Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-251679/7/Lg/Sta

Linz, 28.04.2008

 

 

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Ewald Langeder nach der am 6. März 2008 durchgeführten öffentlichen mündlichen Verhandlung über die Berufung des M G, vertreten durch Rechtsanwalt Dr. K B, A, gegen das Straferkenntnis des Bezirkshauptmannes der Bezirkshauptmannschaft Gmunden vom 4. Dezember 2007, Zl. SV96-28-2005, zu Recht erkannt:

 

 

I.       Die Berufung wird abgewiesen und das angefochtene Straferkenntnis vollinhaltlich bestätigt.

 

II.     Der Berufungswerber hat zusätzlich zu den Kosten des erstinstanzlichen Verfahrens einen Beitrag zu den Kosten des Verfahrens vor dem Unabhängigen Verwaltungssenat in Höhe 200 Euro zu leisten.

 

 

Rechtsgrundlagen:

zu I: §§ 24 und 51 Verwaltungsstrafgesetz 1991 – VStG iVm. § 66 Abs. 4 Allgemeines Verwal­tungsverfahrens­gesetz 1991 – AVG;

zu II: § 64 Abs.1 und 2 VStG.

 

 

 

Entscheidungsgründe:

 

1. Mit dem angefochtenen Straferkenntnis wurde über den Berufungswerber eine Geldstrafe in Höhe von 1.000 Euro bzw. eine Ersatzfreiheitsstrafe in Höhe von 67 Stunden verhängt, weil er es als handelsrechtlicher Geschäftsführer und somit als gemäß § 9 nach außen hin berufenes Organ der "P G GmbH", G, welche das Lokal "T S" in S, betreibe, verwaltungsstrafrechtlich zu verantworten habe, dass im erwähnten Lokal die ungarische Staatsangehörige G A vom 1.5.2006 bis 30.5.2006 als Tänzerin vom Berufungswerber beschäftigt worden sei, ohne dass die für eine legale Ausländerbeschäftigung erforderlichen arbeitsmarktrechtlichen Papiere vorgelegen seien.

 

In der Begründung wird auf eine mit der Ausländerin am 30.5.2006 in der BH Gmunden unter Beisein einer Dolmetscherin aufgenommene Niederschrift Bezug genommen. Als entscheidungsrelevanter Sachverhalt ist festgehalten, dass mit der Berufungswerberin ein Lohn von 40 Euro pro Abend für die Tätigkeit als Tänzerin vereinbart gewesen sei. Die Weisungsunterworfenheit sei grundsätzlich gegeben gewesen. Die Auszahlung sei im Lokal durch den diensthabenden Kellner erfolgt. Die Ausländerin sei auf diese Weise organisatorisch in den Betriebsablauf eingebunden gewesen.

 

Zum Verschulden wird ausgeführt, dass der Berufungswerber wegen eines ähnlich gelagerten Sachverhaltes mit Bescheid des Bezirkshauptmannes der Bezirkshauptmannschaft Gmunden vom 17.10.2005 bestraft worden sei. Dieser sei dem Berufungswerber am 20.10.2005 zugestellt worden. Spätestens ab diesem Zeitpunkt habe dem Berufungswerber die Rechtslage klar sein müssen.

 

 

2. In der Berufung wird dazu ausgeführt:

 

"Es wird nicht verkannt, dass der dem gegenständlichen Verwaltungs­strafverfahren zu Grunde liegende Sachverhalt gleich gelagert ist zu demjenigen, der dem Verwaltungsstrafverfahren SV96-34-2005 der Bezirkshauptmannschaft Gmunden entspricht, in welchem der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich (UVS) mit Erkenntnis vom 22.11.2007, VwSen-251439/22, der Berufung des Beschuldigten nur teilweise Folge gab und der UVS mit dem genannten Erkenntnis inhaltlich eine Entscheidung traf, die dem angefochtenen Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Gmunden vom 04.12.2007 entspricht. Offenbar hat die Bezirkshauptmannschaft Gmunden das angefochtene Straferkenntnis unmittelbar nach Zustellung des Erkenntnisses des UVS vom 22.11.2007, VwSen-251439/22, in Anlehnung an dieses getroffen. Die gegenständliche Berufung bezieht daher bewusst die Begründung des UVS im Erkenntnis vom 22.11.2007, auch soweit sie im angefochtenen Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Gmunden nicht Eingang gefunden hat, ein.

