Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-281004/22/Kl/Sta

Linz, 07.05.2008

 

 

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Ilse Klempt über die Berufung des Herrn P P, H, vertreten durch Rechtsanwalt Dr. E K, A, L gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Linz-Land  vom 30. April 2007, Ge96-117-2006/Ew, wegen Verwaltungsübertretungen nach dem ArbeitnehmerInnenschutzgesetz nach öffentlicher mündlicher Verhandlung am 12. September 2007, zu Recht erkannt:

 

 

I.       Der Berufung wird keine Folge gegeben und das angefochtene Straferkenntnis mit der Maßgabe bestätigt, dass im Spruch der Strafausspruch im Sinne des § 44a Z3 VStG zu lauten hat: "Wegen dieser Verwaltungsübertretungen werden über Sie zu 1. und 2. jeweils gemäß § 130 Abs.1 Einleitung Arbeitnehmer­Innen­schutz­gesetz Geldstrafen von je 100 Euro je Arbeitnehmer (insgesamt 400 Euro), im Falle der Uneinbringlichkeit Ersatzfreiheitsstrafen von je 24 Stunden (insgesamt 96 Stunden), verhängt."

 

II.     Der Berufungswerber hat zum Verfahren vor dem Oö. Ver­wal­tungs­senat einen Kostenbeitrag in der Höhe von 80 Euro, das sind 20 % der verhängten Geldstrafen zu leisten.

 

 

Rechtsgrundlagen:

zu  I.: § 66 Abs.4 AVG iVm §§ 24, 5, 19 und 51 VStG.

zu II.: § 64 VStG.

 

 

Entscheidungsgründe:

 

1. Mit Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Linz-Land vom 30. April 2007, Ge96-117-2006/Ew, wurden über den Berufungswerber Geldstrafen von  viermal 100 Euro, Ersatzfreiheitsstrafen von  viermal 24 Stunden, wegen einer Verwaltungsübertretung gemäß 1. § 130 Abs.1 Z16 iVm § 35 Abs.1 Z1 ArbeitnehmerInnenschutzgesetz (ASchG) und 2. § 130 Abs.1 Z16 Arbeitnehmerinnenschutzgesetz iVm § 34 Abs.2 Z3 Arbeitsmittelverordnung verhängt, weil er als zur Vertretung nach außen berufener handelsrechtlicher Geschäftsführer und somit strafrechtlich Verantwortlicher gemäß § 9 Abs.1 VStG der Arbeitgeberin "P & S B GmbH", Geschäftsanschrift  T, G, folgende Übertretung des ArbeitnehmerInnenschutz­gesetzes (ASchG) zu verantworten hat:

 

Bei einer am 11.04.2006 durch das Arbeitsinspektorat durchgeführten Unfallerhebung in der Spenglerei der "P & S B GmbH" in  T, G, wurde folgender Sachverhalt festgestellt:

 

Der Verunfallte, Herr J F, versuchte am 31.03.2006 um ca. 08.15 Uhr mit einem Teil einer mindestens zweiteiligen Leiter, welche an den Sozial/Sanitärcontainer in der Spenglerei angelehnt war, von diesem zu steigen. Auf dem Container waren Teile, die nicht mehr in Verwendung standen, gelagert. Diese Teile sollten entsorgt werden.

Ein weiterer Arbeitnehmer, Herr F B, war bereits auf dem Container beschäftigt. Beim Absteigen verlor der Verunfallte das Gleichgewicht und stürzte von der Leiter ab.

 

Der verwaltungsstrafrechtlich Verantwortliche hat am 31.03.2006 nicht dafür gesorgt, dass die Arbeitnehmer der "P & S B, Herr J F und Herr F B

1) ein Arbeitsmittel (Leiter) einsetzten bzw. benutzten, welches nach den Angaben der Hersteller oder Inverkehrbringer für diesen Arbeitsvorgang oder unter den Bedingungen vorgesehen ist. Anstelle einer vollständigen Leiter wurde nur ein Teil einer mehrteiligen Leiter verwendet.

