Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-280881/2/Wim/Jo

Linz, 30.04.2008

 

E R K E N N T N I S

 

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mit­glied Dr. Leopold Wimmer über die Berufung des Herrn Ing. E I, vertreten durch Rechtsanwalt Dr. H M, V, vom 28. November 2005, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Gmunden vom 17. November 2005, Ge96-85-2005, wegen Übertretung des ArbeitnehmerInnen­schutzgesetzes zu Recht erkannt:

 

 

I.            Der Berufung wird keine Folge gegeben und das erstinstanzliche Straferkenntnis vollinhaltlich bestätigt.

 

II.        Der Berufungswerber hat zusätzlich als Kostenbeitrag zum Berufungsverfahren 240 Euro zu leisten, das sind 20 % der verhängten Strafen.

 

 

Rechtsgrundlagen:

zu I.: § 66 Abs.4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 – AVG iVm §§ 19, 24 und 51 Verwaltungsstrafgesetz 1991 – VStG;

zu II.: § 64 Abs.1 und 2 VStG.

 

 

Entscheidungsgründe:

 

 

1.      Mit dem angefochtenen Straferkenntnis wurden über den Berufungswerber zu drei Fakten Geldstrafen in der Höhe von jeweils 400 Euro, gesamt 1.200 Euro, im Nichteinbringungsfall Ersatzfreiheitsstrafen von jeweils 96 Stunden wegen Übertretungen des ArbeitnehmerInnenschutzgesetzes (ASchG) in Verbindung mit der Bauarbeitenschutzverordnung (BauV) verhängt.

 

Im Einzelnen wurde ihm vorgeworfen:

 

"Sie haben es als das zur Vertretung nach außen berufene Organ und damit gemäß § 19 VStG strafrechtlich verantwortlicher handelsrechtlicher Geschäfts­führer der I Gesellschaft m.b.H., welche wiederum persönlich haftende Gesellschafterin der I Gesellschaft m.b.H. KG. mit Sitz in V ist, zu verantworten, dass bei einer am 19.07.2005 vom Arbeitsinspektorat Linz durchgeführten Kontrolle der Baustelle C. B KG. in T, B, folgendes festgestellt wurde:

 

1)         Ein Arbeitnehmer wurde auf einem verfahrbaren Strandgerüst mit Montagetätigkeiten beschäftigt, wobei das Gerüst folgende Mängel aufwies:

a)     Die 2. Gerüstetage (Absturzhöhe ca. 4,0 m) war mit keinen Brust-, Mittel- und Fußwehren versehen, obwohl Gerüstlagen mit Wehren gemäß § 8 BauV versehen sein müssen.

b)     Das verfahrbare Standgerüst war weder mit dem einzurüstenden Objekt sicher verankert, noch freistehend standsicher aufgestellt. Die kleinste Aufstandsbreite des verfahrbaren Standgerüstes betrug 80 cm, obwohl bei freistehend standsicher aufgestellten, nicht verankerten Gerüsten im Freien, die kleinste Aufstandsbreite mindestens 2,00 m betragen muss.

 

2)         Ein weiterer Arbeitnehmer war auf der Einfahrtsüberdachung obiger Baustelle mit Montagearbeiten beschäftigt, wobei die Absturzhöhe ca. 4,5 m und die Neigung ca. 2 ° betrug.

Es waren weder Absturzsicherungen, Abgrenzungen oder Schutzeinrichtungen vorhanden, noch war der Arbeitnehmer mittels Sicherheitsgeschirr angeseilt, obwohl bei Arbeiten auf Dächern mit einer Neigung bis zu 20 ° und einer Absturzhöhe von mehr als 3,0 m Absturzsicherungen oder Schutzreinrichtungen vorhanden sein müssen. Kann bei Arbeiten am Dachsaum das Anbringen von Schutzeinrichtungen entfallen, müssen in diesen Fällen die Arbeitnehmer jedoch mittels Sicherheitsgeschirr angeseilt sein."

 

 

2.      Dagegen hat der Berufungswerber rechtzeitig Berufung erhoben und den genannten Bescheid zur Gänze angefochten, wobei als Berufungsgründe Nichtigkeit, wesentliche Verfahrensmängel, unrichtige Sachverhaltsfeststellung sowie unrichtige rechtliche Beurteilung geltend gemacht wurden.

 

Zusammengefasst wurde im Wesentlichen vorgebracht, dass seitens des Beschuldigten ein ausreichend dichtes und zulänglich organisiertes Netz an Kontrolleinrichtungen verwirklicht worden sei. Im Betrieb sei eine eigene Sicherheitsfachkraft damit beschäftigt ein Kontrollsystem aufgebaut zu haben und dessen Funktionieren zu überwachen. Dieses Kontrollsystem sei deshalb eingeführt worden, da dem Beschuldigten das hohe Gefährdungspotential der von seinem Betrieb auszuführenden Dacharbeiten durchaus bekannt sei, da die Vergangenheit gezeigt habe, dass die Einhaltung der Arbeitnehmerschutz­vorschriften Probleme bereite. Es werde dies auch in diversen betriebsinternen Rundschreiben und Dienstanweisungen immer wieder verdeutlicht. Weiters würden regelmäßig interne Schulungen für Mitarbeiter veranstaltet und Vorarbeiter und Bauleiter auf diverse externe Schulungen betreffend Arbeitnehmerschutzvorschriften geschickt. Diese Personen hätten firmenintern die Aufgabe auch alle anderen Mitarbeiter im Betrieb des Beschuldigten auf die Arbeitnehmerschutzbestimmungen hinzuweisen.