 

Die Abgrenzung zwischen selbstständiger Tätigkeit auf Basis eines Werkvertrages einerseits und unselbstständiger Tätigkeit auf Basis eines Dienstvertrages andererseits gehört in der arbeitsrechtlichen Praxis sicher zu den schwierigsten Rechtsfragen überhaupt. Für die Abgrenzung ist zu prüfen, ob eine persönliche und wirtschaftliche Unterordnung des Betroffenen in den Organismus des Betriebes vorliegt, wobei es immer auf die Umstände des Einzelfalles ankommt und die einzelnen Faktoren nach Art eines beweglichen Systems zu gewichten sind. Auch Juristen sind bei diesem Abgrenzungsproblem durchaus gefordert. Für einen Laien wie dem Beschuldigten ist diese Abgrenzungsfrage praktisch nicht zu beantworten; er kann sich nur auf die Auskünfte fachkundiger Dritter verlassen.

 

In diesem Sinn hat eben der Beschuldigte beim Arbeitsmarktservice Oberösterreich telefonisch angefragt und im August 2005 die Auskunft erhalten, dass laut Rechtsansicht des Arbeitsmarktservice Oberösterreich Showtänzerinnen, GoGo-Girls und dergleichen angesichts der Werkverträge, auf deren Grundlage sie in aller Regel tätig sind, Selbstständige sind und daher das AuslBG von vornherein nicht zur Anwendung kommt. Zutreffend hat der UVS in den Verfahren VwSen-251306 und VwSen-251435 ausgesprochen, dass dem Beschuldigten an den ihm in den dortigen Verfahren zur Last gelegten Übertretungen des AuslBG im Hinblick auf diese Rechtsauskunft des Arbeitsmarktservice Oö. kein Verschulden trifft. Abweichend vom Erkenntnis des UVS vom 22.11.2007 und dem angefochtenen Straferkenntnis der BH Gmunden vom 04.12.2007 ist durch die Zustellung des Straferkenntnisses der BH Gmunden zu SV96-28-2005 am 21.10.2005 für den Beschuldigten keine Änderung der Situation eingetreten, die es erlauben würde, dem Beschuldigten ab diesem Zeitpunkt ein verwaltungsstrafrechtlich relevantes Verschulden anzulasten:

 

- Die zitierte Rechtsauskunft des Arbeitsmarktservice Oberösterreich stand für den Beschuldigten trotz Zustellung des Straferkenntnisses am 20.10.2005 weiterhin unverändert im Raum. Das Arbeitsmarktservice Oberösterreich hat seine Rechtsansicht bekanntermaßen erst zu einem wesentlich späteren Zeitpunkt geändert. Das Arbeitsmarktservice ist nach der vom UVS zu VwSen-251439/22/Py/Jo, vertretenen Rechtsansicht auch die primär fachlich zuständige Stelle zur Beurteilung der Abgrenzung zwischen selbstständiger und unselbstständiger Tätigkeit.

 

- Dass die zitierte Rechtsauskunft allgemein gehalten war, sich auf "in der Regel" verwendete Werkverträge bezog und daher die Einholung einer rechtlichen Beurteilung des konkreten Sachverhalts erforderlich gewesen wäre (VwSen-251439/22/Py/Jo, Seite 11) stellt an die Rechtskenntnisse eines juristischen Laien zu hohe Anforderungen. Der Unterschied zwischen einer allgemeinen Rechtsauskunft und der rechtlichen Beurteilung eines konkreten Sachverhaltes ist einem juristischen Laien kaum bekannt. Der Beschuldigte verwendete in seinen Betrieben ja gerade solche Werkverträge, auf die sich das Arbeitsmarktservice Oö. in seiner Rechtsauskunft bezog und wie sie ihm von dritter Seite (mit dem Bemerken "von der Bundespolizeidirektion Innsbruck überprüft und in Ordnung befunden") als Grundlage für eine zulässige Zusammenarbeit mit den Showtänzerinnen zur Verfügung gestellt worden waren. Dass trotz der Verwendung solcher Werkverträge auf Grund der konkreten Ausgestaltung des Arbeitsablaufes im Einzelfall – und damit entgegen "allgemeinen" Rechtsauskunft des Arbeitsmarktservice Oö. – dennoch eine unselbstständige Tätigkeit vorliegen kann, ist dem Beschuldigten erst durch das Erkenntnis des UVS vom 4.12.2006, VwSen-251603/20 (gemeint: 251306), klar geworden.