 

Dies stellt eine Übertretung des § 35 Abs.1 Z1 ASchG dar, wonach Arbeitgeber dafür zu sorgen haben, dass bei der Benutzung von Arbeitsmitteln nachstehende Grundsätze eingehalten werden:

Arbeitsmittel dürfen nur für Arbeitsvorgänge und unter Bedingungen benutzt werden, für die sie geeignet sind und für die sie nach Angaben der Hersteller oder Inverkehrbringer vorgesehen sind.

 

2) eine Leiter verwendeten, die derart aufgestellt war, dass sie gegen Wegrutschen und Umfallen gesichert ist.

 

Dies stellt eine Übertretung des § 34 Abs.2 Z3 AM-VO dar, wonach Leitern derart aufgestellt werden, dass sie gegen Wegrutschen und Umfallen gesichert sind.

 

2. Dagegen wurde fristgerecht Berufung eingebracht  und die Aufhebung des Straferkenntnisses und Einstellung des Verwaltungsstrafverfahrens begehrt. Begründend wurde ausgeführt, dass die im Verfahren I. Instanz angebotenen und benannten Beweise nicht umfangreich aufgenommen worden seien. Bei Durchführung der beantragten Beweise hätte die Behörde feststellen müssen, dass Verwaltungsübertretungen nicht vorlagen und auch ein ausreichendes Kontrollsystem vorhanden gewesen sei. Die verwendete Leiter sei jedenfalls für die durchgeführten Arbeit geeignet gewesen und auf Grund des gegebenen Bodens sowie der an der Leiter befestigten Haken gegen Umfallen und Wegrutschen gesichert aufgestellt gewesen. Sämtliche Arbeitnehmer seien am Arbeitsplatz umfassend unterwiesen und angewiesen und werden auch vor Beginn allfälliger gefahrengeneigter Tätigkeiten Unterweisungen von den jeweiligen Vorgesetzten in punkto Sicherheit unternommen. Auch werden die jeweiligen Arbeitnehmer vom Gruppenleiter kontrolliert, konkret Herr R S. Auch finden Kontrollen durch die Sicherheitsfachkraft DI F W statt. Auch der Berufungswerber, der in den Bereichen Technik, Produktion und Montage zuständig ist, kontrolliert täglich, wenn er ins Büro geht. In zeitlichen Abständen, meist Halbjahresabständen finden Schulungen der Mitarbeiter statt. Auch wird bei Nichteinhaltung mit Konsequenzen, wie Verwarnung bis zum Verlust des Arbeitsplatzes, gedroht. Ein allfälliger Verstoß gegen Arbeitnehmer­schutzvorschriften infolge Verwendung einer nicht geeigneten Leiter bzw. infolge ungesicherten Aufstellens wäre daher auf eigenmächtige Handlung der betreffenden Arbeitnehmer zurückzuführen. Auch habe die Behörde nicht die Anwendung des § 21 VStG geprüft.

 

3. Die Bezirkshauptmannschaft Linz-Land als belangte Behörde hat die Berufung samt dem bezughabenden Verwaltungsstrafakt vorgelegt.

 

4. Der Oö. Verwaltungssenat hat Beweis erhoben durch Akteneinsichtnahme, insbesondere in die der Anzeige angeschlossenen Fotos sowie die vor der belangten Behörde durchgeführten Zeugeneinvernahmen, sowie durch Anberaumung und Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung am 12. September 2007, zu welcher die Verfahrensparteien geladen wurden. Der Berufungswerber und ein Vertreter der belangten Behörde sind nicht erschienen. Der Berufungswerber und das zuständige Arbeitsinspektorat haben durch einen Vertreter an der Verhandlung teilgenommen. Weiters wurden die Zeugen Ing. H G, Arbeitsinspektorat Linz, R S, J H (vormals F), F B und DI F W geladen und einvernommen.

