit gebracht werden soll, als Druckwerk bewilligungslos möglich wäre. Dem Plakatieren sind etwa auch in anderen gesetzlichen Bestimmungen Einschränkungen auferlegt (Ortsbildschutz u.a.). Durch den vom Berufungswerber genannten mediengesetzlichen Aspekt, ergibt sich keineswegs, daß die zum Schutz anderer Rechtsgüter erlassenen Vorschriften und darnach erforderlichen Bewilligungen durch diese Bestimmung außer Kraft gesetzt wären (vgl.hiezu VwGH 82/06/0154, 82/06/0155, Slg... 11047).

5.3.2. Zur Frage der Kumulation im Sinne des § 22 VStG ist auszuführen, daß grundsätzlich wohl für jedes Delikt eine eigene Strafe, somit bei mehreren Delikten entsprechend viele Strafen verhängt werden können. Das hier vorliegende Sachverhaltsbild besteht jedoch aus einer Reihe von gesetzwidrigen Einzelhandlungen, die im Auftrag des Berufungswerbers ausgeführt wurden und von ihm daher zu verantworten sind. Aufgrund der Gleichartigkeit der Begehungsform und der äußeren Begleitumstände - etwa ein einheitlicher Auftrag - besteht ein zeitlicher Zusammhang sowie auf ein Gesamkonzept hinauslaufendes Geschehen, sodaß dies auf das Vorliegen einer strafbaren Handlung in der strafrechtlichen Figur des forgesetzten Deliktes bereits vorweg indiziert (vgl. die Judikatur des VwGH zum Begriff des fortgesetzten Deliktes, Slg... 7993(A)/71, Slg... 9001(A)/76, Slg... 9246(A)/77 v. 19.4.1979, Z.668, 669/78, sowie Erk. des verst. Sen. Slg... 10138(A)/80, sowie Slg... 10352/A/80, Zl. 818/80, 861/80, 944/80, 1003/80).

Bei der Prüfung des Erfordernisses der zeitlichen Koninuität kommt es auf das Wesen der Umstände an, die den Vorwurf begründen; als Voraussetzung für die Annahme eines forgesetzten Deliktes muß ua. gefordert werden, daß die einzelnen Teilakte in einem noch erkennbaren zeitlichen Zusammenhang stehen, dh. die Handlungen nicht durch einen großen Zeitraum unterbrochen sein dürfen. Der Zusammenhang muß sich demnach durch äußerlich durch zeitliche Verbundenheit objektivieren lassen. Eine derartige zeitliche, als Gesamtkonzept gestaltete Verbundenheit ist anläßlich einer großflächigen "Plakatierungsaktion" wohl nicht abzuerkennen. Somit ist in diesem Punkt im Ergebnis der vom Berufungswerber vertretenen Rechtsansicht gefolgt werden.

Auch nach der neueren Rechtsprechung des OGH ist zur Annahme eines Gesamtkonzeptes bei Vermögensdelikten auf einen einheitlichen Willensentschluß für die Begehung gleichartiger strafbarer Handlungen abgestellt (13.2.1975, Z 13 Os 131/74 u.a.). Der VwGH führt zur Frage der sogenannten unechten (scheinbaren) Realkonkurrenz <durch mehrere Handlungen wird dasselbe Delikt mehrmals verwirklicht> weiter aus, daß eine Haftung und Bestrafung nur wegen der Begehung eines Deliktes vorliege, weil die einzelnen Tathandlungen sich nur als Teilhandlungen darstellen und rechtlich eine Einheit bilden (verst. Senat, Z 3295/78, Slg.. 10138, Hinweis auf Leukauf - Steininger, Kommentar zum Strafgesetzbuch, S 216, der zweiten Aufl. S 288). Dies ist etwa beim fortgesetzten Delikt und beim Sammel- (Kollektiv-) delikt der Fall (vgl. Rittler, Lehrbuch allgemeiner Teil, S. 346 ff; Altmann - Jakob, Kommentar zum österreichischen Strafrecht, S 122 ff; Nowarkowski, Das Ísterreichische Strafrecht in seinen Grundzügen, S 122 ff). In Anerkennung dieser Erkenntnis der Strafrechtslehre versteht der VwGH unter der strafrechtlichen Figur des fortgesetzten Deliktes eine Reihe von Einzelhandlungen, die vermöge der Gleichartigkeit ihrer Begehungsform und Ähnlichkeit der äußeren Begleitumstände, verbunden mit der zeitlichen Kontinuität, zu einer Einheit zusammentreten (vgl. dazu die Erk. des VwGH Slg... 2931(A)/53, Slg. 7993(A)/71, Slg. 9001(A)/76 u.a.). 5.4. Die Auferlegung der Kosten für die Plakatenfernung findet in § 64 Abs.3 VStG keine Deckung. Davon sind bloß Barauslagen erfaßt, die im Zuge des Verwaltungsstrafverfahrens erwachsen. Dies ergibt sich schon aus dem klaren Gesetzestext. Die Vorschreibung eines Ersatzes von Kosten für eine mit dem Verwaltungsstrafverfahren selbst nicht in Zusammenhang stehende Kosten, welche außerdem hier vor und nicht im Zuge des Verwaltungsstrafverfahrens angefallen sind, können auf diesem Wege nicht auferlegt, bzw. einbringlich gemacht, werden (VwGH 29.1.1987, 86/09/0160).