 

- Die Bezirkshauptmannschaft Gmunden, die das am 20.10.2005 zugestellte Straferkenntnis erließ, ist jedenfalls keine zur Beurteilung zivilrechtlicher Fragen, wie es die Abgrenzung von Werkvertrag und Dienstvertrag darstellt, primär zuständige Institution. Dies ist auch einem juristischen Laien wie dem Beschuldigten geläufig und für das der von ihr vertretenen Rechtsansicht beizumessende Gewicht durchaus von Bedeutung. Vor allem aber mag die BH Gmunden mit ihrer Rechtsansicht, dass es sich bei den Showtänzerinnen, die der Beschuldigte in seinen Betrieben beschäftigt, um Unselbstständige handelte, in den mehreren parallelen Strafverfahren letztlich im Ergebnis Recht behalten haben, die ihm am 20.10.2005 zugestellten Straferkenntnis angegebene Begründung war aber jedenfalls offensichtlich unrichtig. In diesem Straferkenntnis heißt es nämlich: "Jeglicher finanzieller Transfer zwischen dem Showtänzer und dem Lokalbetreiber bzw. –verantwortlichen muss ausgeschlossen sein, da sonst ein Beschäftigungsverhältnis anzunehmen ist". Die bloße Bezahlung eines Entgelts durch den Lokalbetreiber an den Showtänzer macht das Vertragsverhältnis aber mit Sicherheit noch nicht zu einem unselbstständigen Dienstvertrag. Selbstverständlich erfolgt auch im Rahmen eines Werkvertrages eine Entgeltzahlung. Das von der Bezirkshauptmannschaft Gmunden ausschließlich herangezogene Abgrenzungskriterium der Zahlung eines Entgelts vom Lokalinhaber an den Showtänzer ist daher vollkommen untauglich. Auf Basis dieser Begründung mussten dem Beschuldigten entgegen der Ansicht des UVS (VwSen-251439/22, Seite 11) keine Zweifel an der Rechtmäßigkeit seines Vorgehens kommen. Jedermann weiß, dass auch bei einem Werkvertrag Entgelt bezahlt wird, sodass diese Begründung für den Beschuldigten mit Sicherheit keine Hilfe war, zur richtigen Rechtsansicht zu gelangen.

 

- Weiters haben die Finanzbehörden die vom Beschuldigten beschäftigten Showtänzerinnen steuerrechtlich als Selbstständige behandelt. Es trifft zu, dass nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes die Behörden im Rahmen des AuslBG selbstständig zu prüfen haben, ob eine bewilligungspflichtige Beschäftigung vorliegt, sie also bei der Abgrenzung selbstständig oder unselbstständige Tätigkeit nicht an die rechtlichen Beurteilungen anderer Behörden, insbesondere Finanzbehörden, gebunden sind. Der vom Beschuldigten erhobene Einwand, dass die Finanzbehörden die Tänzerinnen steuerrechtlich als Selbstständige behandelten, ging auch nie dahin, dass das Arbeitsmarktservice oder die Verwaltungsstrafbehörden an diese rechtliche Beurteilung als Vorfrage gebunden wären. Vielmehr wurde dieser Einwand deshalb erhoben, um das mangelnde Verschulden des Beschuldigten zu belegen, wenn er selbst in Übereinstimmung mit der Rechtsauskunft des Arbeitsmarktservice Oberösterreich entsprechend eben der auch von den Finanzbehörden gepflogenen Vorgangsweise von einer selbstständigen Tätigkeit der Tänzerinnen ausging.

 

Insgesamt lagen daher dem Beschuldigten die Rechtsauskunft des Arbeitsmarktservice Oberösterreich, die Vorgangsweise der Finanzbehörden und die nach seinem Informationsstand von der Bundespolizeidirektion Innsbruck überprüften, von ihm verwendeten Werkverträge vor, die alle auf eine selbstständige Tätigkeit der Tänzerinnen hinwiesen. Demgegenüber lag am 20.10.2005 nur das Straferkenntnis der BH Gmunden vor, in dem mit offensichtlich unrichtiger Begründung von einer unselbstständigen Tätigkeit ausgegangen wurde. Wenn der Beschuldigte unter diesen Umständen an seiner Rechtsansicht festhielt, trifft ihn kein Verschulden. Alles andere ist eine Überspannung des Verschuldensmaßstabes.

