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VwSen-240639/2/Gf/Mu/Se

Linz, 21.05.2008

u.a., L, gegen das Straf­erkenntnis des Bezirkshauptmanns von Vöcklabruck vom 3. März 2008, GZ SanRB96-93-2007, wegen einer Über­tretung des Lebensmittelsicherheits- und Verbraucherschutz­gesetzes zu Recht erkannt:

I.                  Der Berufung wird insoweit stattgegeben, als das angefochtene Straferkenntnis aufgehoben wird.

 

II.              Der Berufungswerber hat weder einen Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens vor der belangten Behörde noch einen Kostenbei­trag für das Verfahren vor dem Oö. Verwaltungssenat zu leisten.

Rechtsgrundlagen:

§ 24 VStG i.V.m. § 66 Abs. 4 AVG; § 66 Abs. 1 VStG.

 

 

Entscheidungsgründe:

1.1. Mit Straferkenntnis des Bezirkshauptmanns von Vöcklabruck vom 3. März 2008, Zl. SanRB96-93-2007, wurde über den Rechtsmittelwerber eine Geldstrafe in Höhe von insgesamt 300 Euro (Ersatzfreiheitsstrafe: insgesamt 72 Stunden) verhängt, weil er es – wie am 1. Oktober 2007 anlässlich einer lebensmittelpolizeilichen Überprüfung in seinem Betrieb festgestellt worden sei – als Gewerbeinhaber zu verantworten habe, dass zum einen der in der Küche fix montierte Messerhalter aus Holz oberflächlich desolat und daher nicht mehr leicht zu reinigen gewesen sei, obwohl Flächen (einschließlich Flächen von Ausrüstungen) in Bereichen, in denen mit Lebensmittel umgegangen wird und insbesondere Flächen, die mit Lebensmittel in Berührung kommen, in einem einwandfreien Zustand zu halten, leicht zu reinigen und erforderlichenfalls desinfizierbar sein müssen, und zum anderen eine große Schneidemaschine offensichtlich bereits über einen längeren Zeitraum nicht mehr gereinigt worden sei, weil auf dem Messer ein eingetrockneter Belag feststellbar gewesen sei, und schließlich die Eiswürfelmaschine innen stark verkalkt, d.h. mit einem losen, leicht abwischbaren Kalkbelag überzogen und daher augenscheinlich nicht sauber gewesen sei, obwohl Gegenstände, Armaturen und Ausrüstungen, mit denen Lebensmittel in Berührung kommen, gründlich gereinigt und erforderlichen falls desinfiziert werden müssen; die Reinigung  und Desinfektion muss jeweils so häufig erfolgen, dass kein Kontaminationsrisiko besteht. Dadurch habe er zum einen eine Übertretung des § 90 Abs. 3 Z. 1 i.V.m. § 4 Abs. 1 des Lebensmittelsicherheits- und Verbraucherschutzgesetzes, BGBl.Nr. I 13/2006, zuletzt geändert durch BGBl.Nr. I 136/2006 (im Folgenden: LMSVG), und i.V.m. Art. 4 Abs. 2 und Anhang II Kapitel II Z. 1 der Verordnung (EG) 852/2004 (im Folgenden: VO 852/2004), und zum anderen zwei Übertretungen des § 90 Abs. 3 Z. 1 i.V.m. § 4 Abs. 1 LMSVG und i.V.m. Art. 4 Abs. 2 und Anhang II Kapitel V Z. 1 VO 852/2004 begangen, weshalb er jeweils nach der erstgenannten Bestimmung zu bestrafen gewesen sei.

Begründend wurde dazu im Wesentlichen ausgeführt, dass die dem Beschwerde­führer angelastete Tat auf Grund einer Anzeige der Sanitätsdirektion des Amtes der Oö. Landesregierung und im Wege des von der belangten Behörde durchgeführten Ermittlungsverfahrens als erwiesen anzusehen sei.

