Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-251774/2/Py/Ga

Linz, 28.04.2008

 

E R K E N N T N I S

 

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Andrea Panny über die Berufung des Herrn J P, vertreten durch Rechtsanwälte Dr. M M, Mag. T H, Mag. P R, L, L, gegen den Bescheid des Bürgermeisters der Landeshauptstadt Linz vom 4. März 2008, GZ: 0051200/2005 BzVA, mit dem eine Ermahnung wegen Übertretungen des Ausländerbeschäftigungsgesetzes ausgesprochen wird, zu Recht erkannt:

 

 

I.                  Der Berufung wird Folge gegeben, das angefochtene Strafer­kennt­nis aufgehoben und das Verwaltungsstrafverfahren eingestellt.

 

II.              Es entfallen jegliche Verfahrenskostenbeiträge.

 

 

Rechtsgrundlagen:

Zu  I.:  § 66 Abs.4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz (AVG), BGBl. Nr. 51/1991 idgF iVm §§ 24, 44a, 45 Abs.1 Z2 Verwaltungsstrafgesetz 1991 (VStG), BGBl. Nr. 52/1991 idgF.

Zu II.:  § 66 Abs.1 VStG.

 

 

Entscheidungsgründe:

 

1. Mit Bescheid des Bürgermeisters der Landeshauptstadt Linz vom 4. März 2008, GZ: 0051200/2005 BzVA, wurde über den Berufungswerber (in der Folge: Bw) eine Ermahnung ausgesprochen, weil er es als handelsrechtlicher Geschäftsführer und somit als gemäß § 9 VStG nach außen vertretungsbefugtes Organ der Firma T GmbH, L, L, zu verantworten habe, dass von dieser die nachfolgend angeführten ausländischen Staatsbürger zumindest am 20.09.2005 auf der Baustelle E (S C), S, als Arbeiter (Trockenausbau) ohne ent­sprechende arbeitsmarktrechtliche Bewilligungen beschäftig wurden:

 

1.  D S, geboren , slowenischer Staatsbürger,

2.  G L, geboren , jugoslawischer Staatsbürger,

3.  G D, geboren , jugoslawischer Staatsbürger,

4.  J S, geboren , jugoslawischer Staatsbürger,

5.  J Z, geboren , jugoslawischer Staatsbürger,

6.  M P, geboren , Staatsbürgerschaft ungeklärt und

7.  M M, geboren , jugoslawischer Staatsbürger.

 

Als verletzte Verwaltungsvorschrift wird zu Faktum 1. bis 7. jeweils § 18 Abs.12 bis 16 iVm § 28 Abs.1 Z5 lit.b AuslBG angeführt.

 

In der Begründung führt der angefochtene Bescheid unter Wiedergabe des Verfahrensganges und der Rechtslage aus, dass der Tatbestand der angelasteten Verwaltungsübertretungen in objektiver Hinsicht als erfüllt anzusehen sei.

Da das AuslBG keine eigene Regelung hinsichtlich des Verschuldens vorsehe komme § 5 Abs.1 VStG zum Tragen, wonach zur Strafbarkeit fahrlässiges Verhalten genüge. Den Schuldentlastungsbeweis habe der Bw mit seiner Rechtfertigung nicht erbringen können, weshalb die Verwaltungsübertretung auch hinsichtlich ihrer subjektiven Tatbestandsmäßigkeit als erwiesen anzunehmen sei. Allerdings erachte die Erstbehörde im gegenständlichen Fall das Vorliegen der Voraussetzungen gemäß § 21 Abs.1 1. Satz als gegeben, weshalb von der Verhängung einer Strafe abzusehen und eine Ermahnung auszusprechen war.

 

2. Gegen diesen Ermahnungsbescheid hat der Bw im Wege seiner rechtsfreundlichen Vertretung fristgerecht Berufung eingebracht und im Wesentlichen vorgebracht, dass die T GmbH für das gegenständliche Bauprojekt in S einen Generalunternehmervertrag abgeschlossen habe, in dem dem Generalunternehmer auch die gesamte Verantwortung betreffend die auf der Baustelle tätigen Personen übertragen wurde. Die Einhaltung der Bestimmungen des Ausländerbeschäftigungsgesetzes seien daher ausschließlich im Verantwortungsbereich des Generalunternehmers gelegen. Dem Berufungswerber müsse ein Verschulden vorwerfbar sein, das im angeführten Bescheid zwar vorausgesetzt aber nicht dargestellt werde, wo das Verschulden konkret gelegen sei. Vielmehr habe die Geschäftsführung des Auftraggebers, wie der der Behörde vorgelegte Generalunternehmervertrag zeige, alles unternommen, indem sie den Generalunternehmer dazu beauftragt habe, alle gesetzlichen Bestimmungen, insbesondere auch die Bestimmungen des Ausländerbeschäftigungsgesetzes, einzuhalten. Der Berufungswerber habe daher auf den Inhalt des Generalunternehmervertrages vertrauen dürfen und sei ihm eine Überprüfung jedes Mitarbeiters auf der Baustelle schon aus faktischen Gründen nicht aufzubürden, weshalb sich aus dem gesamten zu beurteilenden Sachverhalt kein Anhaltspunkt für ein schuldhaftes rechtswidriges Verhalten des Berufungswerbers ergebe.

