Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-150649/7/Re/Hue

Linz, 14.05.2008

 

E r k e n n t n i s

 

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mit­glied Dr. Werner Reichenberger über die Berufung des H-E P,  H, V S, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft von Grieskirchen vom 4. Dezember 2007, Zl. BauR96-341-2007, wegen einer Übertretung des Bundesstraßen-Mautgesetzes 2002 zu Recht erkannt:

I.                  Die Berufung wird abgewiesen und der angefochtene Bescheid bestätigt.

II.              Der Berufungswerber hat zusätzlich zu den Kosten des erstinstanzlichen Verfahrens einen Beitrag zu den Kosten des Verfahrens vor dem Unabhängigen Verwaltungssenat in der Höhe von  20 % der ausgesprochenen Geldstrafe, das sind 80 Euro, zu leisten.

Rechtsgrundlagen:

zu I: §§ 16 Abs.2, 19, 24 und 51 Verwaltungsstrafgesetz 1991 – VStG iVm. § 66 Abs. 4 Allgemeines Verwal­tungsverfahrens­gesetz 1991 – AVG;

zu II: § 64 Abs.1 und 2 VStG.

 

 

Entscheidungsgründe:

 

1.     Mit dem angefochtenen Straferkenntnis wurde über den Berufungswerber (Bw) eine Geldstrafe von 400 Euro bzw. eine Ersatzfreiheitsstrafe von 33 Stunden verhängt, weil er am 29. Juni 2007, 11.12 Uhr, als Lenker des Kfz mit einem höchsten zulässigen Gesamtgewicht von mehr als 3,5 Tonnen und dem behördlichen Kennzeichen  die A8 Innkreisautobahn, ABKM 37.400, Gemeinde Weibern, in Fahrtrichtung Suben benützt habe, ohne die fahrleistungsabhängige Maut ordnungsgemäß entrichtet zu haben, obwohl die Benutzung des mautpflichtigen Straßennetzes mit mehrspurigen Fahrzeugen, deren höchst zulässiges Gesamtgewicht mehr als 3,5 Tonnen beträgt, der fahrleistungsabhängigen Maut unterliege. Es sei festgestellt worden, dass das Fahrzeuggerät ein ungenügendes Mautguthaben aufgewiesen habe und dadurch die fahrleistungsabhängige Maut nicht ordnungsgemäß entrichtet worden sei. 

 

2. In der Berufung wird vom Bw vorgebracht, dass er sich sicher sei, dass die GO-Box während der gesamten Fahrt in Österreich 2 Piepstöne von sich gegeben habe, was ein ausreichendes Guthaben bezeichne. Auch tauche in der Anrede der "Verständigung vom Ergebnis der Beweisaufnahme" ein "Herr B" auf, was auf eine Verwechslung schließen lasse.   

 

3. Aus dem Akt ist ersichtlich:

 

Dem Akt liegt eine Anzeige der ASFINAG vom 6. September 2007 zugrunde. Die Lenkeranzeige enthält den gegenständlichen Tatvorwurf. Demnach habe die GO-Box ein ungenügendes Mautguthaben aufgewiesen. Der Zulassungsbesitzer sei gem. § 19 Abs. 4 BStMG am 5. Juli 2007 schriftlich zur Zahlung einer Ersatzmaut aufgefordert worden. Dieser Aufforderung sei jedoch nicht entsprochen worden.

 

Nach Strafverfügung vom 10. September 2007 brachte der Bw vor, dass zur Tatzeit am Tatort ein ausreichendes Guthaben zur Verfügung gestanden habe. Als Beilage wurde eine Einzelleistungsinformation u.a. vom Tattag übermittelt.

 

Einer zusätzlichen Stellungnahme der ASFINAG vom 9. Oktober 2007 ist die Wiedergabe des Anzeigeninhaltes bzw. rechtlicher Bestimmungen zu entnehmen. Der Beilage ist eine Einzelleistungsinformation vom Tattag zu entnehmen.

 

Dazu wurde vom Bw – trotz eingeräumter Möglichkeit – keine Stellungnahme abgegeben.

 

Der Akt schließt mit dem angefochtenen Straferkenntnis und der daraufhin eingebrachten Berufung.