Im Zuge der Strafbemessung seien keine Milderungs- und Erschwerungsgründe hervorgekommen; die Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse seien mangels entsprechender Mitwirkung von Amts wegen geschätzt worden.

1.2. Gegen dieses ihm am 14. März 2008 zugestellte Straferkenntnis richtet sich die vorliegende, vermutlich am 27. März 2008 zur Post gegebene, bei der belangten Behörde am 28. März 2008 eingelangte – und damit jedenfalls rechtzeitige – Berufung.

Darin wird vorgebracht, dass das gegenständliche Straferkenntnis völlig unbegründet sei. Denn in diesem sei nur der Inhalt des Einspruches und die jeweiligen Stellungnahmen wiedergegeben worden; hingegen habe es die belangte Behörde verabsäumt, anlässlich des durchgeführten Ermittlungsverfahrens eine ausführliche Beweiswürdigung durchzuführen und eine darauf gestützte rechtliche Beurteilung vorzunehmen. In Wahrheit habe sie sich ausschließlich auf die Ausführungen des Lebensmittelaufsichtsorgans gestützt, von der beantragten zeugenschaftlichen Einvernahme des Küchenpersonals jedoch in vorwegnehmender Beweiswürdigung deshalb Abstand genommen, weil sie der Meinung gewesen sei, dass sie ohnehin zu keinem anderen Ergebnis hätte gelangen können. Das gegenständliche Straferkenntnis sei daher vollkommen unüberprüfbar, weshalb eine essentielle Mangelhaftigkeit bzw. ein essentieller Verfahrenfehler vorliege. Darüber hinaus gehe die Erstbehörde in keinster Weise auf die einzelnen Tatbestandsmerkmale der ihm angelasteten Übertretungen ein. Schließlich hätte man auf Grund seiner Unbescholtenheit jedenfalls gemäß § 21 VStG von einer Strafe absehen und stattdessen bloß eine Ermahnung erteilen können.

Aus diesen Gründen wird die Aufhebung des angefochtenen Straferkenntnisses und die Einstellung des Verwaltungsstrafverfahrens beantragt.

2.1. Der Oö. Verwaltungssenat hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Akt der BH Vöcklabruck zu Zl. SanRB96-93-2007; da sich bereits aus diesem der entscheidungswesentliche Sachverhalt klären ließ und die Verfahrensparteien einen entsprechenden Antrag nicht gestellt haben, konnte im Übrigen gemäß § 51e Abs. 2 Z. 1 VStG von der Durchführung einer öffentlichen Verhandlung abgesehen werden.

2.2. Weil im angefochtenen Straferkenntnis eine 2.000 Euro übersteigende Geldstrafe nicht verhängt wurde, ist im gegenständlichen Fall ein Einzelmitglied zur Entscheidung berufen (§ 51c VStG).

3. In der Sache selbst hat der Oö. Verwaltungssenat erwogen:

3.1. Gemäß § 90 Abs. 3 Z. 1 LMSVG begeht u.a. derjenige eine Verwaltungsübertretung und ist mit einer Geldstrafe bis zu 20.000 Euro zu bestrafen, der den in der Anlage zum LMSVG genannten unmittelbar anwendbaren Rechtsakten der EG zuwiderhandelt.

Nach § 4 Abs. 1 LMSVG sind die in der Anlage genannten unmittelbar anwendbaren Rechtsakte der EG samt allfälligen Änderungsverordnungen und Durchführungsvorschriften im Rahmen dieses Bundesgesetzes zu vollziehen.

Gemäß Art. 3 Z. 2 der Verordnung (EG) Nr. 178/2002 (im Folgenden: VO 178/2002) sind Lebensmittelunternehmen alle Unternehmen, die – gleichgültig, ob sie auf Gewinnerzielung ausgerichtet sind oder nicht und ob sie öffentlich oder privat sind – eine mit der Produktion, der Verarbeitung und dem Vertrieb von Lebensmitteln zusammenhängende Tätigkeit ausführen.