 

3. Der Bürgermeister der Landeshauptstadt Linz hat mit Schreiben vom 28. März 2008 die Berufung samt dem bezughabenden Verwaltungsstrafakt vorgelegt. Da keine 2.000 Euro übersteigende Geldstrafe verhängt wurde, ist der Unabhängige Verwaltungssenat zur Entscheidung durch sein nach der Geschäftsverteilung zuständiges Mitglied berufen (§ 51c VStG).

 

4. Da bereits aufgrund der Aktenlage feststeht, dass der mit Berufung angefochtene Bescheid aufzuheben ist, konnte die Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung gemäß § 51e Abs.2 1 entfallen.

 

5. Der Oö. Verwaltungssenat hat erwogen:

 

5.1. Gemäß § 18 Abs.12 Ausländerbeschäftigungsgesetz (AuslBG) ist für Ausländer, die von einem Arbeitgeber mit Betriebssitz in einem Mitgliedsstaat der europäischen Union zur Erbringung einer vorübergehenden Dienstleistung in das Bundesgebiet entsandt werden, keine Entsendebewilligung erforderlich. Die beabsichtigte Entsendung ist jedoch vom Ausländer oder von dessen Arbeitgeber oder vom inländischen Auftraggeber des Arbeitgebers vor der Arbeitsaufnahme bei der regionalen Geschäftsstelle des Arbeitsmarktservice, in deren Sprengel die Arbeitsleistungen erbracht werden, anzuzeigen. Die zuständige regionale Geschäftsstelle des Arbeitsmarktservice hat die Anzeige binnen zwei Wochen zu bestätigen (EU-Entsendebestätigung). Sie hat die Entsendung zu untersagen wenn

 

1.  der Ausländer im Staat des Betriebssitzes nicht ordnungsgemäß und dauerhaft seit mindestens einem Jahr in einem direkten Arbeitsverhältnis zum entsendenden Arbeitgeber steht oder mit diesem keinen unbefristeten Arbeitsvertrag abgeschlossen hat oder nicht über die entsprechenden Bewilligungen des Entsendestaates für die Beschäftigung von Drittstaatsangehörigen verfügt oder

2.  die österreichischen Lohn- und Arbeitsbedingungen, insbesondere gemäß § 7b Abs.1 und 2 des Arbeitsvertragsrechts-Anpassungsgesetzes (AVRAG), BGBl. Nr. 459/1993, oder die sozialversicherungsrechtlichen Bestimmungen nicht eingehalten werde.

 

 

Gemäß § 28 Abs.1 Z5 AuslBG ist, wer

 

a)  entgegen § 18 Abs.12 AuslBG als Arbeitgeber mit Betriebssitz in einem Mitgliedsstaat der europäischen Union einen Ausländer ohne Staatsangehörigkeit eines Mitgliedsstaates des EWR ohne EU-Entsendebestätigung im Inland beschäftigt oder

b)  entgegen § 18 Abs.12 Arbeitsleistungen eines Ausländers ohne Staatsangehörigkeit eines Mitgliedsstaates des EWR in Anspruch nimmt, der von seinem Arbeitgeber mit Betriebssitz in einem Mitgliedsstaat der europäischen Union zur Arbeitsleistung nach Österreich entsandt wird, ohne dass für diesen eine EU-Entsendebestätigung ausgestellt wurde, mit Geldstrafe bis zu 2.500 Euro zu bestrafen.

 

5.2. Im Spruch des gegenständlichen Bescheides wird dem Bw als handelsrechtlicher Geschäftsführer der Firma T GmbH, L, die Beschäftigung der angeführten ausländischen Arbeiter ohne entsprechende arbeitsmarktrechtliche Bewilligungen vorgeworfen. Aus der von der belangten Behörde zitierte Rechtsnorm geht jedoch hervor, dass dem Bw die Inanspruchnahme dieser Arbeiter vorgeworfen wird. Nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes zu den Sprucherfordernissen nach § 44a Z1 VStG ist die Tat soweit zu konkretisieren, dass eine eindeutige Zuordnung zu den Tatbestandsmerkmalen ermöglicht wird und die Identität der Tat unverwechselbar feststeht (ständige Rechtsprechung seit den verstärkten Senaten VwSlg-11.466A/1984 und VwSlg-11.894A/1985). Im Spruch sind alle wesentlichen Tatbestandsmerkmale anzuführen, die zur Individualisierung und Konkretisierung des inkriminierten Verhaltens notwendig sind. Eine Umschreibung bloß in der Begründung reicht im Verwaltungsstrafrecht nicht aus (vgl. mit weiteren Nachweisen Hauer/Leukauf, Handbuch des österreichischen Verwaltungsverfahrens 6 [2003] Anmerkung 2 zu § 44a VStG).