 

4. Auf Anforderung übermittelte die ASFINAG dem Unabhängigen Verwaltungssenat am 12. März 2008 eine Auflistung aller Mautbalken, die mit dem gegenständlichen Kfz am Tattag durchfahren worden sind, mit Angabe des jeweils noch vorhandenen Mautguthabens. Aus dieser Auflistung ist ersichtlich, dass an insgesamt 4 Mautbalken aufgrund eines zu niedrigen Guthabensstandes bei der GO-Box die Maut nicht abgebucht werden konnte.

 

Diese Auflistung wurde dem Bw zur Kenntnis gebracht und ihm mitgeteilt, dass aus der Sicht des Unabhängigen Verwaltungssenates nach dem bisherigen Stand des Verfahrens keine Beweise aufzunehmen sind, die Gegenstand einer öffentlichen mündlichen Verhandlung sein könnten. Falls der Bw dennoch auf die Durchführung einer mündlichen Verhandlung bestehen sollte, möge er dies innerhalb der angegebenen Frist mitteilen.

 

Dazu und zum zusätzlichen Beweismittel wurde vom Bw – trotz Erstreckung der Frist – keine Stellungnahme abgegeben. Es ist deshalb von einem Verhandlungsverzicht auszugehen.

 

5. Der Unabhängige Verwaltungssenat hat darüber erwogen:

 

5.1. Gemäß § 6 BStMG unterliegt die Benützung von Mautstrecken mit mehrspurigen Kraftfahrzeugen, deren höchstzulässiges Gesamtgewicht mehr als 3,5 t beträgt, der fahrleistungsabhängigen Maut.

 

Gemäß § 7 Abs. 1 BStMG ist die Maut durch Einsatz zugelassener Geräte zur elektronischen Entrichtung der Maut im Wege der Abbuchung von Mautguthaben oder der zugelassenen Verrechnung im Nachhinein zu entrichten. Die Autobahnen- und Schnellstraßen-Finanzierungs-Aktiengesellschaft hat zur Mautabwicklung eine in Artikel 2 der Richtlinie 2004/52/EG genannte Technik zu nutzen.

 

Gemäß § 8 Abs. 1 BStMG haben Lenker, soweit sie nicht von anderen in der Mautordnung vorgesehenen Formen der Mautentrichtung Gebrauch machen, vor der Benützung von Mautstrecken ihr Fahrzeug mit Geräten zur elektronischen Entrichtung der Maut auszustatten.

 

Gemäß § 8 Abs. 2 BStMG haben sich Lenker bei Verwendung von Geräten zur elektronischen Entrichtung der Maut vor, während und nach jeder Fahrt auf Mautstrecken der Funktionsfähigkeit dieser Geräte zu vergewissern und Funktionsstörungen unverzüglich zu melden.

 

Punkt 8.2.4.2 der Mautordnung besagt u.a., dass der Kraftfahrzeuglenker im eigenen Ermessen und in eigener Verantwortung für ein rechtzeitiges Wiederaufladen des Mautguthabens zu sorgen hat.

 

Gemäß Punkt 8.2.4.3.1 der Mautordnung gelten folgende Signale als Information für den jeweiligen Nutzer:

Ein kurzer Signalton: Die Mautentrichtung wird auf Basis der eingestellten Kategorie bestätigt.

Zwei kurze Signaltöne: Die Mautentrichtung hat auf Basis der eingestellten Kategorie ordnungsgemäß stattgefunden, aber das Mautguthaben (nur im Pre-Pay-Verfahren) ist unter den Grenzwert in der Höhe von 30 Euro gefallen (der Nutzer hat für eine rechtzeitige Aufbuchung von Mautwerten zu sorgen), das Mautguthaben verfällt innerhalb der nächsten zwei Monate (nur im Pre-Pay-Verfahren), oder die GO-Box wird zur Kontrolle (zum ASFINAG Maut Service Center oder an die nächste GO Vertriebsstelle) zurückgerufen.

 

Gemäß Punkt 8.2.4.3.2 der Mautordnung sind vier kurze Signal-Töne vom Nutzer zu beachtende akustische Signale: Es hat keine Mautentrichtung stattgefunden, weil insbesondere vom Nutzer Bestimmungen der Mautordnung Teil B nicht beachtet wurden, oder bei GO-Box Sperre aufgrund technischer Mängel bzw. festgestellter Unregelmäßigkeiten im Zusammenhang mit der Mauteinhebung. In diesem Fall hat dann jeder Nutzer seiner Nachzahlungsverpflichtung im Sinne von Punkt 7.1 im vollen Umfang nachzukommen, andernfalls der Tatbestand der Mautprellerei gemäß Punkt 10 verwirklicht wird.