 

Letztlich ist erst im Verfahren VwSen-25603 (gemeint: 251306) die Frage der selbstständigen oder unselbstständigen Tätigkeit der Tänzerinnen in den Betrieben des Beschuldigten detailliert geprüft worden und erst mit Vorliegen des Erkenntnisses des UVS vom 14.12.2006 in diesem Verfahren war für den Beschuldigten geklärt, dass die Tätigkeit der Tänzerinnen beim Beschuldigten als unselbstständige Beschäftigung zu beurteilen ist.

 

Es wird daher gestellt der

 

Antrag

 

der Berufung Folge zu geben und das angefochtene Straferkenntnis ersatzlos aufzuheben."

 

3. Aus dem Akt ist ersichtlich:

 

Am 30.5.2006 gab die Ausländerin niederschriftlich vor der Behörde an, sie habe vor ca. einem Monat (andererseits: bereits im Jänner) einen Werkvertrag unterschrieben. Im gegenständlichen Lokal sei sie ohne Vermittlung über eine Agentur tätig gewesen. Zum Inhalt des Werkvertrags befragt, konnte die Ausländerin keine konkreten Angaben machen, sie wisse nur, dass sie auf Grund des Vertrages "in der Bar von F (G) arbeiten kann". In S arbeite sie zwei Mal in der Woche, das sei unterschiedlich. Sie verdiene 40 Euro pro Abend, bezahlt werde sie von B M oder vom jeweils anwesenden Kellner. An der Bar könne die Ausländerin trinken, was sie wolle. Sie sei nicht in Österreich versichert und zahle auch keine Steuern in Österreich. Chef der Bar sei der Berufungswerber. Er bestimme, was in der Bar geschieht. Die Ausländerin halte sich an seine Anweisungen, auch wenn er nur selten Anweisungen gebe bzw. ihr diese nur ausgerichtet würden. "Eingestellt" habe sie "ursprünglich" A G. Mit diesem habe sie vereinbart, zwei Mal in der Woche zu tanzen. F (G) habe ihr gesagt, sie solle tanzen, wenn ein Gast kommt.

 

4. In der öffentlichen mündlichen Verhandlung legte der Vertreter des Berufungswerbers dar:

 

"Die Argumentation ist in beiden Berufungen im Wesentlichen ident. Zusammengefasst geht es im Wesentlichen darum, dass sich im Hinblick auf die aktenkundige Auskunft des Arbeitsmarktservice durch die Zustellung eines Straferkenntnisses des BH Gmunden nichts Substantielles geändert hat. Fachlich zuständige Behörde ist nämlich nicht die BH Gmunden, sondern das AMS. Außerdem ist es so, dass die Begründung des Straferkenntnisses der BH Gmunden inhaltlich so gefasst ist, dass der Berufungswerber nach wie vor davon ausgehen durfte, dass gegenständliche Selbstständigkeit vorliegt. Der bloße Umstand, dass Entgeltzahlungen vorlagen, schließt nämlich nach allgemeinem Wissen das Vorliegen der Selbstständigkeit nicht aus, sondern ist wesentliches Merkmal aller entgeltlichen Rechtsgeschäfte, als Rechtsgeschäft mit einem Selbstständigen oder Unselbstständigen zu qualifizieren.

 

Nach Zustellung des Straferkenntnisses der BH Gmunden wurden seitens des Berufungswerbers bzw. seines Vaters sehr wohl Erkundigungen eingezogen. Es wurde Kontakt mit der Wirtschaftskammer und mit der Fremdenpolizei der BH Schärding (in deren Bezirk sich ein weiteres Lokal befindet) aufgenommen und in beiden Fällen wurde bekannt gegeben, dass eine Änderung der Rechtslage nicht eingetreten sei.

 

Außer der aktenkundigen Auskunft des AMS in Linz durch Dr. A gibt es eine weitere Auskunft des AMS Gmunden (ob vor oder nach Zustellung des Straferkenntnisses ist unbekannt), wo der konkrete Sachverhalt, dh., das konkret praktizierte Modell Gegenstand der Anfrage war und Herr G Befreiungsscheine haben wollte, ausgehend davon, dass es sich um eine unselbstständige Tätigkeit handelt, woraufhin er vom AMS Gmunden die Auskunft erhalten hatte, Befreiungsscheine würden nicht ausgestellt, weil es sich um unselbstständige Tätigkeit handelt.