 

Nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes hat die Rechtsmittelbehörde nach § 66 Abs.4 AVG (iVm § 24 VStG) nicht die Befugnis, den Beschuldigten eine andere Tat als die Erstbehörde anzulasten und damit die Tat auszuwechseln. Die Entscheidungsbefugnis der Berufungsbehörde ist durch den Abspruchsgegenstand des angefochtenen Bescheides beschränkt (vgl. VwGH vom 23.11.1993, Zl. 93/04/0169). Eine Abänderungsermächtigung besteht nur im Rahmen der Sache iSd § 66 Abs.4 AVG. Dabei ist Sache des Berufungsverfahrens die Angelegenheit, die den Inhalt des Spruches im Bescheid der Unterbehörde bildet. Ein Austausch wesentlicher Tatbestandsmerkmale führt zur Anlastung einer anderen Tat und ist daher unzulässig (vgl. VwGH vom 20.11.1997, Zl. 97/06/0170).

 

Im Spruch des gegenständlichen Ermahnungsbescheides wird, wie bereits ausgeführt, dem Bw als handelsrechtlichen Geschäftsführer der Firma T GmbH zur Last gelegt, dass er es zu verantworten habe, dass von dieser Firma die im Bescheid namentlich angeführten ausländischen Staatsangehörigen ohne entsprechende arbeitsmarktrechtliche Bewilligungen beschäftigt wurde. Dieser Tatvorwurf wurde dem Beschuldigten auch in der Aufforderung zur Rechtfertigung vom 16. November 2005 durch die Erstbehörde erstmals zur Last gelegt.

 

Im Hinblick auf das dem Berufungswerber jedoch in der Anzeige zur Last gelegte Verhalten, nämlich der Inanspruchnahme der Arbeitsleistungen der Ausländer, stellt sich der Spruch des Straferkenntnisses daher als derart mangelhaft dar, dass er einer zulässigen Korrektur durch den Unabhängigen Verwaltungssenat nicht zugänglich ist. Dieser ist nämlich nach § 66 Abs.4 AVG nicht befugt, den Tatvorwurf aufzutauschen. Eine Konkretisierung der Tat iSd § 44a Z1 VStG muss zeitlich und örtlich in Abhängigkeit vom herangezogenen Verwaltungsdelikt so präzise vorgenommen werden, dass der Tatvorwurf unverwechselbar erscheint. Die belangte Behörde hat dem Bw im Spruch des angefochtenen Bescheides die Beschäftigung der sieben namentlich angeführten ausländischen Staatsangehörigen ohne entsprechende arbeitsmarktrechtliche Bewilligungen vorgeworfen, aus der Begründung ist jedoch ersichtlich, dass die belangte Behörde dem Bw als Generalunternehmer die Inanspruchnahme der Arbeitsleistungen eines Ausländers ohne Staatsangehörigkeit eines Mitgliedsstaates des  EWR, der von seinem Arbeitgeber mit Betriebssitz in einem Mitgliedsstaat der Europäischen Union zur Arbeitsleistung nach Österreich entsandt wurde, ohne dass für diesen eine EU-Entsendebestätigung ausgestellt wurde, zur Last gelegt wird. Beim Tatvorwurf des § 28 Abs.1 Z1 lit.b iVm § 18 Abs.1 AuslBG handelt es sich um einen anderen als nach § 28 Abs.1 Z5 lit.b iVm § 18 Abs.12 bis 16 AuslBG (vgl. VwGH vom 23.05.2005, Zl. 2000/09/0231). Der dem Bw im gegenständlichen Ermahnungsbescheid zur Last gelegte Tatvorwurf findet daher im Wortlaut des von der Behörde angewandten Straftatbestandes keine Deckung, weshalb der angefochtene Bescheid mit einem unbehebbaren Spruchmangel behaftet ist.

 

Es war daher das angefochtene Straferkenntnis aufzuheben und das diesbezügliche Verwaltungsstrafverfahren einzustellen.

 

6. Weil die Berufung Erfolg hatte, war ein Verfahrenskostenbeitrag nicht zu leisten (§ 66 Abs.1 VStG).

 

 

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen  diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 180 Euro zu entrichten.

 

 

 

Dr. Andrea Panny

 

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