 

Gemäß § 20 Abs. 2 BStMG ("Mautprellerei") begehen Kraftfahrzeuglenker, die Mautstrecken benützen, ohne die nach § 6 geschuldete fahrleistungsabhängige Maut ordnungsgemäß zu entrichten, eine Verwaltungsübertretung und sind mit Geldstrafe von 400 Euro bis 4.000 Euro zu bestrafen.

 

Gemäß § 20 Abs. 3 BStMG wird eine Übertretung gemäß § 20 Abs. 2 BStMG straflos, wenn der Mautschuldner fristgerecht die in der Mautordnung festgesetzte Ersatzmaut bezahlt.

 

§ 19 BStMG ("Ersatzmaut") bestimmt, dass in der Mautordnung für den Fall der nicht ordnungsgemäßen Entrichtung der Maut eine Ersatzmaut festzusetzen ist, die den Betrag von 300 Euro einschließlich Umsatzsteuer nicht übersteigen darf (Abs. 1).

Kommt es bei einer Verwaltungsübertretung gemäß § 20 Abs. 2 zu keiner Betretung, so ist die Autobahnen- und Schnellstraßen-Finanzierungs-Aktiengesellschaft ermächtigt, im Falle einer Verwaltungsübertretung gemäß § 20 Abs. 1 den Zulassungsbesitzer schriftlich zur Zahlung einer Ersatzmaut aufzufordern, sofern der Verdacht auf automatischer Überwachung beruht, im Falle einer Verwaltungsübertretung gemäß § 20 Abs. 2 den Zulassungsbesitzer schriftlich zur Zahlung einer Ersatzmaut aufzufordern, sofern der Verdacht auf automatischer Überwachung oder auf dienstlicher Wahrnehmung eines Organs der öffentlichen Aufsicht beruht. Die Aufforderung hat eine Identifikationsnummer und eine Kontonummer zu enthalten. Ihr wird entsprochen, wenn die Ersatzmaut binnen drei Wochen ab Ausfertigung der Aufforderung dem angegebenen Konto gutgeschrieben wird und der Überweisungsauftrag die automationsunterstützt lesbare, vollständige und richtige Identifikationsnummer enthält (Abs. 4).

Subjektive Rechte des Lenkers und des Zulassungsbesitzers auf mündliche oder schriftliche Aufforderungen zur Zahlung einer Ersatzmaut bestehen nicht (Abs. 6).

 

Gemäß § 64 VStG ist in jedem Straferkenntnis und in jeder Entscheidung eines unabhängigen Verwaltungssenates, mit der ein Straferkenntnis bestätigt wird, auszusprechen, dass der Bestrafte einen Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens zu leisten hat (Abs. 1).

Dieser Beitrag ist für das Verfahren erster Instanz mit 10 % der verhängten Strafe, für das Berufungsverfahren mit weiteren 20 % der verhängten Strafe, mindestens jedoch mit je 1,50 Euro zu bemessen; bei Freiheitsstrafen ist zur Berechnung der Kosten ein Tag Freiheitsstrafe gleich 15 Euro anzurechnen. Der Kostenbeitrag fließt der Gebietskörperschaft zu, die den Aufwand der Behörde zu tragen hat (Abs. 2).

 

5.2. Der Bw behauptet, dass sich aus der Einzelleistungsinformation ergeben würde, dass die GO-Box (zur Tatzeit) über ein ausreichendes Guthaben verfügt habe. Dem ist zu erwidern, dass in einer Einzelleistungsinformation immer nur die erfolgten (positiven) Abbuchungen der Maut und der jeweils abgebuchte Mautbetrag verzeichnet sind. Folglich sind auf dieser Einzelleistungsinformation der gegenständliche Tatort (und auch die drei weiteren Mautbalken, bei denen nicht abgebucht werden konnte) nicht verzeichnet. Die erforderlichen Informationen sind nicht dieser Einzelleistungsinformation sondern der vom Unabhängigen Verwaltungssenat von der ASFINAG beigeschafften Auflistung aller vom Bw am Tattag durchfahrenen Mautbalken zu entnehmen. Aus dieser Auflistung ergibt sich das schlüssige und klar nachvollziehbare Bild, dass es immer dann zu einer fehlerfreien Abbuchung gekommen ist, wenn das vorhandene Restguthaben für die zu erfolgende Abbuchung ausreichend war. Es steht somit fest, dass die GO-Box  zur Tatzeit über ein unzureichendes Guthaben verfügt hat.