Unabhängig davon würden durch den Beschuldigten selbst regelmäßig persönliche Kontrollen durchgeführt werden, um die Wirksamkeit und Einhaltung der internen Dienstanweisungen und Richtlinien zu überprüfen. In der Vergangenheit habe hier tatsächlich teilweise festgestellt werden müssen, dass sich diverse Arbeitnehmer nicht an die Direktiven gehalten hätten. Dies habe dazu geführt, dass seitens des Beschuldigten bereits mehrmals Verwarnungen ausgesprochen worden seien und bei wiederholten Verstößen gegen die Dienstanweisungen im Sinne der Einhaltung der Arbeitschutzvorschriften auch Sanktionen wie fristlose Kündigung und Verhängung von Geldstrafen angedroht worden seien und würden. Aufgrund dieser Maßnahmen sei tatsächlich in letzter Zeit festzustellen, dass die Arbeitnehmerschutzbestimmungen beinahe ausschließlich eingehalten würden.

 

Bei der gegenständlichen Baustelle sei der Beschuldigte immer wieder und wiederholt persönlich anwesend gewesen, um die Einhaltung der Arbeitnehmer­schutz­vorschriften zu kontrollieren. An diesen Tagen seien sämtliche Arbeiter entsprechend den einschlägigen Vorschriften gesichert gewesen und konnte keine Verletzung in den gesetzlichen Vorschriften festgestellt werden. Es sei dem Beschuldigten gar nicht bekannt, ob sich am 19. Juli 2005 überhaupt ein Arbeitnehmer des Beschuldigten oder eine dritte Person rechtswidriger Weise auf der Dachkonstruktion aufgehalten habe. Sollte ein Arbeitnehmer des Beschuldigten die Arbeitnehmerschutzvorschriften verletzt haben, so würden diese Umstände für diesen Arbeitnehmer Konsequenzen haben. Im Betrieb des Beschuldigten werden hinsichtlich der verwendeten Gerüste die Arbeitnehmer­schutz­bestimmungen eingehalten.

 

Der Beschuldigte beschäftige in etwa 120 Mitarbeiter und habe im Rahmen des Möglichen dafür gesorgt, dass die firmeninternen Weisungen auf Einhaltung der Arbeitnehmerschutzvorschriften auch regelmäßig und durch ein ausreichend dichtes und zulänglich organisiertes Netz kontrolliert würden, sodass im Einzelfall die Einhaltung der Arbeitnehmerschutzvorschriften gewährleistet sei. So hätte der Beschuldigte in Form von Herrn P M sogar eine eigene Sicherheits­fachkraft im Betrieb beschäftigt. Es sei jedoch nicht möglich sämtliche Baustellen und Arbeitnehmer ständig und lückenlos zu überwachen.

 

Mangels Verschulden sei daher das angefochtene Straferkenntnis aufzuheben, in eventu wurde beantragt unter Anwendung des § 21 VStG von der Verhängung einer Strafe abzusehen bzw. gemäß § 20 VStG eine außerordentliche Milderung der Strafe vorzunehmen.

 

Vom Beschuldigten wurde die Einvernahme des Zeugen P M, sowie die Einholung eines arbeitstechnischen Gutachtens zur Frage der firmeninternen Struktur der Organisation und Kontrolle der Einhaltung der Arbeitnehmerschutz­vorschriften beantragt.

 

 

3.1.   Der Unabhängige Verwaltungssenat hat Beweis erhoben durch Einsicht in den erstinstanzlichen Verfahrensakt. Da sich bereits aus der Aktenlage ergibt, dass die Angelegenheit entscheidungsreif ist, war von einer mündlichen Verhandlung abzusehen.

 

3.2.   Für den Unabhängigen Verwaltungssenat steht der im Spruch des erstinstanzlichen Straferkenntnisses angeführte Sachverhalt, nämlich die Verwendung eines unzureichenden Gerüstes sowie die Durchführung der beschriebenen Arbeiten ohne Schutzmaßnahmen fest. Am Tag der Arbeiten bzw. unmittelbar davor ist keine Baustellenkontrolle erfolgt. Im Betrieb der Firma I war Herr P M als Sicherheitsfachkraft mittels Werkvertrag mit ca. 100 Stunden pro Jahr beschäftigt, der eine Implementierung bzw. Zertifizierung nach SCC (Safety Contract Certificate) sowie Schulungen durchführte und von dem ca. 10 bis 12 Baustellen pro Jahr kontrolliert wurden.