 

4.1. Im Grunde des durchgeführten Beweisverfahrens steht als erwiesen fest, dass in der Arbeitsstätte der P & S B GmbH in T, G, deren handelsrechtlicher Geschäftsführer der Berufungswerber ist, am 31.3.2006 um ca. 08.15 Uhr der Arbeitnehmer F B auf einem Container damit beschäftigt war, Formrohre an den Kran anzuhängen und dann per Fernsteuerung hinunter zu transportieren. Er hatte vom Gruppenleiter, Herrn R S, die Anweisung, den Müll vom Container abzuräumen. Zum Aufstieg hat er einen Teil einer mehrteiligen Leiter beim Container vorgefunden und diesen Teil der Leiter zum Aufstieg verwendet, indem er sie über das Eck des Containers so angelehnt hat, dass eine Sprosse auf dem Container auflag, damit sie nicht verrutschen könne. An der oberen Längskante des Containers hat er sie deshalb nicht angelehnt, weil dann Metall auf Metall lag und er ein Verrutschen befürchtete. Bei der Verwendung der Leiter hat er sich nichts gedacht. Erst nach dem Unfall hat er über das richtige Verwenden von Leitern erfahren, nämlich dass sie rutschfeste Stopper aufweisen müsste. Es handelte sich um den oberen Teil einer mehrteiligen Leiter. Nach den aufliegenden Fotos hatte er nach unten weisende Haken. Für den oberen Teil sind keine rutschfesten Noppen vorgesehen. Die Leiter hatte keine Gummistopper am unteren Ende. An keinem Ende der Leiter waren Gummibacken vorhanden. Der verwendete Teil der Leiter hatte eine Länge von ca. 4 m, das heißt, sie ragte mindestens 1 m über das Containerdach hinaus. Der Container hatte keine Laschen zum Aufhängen der Leiter. Die Leiter wurde dann vom Arbeitnehmer H an der Längsseite zwischen dem Getränkeautomaten und einem alten Kaffeeautomaten an den Container angelehnt. Sie ist nach dem Abstürzen des Arbeitsnehmers J H seitlich abgerutscht und am Eck des Automaten hängen geblieben. Der Container war etwa 3 m hoch und die Leiter ragte noch etwa 1 m bis 1,20 m darüber hinaus. Beim Boden handelte es sich um einen Industrieboden. Beim Gehen war er nicht rutschig.

Gruppenleiter sowie Betriebsmeister und Vorarbeiter und Vorgesetzter der Arbeitnehmer Bund H ist Herr R S. Dieser gab am 31.3.2006 Herrn B und Herrn B die Anweisung, den Container von Müll zu befreien, weil sonst im Betrieb wenig Arbeit war. Weitere Anweisungen hinsichtlich Arbeitssicherheit und Gefahren gab es durch den Betriebsmeister nicht.

Im Betrieb finden jährliche Unterweisungen, so nachweislich im April 2004, Februar 2005 und Juli 2006 statt, wobei Unterweisungen auch das sichere Verwenden der Stehleitern und Anlehnleitern mit umfasste.

Der Arbeitnehmer B hingegen konnte nicht mehr sagen, worüber bei diesen Unterweisungen gesprochen wurde und ob ein Zettel mit diesen Unterweisungen ausgehändigt wurde bzw. im Betrieb ausgehängt wurde bzw. ob der ausgehängte Zettel den gleichen Inhalt hat.

Hinsichtlich der Einhalt der Arbeitnehmerschutzvorschriften ist der Gruppenleiter S zuständig und führt dieser Kontrollen durch. Er ermahnt, wenn die Ausführung nicht ordnungsgemäß ist. Über die Androhung von Verwarnungen bzw. des Verlustes des Arbeitsplatzes ist den Arbeitnehmern B und H nichts bekannt. Der Berufungswerber ist hinsichtlich Sicherheit nicht verantwortlich und geht gelegentlich durch den Betrieb, nämlich etwa einmal in der Woche.

 

Eine konkrete Anweisung an Herrn H, den Container abzuräumen gab es an diesem Tage nicht. Generell gab es aber die Anweisung, dass, wenn sonst nicht viel Arbeit ist, beim Aufräumen zusammen geholfen wird.

In die Spenglerei kommt der Berufungswerber nur selten, nämlich wenn der Gruppenleiter etwas braucht oder ihn anruft.

Herr DI F W ist Sicherheitsfachkraft im Betrieb und berät den Berufungswerber. Er geht auch gelegentlich durch den Betrieb. Arbeitssicherheit wird nicht mit den Arbeitnehmern, sondern mit dem Gruppenleiter besprochen. Arbeitnehmerunterweisungen macht er teilweise und erstellt auch Merkblätter für Arbeitnehmerschutzbestimmungen, die bei Unterweisungen besprochen werden sollen.