 

Der Bw behauptet weiters, dass am Tattag während der gesamten Fahrt die GO-Box bei jedem Durchfahren eines Mautbalkens jeweils zwei Piepssignale abgegeben habe. Der Richtigkeit dieses Vorbringens stehen die technischen Gegebenheiten der GO-Box, wie sie im Punkt 8.2.4.3 der Mautordnung ihren Niederschlag gefunden haben, entgegen, wonach bei Nichtentrichtung der Maut von der GO-Box bei jedem Mautportal vier und lediglich dann, wenn beim Guthaben 30 Euro unterschritten werden, diese Guthaben für eine Abbuchung aber noch ausreichend ist, zwei kurze Signaltöne abgegeben werden. Das Vorliegen eines technischen Defektes des Mautsystems ist nicht evident,  und nicht schon durch – unsubstantielle – Behauptungen hin anzunehmen, zumal es auf ein technisches Gebrechen aufgrund der vorliegenden Auflistungen keinerlei Hinweise gibt.  

Das Vorbringen des Bw, die GO-Box habe zur Tatzeit lediglich zwei Piepstöne abgegeben, ist damit widerlegt.

 

Auch kann im gegenständlichen Fall – wie vom Bw vermeint – auch keine Verwechslung vorliegen, da sowohl die am Tattag durchfahrene Strecke, die aufgelisteten Fahrtzeiten als auch das von der ASFINAG durch das Mautsystem zur Tatzeit erfasste Kfz-Kennzeichen unstrittig sind. 

 

Dem Bw ist daher vorzuwerfen, dass er nicht für ein ausreichendes Guthaben Vorsorge getroffen hat, wodurch es zur Benützung einer mautpflichtigen Strecke ohne Mautentrichtung gekommen ist. Weiters hat er die akustischen Signale der GO-Box (viermaliges Piepsen bei jeder Durchfahrt eines Mautportals bei Nichtentrichtung der Maut) nicht beachtet. Auf die Nachentrichtungsmöglichkeit im Sinne von Punkt 7.1 der Mautordnung für Fälle wie diesen (vgl. dazu Punkt 5.4.2 der Mautordnung) sei zusätzlich hingewiesen.

 

Die Tat ist daher dem Bw in objektiver und – da keine Entschuldigungsgründe ersichtlich sind – auch in subjektiver Hinsicht zuzurechnen. Die Nichtentrichtung der Maut ist dem Bw durch die akustischen Signale der GO-Box zur Kenntnis gelangt bzw. hätte ihm bei gehöriger Aufmerksamkeit zur Kenntnis gelangen müssen. Nicht entschuldigend würde eine eventuelle Rechtsunkenntnis bzw. eine möglicherweise vorliegende Unkenntnis der Gebrauchsvorschriften für die GO-Box wirken. Der Lenker ist verpflichtet, sich mit den rechtlichen und faktischen Voraussetzungen der legalen Benützung mautpflichtiger Strecken auf geeignete Weise vertraut zu machen. Im Zweifel sei von Fahrlässigkeit ausgegangen, und zwar in dem Sinne, dass der Bw die akustischen Signale der GO-Box nicht beachtet und nicht für ein neuerliches Guthaben bei der GO-Box Vorsorge getroffen hat.

 

Zur Bemessung der Strafhöhe ist zu bemerken, dass im angefochtenen Straferkenntnis ohnehin die gesetzlich vorgesehene Mindestgeldstrafe (und eine entsprechende Ersatzfreiheitsstrafe) verhängt wurde. Überwiegende Milderungsgründe iSd § 20 VStG sind nicht ersichtlich. Die Tat bleibt auch nicht so weit hinter dem deliktstypischen Unrechts- und Schuldgehalt zurück, dass eine Anwendung des § 21 Abs.1 VStG denkbar wäre. Insbesondere ist der Schuldgehalt nicht gering zu veranschlagen, da die Vorsorge für ein ausreichendes Mautguthaben bei der GO-Box gegenständlich eine zentrale Lenkerpflicht darstellt.

Insgesamt war daher wie im Spruch zu erkennen.

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 180 Euro (ab 1. Juli 2008:
220 Euro) zu entrichten.

Dr.  Reichenberger

 

 

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