Nach Art. 3 Z. 3 VO 178/2002 sind Lebensmittelunternehmer jene natürlichen oder juristischen Personen, die dafür verantwortlich sind, dass die Anforderungen des Lebensmittelrechts in dem ihrer Kontrolle unterstehenden Lebensmittelunternehmen erfüllt werden.

Gemäß Artikel 4 Abs. 2 VO 852/2004 haben Lebensmittelunternehmer, die auf Produktions-, Verarbeitungs- und Vertriebsstufen von Lebensmitteln tätig sind, die den Arbeitsgängen gemäß Art. 4 Abs. 1 VO 852/2004 nachgeordnet sind, die allgemeinen Hygienevorschriften gemäß Anhang II zu erfüllen.

Nach Anhang II Kapitel II Z. 1 lit.f VO 852/2004 sind Flächen (einschließlich Flächen von Ausrüstungen) in Bereichen, in denen mit Lebensmitteln umgegangen wird und insbesondere Flächen, die mit Lebensmitteln in Berührung kommen, in einem einwandfreien Zustand zu halten und müssen diese leicht zu reinigen und erforderlichenfalls zu desinfizieren sein. Sie müssen dem entsprechend aus einem glatten, abriebfesten, korrosionsfesten und nichttoxischen Material bestehen, es sei denn, die Lebensmittelunternehmer können gegenüber der zuständigen Behörde nachweisen, dass andere verwendete Materialen in gleicher Weise geeignet sind, sodass insgesamt eine gute Lebensmittelhygiene gewährleistet ist und Kontaminationen zwischen und während Arbeitsgängen vermieden werden.

Gemäß Anhang II Kapitel V Z. 1 lit.a VO 852/2004 müssen Gegenstände, Armaturen und Ausrüstungen, mit denen Lebensmittel in Berührung kommen, gründlich gereinigt und erforderlichenfalls desinfiziert werden; die Reinigung und die Desinfektion muss so häufig erfolgen, dass kein Kontaminationsrisiko besteht.

3.2.1. Aus dem Zusammenhang von Art. 4 VO 852/2004, Art. 3 VO 178/2002 und Art. 4 Abs. 1 LMSVG folgt, dass die Strafbarkeit wegen einer Übertretung dieser Vorschriften nur Lebensmittelunternehmer i.S.d. Art. 3 Z. 3 VO 178/2002 trifft.

Wenn nun § 44a Z. 1 und 2 VStG als einen allgemeinen Grundsatz des Verwaltungsstrafverfahrens anordnet, dass der Spruch des Straferkenntnisses den genauen Tatvorwurf sowie die Verwaltungsvorschrift zu bezeichnen hat, die durch die Tat verletzt worden ist, so wird der Spruch des hier angefochtenen Bescheides diesem Erfordernis insbesondere schon deshalb nicht gerecht, weil dort die belangte Behörde nur angeführt hat, dass der Beschuldigte die ihm angelasteten Verwaltungsübertretungen "als Gewerbeinhaber" zu verantworten hat; hingegen fehlt ein konkretisierendes Merkmal dahin, dass er als ein Lebensmittelunternehmer anzusehen ist bzw. dass es sich bei seinem Betrieb um ein Lebensmittelunternehmen handelt. Derartiges geht auch weder aus der Begründung des gegenständlichen Straferkenntnisses noch aus dem von der Behörde vorgelegten Akt hervor. Im konkreten Fall könnte es sich daher auch bloß um einen privaten Haushalt gehandelt haben, wobei der Inhaber eines solchen Haushaltes dann nicht strafbar wäre, wenn er nicht nachweislich einen Gewinn aus einer Tätigkeit mit Lebensmitteln erzielt. Um dem Konkretisierungsgebot gerecht zu werden, hätte die belangte Behörde daher präzise angeben müssen, inwiefern der Beschwerdeführer als ein Lebensmittelunternehmer anzusehen ist bzw. wenigstens, um welchen Betrieb (z.B. Bäckerei, Fleischhauerei, Kaffeehaus, Pension, Hotel, Gasthof) es sich bei seinem Unternehmen handelt .