 

4.2. Diese Feststellungen gründen sich auf die Aussagen der einvernommenen Zeugen. Die Zeugen wirkten glaubwürdig und widersprachen einander grundsätzlich nicht. Der Unfallhergang selbst bzw. der Unfall ist nur mittelbar Gegenstand des Strafverfahrens, weil Tatvorwurf lediglich die Ausrüstung bzw. Gestaltung der Arbeitsmittel und Verwendung der Arbeitsmittel ist. Die Gestaltung des Arbeitsmittels und Verwendung des Arbeitsmittels ergibt sich einerseits aus den im Akt befindlichen Fotos und andererseits aus den Aussagen der beiden Arbeitnehmer H und B sowie auch aus den Erhebungsaussagen des Arbeitsinspektors. Hinsichtlich der Unterweisungen, Schulungen und Kontrollen ist den Aussagen einheitlich zu entnehmen, dass zwar regelmäßig Schulungen stattfinden, Kontrollen aber durch den Gruppenleiter S durchgeführt werden, welcher für die Arbeitssicherheit im Betrieb der Spenglerei verantwortlich ist. Kontrollen durch den Berufungswerber in regelmäßigen Abständen und lückenlos ergeben sich aus den Aussagen nicht. Auch ergibt sich einhellig aus den Aussagen, dass für den gegenständlichen Arbeitsvorgang und das Verwenden der Leiter konkrete Sicherheitsanweisungen bzw. Verwendungsanweisungen weder durch den Berufungswerber noch durch den Gruppenleiter erfolgt sind.

 

5. Hierüber hat der Oö. Verwaltungssenat erwogen:

 

5.1. Gemäß § 130 Abs.1 Z16 ArbeitnehmerInnenschutzgesetz – ASchG, BGBl. Nr. 450/1994 idF BGBl. II Nr. 22/2006, begeht eine Verwaltungsübertretung, die mit Geldstrafe von 145 Euro bis 7.260 Euro, im Wiederholungsfall mit Geldstrafe von 290 Euro bis 14.530 Euro zu bestrafen ist, wer als Arbeitgeber entgegen diesem Bundesgesetz oder den dazu erlassenen Verordnungen die Verpflichtungen betreffend die Beschaffenheit, die Aufstellung, die Benutzung, die Prüfung oder die Wartung von Arbeitsmitteln verletzt.

Gemäß § 33 Abs.2 ASchG haben Arbeitgeber dafür zu sorgen, dass Arbeitsmittel entsprechend den Bestimmungen dieses Abschnittes und den gemäß § 39 erlassenen Verordnungen beschaffen sind, aufgestellt, erhalten und benutzt werden.

Gemäß § 35 Abs.1 Z1 ASchG haben Arbeitgeber dafür zu sorgen, dass bei der Benutzung von Arbeitsmitteln folgende Grundsätze eingehalten werden:

Arbeitsmittel dürfen nur für Arbeitsvorgänge und unter Bedingungen benutzt werden, für die sie geeignet sind und für die sie nach den Angaben der Hersteller oder Inverkehrbringer vorgesehen sind.

Gemäß § 34 Abs.2 Z3 Arbeitsmittelverordnung – AM-VO, BGBl. II Nr. 164/2000 idF BGBl. II Nr. 309/2004, gilt für die Verwendung von Leitern, dass Leitern derart aufzustellen sind, dass sie gegen Wegrutschen und Umfallen gesichert sind.

 

Auf Grund des festgestellten Sachverhaltes wurde zum Tatzeitpunkt von den beiden Arbeitnehmern der obere Teil einer mehrteiligen Leiter verwendet, der nicht für diesen Arbeitsvorgang vorgesehen war, nämlich nicht als Anlegeleiter zum Besteigen des Containers vorgesehen war, zumal eben rutschfeste Noppen auf der Aufstehfläche fehlten. Der Container hatte auch keine Laschen zum Einhängen bzw. waren keine Haken zum Einhängen der Leiter vorhanden und hatte die Leiter keine rutschfesten Noppen auf der Stehfläche. Es waren daher der objektive Tatbestand der Verwaltungsübertretung gemäß §§ 130 Abs.1 Z16 und 35 Abs.1 Z1 ASchG sowie § 130 Abs.1 Z16 ASchG und § 34 Abs.2 Z3 AM-VO erfüllt.