 

Diesbezüglich wird auf das Tonbandprotokoll zu VwSen-251439/19/Py/Da, verwiesen, wo die gegenständliche Rechtfertigung bereits dargelegt wurde. In diesem Tonbandprotokoll sind die Einvernahmen des Berufungswerbers und seines Vater protokolliert.

 

Es ist ein Rechtsirrtum vorgelegen, der im konkreten Fall nicht vorwerfbar war. Dies weil die Rechtsansicht des Berufungswerbers auf Grund der Rechtsauskünfte vertretbar war. Der Berufungswerber hat versucht, die richtige Rechtslage auszuforschen. Auf Grund der erhaltenen Auskünfte ging er davon aus, dass eine selbstständige Tätigkeit vorlag.

 

Dies ist umso weniger vorwerfbar, als die Abgrenzung zwischen selbstständiger und unselbstständiger Tätigkeit ein schwieriges Problem darstellt. Als Beispiel für die Schwierigkeit der Abgrenzung wird darauf hingewiesen, dass das aktuell in Kraft getretene Pflegemodell mit seiner Unterscheidung zwischen unselbstständigen und selbstständigen Pflegekräften unter Zivilrechtlern zur Diskussion geführt hat, ob bei einer rund um die Uhr Pflege überhaupt eine selbstständige Tätigkeit denkbar ist. Dies zeigt, dass in diesen Dingen alles sehr im Fluss ist und dass, falls sich ein Normunterworfener in dieser Hinsicht irrt, keine strengen Maßstabe angelegt werden dürfen."

 

Es wird daher ersucht, die angefochtenen Straferkenntnisse aufzuheben und die Strafverfahren einzustellen."

 

5. Das erkennende Mitglied des Unabhängigen Verwaltungssenates hat Beweis erhoben durch Einsicht in den Akt und die Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung.

Ferner wurde Einsicht genommen in die Erkenntnisse des Unabhängigen Verwaltungssenates vom 14.12.2006, Zl. VwSen-251306 (betreffend das Straferkenntnis des Bezirkshauptmannes des Bezirkes Gmunden vom 17.10.2005, Zl. SV96-28-2005), vom 17.4.2007, Zl. VwSen-251435 (betreffend das Straferkenntnis des Bezirkshauptmannes des Bezirkes Gmunden vom 12.6.2006, Zl. SV96-29-2005), vom 22.11.2007, Zl. VwSen-251439 (betreffend das Straferkenntnis des Bezirkshauptmannes des Bezirkes Gmunden vom 26.6.2006, Zl. SV96-34-2005) und vom 25.4.2007, Zl. VwSen-251440 (betreffend das Straferkenntnis des Bezirkshauptmannes des Bezirkes Gmunden vom 26.6.2006, Zl. SV96-38-2005).

 

 

 

6. Hierüber hat der Oö. Verwaltungssenat erwogen:

 

Entsprechend auch der Auffassung des Berufungswerbers ist davon auszugehen, dass den zitierten Erkenntnissen des Unabhängigen Verwaltungssenates im Wesentlichen gleichgelagerte Konstellationen zu Grunde liegen. In den Erkenntnissen VwSen-251306 und 251439 hat der Unabhängige Verwaltungssenat begründet, warum bei solchen Konstellationen von einer Beschäftigung im Sinne des AuslBG auszugehen ist. Ausgehend von den im angefochtenen Straferkenntnis getroffenen (und unwidersprochen gebliebenen) Feststellungen auf der Grundlage der Aussage der Ausländerin – Tätigkeit als Tänzerin gegen eine Fixbetrag pro Nacht (selbstverständlich während der Öffnungszeit des Lokals), Auszahlung durch den Kellner, freier Getränkekonsum, Weisungsbindung, "arbeiten" als Inhalt des "Werkvertrags", "Arbeit" zwei Mal pro Woche, organisatorische Eingliederung in den Betrieb auf Grund dieser Umstände – sieht der Unabhängige Verwaltungssenat keine Veranlassung, von dieser Rechtsprechung abzugehen, zumal nicht ersichtlich ist, worin gegenständlich ein "Werk" bestehen soll, sondern offensichtlich keine Ziel- sondern Dauerschuldverhältnisse vorlagen (Bemessung sowohl der Arbeit als auch der Entlohnung nach Zeit). Maßgeblich sind die tatsächlichen Umstände der Tätigkeit des Ausländers, nicht eventuell abweichende Bestimmungen in (gegenständlich ohnehin weder dem Unabhängigen Verwaltungssenat vorgelegten noch im Akt befindlichen) Urkunden (Vertragwerken) – vgl. statt vieler das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 28.9.2000, Zl. 98/09/0151.  Zur Irrelevanz "formaler Umstände" wie der sozialversicherungsrechtlichen und steuerrechtlichen Selbstständigkeit vgl. etwa das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 30.4.2004, Zl. 2004/09/0026, des Aufenthaltstitels vgl. das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 15.9.2004, Zl. 2001/09/0202, einer Gewerbeanmeldung vgl. das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 3.11.2004, Zl. 2001/18/129.