5.5. Die mit dieser Entscheidung vorgenommene Ausschöpfung des vollen Strafrahmens bei gleichzeitiger Einschränkung des Tatvorwurfes auf bloß ein einziges - tateinheitliches - Delikt oder der Vornahme einer anderen rechtlichen Subsumtion, steht nicht dem Grundsatz der reformatio in peius entgegen (vgl. VwGH 6.4.1970 Slg... 7771/A, u.a., sowie Hauer - Leukauf, Handbuch des österr. Verwaltungsverfahrens, Seite 1031 ff, Anm. 25 - 27). 5.6. Abschließend muß an dieser Stelle wohl bemerkt werden, daß hier die Kumulierung einer Vielzahl einzelner tatbestandsmäßiger Teilhandlungen zu einem als nicht gerecht empfindbaren und weder objektiv noch subjektiv Tatschuldangemessenen - potentiell aber ruinösen und jeglichen realistischen Rahmen sprengenden - Gesamtgeldstrafe von 257.000 S oder 228 Tagen Ersatzfreiheitsstrafe führt. Eine weitere Strafe in dieser Höhe trifft den Berufungswerber zusätzlich noch, indem er die gleiche Tathandlung auch noch als Verantwortlicher einer zweiten Firma begangen hat. Dem Spruch des Straferkenntnisses kommt im Hinblick auf die in § 44a Z1 bis Z5 VStG festgelegten Erfordernissen besondere Bedeutung zu. Der Beschuldigte hat nach der Rechtsprechung des VwGH ein Recht darauf, schon dem Spruch unzweifelhaft entnehmen zu können, welcher konkrete Tatbestand als erwiesen angenommen, worunter die Tat subsumiert, welche Strafe unter Anwendung welcher Bestimmung über ihn verhängt wurde, usw.

Die zentrale Frage, wie ein Spruch abgefaßt sein muß, um der Bestimmung des § 44a Z1 VStG zu entsprechen, ergibt sich aus der hiezu entwickelten Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes. Ein bedeutender Schritt zur Lösung der Problematik kann in dem Erkenntnis des VwGH v. 13.6.1984 Slg... 11466 A gesehen werden, in dem dargelegt wurde, daß die Tat hinsichtlich des Täters und der Tatumstände so genau zu umschreiben ist, daß 1. die Zuordnung des Tatverhaltens zur Verwaltungsvorschrift, die durch die Tat verletzt worden ist, in Ansehung aller Tatbestandsmerkmale ermöglicht wird und 2. die Identität der Tat (zB nach Ort und Zeit) unverwechselbar feststeht.

Ferner ist es für die Befolgung der Vorschrift des § 44a Z1 VStG erforderlich, daß im Spruch des Straferkenntnisses dem Beschuldigten die Tat in so konkretisierter Umschreibung vorgeworfen ist, daß er a) in die Lage versetzt wird, auf den konkreten Tatvorwurf bezogene Beweise anzubieten, um eben diesen Tatvorwurf zu widerlegen und b) der Spruch geeignet ist, den Beschuldigten rechtlich davor zu schützen, wegen desselben Verhaltens nochmals zur Verantwortung gezogen zu werden.

Nach diesen, aber auch nur nach diesen Gesichtspunkten ist in jedem konkreten Fall insbesondere auch zu beurteilen, ob die im Spruch des Straferkenntnisses enthaltene Identifizierung der Tat nach Ort und Zeit dem § 44a Z1 VStG genügt oder nicht genügt, mithin, ob die erfolgte Tatort- und Tatzeitangabe im konkreten Fall das Straferkenntnis als rechtmäßig oder rechtswidrig erscheinen läßt (siehe obzit.Judikat). Das an Tatort- und Tatzeitumschreibung zu stellende Erfordernis wird daher nicht nur von Delikt zu Delikt - sie auch VwGH 14.12.1985, 85/02/0013 - sondern auch nach den jeweils gegebenen Begleitumständen in jedem einzelnen Fall verschiedenes, weil an den oben wiedergegebenen Rechtsschutzüberlegungen, zu messendes Erfordernis sein.

5.2. Diese Anforderungen erfüllt das gegenständliche Verwaltungsstrafverfahren und Straferkenntnis. Ferner ist daher auch nicht mehr zu erörtern, ob die hier zur Last gelegte Tätigkeit eine im Sinne des § 82 Abs.3 lit.a StVO 1960 gewesen sein könnte (VwGH 85/18/0338, Slg...Nr.12059).

Rechtsmittelbelehrung: Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

H i n w e i s: Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab der Zustellung eine Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof oder beim Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muß - von den gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein.

Für den O.ö. Verwaltungssenat: Dr. B l e i e r

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