Der Berufungswerber ist handelsrechtlicher Geschäftsführer und daher gemäß
§ 9 Abs.1 VStG verwaltungsstrafrechtlich verantwortlich.

 

5.2. Wenn sich der Berufungswerber hinsichtlich des Verschuldens auf regelmäßige Unterweisungen und Schulungen und Kontrollen durch den Berufungswerber und den Gruppenleiter stützt und auch auf den Einsatz einer Sicherheitsfachkraft hinweist, so ist diesem Vorbringen entgegenzuhalten, dass dieses nicht geeignet ist, eine Entlastung des Berufungswerbers zu bewirken.

Gemäß § 5 Abs.1 VStG genügt, wenn eine Verwaltungsvorschrift über das Verschulden nichts anderes bestimmt, zur Strafbarkeit fahrlässiges Verhalten. Fahrlässigkeit ist bei Zuwiderhandeln gegen ein Verbot oder bei Nichtbefolgung eines Gebotes dann ohne weiteres anzunehmen, wenn zum Tatbestand einer Verwaltungsübertretung der Eintritt eines Schadens oder eine Gefahr nicht gehört und der Täter nicht glaubhaft macht, dass ihn an der Verletzung der Verwaltungsvorschrift kein Verschulden trifft.

Auch die gegenständliche Verwaltungsübertretung stellt ein Ungehorsamsdelikt dar, wobei zur Strafbarkeit bereits Fahrlässigkeit ausreicht und Fahrlässigkeit im Sinne der zitierten Bestimmungen ohne weiteres anzunehmen ist, sofern vom Berufungswerber kein Entlastungsnachweis erbracht wird.

Nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes hat der Berufungswerber initiativ alles darzulegen, was für seine Entlastung spricht. Dies hat in erster Linie durch ein geeignete Tatsachenvorbringen und durch Beibringen von Beweismittel oder die Stellung konkreter Beweisanträge zu geschehen. Bloßes Leugnen oder allgemein gehaltene Behauptungen reichen für die Glaubhaftmachung nicht aus.