 

3.3.   Dies wurde auch vom Berufungswerber nicht bestritten, sondern er hat nur angegeben, dass er nicht sagen könne, ob tatsächlich Mitarbeiter beschäftigt worden seien. Aus der Anzeige sowie aus dem dieser beiliegenden Lichtbild ist dies für den Unabhängigen Verwaltungssenat jedoch eindeutig erwiesen.

 

Da der Berufungswerber offensichtlich am Tattag nach seinem eigenen Vorbringen nicht auf der Baustelle war, konnte auf seine Einvernahme verzichtet werden, da dies zur Klärung des Sachverhalts nichts beigetragen hätte. Auch die beantragte Einvernahme des Zeugen P M hinsichtlich des Kontrollsystems konnte entfallen, da durch das erkennende Mitglied dies bereits in mehrfachen Fällen zu der heutigen Tatzeit zeitnahen Übertretungen eine solche Einvernahme erfolgt ist und hier von Herrn M grundsätzliche Ausführungen über seine Tätigkeit und über das Kontrollsystem im Betrieb getätigt wurden, die durchaus auch für das gegenständliche Verfahren und für die praktisch gleichlautende Rechtfertigung des Berufungswerbers hinsichtlich dieses Umstandes herangezogen werden kann.

 

 

4.      Der Unabhängige Verwaltungssenat hat erwogen:

 

4.1. Zu den rechtlichen Grundlagen und auch zur Begründung kann zunächst auf die Ausführungen des erstinstanzlichen Straferkenntnisses verwiesen werden.

 

Der objektive Tatbestand des Verstoßens gegen Arbeitnehmerschutzvorschriften wurde nicht direkt bestritten und ist aufgrund der Beweisergebnisse als erfüllt anzusehen.

 

4.2.   Gemäß § 5 Abs.1 VStG hat der Berufungswerber zur Widerlegung seines Verschuldens initiativ alles darzulegen, was seiner Entlastung dient. Nach der ständigen Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes muss ein wirksames und effizientes Überwachungs-, Kontroll- und Sanktionssystem eingerichtet sein. Dazu ist auszuführen, dass im Zusammenhang mit den Verstößen und dabei durchgeführten Arbeiten keine zeitnahen Kontrollen vorgenommen wurden. Stichprobenweise Überprüfungen von erteilten Weisungen erfüllen nicht die Anforderungen an ein wirksames Kontrollsystem. Auch die durch Herrn M vorgenommenen Baustellenkontrollen von durchschnittlich zwei pro Monat erfüllen bei einem Mitarbeiterstand von ca. 120 und den von diesen abzuwickelnden Baustellen nicht die Anforderungen an ein effizientes und wirksames Kontrollsystem wie es in der ständigen Judikatur der Höchstgerichte verlangt wird.

 

Da sich bereits aufgrund dieser Umstände eindeutig ergibt, dass dieses Kontrollsystem nicht ausreichend war, erwies sich auch das geforderte arbeitstechnische Gutachten als entbehrlich, wobei die Bewertung des Kontrollsystems überdies eine Rechtsfrage darstellt.

 

4.3. Zur Strafbemessung ist auszuführen, dass der Berufungswerber bereits eine Vielzahl einschlägiger Vorstrafen wegen gleichartiger Übertretungen des ArbeitnehmerInnenschutzgesetzes aufweist. Bei einem Strafrahmen im Wiederholungsfall von 290 Euro bis 14.530 Euro liegen die verhängten Strafen noch immer im untersten Bereich, wobei auch bei Annahme von bescheidensten Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnissen im konkreten Fall angesichts der Umstände der Übertretungen diese keinesfalls als überhöht anzusehen sind. Angesichts der Vielzahl der einschlägigen Verwaltungs­vorschriften waren die verhängten Strafen auch aus spezial­präventiven Gründen erforderlich, um den Berufungswerber in Zukunft von ähnlichen Übertretungen abzuhalten.

 

Ein beträchtliches Überwiegen der Milderungsgründe gegenüber den Erschwerungsgründen gemäß § 20 VStG liegt nicht vor. So scheinen gar keine Milderungsgründe auf. Angesichts der Umstände der Übertretung und der davon ausgehenden Gefährdungssituation für die Arbeitnehmer sowie dem Fehlen eines bloß geringfügigen Verschuldens für das sich aus dem Verfahren keine Anhaltungspunkte ergaben, gelangt auch die Bestimmung des § 21 VStG nicht zur Anwendung und es war spruchgemäß zu entscheiden. Aufgrund der bestehenden einschlägigen Verwaltungsvorstrafen kann dem Beschuldigten auch kein Rechtsirrtum bezüglich der Einhaltung der Arbeitnehmerschutzvorschriften zu Gute kommen. Weiters sind auch noch weitere Berufungsverfahren wegen Übertretungen von Arbeitnehmerschutzvorschriften anhängig, sodass auch ein anschließendes Wohlverhalten nicht ohne weiteres zugebilligt werden kann.

 

5.      Die Höhe des Kostenbeitrages zum Berufungsverfahren ergibt sich aus den zitierten gesetzlichen Bestimmungen.

 

 

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 180 Euro zu entrichten.

 

 

Dr. Leopold Wimmer

 

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