 

Ergänzend sei auf die Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes hingewiesen, wonach die Tätigkeit als Tänzerin (spärlich bekleidete Table-Tänzerin) in einem Barbetrieb oder vergleichbarem Etablissement nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes als Beschäftigung im Sinne des § 2 Abs.2 AuslBG zu beurteilen ist (vgl. das Erkenntnis vom 12.4.2005, Zl. 2003/01/0489 unter Hinweis auf das Erkenntnis vom 21.1.2004, Zl. 2001/09/0131). Im letztgenannten Erkenntnis hat der Verwaltungsgerichtshof (für Peep-Show-Tänzerinnen) ausgesprochen, dass das Fehlen der Anwesenheitspflicht und die freie Gestaltung der Tanzdarbietung der Annahme einer Beschäftigung nicht entgegensteht. In ständiger Rechtsprechung hat der Verwaltungsgerichtshof ferner festgehalten, dass die (mit der Tanztätigkeit in Nachlokalen durch den Verwaltungsgerichtshof stets analog behandelten) Animiertätigkeit als arbeitnehmerähnlich zu qualifizieren ist (vgl. statt vieler die Erkenntnisse des Verwaltungsgerichtshofes vom 29.5.2006, Zl. 2004/09/0043 und vom 14.11.2002, Zl. 99/09/0167, jeweils mit Vorjudikatur). Im Erkenntnis vom 16.11.2006, Zl. 2005/09/0128, hat der Verwaltungsgerichtshof ausdrücklich ausgesprochen: "Wenn aber ein ausländischer Staatsangehöriger bei der Erbringung von Dienstleistungen arbeitend unter solchen Umständen angetroffen wird, die nach der Lebenserfahrung üblicherweise auf ein Dienstverhältnis hindeuten (wie dies bei der Tätigkeit unter anderem auch einer sog. "Table-Tänzerin" in einem Barbetrieb der Fall ist), dann ist die Behörde – unabhängig von der weiteren Feststellung einer Beteiligung am Umsatz – berechtigt, von einem Dienstverhältnis im üblichen Sinne auszugehen, sofern im Verfahren nicht jene atypischen Umstände dargelegt werden, die einer solchen Deutung ohne nähere Untersuchung entgegenstehen." (Ebenso das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 9.10.2006, Zl. 2005/09/0086, betreffend auch Kellnerinnen und Animierdamen in einem Barbetrieb). In solchen Fällen sei nicht einmal eine Entlohnungsvereinbarung erforderlich, da sich der diesbezügliche Anspruch aus § 1152 ABGB ergebe (ebd.).

 