Im Sinne der Arbeitnehmerschutzbestimmungen und der dazu ergangenen ständigen Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes hat der Arbeitgeber dafür zu sorgen, dass die Bestimmungen dieses Bundesgesetzes sowie der dazu erlassenen Verordnungen eingehalten werden. Ist er selbst nicht anwesend, hat er einen geeigneten Arbeitnehmer zu bestimmen, der auf die Durchführung und Einhaltung der zum Schutz der Arbeitnehmer notwendigen Maßnahmen zu achten hat. Dieser Pflicht ist der Berufungswerber nicht ausreichend nachgekommen. Es ist ihm zwar zuzubilligen, dass die im heutigen Wirtschaftsleben notwendige Arbeitsteilung es nicht zulässt, dass sich der Unternehmer aller Belange und Angelegenheiten persönlich annimmt, sondern die Besorgung einzelner Angelegenheiten anderen Personen selbstverantwortlich überträgt und die eigene Tätigkeit in diesen Belangen auf eine angemessene Kontrolle beschränkt. Der Unternehmer ist dann persönlich von der verwaltungs­strafrechtlichen Verantwortung befreit, wenn er den Nachweis zu erbringen vermag, dass er Maßnahmen getroffen hat, die unter den vorhersehbaren Verhältnissen die Einhaltung der gesetzlichen Vorschriften mit gutem Grund erwarten lassen. Der dem Berufungswerber nach § 5 Abs.1 VStG obliegende Entlastungsbeweis kann aber nicht allein dadurch erbracht werden, dass die ihn betreffende Verantwortung auf eine hiezu taugliche Person übertragen worden sei. Es bedarf vielmehr des weiteren Beweises, dass auch für eine geeignete Kontrolle der mit der Wahrnehmung dieser Aufgaben beauftragten Person Vorsorge getroffen worden ist (VwGH vom 18.9.1991, 90/19/0177, sowie vom 13.12.1990, 90/09/0141). Nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes reichen die bloße Erteilung von Weisungen und die Wahrnehmung einer "Oberaufsicht" nicht aus (VwGH 30.6.1994, 94/09/0049). Entscheidend ist, ob auch eine wirksame Kontrolle über die Einhaltung der vom Verantwortlichen erteilten Weisungen erfolgte. In diesem Sinne führt der Verwaltungsgerichtshof in seinem Erkenntnis vom 20.12.2002, 99/02/0220, aus, dass der Hinweis auf die Betrauung Dritter mit Kontrollaufgaben, auf die Erteilung entsprechender Weisungen und auf stichprobenartige Überprüfungen nicht den Anforderungen an ein wirksames Kontrollsystem genügt. Insbesondere bemängelt der Verwaltungsgerichtshof, dass der Beschwerdeführer nicht geltend gemacht hat, dass er etwa die Einhaltung der vom verunfallten Arbeitnehmer erteilten Aufträge und Weisungen während deren Ausführung überprüft hätte. "Gerade für den Fall, dass Arbeitnehmer aus eigenem Antrieb aufgrund eigenmächtiger Handlungen gegen die Arbeitnehmervorschriften verstoßen, hat das entsprechende, vom Arbeitgeber eingerichtete Kontrollsystem, Platz zu greifen. Im Beschwerdefall zeigt jedoch das eigenmächtige Verhalten des verunfallten Arbeitnehmers zum Tatzeitpunkt, dass kein wirksames Kontrollsystem im Sinn der hg. Judikatur vorhanden war."

Im Sinn dieser Judikatur reicht es daher nicht aus, dass der Berufungswerber geltend macht, dass er einen geeigneten Gruppenleiter eingesetzt hat und dass es Schulungen und Unterweisungen der Arbeitnehmer gibt, welche diese auch zu unterzeichnen haben. Vielmehr hätte es auch eines weiteren Nachweises bedurft, wie der Berufungswerber Kontrollen durchführt, wie oft er diese Kontrollen durchführt und welche konkreten Maßnahmen er getroffen hat, um unter den vorhersehbaren Umständen die Einhaltung der Verwaltungsvorschriften gewährleisten zu können. Dass der Berufungswerber gelegentlich durch den Betrieb durchgeht, für Sicherheitsmaßnahmen aber nach den Aussagen der Arbeitnehmer nicht verantwortlich ist, die Sicherheitskontrollen der Gruppenleiter durchführt, reicht für eine Entlastung im Sinn der obzitierten Judikatur nicht aus. Vielmehr hätte es eines Vorbringens und eines konkreten Beweises bedurft, dass der Berufungswerber den von ihm beauftragten Gruppenleiter kontrolliert. Weiters fehlt auch ein Vorbringen, welche Maßnahmen zur Sicherstellung der Arbeitnehmerschutzbestimmungen vom Berufungswerber getroffen wurden. So fehlen insbesondere schon konkrete Verhaltensmaßnahmen des Gruppenleiter an die Arbeitnehmer betreffend die Verwendung von Aufstiegshilfen wie Leitern am konkreten Arbeitsplatz. Entsprechende Maßnahmen durch den Berufungswerber werden ebenfalls nicht vorgebracht. Darüber hinaus hat aber das Beweisverfahren gezeigt, dass der Berufungswerber nur einmal wöchentlich durch die Spenglerei in das Büro des Gruppenleiters geht, konkrete Kontrollgänge aber fehlen. Insbesondere findet keine regelmäßige Kontrolle des Gruppenleiters bzw. der Arbeitnehmer durch den Berufungswerber statt. Lediglich schriftliche Unterweisungen, das Aushändigen von Schutzbestimmungen ohne eine lückenlose Kontrolle reichen aber nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes für eine Entlastung nicht. Wenn der Berufungswerber hingegen sich damit verteidigt, dass ihm eine lückenlose ständige Kontrolle im Betrieb nicht zumutbar  ist, so ist ihm entgegenzuhalten, dass gerade eine solche Kontrolle der Einhaltung der Bestimmungen vom Verwaltungsgerichtshof verlangt wird, um sich vom gesetzlich vermuteten Verschulden zu entlasten. Das Kontrollsystem dient genau dazu, dass eigenmächtige Vorgangsweisen der Arbeitnehmer nicht eintreffen und soll das Kontrollsystem verhindern, dass gegen das Wissen und den Willen des Arbeitgebers Arbeitnehmer Handlungen setzen und Arbeitnehmerschutz­vorschriften außer Acht lassen. Es war daher vom Verschulden des Berufungswerbers auszugehen.