3.2.2. Davon abgesehen findet sich im Spruch des angefochtenen Straferkenntnisses entgegen § 44a Z. 2 VStG keine Zitierung der VO 178/2002; außerdem wurden weder unter Spruchpunkt b) noch unter den verletzten Rechtsvorschriften zu Spruchpunkt a) und b) die "lit.f" und "lit.a" der VO 852/2004 angeführt, obwohl die übertretene Norm in der Anzeige der Sanitätsdirektion des Amtes der Oö. Landesregierung detailliert angeführt ist.

Im Ergebnis wurde daher dem Beschwerdeführer eine Tat angelastet, die er so nicht begangen hat.

3.2.3 Überdies ist zu Spruchpunkt a) anzumerken, dass dort lediglich angeführt wurde, dass der fix montierte Messerhalter aus Holz "oberflächlich desolat" war, ohne genau zu beschreiben, wie die Beschaffenheit der Oberfläche des gegenständlichen Messerhalter tatsächlich ausgesehen hat (eingekerbt, ausgefranst, o.ä.). Auch in der Begründung des Straferkenntnisses wird nur eine Stellungnahme des Lebensmittelaufsichtsorgans, in der näher ausgeführt wurde, wie die Holzoberfläche beschaffen sein müsste, um sie leicht reinigen zu können, wiedergegeben.

3.2.4. Darüber hinaus ist festzustellen, dass die im Spruchpunkt b) angelastete Übertretung im Fall des Eiswürfelautomaten insgesamt widersprüchlich erscheint. Zum einem wird nämlich angemerkt, dass dieser "innen stark verkalkt", andererseits wird aber in einem Klammerausdruck erläutert, dass dieser ohnehin "leicht abwischbar" gewesen sei. Damit ist aber für den Rechtsmittelwerber letztlich nicht erkennbar, um welche Art von störendem Belag es sich schlussendlich tatsächlich gehandelt haben soll – ganz abgesehen davon, dass es sich bei Kalk im Grunde nicht um Schmutz handelt: Kalk setzt sich u.a. aus Calzium- und Magnesiumsulfat, d.h. für den Menschen lebensnotwenden Minralstoffen zusammen. Nach dem Verdunsten des Wassers bleiben diese Salze zurück und je nach Wasserhärte bildet sich mehr oder weniger Kalk, der aber für den menschlichen Körper grundsätzlich nicht gesundheitsschädlich ist; die entsprechenden Mindestqualitätsstandards für Trinkwasser sind vielmehr in der Trinkwasserverordnung (BGBl.Nr. II 304/2001 i.d.g.F.) geregelt.

3.2.5. Im Übrigen ist in Bezug auf die Strafbemessung klarzustellen, dass die verhängte Strafe unter Berücksichtigung der bisherigen Unbescholtenheit des Rechtsmittelwerbers insgesamt offensichtlich zu hoch ist.

3.3. Im Hinblick auf die vorstehenden Ausführungen unter 3.2.1. war der gegenständlichen Berufung gemäß § 24 VStG i.V.m. § 66 Abs. 4 AVG jedenfalls insofern stattzugeben, als das angefochtene Straferkenntnis aufzuheben war.

Im Hinblick auf die offenkundig noch offene Verfolgungsverjährungsfrist war hingegen eine Einstellung des Strafverfahrens nicht zu verfügen; ob und in welchem Umfang dieses weiterzuführen ist, hat vielmehr die belangte Behörde aus eigenem zu beurteilen.

4. Bei diesem Verfahrensergebnis war dem Rechtsmittelwerber gemäß § 66 Abs. 1 VStG weder ein Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens vor der belang­ten Behörde noch ein Kostenbeitrag für das Verfahren vor dem Oö. Verwaltungssenat vorzuschreiben.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 180 Euro zu entrichten.

Dr. Grof

 

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