Die Taten sind daher dem Berufungswerber in objektiver Hinsicht zuzurechnen. Dies scheint nach der Argumentationslogik des Berufungswerbers auch gar nicht in Streit gezogen zu sein, konzentriert sich diese doch auf das Vorbringen mangelnden Verschuldens infolge Rechtsirrtums. Zur Tatzeit habe dem Berufungswerber die in den erst nachher erlassenen Erkenntnissen des Unabhängigen Verwaltungssenats VwSen-251306 und 251439 vertretene Rechtsauffassung noch nicht bekannt sein können; das Straferkenntnis des Bezirkshauptmannes des Bezirkes Gmunden stamme nicht von einer für die Erteilung von entschuldigungsrelevanten Auskünften zuständigen Behörde, sodass nach wie vor die Auskunft des AMS Oö. vom 23.8.2005 maßgeblich gewesen sei und zwar in Verbindung mit dem von der BPD Innsbruck approbierten Werkvertragsmuster. Dem ist jedoch entgegen zu halten, dass die BPD Innsbruck keine im Sinne der in Rede stehenden Auskünfte zuständige Behörde ist und die Auskunft des AMS Oö. durch die einschränkende Formulierung "in der Regel" im Hinblick auf die Intention des Berufungswerbers entwertet ist, da diese Einschränkung – auch für juristische Laien erkennbar – bedeutet, dass eine Prüfung der konkreten Umstände von Fall zu Fall (also: vor jedem Vertragsschluss und dies unter der Voraussetzung, dass die vereinbarten Bedingungen tatsächlich eingehalten werden) erforderlich ist. Das korrekte Verständnis der angesprochenen Einschränkung wurde durch die Zustellung des Straferkenntnisses des Bezirkshauptmannes des Bezirkes Gmunden am 21.10.2005 umso dringender nahe gelegt (vgl. dazu auch VwSen-251439). Dass der Berufungswerber vor Begehung der gegenständlichen Verwaltungsüber­tretungen konkret bezogen auf die gegenständliche Ausländerin eine Rechtsauskunft des AMS eingeholt und von dort die Auskunft erhalten hat, diese Ausländerinnen unterläge – und zwar zu den oben dargelegten, also hier sachverhaltsrelevanten (faktischen) Bedingungen – nicht den Bestimmungen des AuslBG, wurde (auch was die angebliche Auskunft des AMS Gmunden betrifft; diesbezüglich ist im Übrigen der Zeitpunkt der Auskunftserteilung unklar, die Person des Auskunftserteilenden unbekannt, die Behauptung abgeschwächt durch die Wendung "mir konnte dort keiner eine Auskunft geben" – vgl. das vom Vertreter des Berufungswerbers angesprochene Tonbandprotokoll vom 4.7.2007 zu VwSen-251439) nicht dargetan. Genau darauf kommt es nach der Rechtsauffassung des Verwaltungsgerichtshofes jedoch an (vgl. das Erkenntnis vom 25.2.2005, Zl. 2003/09/0183 unter ausdrücklichem Hinweis darauf, dass der Verwaltungs­gerichtshof zumindest seit dem Erkenntnis vom 17.11.1994, Zl. 94/09/0195, die Frage der – grundsätzlichen – Beschäftigungsbewilligungspflicht von Animierdamen, Prostituierten und Tänzerinnen eindeutig beantwortet habe; bekräftigend hinsichtlich des Erfordernisses der Bezogenheit der Auskunft auf die jeweils gegenständlichen Ausländerinnen – und, wie logisch zu ergänzen ist, deren konkrete Arbeitsbedingungen – das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 24.4.2006, Zl. 2003/09/0059).  Ergänzend sei darauf verwiesen, dass vor dem Hintergrund einer verfestigten Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (hier: zu Werbemittelverteilern) selbst die Berufung auf eine (gegenteilige) Rechtsauffassung des Bundesministers (und von Interessenvertretungen) im Hinblick auf § 5 Abs.2 VStG der Erfolg versagt bleibt (so das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 25.2.2004, Zl. 2001/09/0195). Aus diesen Gründen ist auch von der Schuldhaftigkeit des Verhaltens des Berufungswerbers auszugehen (Fahrlässigkeit).

 

Zur Bemessung der Strafhöhe ist festzuhalten, dass im angefochtenen Straferkenntnis die gesetzlich vorgesehene Mindestgeldstrafe verhängt wurde, was in Anbetracht der – wenn auch untauglichen so doch zuzugestehenden –  Bemühung um Klärung der Rechtslage in Verbindung mit der Unbescholtenheit des Berufungswerbers vertretbar erscheint (vgl. VwSen-251439). Überwiegende Milderungsgründe im Sinne des § 20 VStG sind nicht ersichtlich. Die Tat bleibt auch nicht soweit hinter dem deliktstypischen Unrechts- und Schuldgehalt zurück, dass eine Anwendung des § 21 Abs.1 VStG gerechtfertigt sein könnte. Insbesondere ist das in Rede stehende Verschulden des Berufungswerbers nicht als geringfügig einzustufen.

 

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen  diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 180 Euro zu entrichten.

 

 

Dr. Ewald Langeder

Beachte:

Beschwerde gegen vorstehende Entscheidung wurde abgelehnt.

VfGH vom 25.06.2008, Zl.: B 1108/08-3

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