Dagegen ist der Kausalzusammenhang des Unfalles nicht zu überprüfen und nicht für die Tatbestandsmäßigkeit erforderlich. Vielmehr ist auch ohne Unfall die Nichteinhaltung als bloßes Ungehorsamsdelikt verwaltungsrechtlich strafbar.

 

Es war daher auch das Straferkenntnis hinsichtlich der Schuld betreffend beider Tatvorwürfe zu bestätigen.

 

5.3. Gemäß § 19 VStG ist Grundlage für die Bemessung der Strafe stets das Ausmaß der mit der Tat verbundenen Schädigung oder Gefährdung derjenigen Interessen, deren Schutz die Strafdrohung dient, und der Umstand, inwieweit die Tat sonst nachteilige Folgen nach sich gezogen hat (Abs.1).

Im ordentlichen Verfahren (§§ 40 bis 46) sind überdies die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen. Auf das Ausmaß des Verschuldens ist besonders Bedacht zu nehmen. Unter Berücksichtigung der Eigenart des Verwaltungsstrafrechtes sind die §§ 32 bis 35 des StGB sinngemäß anzuwenden.

Die Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse des Beschuldigten sind bei der Bemessung von Geldstrafen zu berücksichtigen.

 

Die belangte Behörde hat bei der Strafbemessung auf den besonderen Unrechtsgehalt der Tat hingewiesen, nämlich Verletzung der geschützten Interessen, sowie auch auf die nachteiligen Folgen, dass konkret ein Arbeitsunfall sich ereignet hat. Hinsichtlich der subjektiven Strafbemessungsgründe gemäß
§ 19 Abs.2 VStG hat sie strafmildernd keine Gründe gewertet. Mangels Angaben des Beschuldigten ist sie von einem monatlichen Nettoeinkommen von 3.000 Euro ausgegangen und hat die von ihm angegebenen Sorgepflichten für die Ehegattin und einen Sohn berücksichtigt. Die je Arbeitnehmer und je Verwaltungsübertretung verhängten Geldstrafen sind unter dem Mindestsatz des Strafrahmens von 145 bis 7.260 Euro gelegen. Es kann daher von keiner überhöhten Strafe gesprochen werden. Weil aber bei der Berufung das Verschlechterungsverbot gilt, kann – auch bei Nichtvorliegen besonderer erheblicher Milderungsgründe – eine Berichtigung der Strafe nicht mehr vorgenommen werden. Es war daher auch die verhängte Geldstrafe je Delikt zu bestätigen. Wenn hingegen der Berufungswerber § 21 VStG vorbringt, so ist ihm entgegenzuhalten, dass sein Verschulden nicht geringfügig war, zumal sein Verhalten nicht wesentlich hinter dem in der Strafdrohung typisierten Unrechts- und Schuldgehalt der Tat zurückbleibt. Es war daher nicht mit Absehen von der Strafe gemäß § 21 VStG vorzugehen.

 

Entsprechend war gemäß § 16 VStG auch die jeweilige Ersatzfreiheitsstrafe zu bestätigen.

 

6. Weil die Berufung keinen Erfolg hatte, war ein Kostenbeitrag zum Verfahren vor dem Oö. Verwaltungssenat in der Höhe von insgesamt 80 Euro, ds 20 % der verhängten Geldstrafen, gemäß § 64 VStG aufzuerlegen.

 

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen  diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 180 Euro zu entrichten.

 

 

Dr. Ilse Klempt

 

Beschlagwortung:

Kontrollsystem

 

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